^ '-^ V. 53^,. :/: -'"^ OF COMPARATIVE ZOOLOGY, IT HARVARD COLLEGE, CAUBRIDGÏ, UASS. Thegiftof irin tfefci^fc/c^' t/^ No. ^öZ/ ^Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft BASEL. Siebenter Band. Mit 13 Tafeln und einem Anhang: Die Basler Mathematiker Daniel Bernoulli und Leonhard Euler. g=>c*=<;d- Basel. H. Georg's Verlag. 1885. Verzeichniss der Tafeln. 1. u. 2. Entwicklungsstadien von Talpa europsea. 3. Durch Eis gesprengte Granate. 4. Tropidobephalus azureus. 5. Ceratopkrys cristiceps und Heleophis flavescens. 6. Karte der Verbreitung der Yipern in der Schweiz. 7. Entwicklungsstadien des Milchzahngebisses von Talpa europsea. 8. Entoblastzellen der Eidechse. 9. Amphisbaena leonina. 10. Centrotrachelus costatus. 11. Chameleo sp. 12. Täglicher Gang der Temperatur an der Gold- küste. 13. Karte des Yoltastromes und der umliegenden Gebiete. INHALT. Anthropologie. J. Kollmann. Craniologische Gräberfunde in der Schweiz. 352. — Beiträge zur Rassen - Anatomie der Indianer, Samojeden und Australier. 588. — Kalmücken der Dorbeter Horde in Basel. 623. — Schädel- und Skeletreste aus einem Judenfriedhof des 13. und 14. Jahrhunderts zu Basel. 648. — Die in der Schweiz vorkommenden Schädel- formen. 657. Oeograpliie. E. Mähly. Zur Geographie und Ethnographie der Goldküste. 809. — Berichte über die Dr. J. M. Z i e g 1 e r' sehe Kartensaramlung. 244. 249. 253. 505. 509. 853. Meteorologie. E. Hagenbach-Bischoff. lieber Hagel- körner mit Eiskrystallen. 175. — G. W. A. Kahlbaum. Grosse Hagelkörner. 181. — P. Merian. üeber Hagelkörner von ungewöhnlicher Grösse. 178. — A. Riggenbach. Wit- terungsübersicht des Jahres 1881. 217; des Jahres 1882. 257; des Jahres 1883. 561 ; des Jahres 1884. 795. — Zum Klima der Goldküste. 753. — L. Rütlmeyer. Das Hagelwetter vom 29. Juni 1879. 179. minéralogie. A. Müller. Einige neuere Erwerbungen für die mineralogischen und geologischen Sammlungen des Mu- seums. 486 und 880. Paläontologie. P. Merian. lieber einige Petrefacten von Melbourne (Australien). 182. — lieber die angeblichen austra- lischen tertiären Belemniten. 184. — L. Rütimeyer. Stu- dien zur Geschichte der Hirschfamilie. I. Schädelbau. 3. — II. Gebiss. 399. Physik. J. Bai m er. Notiz über die Spectrallinien des Was- serstoffs. 548. — Zweite Notiz. 750. — Fr. Burckhardt. Eine Stelle in Lucretius, lib. VI, 177 ff. 485. — Ed. Hagen- bach-Bischoff. Sprengwirkungen durch Eis. 185. — Das Gletscherkorn. 192. Zoologie. J. Kober. Studien über Talpa europeea. 62. — Fortsetzung. 465. — J. Kollmann. Pori aquiferi und In- tercellulargänge im Fusse der Lamellibranchiaten und Gas- teropoden. 325. — Das üeberwintern von europäischen Frosch- und Tritonlarven und die Umwandlung des mexicanischen Axolotl. 387. — Intracellulare Verdauung in der Keimhaut von Wirbelthieren. 513. — F. Müller. Erster Nachtrag zum Katalog der herpetologischen Sammlung des Basler Museums. 120. — Zweiter Nachtrag. 166. — Dritter Nachtrag. 274. — Vierter Nachtrag. 668. — Die Verbreitung der beiden Viper- arten in der Schweiz. 300. — L. Rütimeyer. Bericht über die vergleichend anatomische Sammlung im Jahre 1880. 234. — Bericht über das naturhistorische Museum vom Jahre 1883. 718; vom Jahre 1884. 736. Geschenke an das naturhistorische Museum 1878 — 1884. 856. Chronik der Gesellschaft 1878—1884. 887. Mitglieder- Verzeichniss. 897. Verzeichniss der Gesellschaften und Institute, mit welchen die Naturforschende Gesellschaft in Schriftenaustausch steht. 906. Ver*h.aiidlTiiigeii der Natiirforschencleii Gesellschaft BASEL Siebenter Tlieil. Erstes Heft. Basel. Scli^N^eighauserische Verlagsbiichliandhing. 1882. ^sThTMglTaoseriscbe B u chdruck erei. Studien zu der Greschichte der Hirschfamilie. I. Sch.äciell>aii.. Von L Rütimeyer. In einer Anzahl von Publicationen, die sich bereits über einen Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren erstrecken, hat der Verfasser versucht, auf monographischem Wege der Naturgeschichte der Wiederkäuer nachzugehen.*) Nicht in dem früheren und jetzt noch so vielfach üblichen Sinne des Wortes, wo man unter Naturgeschichte die Beschrei- *) 1. Untersuchung der ïhierreste aus den Pfahlbauten der Schweiz, 1860. Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. XIII. 2. Die Fauna der Pfahlhauten in der Schweiz, 1861. Neue Denk- schriften d. Schweiz. Ges. f. d. ge-i. Naturwissenschaften. Band XIX. 3. Beiträge zur Kenntniss der fossilen Pferde und zu einer ver- gleichenden Odontographie der Hufthiere im Allgemeinen. 1863. Verhandl. der Naturf. Ges. von Basel. Band III, Heft 4. 4. Beiträge zu einer palseontologischen Geschichte der Wieder- käuer, zunächst an Linné's Genus Bos. 1865. Ebendas. IV, 2. 5. Versuch einer natürlichen Geschichte des Rindes in seinen Be- ziehungen zu den Wiederkäuern im Allgemeinen. 1866, 1867. Denk- schriften der Schweiz. Naturf. Ges. XXII und XXIII. 6. Ueber Art urd Eace des zahmen europäischen Rindes. 1866. Archiv für Anthropologie. I, 2. — 4 — bung von Erscheinung und allenfalls auch von Verbreitung und LebensjN^eise gegenwärtiger Organismen verstand, und wo also möglichst genaue Unterscheidung der einzelnen Formen und biographische Details die Hauptrolle spielten, sondern im Sinne von Historie im vollen Umfange des Wortes, d. h. einer Darstellung des historischen Verlaufes, der zu der gegenwärtigen Erscheinung und Verbreitung der betreffenden Geschöpfe führen mochte. Mit Vorliebe wurde daher den einzelnen Monographien der Titel „natürliche Geschichte" gegeben, da die Absicht darin bestand, eben der Geschichte dieser Thiergruppen und nicht blos deren heutigem Endergebniss nachzugehen. Wesentlich war also Palseontologie das Ziel, d. h. Schilderung ' der Vergangen- heit, aber wieder nicht etwa blos von einzelnen Momen- ten, wie es so häufig noch in den Sinn des Wortes Palse- ontologie gelegt wird, sondern von deren Verlauf, wo- bei je nach den vorhandenen Materialien entweder aus schichte der Thier Verbreitung. Basel und Genf.' H. Georg. 1867. 8. Die Veränderungen der Thierwelt in der Schweiz seit An- wesenheit des Menschen. Basel 1875. 9. Ueberreste von Bubalus aus quaternären Ablagerungen in Europa, nebst Bemerkungen über rormeugrenzen bei Rindern. 1875. Verhandlungen der iSaturf. Ges. in Basel. VI, 2. 10. Ueber Pliocen und Eisperiode auf beiden Seiten der Alpen. Ein Beitrag zur Geschichte der Thierwelt in Italien seit der Tertiär- zeit. Basel und Genf. 1876. 11. Schädel von Esel und Rind aus den Pfahlbauten von Au- vernier. 1876. Mittheilungen der Antiquar. Ges. in Zürich. XIX. 3. 12. Einige weitere Beiträge über das zahme Schwein und das Hausrind. 1877. Verhandl. d. Naturf. Ges. in Basel. VI, 3. 13. Die Rinder der Tertiär-Epoche, nebst Vorstudien zu einer na- türl. Gesch. der Antilopen. 1877, 1878. Abhandl. d. Schweiz. Pa- lœontologischen Gesellsch. Band IV u. V. 14. Beiträge zu einer natürlichen Geschichte d. Hirsche. 1880, 1881. Ebendas. Band VII und VIII. Oegenwärtigem auf Früheres, oder umgekehrt von Frühe- rem auf Gegenwärtiges geschlossen und also überhaupt die erreichbaren Thatsachen von Structur und Yerbreitung zu irgendwelcher Zeit als Ausdruck eines und desselben natürlichen Yorganges von Geschichte betrachtet wurden. Die Materiahen zu einem solchen Yersuch konnten also nur — da von Speculationen, welche auf solchem Gebiet sich so grosse Gunst erworben haben, abgesehen wurde — auf dem Boden von Anatomie und von geo- graphischer und geologischer Yerbreitung gewonnen und diese Leitfäden in historischem Sinn verwerthet werden. Yon den erstem, den anatomischen,- wurden dabei meisten- theils allerdings nur die bequemsten und vielsagendsteh, d. h. der Schädelbau in Betracht gezogen, da ja der Schädel nicht nur den am häufigsten erhaltenen (oder mindestens aufbewahrten), sondern auch den complicirtesten und mannigfaltigsten, sowie den formbeweglichsten und end- lich, da er das Gehirn, die Sinnesorgane und das Gebiss barg, offenbar den inhaltreichsten Ueberrest erloschener Thiere bildet. In Wahrheit beschränkte sich also die ganze Untersuchung auf eine Geschichte von Schädelstruc- tur an den lebenden und fossilen Yertretern jeglicher Gruppe — aber gleichzeitig in embryologischer, palseontologischer, geographischer und stratigraphischer Richtung — eine Ein- schränkung, die indess wohl gerechtfertigt war, da von anderweitigen Ueberrestén, wie namentlich etwa vom Ex- tremitäten-Skelet, doch nur selten Erhebliches vorhanden war, und dieses zudem auf dem bis jetzt überblickbaren Gebiet, das sich nirgends über die Tertiärzeit zurück, und sogar selten über die mittlere Tertiärzeit hinaus erstreckte, kaum Erhebliches aussagte. Begonnen und am ausführlichsten durchgeführt wurde die Untersuchung zunächst an der Gruppe der Binder^ für welche die Pfahlbauten einen ungewöhn- lieh reichen und spannenden Yorrath von Materialien ge- liefert hatten, wie denn die Untersuchung dieser prsehisto- rischen Fauna überhaupt den Anstoss zu der ganzen Reihe der hier in Erinnerung gebrachten Arbeiten geliefert hat. Successiv wurden erst die heutigen Wildrinder, dann, so- weit sich dies durchführen Hess, die Racen zahmen Rind- viehs und, je nach den vorliegenden Hülfsmitteln, gleich- zeitig die fossilen Yertreter dieser Thiergruppe in Betrachtung gezogen. Einen vorläufigen Abschluss erhielt dann dieser Theil der Arbeit durch den glücklichen Umstand, dass mir der im Brit tischen Museum aufbewahrte ausgedehnte und noch unbearbeitete Yorrath der von Falconer und Ccmtleij gesammelten fossilen Rinder aus dem tertiären Terrain von Indien zur Untersuchung überlassen wurde, wodurch sich nicht nur, da diese Untersuchung eine grosse Zahl neuer und in mancher Rücksicht sehr primitiver For- men von Rind aufdeckte, der Horizont auf einmal um Be- trächtliches erweiterte, sondern auch manches überraschende Licht auf die schon vorher in den zahlreichen Sammlun- gen Itahens und Frankreichs untersuchten Formen von Rind aus gleich altem Terrain von Süd-Europa fiel. Wenn auch nicht in gesonderten Arbeiten, so wur- den in ähnlicher Weise doch jeweilen gleichzeitig, so wie es die Materialien mit sich brachten, die Schafe und Ziegen mit in Betracht gezogen, und auch da wilde und zahme, lebende und fossile Formen nach denselben Prin- cipien, die sich bei den Rindern als erfolgreich erwiesen hatten, einer anatomischen Yergleichung unterworfen. Theils die Bedürfnisse der Yergleichung, sei es für Bau imd Gfestaltungsreihen des Schädels, sei es für Gebiss, noch mehr aber das Auftauchen von allerlei Parallel- oder selbst von Yerbindungsgestalten nöthigte dann bald — so bedenkhch diese Aufgabe bei der Entfernung von grossen Sammlungen erscheinen konnte, die formenreichste Ab- _ 7 — theilung der Wiederkäuer, die Antilopen mit in den Kreis der Untersuchung zu ziehen. Allerdings musste der Ilaupt- theii dieser Aufgabe auswärts, in England, Frankreich, Holland, Deutschland — kurz, wo eben die Materialien zu finden w^aren, durchgeführt werden. Zusammengestellt wurden indess die Ergebnisse, gleichzeitig mit der Yer- gleichung alles dessen, was mir namentlich aus Italien, Frank- reich, Griechenland und Indien in den verschiedenen Museen oder aus bisherigen Monographien, worunter selbstverständ- lich die treffliche Fauna von Pikermi von Gcmdry die erste Stelle einnahm, zur Ansicht gekommen war, erst in der letzten Arbeit (13). Wenn dabei die schon bei den an- dern Abtheilungen der Wiederkäuer durchgeführte Methode auch vielfach zu andern Gruppirungen führte, als sie in der bisherigen- Litteratur über Antilopen, die übrigens kaum noch die Gesammtheit der Formen unter gemeinsamem ana- tomischem Licht beurtheilt hatte, üblich waren, so schien doch auch hier in dem Umstände, dass die nach diesem Princip durchgeführte Anreihung der fossilen Formen an die lebenden sowohl in geographischem als geologischem Sinne in hohem Maasse der Yertheilung der noch lebenden Ver- treter dieser Gruppe entsprach, eine nicht geringe Gewähr für die IS'atürlichkeit der angewendeten Methode zu liegen. Dass bei dieser allmähligen Ausdehnung der Aufgabe auch die weiter abliegenden Wiederkäuertypen, wie Ka- meele und Tragulina, nicht unberücksichtigt bleiben konn- ten, ist selbstverständlich. Wenn auch bisher keine Yer- anlassuug vorlag, auf ihre palœontologische Geschichte ein- zugehen, so wurde doch ihr Schädelbau so einlässUch mit in Yergleicli gezogen (13), wie derjenige der übrigen Wiederkäuer. In gleicher Weise ist auch schon jeweilen die Ab- theilung der Hirsche^ bekanntlich neben den Antilopen die — 8 — an sogenannten Species reichste Gruppe der Wieder- käuer, mit in Rücksicht gebracht und sind einzelne beson- ders typische Gestalten derselben, wie Giraffe, Elenthier, Moschusthier schon speciell besprochen worden. Immer- hin, so nahe — theils aus diesem Grunde ihrer zahlrei- chen Yertretung, theils weil auch fossile Ueberreste der- selben noch viel reichlicher als von Antilopen überall zer- streut sind — die Aufforderung lag, auch diese Abthei- lung nach denselben Principien, w^ie die übrigen mono- graphisch zu bearbeiten, gestehe ich gern, dass ich bisher, trotz unablässigen Sammeins von Material, stetsfort vor dieser Aufgabe wie instinctiv- die Hand zurückzog. Wie Anatomen zugeben werden, aus sehr natürlichem Grund; weil sowohl Schädel als Gebiss bei aller Spaltung der Er- scheinung des Hirsches in eine so grosse Anzahl zum Theil ausserordentlich typisch erscheinender äusserer Gestalten doch gutentheils sich innerhalb so knapper Grenzen von Bau und Form halten, dass es schon an noch lebenden Thieren unsäglich schwerer fällt, einzelne Gestaltungsgrup- pen herauszufinden, als etwa bei Antilopen und Rindern, ja sogar schwerer als bei Schafen und Ziegen. Isoch viel weniger versprechend war also die Ausbeute gar für fossile Thiere, trotzdem dass ja eine gute Anzahl von Hirschen Ueberreste von anscheinend viel typischerer Ge- stalt als Alles, was andere Wiederkäuer etwa an sogenannten Hörnern der geologischen Tradition überlassen, und sogar Jahr für Jahr der Fossilisirung anheimstellen. Obschon indess dergestalt keine einzige Wirbelthierclasse ihre Ur- kunde für Palseontologie so reichlich und so gewissenhaft in die Chronik der Erde schreibt, wie die Hirsche, so sagt ja der erste Blick auf die FamiUe, dass diese Zierrath keineswegs, wie dies doch für die Hörner bei der Mehrzahl der Hornträger der Fall ist, em Attribut der Species bil- det, sondern lediglich für die Frist einiger Monate dem männlichen Thier in einer von Jalir zu Jahr wechselnden Weise einen Schmuck verleiht, der trotz einer gelegent- lichen ungeheuren Entfaltung, nach seinem Abfall am Schädel auffallend geringe und indifiFerente Spuren hinter- lässt. Denn auch die sogenannten Rosenstöcke, das einzig Bleibende vom Geweih, veranlassen trotz der Last, die sie zeitweise zu tragen haben, am Schädel nur sehr geringe Grade von Umbau. Wie auch das gesammte Skelet, im Bau der Wir- belsäule oder der Extremitäten unendlich geringere mecha- nische Fürsorge für die Führung dieser scheinbar so wuchtigen Wehr des Kopfes leistet, als etwa bei Horn- trägern, und wie der Hirsch dieselbe wirklich weit eher nur als Zierde mit einer Eleganz und einem Stolz herum- träo-t, wie etwa der Pfau und der Truthahn es mit der ihren thun, als mit dem Anscheine von Trotz, wie der Bock und der Bulle, so erscheint also diese ganze Zuthat, obwohl sie unter Umständen an Gewicht zu starken Bruch- theilen des vollen Körpergewichtes ansteigen kann, doch als ausschliessliches Aufflackern männlicher Geschlechtlich- keit von kaum viel grösserem Belang als die Hautan- schw^ellungen in der Brunstzeit von Fischen und Batrachiern, und das Aufleuchten von Hautfarben während der Braut- werbung von Yögeln. Nach kurzer Dauer fällt dies Ast- werk ab und wird damit der Hirsch seinem Weibe ähn- lich. Fossilen Geweihen etwa den Schädel, der sie trug, wieder zuzutheilen, wird so für den Palœontologen zu einer überaus bedenklichen Aufgabe, und mehr als bei andern Wiederkäuern wird die für Palseontologie im Allgemeinen so wichtige Lehre, sichere Leitfäden für Formverwandt- schaft nur im weiblichen Schädel zu suchen, zur strengen Nöthigung. Dennoch glaubte ich diesem Abschluss der Arbeiten über Wiederkäuer nicht länger ausweichen zu dürfen, und — 10 — das einstweilige Ergebniss, eine Yergleichung des Schädel- baues unter Hirschen, ist unter dem Titel „Beiträge zu einer natürlichen Geschichte der Hirsche", (vorläufig mit 4 Tafeln) dem Band YH und YHI (1880 und 1881) der Abhandlungen der Schweizerischen Palœontologischen Gesell- schaft, welchen bereits die Abhandlungen über tertiäre Rinder nebst den Untersuchungen über Antilopen zuge- wiesen wurden, einverleibt worden. Da die Natur des Gegenstandes nothwendig ein sehr specielles Eingehen auf eine Menge von kleinen Details von Schädelstructur erforderte, die keineswegs geeignet sind, solchen Arbeiten selbst unter Fachleuten günstige Aufnahme zu sichern, so scheint es mir passend, wie dies auch schon für frühere Abschnitte derselben Untersuchungs- reihe geschehen ist (4. 6.), für Leser, welchen nur an den Ergebnissen und nicht an der Art, wie sie gewonnen w^urden, gelegen ist, dieselben hier in Kurzem zusammenzu- stellen, während Mit- und Nacharbeiter ja immer auf die Hauptarbeit selber w^erden greifen müssen. In einiger Zeit hoffe ich in ähnlicher Weise, wie jetzt den Schädelbau, auch das Gew^eih und das Gebiss zunächst der lebenden, aber auch, soweit dies möglich sein wird, von fossilen Hirschen besprechen zu können. Ueber das Nähere der hauptsächlich in's Auge ge- fassten Gesichtspunkte und über Motivirung derselben hier mich nochmals auszusprechen, halte ich für überflüssig, da dies in einer Weise, an der ich kaum etwas zu ändern wüsste, schon mehrmals, — für den Schädel namentlich in 4, 5, 6 und am einlässlichsten in 13, — für das Gebiss in 3 geschehen ist. Lediglich mag ich die Bemerkung nicht unterdrücken, dass wenn trotz langen Sträubens Etwas mir den Muth gab, den so trostlos leisen Modificationen von Schädelstructur unter Hirschen mit der nöthigen Geduld nachzugehen, es die an einem allerdings überaus viel er- — 11 — freulicheren Thema, an den Antilopen gewonnenen Ergeb- nisse, oder vielmehr die Bestätigung war, welche denselben meines Erachtens bei der Controllirung durch Palaeontolo- gie und Thiergeographie zu Theil geworden. Sowohl auf Messungsangaben als auf graphische Darstellung, wie dies für Rinder und im Besondern für Antilopen, vornehm- lich durch das leider immer noch so wenig zu allgemeiner Anforderung erstarkte trettiiche Mittel geometrisch exac- ter Zeichnungen (Lucae'sche Tafel) wie ich hoffe ausgiebig genug geschehen ist, glaubte ich bei der Geringfügig- keit von Yariation am Hirschschädel, wenigstens vor- läufig Verzicht leisten zu sollen, da die für Rinder und Antilopen gelieferten Tafeln mindestens zur Erklärung der an Hirschen gewonnenen Resultate auszureichen scheinen. Lediglich schien es mir am Platz, zum Zweck einer ähn- lichen Controlle wie bei Antilopen, durch die Thatsache der Thierverbreitung, für das fast cosmopolitische Geschlecht der Hirsche eine TJeber sieht ihrer geographischen Ver- breitung (Tafel lY) beizufügen, die in mancher Beziehung in höchst erwünschter Weise mit Gesichtspunkten von Thier- verbreitung, die vor guter Frist bei anderm Anlass (7) auf viel allgemeinerem Boden gewonnen worden waren, überein- stimmt. Abgesehen von einigen noch immer nicht ausreichend gelösten Fragen, namentlich bezüglich der so merkwürdig isolirten Giraffen-Form, schien mir diese Probe vorderhand, obschon sie noch nicht auf fossile Thiere ausgedehnt werden konnte, doch zu der ^Natürlichkeit der gewonnenen Grup- pirungen ein ziemlich vernehmliches Ja zu sagen. Gern und mit grossem Dank erkenne ich übrigens, trotz einer sehr wesentlichen Abweichung (Coassus), die ausserordent- liche Hülfe an, welche mir die trefiiichen Vorarbeiten von Sdater und Sir F. Broolce^ obgleich dieselben von ganz andern Gesichtspunkten geleitet waren, geleistet haben. 12 Hirsche im Allgemeinen. Sobald man, wie dies unvermeidlich ist, das Geweih von den allgemein brauchbaren Erkennungszeichen der Hirsche ausschliesst, so sinkt der Schädel derselben sofort zu einer so indifferenten Gestalt herab, dass man nach Familienmerkmalen derselben, im Unterschied zu andern Wiederkauern, schon recht ernsthaft suchen muss. Ausser dem Gebiss, das sich durch auffälliges Verharren auf jugend- licher Stufe von Structur und weitverbreitete Ausbildung oberer Eckzähne auszeichnet, lässt sich allerdings höchstens die ungewöhnlich grosse Ausdehnung und relative Selbst- ständigkeit des Gesichtsschädels und vor Allem des Riech- rohrs im Yergleich zur Gehirncapsel, und in Folge hievon eine auffallend gestreckte, man möchte sagen fast cylin- drische Gestalt des Gesammtschädels als. gemeinsames phjsiognomisches Merkmal der Hirsche geltend machen. Zurückzuführen ist dies einmal auf die gleichförmige und gerade gestreckte Richtung der Schädelachse, welche nur selten jene Knickungen zeigt, die bei den meisten Horn- trägern sei es von Jugend an, sei es erst im Yerlauf des Wachsthums einen so grossen Einfluss auf die Gestaltung des Schädels gewinnen; andererseits auf eine ähnliche Gleichförmigkeit in der Ausdehnung der verschiedenen Zonen des Neuralrohres und der Nasenhöhle; endlich auf ungewöhnhche Niedrigkeit der Backzähne und geringe Ausdehnung der Flächen für Kaumusculatur. Immerhin kommt diese cylindrische Gestalt erst am erwachsenen Hirschschädel zum vollen Ausdruck. In der Jugend, und zwar um so mehr, auf je frühere Stadien man zurückgeht, überwiegt auch hier die Gehirncapsel durch starke Wölbung den Facialschädel, und zwar in stärkerem Maasse als bei bleibend hornlosen Wiederkäuern. — 13 — Die Umgestaltung der Gesammtform des Schädels in Folge des Wachsthums bewegt sich also für Wieder- käuer bei Camelina, bei Tragulina, und selbst noch bei Moschina innerhalb der engsten Grenzen. Die extremsten Grade erreicht -sie ohne Zweifel bei Hornträgern und vor allem bei Kindern, aber sie hält sich hier hauptsächlich an die Frontalzone und namentlich an die Umgebung der Hornansätze. Bei Hirschen umfasst sie den ganzen Schädel in viel gleichförmigerer Art; von früh an ist die Hirn- capsel im Yerhältniss zum Gesichtsschädel weniger volu- minös, und namentlich w^eniger concentrirt, also über einen grössern Betrag der Schädellänge vertheilt und von ge- streckterer und flacherer Form als bei Hornträgern. Gleichzeitig betheiÜgen sich die vier Zonen des Neural- dachs gleichmässiger an der Bildung der Schädeloberfläche ; die Parietalzone ist aus diesem Grunde bei Hirschen in der Regel an Länge ausgedehnter als bei Hornträgern und reicht namentlich weiter nach vorwärts; die Nasal- zone ist ebenfalls weiter nach vorn gerückt, während bei Hornträgern, abgesehen von der Cumuhrung des Hirn- raums auf die Frontalregion, das ganze Schädeldach in ge- ringerem oder stärkerem Grad wie um ein Pivot, das in der Gegend des vordem Keilbeins liegen würde, nach rückwärts verschoben erscheint, so dass die Grenznäthe von Nasen- und Stirnbein weiter rückwärts zu hegen kommen. Dies findet seinen Ausdruck in der Abwärts- richtung der hintern Hälfte der Schädelachse und mithin in der relativ hohen und mehr nach rückwärts versetzten Lage der Augenhöhle; auch das Choanenrohr wird da- durch in vertikalem Sinn geräumiger und löst sich merk- Ucher von der Schädelbasis ab als bei Hirschen. Wie immer, gehört auch das Thränenbein zu den mindestens im erwachsenen Alter besonders typischen Schädelknochen. Im Verlauf des Wachsthums ist es — 14 — zwar bei Hirschen durch die allmähliche Ausdehnung des Kiechrohrs sehr erheblichen Veränderungen von Form und Grösse ausgesetzt, aber doch fast durchweg durch ftiehr oder weniger tiefe Aushöhlungen seiner Facialfiäche, die sogenannten Thränengruben charakterisirt, welche manch- mal ausserordentliche Ausdehnung erreichen und sich auf den Bereich von Oberkiefer und Jochbein ausdehnen können. Aehnlich verhält es sich mit der bei Hirschen fast Constanten Schädelöffnung am vordem Rand des Thränepbeins, der sogen. Ethmoidlücke. Obschon auch diese grosse Yeränderungen im Verlauf des Alters durch- macht und gelegentlich selbst fehlen kann, anderer- seits sich auch bei andern Wiederkäuergruppen findet, so ist sie doch nirgends so allgemein und erreicht nirgends eine solche Gfrösse wie bei Hirschen. Koch mehr Schwan- kungen als der faciale ist der supraalveolare Theil des Thränenbeins ausgesetzt, da er von einer dünnen Knochen- iamelle bis zu grossen Luftsäcken anschwellen kann, die sich weit über den Alveolarsack hinlegen. So gut wie bei andern Wiederkäuern stehen diese Verhältnisse immer in directester Beziehung zu dem Volum der Molarzähne. Das Renthier bietet daher das Minimum, Elenthier und Edelhirsch das Maximum solcher Ausdehnung. So zureichende Anhaltspunkte diese Verhältnisse in ihrer Gesammtheit zur Unterscheidung des Hirschschädels von demjenigen anderer Wiederkäuer, und selbst zur Unterscheidung verschiedener Gruppen der Hirsche unter sich darbieten, so vergeblich würde es sein, solche Leit- fäden nur in vereinzelten dieser Merkmale und ohne Berücksichtigung ihrer Altersschwankungen aufzusuchen. Am durchgreifendsten verhält sich dabei wohl die gerade Richtung der Schädelachse, die namentlich im parietalen Theil gestreckte Form der Hirncapsel, und im Gesichts- schädel die tiefe Lage und also die wenig steile Stellung 15 der Augenhöhlen und die geringe Höhe der Backzahn- alveoien; alles Verhältnisse, die nicht nur schon in frühester Jugend auftreten, sondern auch im Yerlauf des Alters am wenigsten verwischt werden; während andere, wie die Ausdehnung des Riechrohrs und namentlich auch die Grestaltung von Thränenbein und Ethmoidlücke, den grössten Altersveränderungen unterliegen. Die Merkmale nehmen also an Constanz und hiermit an Gewicht zu, je centralem und primitiver ausgebildeten Theilen des Schädels sie an- gehören. Ein Hauptmoment scheint auch in einer im Vergleich zu andern Wiederkäuern gleichförmigeren Anlage der verschiedenen Partien der Hirncapsel und mithin des Gehirns, und in einem gleichförmigeren Wachsthum des letztern zu liegen, worüber die Vergleichung der einzelnen Kammern der Hirncapsel in den verschiedenen Altersstadien überraus lehrreichen Aufschluss gibt. Ueberaus unerheblich verhalten sich im Vergleich hiezu einige peripherische Merkmale, so sehr darauf ge- legentlich Gewicht gelegt wurde. Dahin gehört einmal die Grösse und Form der knöchernen Gehörblasen, die meist auf sehr geringem Grade der Entwicklung stehen bleiben, aber doch bei nahe verwandten Formen sehr ver- schiedene Grösse erreichen können. Das Minimum findet sich wohl bei Elaphodus, das Maximum bei Hydropotes. An eine Verwendung dieses Merkmals zur Charakterisirung grösserer Gruppen ist also nicht zu denken. Aehnlich verhält es sich mit den Nerven und GefässöfFnungen des Schädels, von welchen schon in einer frühern Arbeit (5) das Nöthige mitgetheilt worden ist. — 16 — Einzelne Hîrscligrnppen. I. 3J]ossch.iiia. Obgleich Hornlosigkeit, Ausbildung sehr starker oberer Eckzähne, sowie das gelegentliche Fehlen der Thränengruben die Moschusthiere von den Hirschen scharf abzuscheiden, und wie so oft vermuthet wurde, sie min- destens in eben so hohem Maasse den Tragulina anzu- nähern scheinen, so weist doch der Schädelbau dies voll- ständig ab und lässt sogar die heute bestehende Lücke zwischen diesen beiden Familien um so greller erscheinen. Sowohl Moschus als Hydropotes stehen namentlich durch Ausdehnung der Gehirnhöhle, welche das Maass von Tra- gulina nach jeder Richtung übertrifft, durch beträchtlichere Ausdehnung des Riechrohrs, namentlich in longitudinalem Sinne, durch bedeutendere Höhe der Backzähne von Tra- gulina weit ab und halten sich bereits vollständig inner- halb des Gestaltungsbereiches der Hirsche. Und wenn auch ersterem Genus noch gewisse Hirschmerkmale, wie Thränengrube und Ethmoidlücke fehlen, so finden sie sich bekanntlich, so gut wie schwache Spuren von Geweih- ansätzen bei männlichen Thieren, schon bei dem in allem Uebrigen mit Moschus überaus nahen Genus Hydro- potes ein. II. Oervulina. Durch ungewöhnUch lange Rosenstöcke, welche ein sehr einfaches Geweih tragen, und durch sehr starke Eck- zähne bilden die Muntjak's eine kaum weniger scharf be- grenzte Gruppe unter den Hirschen als die Moschusthiere. Immerhin sind gerade diese beiden Merkmale nur sexueller Natur und erweist sich bei dem ersten BHck auf das — 17 — weibliche Gesclileclit, dass gerade hier diese sexuellen Unterschiede den Schädel in erheblicherem Grade umge- stalten als bei irgend einer andern Hirschgruppe. Dennoch fehlt es auch an weiblichen Thieren keineswegs an Merk- malen im Schädelbau, welche die Muntjak's, und zwar von früher Jugend an, von allen übrigen Hirschen ab- trennen. Sie bestehen hauptsächlich in langgestreckter Schädeltbrm und ungewöhnlich grossen Augenhöhlen, die trotzdem kaum über die allgemeinen Umrisse des Schädels hinausragen. Die Hirncapsel ist fast cylindrisch und die Parietalzone liegt fast ganz horizontal. Das Stirnbein reicht weiter nach rückwärts als bei andern Hirschen und springt von früh an nach hinten in seitliche Zipfel vor, welche die starke Entwicklung der künftigen Geweihträger an- melden. Auch nach vorn ragt das Stirnbein weiter über die Augenhöhle hinaus als bei andern Hirschen und ist auf seiner ganzen Länge mit verdickten Seitenrändern versehen, welche dann beim Männchen in die Hornstiele auslaufen und schliesslich den gesammten Schädel derart überwachsen, dass sie nach rückwärts weit über ihn hinaus- ragen und die Stirnfläche bis zu deren vordem Spitzen mit hohen Knochenleisten einrahmen. Trotz so beträcht- licher Ausdehnung des Stirnbeins sind aber auch Parietal- und Nasalzone länger als bei ächten Hirschen und fällt also auch der ganze praeorbitale Gesichtsschädel oder das Riechrohr um Merkliches länger aus. Am meisten be- theiligen sich an dieser Yerlängerung des Gesichtsschädels Maxilla, Intermaxilla und Thränenbein, welches letztere sich allmählich zu einer ausserordentlich grossen Thränen- grube aushöhlt. Die Augenhöhlen sind so gross und liegen so tief, dass sie wie bei Traguhna in der Mitte des Schädels bis auf ein dünnes und oft durchbrochenes Knochenwändchen zusammenstossen. Das Thränenbein ist nur um weniges 2 ■ — 18 — niedriger als die Augenhöhle und in seiner untern Hälfte zu tiefen Taschen umgestülpt, während das obere Drittel ein fast vertikal stehendes Knochenblatt bildet. Unter den Backzahn- Alveolen ist der orbitale Theil des Thränen- beins zu ansehnhchen Knochenblasen erweitert. Durch das Zusammenstossen der Augenhöhlen wird die vordere Hirnkammer im Yergleich zu der mittlem um den Betrag des luterorbitalseptums an Höhe verengert. Dafür ist dem Riechhirn eine eigene und tiefe Kammer vorgespart, die sich, da die Siebplatte fast horizontal liegt, weit nach vorn verlängert. An der Schädelbasis gehören die grosse Breite von Basioccipitale, von Gaumen- und Jochbogen, die starke Einschnürung der Gaumenfläche zwischen Backzahnreihe und Eckzähnen, die geringe Länge des Gaumentheils der Intermaxillaren und die unbedeutende Ausdehnung der Paukenknochen zu den Merkmalen der Cervulina. In Folge hiervon vereinigt sich die Schädelbasis mit den Unterkiefergelenkflächen zu einer fast nur durch die vielen Schädelöffnungen unterbrochenen Ebene in einer unter Hirschen sehr eigenthümlichen Art. Eine lehrreiche Erweiterung des Muntjak-Typus bildet Elaphodus (Lophotragus) in sofern, als bei diesem nördhchsten Vertreter der asiatischen Muntjakgruppe eine minimale Entwicklung der Geweihträger, die allerdings nicht über das Maass etwa eines Reh-Spiessers hinausgeht und also den Unterschied der beiden Geschlechter, im Yergleich zu Cervulus, um Bedeutendes herabsetzt, sich combinirt mit excessiver Ausbildung einiger anderer Merk- male vom Muntjakhirschen, da der Schädel noch gestreckter und Thränenbein mit Thränengrube noch ansehnhcher ausfallen als bei den übrigen Formen. Hier sind es freilich nur die Nasal- und Frontalzone, welche diese Yerlänge- rung zu Stande bringen. Die î^Tasenbeine sind nicht nur — 19 — beträchtlich länger, sondern sie biegen sich auch seitwärts so stark abwärts, dass sie ' die Ethmoidlücke zudecken. Dabei sind die Augenhöhlen kleiner, die Stirnfläche und die Parietalzone schmäler, die Schläfengruben ausgedehnter als bei Cervulus. Die Thränengruben dehnen sich bis auf Oberkiefer und Jochbein aus und rageh als tiefe BHndsäcke in die Riechhöhle 'vor. Grehirnhöhle und Schädelbeine verhalten sich bei beiden Formen überaus ähnlich. In Bezug auf das Gebiss ist Elaphodus weniger brachyodont zu nennen als Cervulus. III. Ooassina. Wie die südamerikanischen Spiesshirsche an Körper- grössekaum über die asiatischen Muntjakhirsche hinausgehen, so ahmen sie dieselben auch durch einfache Form und merkwürdig scharfkantige Oberfläche des Geweihes und durch den Bau ihres Gebisses nach. Selbst Eckzähne von kaum geringerem Belang als die provisorischen Eck- zähne von Muntjaks, finden sich in der Jugend bei beiden Geschlechtern; doch werden sie nicht, wie bei diesen, später durch noch grössere ersetzt; im erwachsenen Zu- stand fehlen sie bei beiden Geschlechtern gänzlich, wenn auch die Spuren der Alveolen nie völlig auslöschen. Wie die grosse geographische Ausbreitung der Gruppe erwarten lässt, variert zwar die Physiognomie des Schädels in erheblicherem Grade als bei Cervulus, so dass es nicht schwer fällt, die Coassina hienach noch in kleinere Gruppen zu theilen. Dennoch bilden sie in Bezug auf die wesent- lichen Züge des Schädelbaus eine von den übrigen Hirschen so bestimmt verschiedene Gruppe als die Munt- jaks, und diese Züge selbst stimmen für beide Geschlechter, sowie namentlich auch durch ihre allmählige Ausprägung — 20 — von den Jugendzuständen bis ins erwachsene Alter so sehr mit denjenigen der Muntjakhirsche überein, dass von anatomischer Seite keine andere Wahl übrig bleibt, als trotz der weiten Trennung des Wohnortes beider Gruppen dieselben als GUeder einer und derselben natürlichen Hirschfamilie anzusehen. Dies im Einzelnen durchzuführen, ist in dieser kurzen Anmeldung der Hauptresultate einer grössern Arbeit, welche sich auf das Studium eines sehr vollständigen Materiales stützt, da sämmtliche Species von Coassus in beiden Geschlechtern und theilweise in ihrer gesammten Alters- Variation untersucht werden konnten, nicht am Ort, da eine den bisherigen Anschauungen so fremde Zusammen- stellung Eingehen in viele Details nöthig machen würde, und die wesentlichen Merkmale der Cervulina, so weit es hier nöthig schien, bereits erörtert sind. LedigHch mag die Bemerkung am Platze sein, dass es sich dabei keineswegs um eine derartige Identität von Structur han- delt, wie sie oft durch die Begriffe von Species oder selbst nur von Genus bezeichnet zu werden pflegt. Namentlich weicht die Erscheinung des männlichen Schädels aller Coassusformen von derjenigen von Cervulus erheblich ab, indem dort die sexuelle Divergenz niemals zu so excessiven Graden ansteigt, wie bei Cervulus. Allein beim Ueberblick der gesammten Structur von Coassus einerseits, von Cer- vulus und Elaphodus anderseits, und vornehmlich bei der Yergleichung von weiblichen Formen, die ja durchweg die Formgrenzen der Species viel treuer bewahren als die männlichen, erweist sich der Schädelbau der Coassina, trotz allerlei Abweichungen in einzelnen oberflächlichen Punkten, mit demjenigen der Cervulina als so über- einstimmend, dass es unmöglich scheint, die gegen- seitigen Beziehungen nicht als Ausdruck genetischer Ver- wandtschaft anzuerkennen; Coassus rufiis und Cerviäus — 21 — moscliaüis bilden in dieser gemeinsamen Formenreilie die Endglieder oder die Divergenzpunkte, während Cervtdus Beevesii, Elaphochis und Coassus Jmmilis die Verbindungs- glieder zwischen beiden Gruppen darstellen. Angesichts solcher Thatsachen mag sich allerdings zuerst die Frage erheben, ob es sich hiebei nur um Analogien handle, wie sie etwa schon Buffon bei der Ver- gleichung alt- und neuweltlicher Thierwelt andeutete. Die seit Buffon von Seite der vergleichenden Anatomie und namentlich von Seite der Palseontologie gewonnenen Lehren lassen eine so malerische Anschauung kaum mehr ge- nügen. Gemeinsamkeit des Baues erscheint in ihrem Lichte als Gemeinsamkeit von Geschichte, da die geographische Yertheilung heutiger Thiere sich längst als Etwas heraus- gestellt hat, was in den meisten Fällen überaus viel grössern Wechselfällen unterworfen ist als Structur. Die weite geo- graphische Abtrennung von Coassina und Cervulina wird also heutzutage so wenig als ein Beleg getrennten Ur- sprungs gelten können, als die Auseinanderreissung des heutigen "Wohngebietes von Tragulina auf den Ostrand von Asien und den Westrand von Afrika, oder als die ähnliche Zersplitterung von anthropoiden Affen oder Makis Zweifel an der Gemeinsamkeit ihres Stammes aufkommen lässt. Um so weniger, als ja längst ein ähnlicher Leerraum, wie er heute die Spiesshirsche Süd-Amerika's von den ostasiatischen scheidet, auch in der Provinz der Tapire und in derjenigen der Kameele bekannt ist. Das Beispiel der Kameele ist um so zutreffender, als die chilenischen und peruanischen Muntjaks zu den ostasiatischen in ähn- licher Beziehung stehen wie die Lama's zu den Kameelen im engeren Sinne des Worts. Auf beiden Linien ver- treten die südamerikanischen Glieder dieser Familien jugendlichere und weniger divergente Gestaltungsstadien als die ostasiatischen. Insofern, da doch an einen Rück- — 22 — gang in der Entwickelung kaum zu denken ist, müssten also — so lange nicht die Palseontologie, wie sie es für die Kameele bereits reichlich gethan hat, noch andere Wohnsitze von Muntjaks aufdeckt, die südamerikanischen Formen als dem einstigen Stamm der Familie näher ge- blieben, und die ostasiatischen nur als stärkern und er- giebigeren Umbaues fähige Abkömmlinge des gemeinsamen Stockes gelten. Die Analogie in Verbreitung und Ge- schichte von Muntjaks und von Kameelen wird überdies um so grösser, als vielleicht Elaphodus, die nördlichste und am wenigsten divergente Form von Muntjak, schon jetzt ähnliche Inseln in dem an solchen Thieren sonst leer scheinenden Räume erwarten lässt, wie es Merycotherium bis in viel spätere Zeit hinab als in die der Oreodontia für die Kameele that. IV. Oervina. Nach Beiseithaltung der geweihlosen und der Spiess- hirsche trägt die Heerschaar aller übrigen Hirsehe mit wenig Ausnahmen ein so gemeinsames Gepräge, dass jede weitere IJnterabtheilung auf grosse Schwierigkeiten stösst. Nur die Giraffe bildet dann wieder eine so eigenthümliche Erscheinung, dass sie von manchen Autoren sogar von den Hirschen ausgeschlossen wurde. Unter den Cervina zählt einer der besten Kenner der Hirsche, Fli. L. Sciater, auf Grund äusserer Merkmale folgende Genera im alten Sinn des Wortes auf: Rangifer, Alces, Dama, Cervus, Capreolus. Nicht weniger als vier dieser Gruppen sind in ihrer Erscheinung so einför- mig, dass man sich begnügt hat, ihre Yertreter in eine einzige oder sehr wenige Species zu vereinigen. Nur die Gruppe Cervus tritt in so gewaltiger Mannigfaltigkeit der — 23 — Erscheinung auf, dass man sich veranlasst sah, sie in eine die obigen Gruppen noch übertreffende Zahl von XJnterabtheilungen aufzulösen. Zu unserm Zwecke mag es ausreichen, alle diese Abtheilungen in gleichförmiger Reihenfolge in Bezug auf ihre Schädelmerkmale durchzugehen, wobei es erlaubt sein wird, von vornherein von der Leitform, Cervus, als deren Yertreter der Edelhirsch gelten mag, als von einer überaus bekannten abzusehen. 1. Capreolus. Gestrecktere und geräumigere Form der Gehirncapsel, namendich zu Gunsten der Parietalzone, geringeres Vor- treten von Augenhöhlenrändern und Jochbogen, und kürzerer Gesichtsschädel in dessen nasalem, maxillarem und intra- maxillarem Theil, sind die Hauptpunkte, wodurch sich das Reh von dem Edelhirsch unterscheidet. In der Hirnhöhle macht sich auch in Folge weniger steiler Stellung der Siebplatte eine grössere Ausdehnung der Riechhirnrecesse bemerkbar. Eine augenfällige Verschiedenheit bietet das Thräneubein, das statt wie beim Edelhirsch langgestreckt und tief ausgehöhlt, beim Reh nur kurz und seicht concav ist. In manchen dieser Punkte nähert sich das Reh den Moschusthieren mehr als andern Hirschgruppen an. Da- mit stimmt indess wenig überein, dass es sich vor manchen andern und namentlich vor dem Edelhirsch dadurch aus- zeichnet, dass Spuren von Rosenstockbildung sogar bei dem weiblichen Thier meist in recht ansehnlicher Stärke auftreten, während hinwiederum von Eckzähnen in der * Regel sogar in der Jugend jede Spur fehlt. _ 24 — 2. Dama. Im Yergleicli zum Edelhirsch sind Gedrungenheit, Breite und Kürze die allgemeinsten und auffälligsten Merkmale des Damhirschschädels. Sie kömmt zu Stande durch merkUche Knickung der Schädelachse und Abwärts - biegung der Parietalzone, sowie durch ausgiebige Wölbung der letztern, während die Stirnzone sich in allen Theilen, auch in der Bildung der Augenhöhlenränder, derjenigen des Edelhirsches sehr ähnlich verhält. Wieder aber ist der gesammte Gesichtsschädel auffallend kurz, breit und gedrungen, was sich namentlich auch in der Gedrängt- heit der Backzahnreihe ausspricht. Ueberaus bemerkbar ist die Geräumigkeit des Hirn- raums und der Augenhöhlen, während die Thränengrube seichter ist als bei dem Edelhirsch. In Folge der Knickung der Schädelachse kommt die Choanenwand in der Augen- höhle in grossem Umfang zu Tag, und ist von einem un- gewöhnlich grossen Foramen sphenopalatinum durchbohrt. Das Gebiss, wie gedrängter, ist auch höher als beim Edelhirsch. Eckzähne fehlen bei beiden Geschlechtern, und von Ansätzen von Geweihträgern macht sich beim weiblichen Thier nichts bemerklich. 3. Axis. Das bezeichnendste Merkmal dieser Gruppe liegt in der Art des Geweih-Ansatzes. Die Ränder der Augen- höhle sind im obern und hintern Umfang derselben auf- fallend knapp und stehen wenig vor; da trotzdem die Rosenstöcke so weit als möglich nach aussen verlegt sind, so ist deren Wurzel an der Aussenseite abgeplattet und geht durch Kanten in die sonstige Rundung über. Offen- bar liegt hierin eine gewisse Aehnlichkeit mit den Munt- jakhirschen, wo die Geweihstiele ebenfalls weit nach — 25 — aussen verlegt und kantig sind, so dass sie unmittelbar den obern und hintern Augenhöhlenrand bilden, während sie bei weniger peripherischer Lage stets cylindrisch sind. Auch andere Folgen dieser Yerhcältnisse erinnern an Muntjakhirsche ; so die Form der Supraorbitalrinnen und die grosse Ausdehnung der orbitalen Wand des Thränen- beins, welche von dem, trotz Knappheit besonderer Ränder, weiten Yortreten der Augenhöhlen herrührt. Auch die Thränengrube dehnt sich wie bei Muntjaks weit über den Bereich des Thränenbeins aus. Am Gesichtsschädel fällt, zumal bei männlichen Thieren, die Kürze und Höhe des Riechrohres auf. An- dere Eigenthümhchkeiten, wie die bedeutende Breite der Gaumenbeine, das weite Vorragen der Nasenbeine über die vordere JN'asenöffnung, und namentlich manche Eigen- thümlichkeiten im Bau der Backzähne theilt Axis dagegen mit Rusa in solchem Maasse, dass von dieser Seite eine Trennung beider Genera kaum gerechtfertigt erscheint. 4. Rusa. Das mir vorliegende Material- mag vielleicht unzu- reichend sein, um diese grosse Gruppe vollständig zu beurth eilen. An kleinen (insularen) Formen und nament- lich an Jugend Stadien scheint mir indessen die enge Beziehung sowohl zwischen Axis und Rusa, als eine An- näherung derselben an die Cervulina, wie sie schon bei Axis beschrieben ist, auffällig ausgesprochen zu sein. Wie bei Axis ist auch bei Rusa der Gehirnraum, nament- lich im parietalen Theil ausgedehnter als beim Edelhirsch, in dem frontalen dagegen durch centrale re Lage der Augenhöhlen enger und zugespitzter als beim Edelhirsch; am meisten ist diese Zuspitzung des Gehirns in den Riech- hirnräumen bemerkbar, welche enge, aber langgestreckte — 26 — Zipfel bilden, da die Siebbeinplatte fast horizontal liegt. Die Geweihansätze sind dagegen so weit als möglich nach Aussen versetzt, die Thränengrube und Ethmoidlücken ausgedehnter. Auch der Gresichtsschädel ist wie bei Axis im Yergleich zu Elaphodus kurz schnauzig und hypselodont zu nennen. Anlagen zu Rosenstockbildung erreichen bei weiblichen liusahirschen eine nicht geringere Stärke als bei Cervuius und' Reh. Auch Eckzähne von ansehnlichem Belang bleiben selbst bei weiblichen Thieren bis ins er- wachsene Alter bestehen. 5. Cariacus. Blastocerus. Furcifer. Trotz aller von zoologischer Seite gemachter Ver- suche von Spaltung kann ich in Bezug auf Schädelbau in den zahlreichen Hirschen, welche abgesehen von dem auf Süd-Amerika beschränkten Coassus und von den wenigen circum-borealen Formen die Neue Welt bevölkern, nicht mehr als eine einzige Form erkennen, die aller- dings so gut wie etwa Axis, Rusa u. dgl. nach Localität, und noch viel mehr nach Greschlecht erheblichen Variationen verschiedener Art ausgesetzt ist. Dennoch beherrscht sie alle eine gemeinsame Physiognomie, die sicher unter alt- weltlichen Hirschen keiner näher steht als der des Edel- hirsches und in einigen Beziehungen der des Rehes, ob- wohl sie durch ein sehr bezeichnendes und durchgreifendes Merkmal, dessen physiologische Bedeutung mir unbekannt ist, sich auf den ersten Blick davon unterscheiden lässt: durch eine eigenthümliche Ausdehnung des Riechrohres, wie sie ausserdem nur demRenthiere zukömmt, dem Cariacas sonst sehr fern steht. Das Choanenrohr, an sich schon ungewöhnlich geräumig, ist nebst dem Yomer über das Maass von andern Hirschen nach hinten verlängert, so dass seine OefFnung an ihren pterygoiden Rändern steil — 27 — gestellt und offenbar der Glottis mehr angenähert ist. Im Uebrigen unterscheidet sich der Schädel nm' durch eine selbstverständlich beim weiblichen Thier in noch höherem Maasse als beim männlichen ausgesprochene Schlankheit und Gestrecktheit in allen seinen Theilen von dem von Cervus. Die Augenhöhlen sind kleiner als beim Edel- hirsch und ihre Ränder so wenig vorstehend wie beim Reh. Auch die Thränengrube ist niedrig und seicht wie beim Reh. Sehr verschieden von diesem ist indess die Zahnreihe, langgestreckt aber niedrig. Eckzähne kommen nicht zur Ausbildung. Wie das Geweih im Vergleich zu Cervus schwach ist, so fehlen bei dem weiblichen Thiere Spuren von Rosenstöcken gänzlich. 6. Rangifer. Yon vorn herein steht das Renthier nebst der Giraife unter Hirschen einzig da durch eine merkwürdige Ab- schwächung des bei geweihtragenden Hirschen sonst so weit- gehenden Unterschiedes der Geschlechter, indem auch das weibliche Thier in der Regel Geweihe tragt. Auch Eck- zähne pflegen bei beiden Geschlechtern aufzutreten und bis ins erwachsene Alter zu persistiren. In Bezug auf Schädelbau ist das Renthier charak- terisirt durch auffällige Abplattung der Hirncapsel, durch ebenso eigenthümliche Yerkürzung der Parietalzone, die mit der grossen Stärke des Geweihes in Bezug stehen mag, wodurch auch Augenhöhlen und Choanenöffnung ungewöhn- lich weit nach hinten zu liegen kommen, und durch über- aus ergiebige allgemeine Ausdehnung und Geräumigkeit des Riechrohres, das die ganze Hirncapsel nach hinten zu drängen scheint. Endlich durch auffallende Kleinheit der Molarzähne. Am auffallendsten treten diese Merk- male an den Tag am jugendlichen Schädel, der noch — 28 — nicht durch Muskelkanten und Geweihstützen entstellt ist. Die Hirncapsel, grösstentheils vom Stirnbein gebildet, bil- det in dieser Periode ein abgeplattetes und in die Breite gezogenes Oval, wie man es sonst etwa bei manchen tauchenden Thieren, bei Phoken und Ottern zu sehen gewohnt ist ; die Augenhöhlen liegen hinter der Backzahn- reihe und sind daher in der Achse mehr seitwärts ge- richtet, als bei andern Hirschen; mit dem Alter treten sie röhrenförmig über den Schädelumriss vor. Der Hirnraum ist in allen seinen Theilen kurz und niedrig, aber in die Breite gedehnt, und im Gegensatz zu dieser Zusammen- drängung des Hirnschädels ist dem Riechrohr sowohl nach Länge als nach Weite um so freiere Ausdehnung gegönnt. Thränenbein und Ethmoidlücke sind je nach dem Alter von sehr verschiedener Gestalt. An dem erstem reducirt sich im Gegensatz zu andern Hirschen der lufthaltige supramolare Theil, da die Backzähne ausserhalb des Be- reichs der Augenhöhle liegen, fast auf Null. Dem gerin- gen Yolum der hintern Backzähne entspricht eine auf- fällig geringe Ausdehnung der Insertionsfläche für die Kaumuskulatur. 7. AIces. Mit dem Renthier theilt das Elenthier, obwohl man nach seinem Wohnort auf ähnUche Lebensbedingungen schliessen sollte, abgesehen von einer bei andern Hirschen sonst ungewöhnlichen Dicke der Schädelknochen, ein ein- ziges Merkmal, die Ausdehnung des Riechrohres, das hier — obwohl grösstentheils mit Hülfe contractiier statt starrer Wände — das Maximum von Umfang unter Hirschen er- reicht. Im Uebrigen ist der Schädel bei beiden Thieren sehr verschieden, da bei Elenthier, im Gegensatz zum Ren- thier, die Parietalzone länger, die Frontalzone kürzer ist als bei irgend einem andern Hirsch, und auch die Backzähne — 29 — an Yolum das Maximum unter Hirschen erreichen. Im- merhin kommen so excessive Yerhältnisse nur allmähhg zu Stande und ist der Elenschädel in früher Jugend dem- jenigen anderer Hirsche viel ähnlicher als im Alter. Namentlich erreicht das Nasenrohr seine excessive Länge, die bei der grossen Ausdehnung der Kinnsymphyse auch der Zungenlade zu Gute kommt, nur nach und nach. Da- gegen machen sich die geringe Breite und ungewöhnliche Länge der Parietalzone, die Stärke des Nasenrohres und die Grösse der Zahnalveolen schon sehr früh bemerkbar. Am erwachsenen Schädel ist ausser den schon er- wähnten allgemeinen Zügen noch Folgendes erwähnens- werth. Die überaus mächtige Verdickung der Schädel- basis in ihrem hintern Theil, theilweise zu Gunsten des ungewöhnlich massiven Hinterhauptsgelenks, aber auch zu Gunsten des Gehirns, dessen hinterste Kammer ähnlich wie bei der Giraffe, und wohl wie bei dieser zum Zwecke ergiebiger Aufwärtsrichtung des Kopfes, von der Keilbein- gegend rückwärts fast winklig abwärts gerichtet ist. Die Parietalzone, auffallend compress und kantig, ist länger als bei irgend einem andern Hirsch und die Hirnhöhle daher von fast gleichförmig cylindrischer Gestalt ; die Stirnzone dagegen kürzer und breiter, hauptsächhch zu Gunsten der Geweihstiele, welche weiter vorn wurzeln als bei andern Hirschen und sich von Anfang an, und fast in der Ebene der Stirnfläche, direct nach auswärts richten. Das Riech- rohr ist an seiner Wurzel ungewöhnlich hoch und compri- mirt, aber von den Nasenbeinen nur zu einem kleinen Theil überdacht, so dass vor der Riechmuschel noch ein von den Zwischenkiefern und langen Zipfeln des Oberkiefers ge- bildetes Yestibulum des Riechrohres hinzieht, das an Länge die volle Hälfte des gesammten Rohres ausmacht. Die hintere Oeffnung des Riechrohres hat indess nichts Eigen- thümliches. Gaumen und Kinnsympyhse bilden zusammen 30 eine langgestreckte Zungenrinne. Thränenbein und Ge- sichtslücke wechseln mit dem Alter ihre Form in erheb- lichem Grade. Dem grossen Yolum der Backzähne ent- sprechend sch^Yillt ersteres über den Molaren zu einer ansehnlichen Blase an, die sich indess der Concavität des Augenhöhlenraumes so anschliesst, dass die Augenhöhle nicht wesentlich verengert wird. V- Oaimeloparclalis, Schon bei einem frühem Anlasse, wo von der Gi- raffe einlässlich die Rede war (13), ist dieselbe nicht nur den Hirschen zugewiesen, sondern sogar mit einer sehr be- stimmten Form derselben, dem Elenthier, in nahe Beziehung gebracht worden. Und zwar nicht nur etwa in Rücksicht auf Statur, die bei beiden Thieren auf einen hochge- deckten Tisch hinweist, sondern auch, so unerwartet dies erscheinen konnte, in Rücksicht auf manche Merkmale des Schädelbaues. Für das Anrecht der Giraffe auf den Familientitel Hirsch wurde einmal das Gebiss geltend ge- macht, das allerdings demjenigen des Elenthiers näher steht als dem irgend eines andern Wiederkäuers, anderseits auf das Geweih, insofern die paarigen und beiden Ge- schlechtern der Giraffe zukommenden Hörner, sowie das in der Regel nur dem männlichen Thiere eigenthümliche Medianhorn, nach der Art ihrer Entstehung durchaus in die Rubrik von Geweihen fallen, wenn sie auch sowohl der Yerästelung als der periodischen Reproduction ent- zogen sind und auch der Rosenstöcke im Sinne der Hirsche gewissermassen entbehren; endlich der Plan des Schädel- baues, also ein Merkmal von ganz anderm Gewicht als etwa Geweihe. Ohne hier auf die Jugendform und allmählige Um- gestaltung des Giraffenschädels, welcher in der Hauptar- — 31 — beit, in Rücksicht auf das ungewöhnliche Intere^, wei- ches sich an die so isolirte und sonderbare Erscheinung der Giraffe knüpft, besondere Aufmerksamkeit zugewendet wurde, einzugehen, reicht es hier aus, wiederum nur die Ergebnisse der Untersuchung mitzutheilen. Nur auf einen Zug derselben ist auch hier Gewicht zu legen, da von ihm fast alle die unter Hirschen einzig dastehenden Eigen- thümliclikeiten des Hirnschädels bedingt werden. Dies ist die Ausbildung von Lufthöhlen in der Substanz des Schädeldaches, die bei andern Hirschen kaum eine Rolle spielt, während sie bei der Girafie zu Graden ansteigt, welche Alles übertreffen, was selbst bei horntragenden Wie- derkäuern, wo sonst diese Luftinjection einen guten Theil der Altersmetamorphose des Schädels zu Stande bringt, be- kannt ist. Bei der Giraffe beginnen diese Lufthöhlen Avie überall in erster Linie in der Substanz des Stirnbeins, dehnen sich aber mit der Zeit über sämmtliche Knochen des Schädeldaches, vom Nasenbein bis zum Occiput der Art aus, dass die Gestaltung der Schädeloberfläche schliess- lich von derjenigen des Hirndaches, oder der Unterfläche der Schädeldecke vollkommen verschieden ausfällt. Um so mehr, als sich dazu noch die Aufsetzung von perenniren- den oder äussern Knochenzapfen gesellt, die am lebenden Thier nur noch durch Bedeckung mit behaartem Fell an ge- wisse Stadien und Formen von Hirschgeweih, in ihrem Bau aber vielmehr an die Knochenzapfen von Cavicornia erinnern. Nichts desto weniger sind aber diese Hörner ursprünglich durcliaus selbstständige dermale Ossificationen, die sich mit dem Schädeldach erst durch nachträgliche Synostose vereinigen und dann allerdings sogar mit dessen Lufthöhlen in Yerbindung setzen können. Dennoch ver- mögen so weit gehende Umgestaltungen die w^esentUcben Merkmale des Hirschschädels, wie die langgestreckte, ' fast cylindrische Gestalt des Hirn- und Riechrohres, die gë- — 32 — rade Hahtung der Schädelaclise, die Länge der Parietal- zone, die geringe Alveolen- und Wangenhöhe, die tiefe und weit nach vorn gerückte Lage der Augenhöhlen u. dgl. nicht zu verwischen. Nur die Aussenfläche des Thränen- beins und dessen Umgebung w^eichen, aber wiederum in Folge der Luftinjection, von dem bei Hirschen üblichen Yerhalten stark ab. Die unter Hirschen so fremdartige Physiognomie der Giraffe ist also doch nur durch wesent- lich peripherische Verhältnisse bedingt, während der Grund- plan demjenigen von Hirschen treu bleibt. Mit dem Elenthier im Besondern theilt der Giraffen- schädel ausser dem Gebiss mindestens in der Jugend die grosse Ausdehnung der Parietalzone und des Riechrohres. Dazu kommt dann aber eine allerdings dem Elenthier fremde, aber bei der Giraffe auch wesentlich nur ober- flächliche, und zwar mit dem Alter durch Ausdehnung der Lufträume immer zunehmende Ausdehnung der Stirn- zone, durch welche sich diese, ohne gleichzeitige Breitezunahme, immer mehr nach rückwärts über die * Parietalzone hinschiebt, was sich auch durch immer stärkere Rückwärtsneigung der Hörner verräth imd dem Giraffen- schädel auch die ihn vornehmlich kennzeichnende unge- wöhnhche Höhe verleiht. Li Folge dieser Aufblasung des Schädeldaches kommt bei der Giraffe die Hirnwölbung an der Schädeloberfläche nicht an den Tag. Unter der Coro- nalnath, also in der Gegend, wo bei Hirschen die Rosen- stöcke spriessen, aber unter MitbetheiHgung der ParietaHa, erheben sich dann bei beiden Geschlechtern paarige, aber nur von der äussern Tafel des Stirnbeins gebildete Höcker, welchen die Geweihe aufgepflanzt sind. Yor diesen Höckern liegt eine Yertiefung, welche d^r Anheftung der Crkta Galli entspricht. Aber statt dass dieser Sattel bei Hirschen mitten zwischen den Augenhöhlen liegt, liegt er hier hinter denselben, und vor ihm erhebt sich von — 33 — Neuem, und wieder über der Grenznaht des Stirnbeines, und unter Mitbetheiligung der Nasenbeine ein ähnlicher, aber medianer Höcker, dem dann wieder, mindestens bei männlichen Thieren, in schwächerem Grade aber auch bei weiblichen, dermale Ossificationen oder ein Geweih aufge- setzt wird. Da alle diese Höcker auf den verschiedenen Schädelknochen selbstständig entstehen, und auch die Luft- räume der einzelnen Knochen zeitlebens durch dünne, frei- lich fein poröse Knochensepta getrennt bleiben, so ist also an der Coronalnaht in Wahrheit Material für vier, und an der vordem Stirnnath ebenfalls zu vier Hörnern da, von welchen indess die coronalen oder parieto-frontalen für sich, und die frontonasalen alle zusammen durch das von der Haut geKeferte Geweih wie durch einen Schlüssel zu einem coronalen Paar und zu einem medianen Nasenhorn oder vordem Stirnhorn vereinigt werden. Auch seitwärts dehnen sich diese Lufträume bis in die Augenhöhlenränder, und wieder in das Thränenbein aus, das deshalb einer Thränengrube entbehrt, und setzen sich endlich vermittelst der Ethmoidräume mit den Luft- höhlen des Oberkiefers in Verbindung. Dagegen fehlt die den Hirschen sonst so allgemeine ethmoidale Gesichtslücke auch der Giraffe mindestens in der Jugend nicht, aber sie pflegt sich mit dem Alter durch Ausdehnung ihrer Grenzknochen zu schliessen. Trotzdem wird diese baldige Synostosirung mit der Basis diesen Hörnern die Bedeutung ächten Geweihes nicht streitig machen können. Der Unterschied von dem Geweih beruht ja nur, da das Ausbleiben von Veräste- lung sich nicht auf die Giraffe einschränkt, einmal darin, dass sie sich, wie etwa manche dermale Ossificationen an Schildkrötschalen, über Suturen von Schädel- oder endo- skeletalen Knochen bilden; ferner darin, dass sie sich in hohem Alter sogar mit den Lufträumen des Schädeldaches in 3 — 34 — Yerbindung setzen, und endlich in ihrer durch so innige Yerbindung mit dem Schädel bedingten Perennität. Alles das wird wohl überdies von einem gemeinsamen Motiv, von ihrer frühen Entstehung abzuleiten sein, indem ja — der einzige bekannte Fall der Art — nicht nur die Greweihbasen, sondern sogar das paarige Geweih schon bei der Greburt vorhanden und also aus dem mütterlichen Uterus mitge- bracht werden, während sonst bei Hirschen der Trieb zur Geweihbildung erst mit dem Eintritt der Geschlechtsreife erwacht. Hier einzig ist also das Geweih nicht nur ein individuelles und den Schwankungen der Geschlechtsthätig- keit unterworfenes, sondern ein angebornes Species- und Genus - Merkmal , sogar von früherer Entstehung und also von längerer Andauer als die Hornkerne von Cavi- cornia. In kürzester Frist werden also diese Gebilde bei der Giraffe aus der Catégorie dermaler Ephiphysen oder von Geweihen, in diejenige cranialer Apophysen oder von Hörnern nach Art der Cavicornia übergeführt, wenn schon die Hautbedeckung nicht wie bei diesen aus successiven und mit der Geschlechtsthätigkeit in Beziehung stehen- den Schichten von harter Epidermis, sondern wie bei Kosenstöcken und sogar bei jungen Geweihsprossen von Hirschen, aus unverändertem Fell besteht. Sexueller, aber damit nicht nur etwa periodischer Na- tur ist also nur das weit später entstehende unpaare Ge- weih, von dem mir nicht bekannt ist, ob es sich mit den Lufthöhlen seiner Unterlage ebenfalls in definitive Verbin- dung setzen könne, während dies für Paarhörner ausser allem Zweifel steht. Immerhin ist von Bedeutung, dass analoge Bildungen, wenn auch nur in der Form von der- malen Knochenkrusten von stalaktitischer Oberfläche, sich auch bei alten Weibchen auf der medianen Pyramide ab- lagern und sich, ähnlich wie die paarigen, allmählig weit über die Umgebung ausbreiten. — 35 — Sehen wir uns endlich auch nach Analogien dieser Giraffenmerkmale unter andern Wiederkäuern als bei Hir- schen um, so ist bereits auf die Cavicornia hingewiesen wor- den, w^o die Lufterfüllung des Schädeldaches mehr oder weni- ger zur Regel gehört und in einzelnen Fällen, wie etwa bei Alcelaphus oder bei Gaur fast zu so bizarren Umgestal- tungen der Schädeloberfläche führt wie bei der Giraffe, obwohl sie dort auf das Stirnbein beschränkt bleibt. Die Geweihbasen der Giraffe entsprechen also den Hornker- nen von Cavicornia in Wahrheit viel mehr als den Ro- senstöcken der Hirsche, obschon sie durch frühe Ver- wachsung mit den zwar ursprünglich durchaus selbststän- digen dermalen Ossificationen auf viel geringerer Entwick- lung stehen bleiben. Weder vermögen sich also eigentliche Hornzapfen als Kerne für Hornscheiden fertig auszubilden, noch versucht die den Geschlechtsperioden folgende Ebbe und Fluth in der Blutcirculation der Stirnhaut die einmal ge- bildete Ossification wieder abzubrechen und periodisch zu erneuern. Um so weniger, als das Geweih, ohne seine Bedeckung mit vasculoser und behaarter Haut zu ver- lieren, durch Anastomose mit den cranialen Lufträumen schliesslich aus einer Epiphyse in eine Art Apophyse der Schädelknochen übergeht. Immerhin scheint in diesen Yorgängen eine Möglichkeit eröffnet zu sein, dass sich auf einem und demselben Schädel etwa an einer Stelle ächte Hörner und Hornscheiden, an einer andern Stelle Geweihe, sei es bleibender oder periodischer Art, entwickeln könnten. Yon solchem Luxus von Hörn- und Geweihanlagen ist unter andern Wiederkäuern am allgemeinsten das post- orbitale Frontalpaar wiederholt in der Form der Paarhörner der Cavicornia und der Rosenstöcke der Hirsche, während sich für die parietalen Hornanlagen weder in den gegenwärtigen noch in den erloschenen Wiederkäuern eine Parallele an- führen lässt, da doch jene ihrer Natur nach übrigens noch — So- wenig bekannten cranialen Knochenanschwellungen tertiärer Imparidigitaten von Nord-America, der sogenannten Spha- leroceratina, höchstens eine sehr weit entfernte Analogie bilden. Weit näher, und zwar bei Zeitgenossen, wenn auch bisher unbeachtet, liegen dafür Analogien für die mediane Stirnpyramide der Giraffe. Unter Hirschen würde sich freilich höchstens auf die über den lufthaltigen Ethmoid- räumen liegende Wölbung der vordem Stirnbeinzipfel bei jungen Cervulina hinweisen lassen, die sich später in die erst nachher entstehende Verdickung der Orbitalränder und in die damit continuirlichen gewaltigen Geweihstiele fortsetzt. Viel häufiger sind indess solche supraethmoidale und wirklich lufthaltige Stirnhöcker, bald von der Median- nath entfernt und also paarig, bald ihr anliegend und un- paar, aber immer durch ein medianes Doppelseptum ge- trennt, bei Cavicornia. Häufig erst bei Cephalophina, namentlich bei Cephalophus dorsalis, sylvicultrix, oder auch bei Portax, bis sie endlich bei Tetraceros sogar zu den su- praethmoidalen ächten Hornzapfen anschwellen. Bei Oreo- tragina, wo das Thränenbein auf die Schädeloberfläche tritt, kann sogar dieses solche Höcker bilden. Aber auch . an noch viel bekanntern Hohlhörnern ist Aehnliches be- merkbar, indem bei Ziegen und Gemsen in frühen Alters- stadien nicht nur das Stirnbein bis in die Augenhöhlen- ränder hinaus, und namentUch über den Ethmoidräumen bis zur Mediannath, sondern auch die Nasenbeine in ihrem hintern Theil in durchaus ähnlicher Art pneumatisch auf- geblasen sind wie bei der Giraffe. Fassen wir dies Alles zu einem Urtheil über die systematische Stellung der Giraffe zusammen, so ist zuzu- geben, dass die Lufterfüllung des Schädeldachs der Giraffe ein weit verbreitetes Merkmal von Cavicornia zutheilt und dass es sogar gerechtfertigt wäre, der Giraffe gleich- zeitig Hornkerne und Geweih zuzuschreiben. Die von der — 37 — Systematik gezogene Scheidewand zwischen Hornträgern und Greweihträgern wird dadurch bedenklich gelockert, und es ist wohl nicht zu zweifeln, dass das ausserordentlich frühe Auftreten der Geweihe, vor der Geburt, deren Yer- schmelzung mit den Hornkernen einleitet. Dennoch wider- streben alle bekannten Thatsachen dem Verdacht, dass etwa schliessHch der Unterschied zwischen Hornkern und Ge- weih nur durch frühere oder spätere Entstehung bedingt sein möchte. Selbst die Giraffe löscht ja den Unterschied zwischen epiphysalen und apophysalen Schädelzierden nicht aus. Sie bleibt, wenn nicht Geweihträger, so doch Geweih- bildner. Da zudem die Pneumatisirung des Schädeldaches, als etwas allen möglichen Schwankungen Unterworfenes,' doch einen sehr üblen systematischem Anhaltspunkt bieten würde, und die Lufträume bei so vielen Cavicorniern so wenig in die Hornzapfen hinausdringen als in die Rosen- stöcke der Hirsche, und da endlich der übrige Schädelbau der Girafte so gut wie ihr Gebiss sie den Hirschen weit näher stellt als den Hornträgern, so wird ihr eine Stelle innerhalb des Bereiches der Hirsche doch verbleiben müssen. Ja am ehesten gebührt ihr eine solche Stelle, da ihr Geweih früher gebildet wird und permanenterer IS'atur ist als bei allen andern Hirschen, sogar an dem Gipfelpunkt derselben. Am besten liesse sich dies dadurch ausdrücken, dass man die Cervina in Acerata, Caducicerata und Perenuice- rata eintheilte, wobei nicht zu vergessen w^äre, dass bei der zweiten Gruppe, mit einer einzigen bis jetzt bekannten Ausnahme, das Geweih nur dem männlichen Geschlecht und nur in gewissen Lebensperioden zukommt, so dass also doch auch bei dieser Gruppe Geweihlosigkeit die Regel, das Geweihtragen die Ausnahme bildet. Als Ge- nuscharakter würden also auch der Giraffe nur paarige Geweihe zukommen, da das unpaare, später sich bildend, - 38 — aber dann auch bleibend, meist nur männliclies Attri- but ist. Bezüglich der Stelle des Anschlusses der Giraffe an die Hirsche wird kaum ein Zweifel obwalten können. Trägt man der gewaltigen Umänderung Rechnung, welche der Schädel durch Luftanfüllung im Verlauf des Wachs- thums erfährt, so bleibt ein Gerüst zurück, welches unter Burschen eine Parallele nur beim Elenthier findet ; sie ist um so bedeutsamer, als sich dasselbe auch vom Gebiss aussagen lässt. Allerdings beschränkt sich diese AehnHch- keit auf den Jugendzustand beider Thiere, wo namentlich die ungewöhnliche Länge der Parietalzone und wiederum des prseorbitalen Gesichtstheiles bezeichnend sind. Mit dem Alter verwischt sich diese gemeinsame Anlage immer mehr, indem nameùtlich die Frontalzone bei der Giraffe aus- schliesslich an Länge und Höhe immer zunimmt, während sie beim Elenthier sehr früh an Länge stehen bleibt und sich dafür nur noch in die Breite ausdehnt. Da indess von beiderlei Gestalten einstweilen keinerlei weitere Modi- ficationen als die beiden noch am Leben gebliebenen aus- reichend bekannt sind, so wird genauerer Aufschluss über den historischen Werth der gemeinsamen Züge nur von der Paléontologie zu erwarten sein. Er muss um so erwünsch- ter erscheinen, als die Giraffe von früh an mindestens eine Eigenschaft von Cavicornia mit überaus typischen und sogar zu einer Art von Excess gebrachten Merkmalen von Hirschen so combinirt, dass sie in Rücksicht auf ihre Kopfzierden gewissermassen im Verlauf ihres Lebens all- mählig aus dem Bereich der Hirsche in denjenigen der Cavicornia übertritt. 39 Vei'gleidiving- der Giraffe mit fossilen ^WieclerltävTern. Obwohl der Plan vorliegt, die fossilen Hirsche all- mählig mit in den Bereich dieser Untersuchungen zu ziehen, so mag es am Platze sein, den etwaigen Bezie- hungen der so isolirten Form der Giraffe zu fossilen Wiederkäuern schon hier sich zuzuwenden. In einer allem Anschein nach von der heutigen kaum wesentlich verschiedenen Gestalt findet sich bekanntlich die Giraffe schon in tertiären Ablagerungen und zwar an Stellen, welche das Wohngebiet dieses Thieres sofort um das Doppelte seines heutigen Umfanges vergrössern; ein- mal nordwärts des Mittelmeeres, in Griechenland und in Frankreich bis hinauf in die Auvergne; zweitens in den sivalischen Hügeln Indiens; unter den Titeln Camelo- pardalis attica Gaudry, ausPikermi, Cam. Biturigum Duvernoy aus Issoudun bei Lyon, Cam. sivalensis und affinis Falc. aus Indien. Helladotlieriniii. Schon viel abweichender verhält sich eine Form, die im ganzen Umkreis fossiler Giraffen und in ähnlichem Terrain, in Griechenland, in Frankreich und in Indien auf- gefunden, am einlässlichsten von Gaudry unter dem Titel Helladotherium Duvernoyi aus Pikermi bei Athen beschrieben worden ist. Ein von Falconer unter der anfänglichen Vermuthung, dass er einem weiblichen Sivatherium angehört haben möchte, abgebildeter Schädel aus den sivalischen Hügeln wird wohl mit allem Kecht viel eher ebenfalls hieher zu rechnen sein. Im Gebiss — 40 — stimmt der Schädel dieser Tliiere mit der Giraffe und in noch höherem Maasse mit dem Elenthiere überein. Von beiden scheinen sie sich zwar durch Hornlosigkeit zu unter- scheiden, von welcher freilich ungewiss bleibt, ob sie sich nur auf das weibUche Geschlecht beschränkt. Im Uebrigen findet aber die Gesammtform des Schädels unter allen lebenden "Wiederkäuern keine zutreffendere Parallele als in demjenigen jugendlicher Giraffen, sobald man von deren Hörnern absieht. Offenbar weit weniger pneumatisch als bei der Giraffe, wodurch der Schädel sofort die bei der Giraffe so eigenthümliche Höhe einbüsst, erstreckt sich das Dach der Hirnhöhle, obwohl wie bei Elenthier und Giraffe zum grössern Theil von einer auffallend langen Parietalzone gebildet, in gleichförmiger Flucht von der Augenhöhlengegend bis zu der Hinterhauptskante, und gibt der Hirncapsel eine Gestalt, die derjenigen horn- loser Rinder (Leptobos) sehr ähnlich ist. Der Gesichts- schädel ist gestreckter und niedriger als bei der Giraffe. Die Augenhöhlen sind auffallend klein und treten seitlich kaum aus dem Schädelumrisse vor. Thränenbein und Supraorbitalrinne sind so unscheinbar wie bei der Giraffe und Gesichtslücken fehlen. Yor den Augenhöhlen ist das Riechrobr im Gebiet der Nasenbeine ähnlich zusammen- gepresst wie bei Elenthier und Giraffe. Dagegen nimmt es an Höhe nicht so rasch ab wie bei letzterer. Ohne in weitere Details einzugehen, überwiegt die Aehnhchkeit der Structur mit derjenigen junger Giraffenschädel, sobald der Abwesenheit von Lufträumen und Hörnern die nöthige Rechnung getragen wird, alle etwaigen Analogien mit andern AYiederkäuern in sol-chem Maasse, dass einst- weilen keine Annahme gerechtfertigter erscheint, als dass in Helladotherium eine hornlose oder vielleicht nur im männlichen Geschlecht behornte Form von Giraffe erhalten geblieben sei. — 41 Sivatheridae, Unter diesem Titel hat B. Lydekker in neuerer Zeit *) vier, sämmtlich der jüngeren Tertiärepoche an- gehörige Genera von Wiederkäuern vereinigt, von welchen zwei, Sivatherium und Brahmatherium schon durch Falconer\mdiCaiiÜey\)Qkdimii geworden sind. Lydekker fügt dazu die Genera Yishnutherium und Hydaspitherium, in der Yermuthung, dass alle vier eine gemeinschaftliche natürliche FamiUe bilden, welche gleichzeitig in naher Be- ziehung mit Camelopardalis gestanden haben möchte. Yon Brahmatherium und Yishnutherium, wovon einst- weilen nur Zahnpartien vorliegen, muss hier, wo es sich nur um Schädelstructur handelt, einstweilen abgesehen werden. Dagegen mögen die Beziehungen der beiden andern Formen, deren Schädel erhalten sind, zu der Giraffe hier kurz berührt werden. Sivatherium. Die reichlichen und vorzüglichen Ab- bildungen, welche Falconer für diese ausserordentliche Form von Wiederkäuer, welche die Phantasie der Pa- läontologen mit allem Recht schon sehr viel beschäftigt hat, hinterlassen hat, scheinen mir eine nähere Beziehung derselben zu der Giraffe auszuschliessen. Sowohl Gebiss als Schädel scheinen nur Merkmale von Antilopen, aller- dings in überaus reicher und merkwürdiger Combination, erkennen zu lassen. Statt wie bei der Giraffe so sehr als möglich in die Länge gestreckt zu sein, zeigt hier der Schädel gerade eine Zusammenschiebung und Yerkürzung von nicht weniger extremem Grade, was sich vor Allem in der Ansicht der Schädelbasis und des Hinterhauptes ausspricht, wo sich Alles nach hinten in transversaler *) Palseontologia indica. Mem. of the Geolog. Survey of India. Ser. X. 3. 1878 p. 159. — 42 — Richtung ausdehnt wie etwa beim Gaur, während bei der Giraffe und Helladotherium geradezu das Umgekehrte stattfindet. Hiezu kommen aber Yerhältnisse noch viel wichtigerer Art. Das Schadeldach ist mindestens in seinem frontalen Theil so gut pneumatisch wie bei der Giraffe; aber in vollkommen anderer Art, indem die Parietalzone ausser- ordentlich verkürzt ist, so dass die Stirnzone fast bis an die Occipitalkante reicht und seitwärts mit hoch auf- geblasenen Rändern die Schläfe in ihrer ganzen Länge überdacht — in einer Weise, wie dies vor Allem bei Rindern, seltener auch bei Antilopen (Gnu) der Fall ist. Statt sich auf der schmalen Schädeloberfläche in mediane oder der Mittellinie genäherte Höcker aufzuheben, wie bei der Giraffe, drängen also die frontalen Lufträume seitwärts, als Stützen der nach Art von Rindern oder des Gnu möglichst weit nach auswärts und nach rückwärts ver- legten Hörner. AYas diese letzteren betrifft, so kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die vordem dem vordem Horn- paar von Tetraceros entsprechen. Ueberaus verschieden von allem Bekannten sind indess die hintern. Immerhin ist offenbar, dass ihre Lage derjenigen von Rindern und von Gnu's entspricht. Aber auch ihre abgeplattete Form und die Neigung zu Yerästelung findet mindestens ein Beispiel bei Dicranoceros, wo dieselben freilich über den Augenhöhlen wurzeln wie bei der Mehrzahl der Antilopen. Denkt man aber die Frontalzone von Dicranoceros bis zur Occipitalkante ausgedehnt, und die Hörner an das Ende derselben wie beim Gnu verlegt und im Maasse von Sivatherium verstärkt, so entstehen Yerhältnisse, die den- jenigen von Sivatherium nicht fern stehen. Fügt man dazu die Yerkürzung des Riechrohres, die offenbar der- jenigen von Saiga entspricht, so erscheinen alle wesent- — 43 — liehen Merkmale des Sivatherium-Schädels als solche, die bald da bald dort, aber immer unter Antilopen, wenn auch immer nur vereinzelt verwirklicht sind, während man nach Parallelen von solchem Gewicht sowohl bei Giraffe als bei Hirschen vergebUch suchen würde. Sivatherium von den Antilopen auszuschliessen, würde also in ana- tomischer Rücksicht ein ähnUcher Yerstoss sein wie die jiusscheidung der Giraffe von den Hirschen. Hydaspitherium. Noch viel weniger als Sivatherium scheint mir dieser von LydeJcJcer bekannt gemachte Wieder- käuer irgend eine Beziehung zu der Giraffe anzudeuten. Nach der Mittheilung von Lydekker würde sich dieses Thier von Sivatherium durch das Fehlen hinterer Stirn- hörner unterscheiden, während Analogien der vordem Stirnhörner von Sivatherium in Form einer unpaaren, aber wie Lydekker vermuthet, von zwei Hörnern gekrönten Wölbung der Stirnzone da sein sollten, wodurch der ganze postorbitale Theil des Schädels in ein mächtiges über der Schläfengrube liegendes Gewölbe aufgehoben würde. Indem ich auch hier bezüglich der speziellen Motivirung auf die Hauptarbeit, deren Ergebnisse hier nur zusammen- gestellt werden, verweise, so sind einige Analogien zwischen der Structur des Schädels von Sivatherium und Hydaspi- therium nicht in Abrede zu stellen. Aber sie sind nur sehr partieller Art, und verbunden mit Abweichungen, deren Gewicht dasjenige der Aehnlichkeiten weit über- wiegt, während gleichzeitig alles Typische so überein- stimmend auf eine dem heutigen Indien allerdings fremde, aber in Afrika noch gegenwärtig reichlich vertretene Schädelstructur hinweist, dass mir kein Zweifel über die wirklichen Beziehungen dieses neuen fossilen Wieder- käuers möghch scheint. Dies ist jene sonderbare Gruppe von Tragina unter Antilopen, welche von Damalis an — 44 — immer mehr über die gewöhnlichen Typen von Cavicornia hinausgehend, aUmählig in Acronotus und Älcelaplms zu Grrenzgestalten ansteigt, die in Bezug auf die Modification des Schädels zu bestimmten Zwecken fast an der Grenze physiologischer Möglichkeit angelangt zu sein scheinen*). Sie zeichnen sich alle aus durch eine durch Pneumatisirung der Stirnbeine erzielte Yerlängerung der Stirnzone nach hinten, so dass dieselbe sich wie ein Gewölbe über der kurzen Parietalzone aufthürmt und bei AJcelaplms dieselbe nach rückwärts sogar überragt. Das Stirnprofil kann da- bei wie bei Acronotus und Alcelaphus geradlinig bleiben, oder wie bei Damalis — in viel schwächerem Maasse bei Addax und Oryx — von der Nasenwurzel an aufwärts steigen. Auch die Schläfe wird in diese Erhöhung mit hineingezogen und nimmt daher nach hinten an Höhe überaus rasch zu. In transversaler Richtung bleibt dabei die Hirncapsel schmal, so dass der Jochbogen seitlich weit darüber vorsteht — Alles Yerhältnisse, die zu dem Ty- pischsten des Hydaspitheriums gehören. Auch das Gebiss dieses Thieres scheint nach der Abbildung mit demjenigen der traginen Antilopen mehr übereinzustimmen als etwa mit demjenigen der Giraffe. Eine spezielle Uebereinstimmung mit bestimmten lebenden Formen ist natürlich nicht zu erwarten. Immer- hin schliesst die starke Verkürzung der Parietalzone von HydaspitheriuQi sowohl Oryx als Addax — die geringe Breite der Stirnzone das Gnu von der Yergleichung aus. Am bestimmtesten lässt sich wohl die gesammte Structur von Hydaspitherium charakterisiren, wenn man sie als eine Verkürzung des Damalissclmaeh bezeichnet. Dass in der Gegenwart die ganze DamaUsgruppe in Indien *) S. meine „Katürl. Geschichte der Antilopen." Vol. IV. 1877 der Abhaudl. d. Schweiz. Palœont. Gs. pag. 39, 44, 47, Taf. V. — 45 — keine Vertreter mehr hat, kann für die Paléontologie um so weniger eine Einwendung gegen diese Zusammen- stellung bilden, als die tertiären Terrains von Indien bereits in Antilope palœindica Falc. und höchst wahrscheinlich auch in Antilope sivalensis Lydekker (a. a. 0. PI. XXV) Vertreter der Damalisgruppe an den Tag gebracht haben, und anderseits auch Süd-Europa sowohl an Damalis- und Oryx-alsanStrepsiceros-Formen, die heutzutage sämmtlich auf Afrika eingeschränkt sind, reich ist.*) Er^eliiiii^ise. So verfrüht es erscheinen mag, aus den Variationen des Schädelbaues Schlüsse auf die anatomischen — und hiemit doch wohl gleichzeitig auf etwaige geographische und historische Beziehungen zwischen den einzelnen Grup- pen der Hirsche ziehen zu wollen , bevor Geweih , Gebiss oder übrige Structur zur Sprache gebracht worden, so mag eine Uebersicht der auf so beschränktem Boden einst- weilen erzielten Resultate doch am Platze sein. Wird doch, abgesehen von dem Ueberblick über die Breite solcher ana- tomischer Variationen, auch das Gewicht derartiger Merk- male wesentlich bestimmt werden durch den Grad ihrer Uebereinstimmung mit anderen Zügen der Organisation. Von vornherein muss sich bei Vergleichung der ge- wonnenen Resultate mit denjenigen, zu welchen ähnliche Arbeiten an anderen Wiederkäuergruppen führten, der Eindruck aufdrängen, dass der Typus Hirsch trotz fast cosmopolitischer Verbreitung in Bezug auf Schädelbau sich *) Natürl. Gesch. d. Antilopen, p. 83—89. — 46 — innerhalb überaus viel knapperer Grenzen bewegt, als die Mehrzahl der andern irgendwie über einen bedeutenden Kaum zerstreuten Formen von Wiederkäuern. Obwohl er, mit einziger Ausnahme von Australien nebst Neu- Guinea, ISTeu-Seeland und Madagascar, über die gesammte Oberfläche des vorhandenen Festlandes ausgestreut ist, weist er im Schädelbau in einer einzigen und überdies an sich schon — mindestens gegenwärtig — geographisch überaus isoUrten Gestalt, in der Giraffe, so weitgehende Modificationen des Familientypus auf, wie sie bei Rindern, bei Antilopen, also bei Typen von weit beschränkterer Yerbreitung, reichlich vorkommen. Erscheint doch — sofern man von dem wechselvollsten, aber nur in überaus seltenen Fällen zum allgemeinen Besitz der Species ge- wordenen Merkmal, dem Geweih, absieht — sogar die heutzutage so schwach vertretene und geographisch so isoHrte Gruppe der Kameele im Schädelbau als eine Gruppe von kaum geringerer Modificationsbreite als die der ächten Hirsche. Denn auch dem auf seinem Hauptgebiet, dem Gebirgsgürtel der nördlichen Hemisphäre, allerdings über- aus einförmigen Typus der Schafe und Ziegen reihen sich in Ovibos und in Budorcas Gestalten an, die in Bezug auf Schädelbau so gut vne auf Wohnort auffallend isolirt erscheinen. Nur die in den Tropen der Alten Welt ein- gehegten Tragulina bieten also eine noch einförmigere Erscheinung von Wiederkäuern als die Hirsche. Man könnte geneigt sein, solche Einförmigkeit als ein Symptom geringer Elasticität von Structur, oder als Folge einförmiger, und insofern nicht über einen grossen Zeitraum ausgedehnter Schicksale der Familie zu deuten. Die Yerbreitung über den grössten Theil des Erdenrundes, und die über Alles, was wir sonst von Knochenbildung an Säugethieren kennen, so weit hinausgehende Phantastik in den Knochenaufsätzen, mit welchen sich in der Periode — 4:1 — grösster Lebensenergie mindestens die männlichen Tliiere zieren, spricht indess ebenso wenig für die erste, als etwa die geologische Frist, in der wir bereits den „Hirsch'' als solchen kennen, für die zweite Deutung. Yiel eher würden also solche Erscheinungen gerade für eine un- gewöhnliche Unabhängigkeit von Einflüssen irgend welcher Art, und insofern für eine Kräftigkeit und Zähigkeit von Organisation sprechen, wofür sich unter Thiqren, welche für Nahrung und Bewegung so vollständig auf die Fest- landoberfläche angewiesen sind, kaum ein zweites Beispiel namhaft machen liesse. An Eigenthümlichkeit der Erscheinung stehen nach der Giraff'e die Muntjakhirsche wohl mindestens in zweiter Linie da. Wiederum eine geographisch relativ scharf eingegrenzte Gfestalt, in besonders typischer Erscheinung dem tropischen Ostrand der alten Welt, in etwas weniger fremdartigen Formen dem südlichen Theil, und vorwiegend dem Westrand der neuen Welt angehörig. An beiden Orten theilen sie den Wohnort mit anderen Hirschen, in der neuen Welt mit Cariacus, in der alten Welt mit Rusa, zu welchen sie sich indess ganz anders verhalten, als etwa die Giraffe zu ihren nächsten Nachbarn. Wäh- rend die Giraffe durch Hornbildung schon innerhalb des Mutterleibes, und zwar von zwei Ausgangspunkten, sowohl vom Schädeldach als von der Stirnhaut aus, selbst über das Elenthier , die ähnlichste und schon an sich eine Art von Gipfelform unter Hirschen, noch hinausgeht und sich so als eine eigentliche Schlussgestalt der Familie aus- weist, erscheinen die Muntjakhirsche nach Körpergrösse wie nach Anlage von Schädel und Gehirn vielmehr um- gekehrt nur wie Vorläufer des Hirschtypus. Also eben- falls als Grenzgestalt, aber in umgekehrtem Sinne. Den- noch geht die sexuelle Auszeichnung des männUchen Thieres, und zwar nicht nur etwa durch periodische — 48 — Knochenwucherungen, sondern in Gestalt von bleibenden Gfeweihsdelen, nicht selten, und zwar weit mehr bei den tropisch-asiatischen, als bei den neuwxltlichen Yertretern der Gruppe oder bei dem chinesischen Elaphodus zu Bildungen vorwärts, w^elche an Stärke im Yergleich zur Schädelgrösse und an Einwirkung auf den gesammten Schädelbau alles Aehnliche unter andern Hirschen weit hinter sich zprücklassen. Die Yerschiedenheit des Schädel- baues zwischen den beiden Geschlechtern erreicht also hier in dieser Beziehung unter Hirschen den höchsten Grad. Die Yereinigung der Coassina mit den Cervulina, wohl eines der erheblichsten Resultate unserer Unter- suchimg, wirtt auf die Frage über etwaige Stammformen dieser Thiere insofern ein neues Licht, als sie mindestens die Prüfung in Bahnen leiten muss, die sich vielleicht ähnlich w^ie bei Kameelen erfolgreicher erweisen könnten, als so lange dieselbe ausschliesslich auf den Osten von Asien hingerichtet w^ar. Nicht minder • bedeutsam als die Erscheinung der Muntjakhirsche ist diejenige der Moschiisthiere. Obschon nach bisherigen Kenntnissen viel schwächer vertreten als erste (Moschus und Hydropotes), scheint sie über einen grössern Wohnraum zerstreut zu sein, den sie mit einer Menge von andern Hirschen, mit Yertretern der Gruppen Rusa, Cervus, Capreolus, und w^ohl auch von Alces und Tarandus, also vorwiegend mit Thieren von starkem Geweih, im Süden freilich auch mit einzelnen Cervulina theilt. In Bezug auf Körpergrösse , sowie auf die excessive Stärke der Eckzähne im männlichen Ge- schlecht möchte man versucht sein, sie den letztern ver- wandt zu halten, umsomehr, als die Abwesenheit selbst jeder Spur von Gew^eihbasen sie von der Heerschaar der Hirsche im engern Sinne des Wortes weit zu entfernen scheint. Der Schädelbau ist indess, so gut wie die Ge- — 49 — stalt der Eckzähne, die doch von derjenigen bei Muntjaks sehr verschieden ist, einer solchen Yermuthung durchaus zuwider und stimmt mit den Cervina in jeder Rücksicht mehr überein als mit Cervulina. Am nächsten dürfte ihr wohl, und namentlich der Form von Hydropotes, trotz so auffälliger Unterschiede in Geweih und Eckzähnen, das Genus Capreolus stehen. Alles Uebrige von Hirschen, — durch Beiseithaltung des Bisherigen nach Zahl der Species nur noch um sehr Weniges, nach geographischer Yerbreitung nur noch um die Provinz Süd-Africa vermindert — tritt schon äusserlich in so einheitlichem und typischem Gewände auf, dass es sich vollkommen rechtfertigen w^ürde. Alles das unter dem alten Linné 'sehen Genus-Namen Ce r vu s zu- sammenzufassen, da sowohl Structur als Yertheilung nach Raum kaum zweifeln lassen, dass es sich trotz des im- merhin noch grossen Reichthums an localer Gestaltung doch nur noch um grössere oder geringere ]\[odificationen eines Stammes handle, dessen Wurzelschosse weit näher beieinander lagen und daher viel gleichförmigeres Blatt- und Blüthenwerk trieben, als die peripherischer gelegenen und wohl auch aus grösserer Tiefe stammenden, die wir bisher aufzählten. Obschon sich die Zahl besonderer Er- scheinungen, die wir mit dem Namen von Species zu be- zeichnen pflegen, seit den Arbeiten von Linné etwa um das Zehnfache vermehrt hat, hat daher die neueste durch Sclater und Broohe vertretene Systematik, indem sie unter den Cervina die kleineren Gruppen von Rangifer, Alces, Dama, Cervus und Capreolus unterschied, sicherlich mit allem Recht nur anerkannt, w^as Linné vor andert- halb Jahrhunderten (Systema Naturae Ed. YI) noch mit dem Namen von Species zu unterscheiden sich begnügen konnte. Hiebei ist kaum zu übersehen, dass sich die Zunahme an solchem Formenreichthum so vorwiegend 4 — 50 — auf Grruppen von centralerem Wohnort bezieht, und dass gleichzeitig der Grad und das Grewicht der Veränderungen von Erscheinung und Structur mit der geographischen Zerstreuung nach der Peripherie des Wohnplatzes von Hirschen so sehr Schritt hält, dass das Gesammtbild von morphologischer und geographischer Zerspaltung auch für die Heerschaar der Cervina fast wie Erfolg von Aussaat auf Boden aussieht, der an gewissen Stellen vorwiegend Wucherung von allerlei specieller Gestaltung begünstigt hätte, während er an der Peripherie zwar einförmigere, aber dafür im Yergleich zu den centralen Formen um so fremdartigere Vegetation zu Stande brachte. Wenn wir auch auf diese Yerhältnisse einen kurzen Blick werfen, so stossen wir allerdings auf weit gehende Eigenthümlichkeiten in Erscheinung und Bau nur noch an zwei Abtheilungen der Cervina, welche beide an eine Peripherie des Hirschgebietes, an den Rand der nörd- lichen Hemisphaere verdrängt sind und sich dabei, ob- sclion sie ungeheure Ausdehnungen von Raum bewohnen, so einförmig zeigen, dass noch Niemand es wagte, die nicht gänzlich fehlenden localen Besonderheiten dem Rang von Species miter andern Hirschen gleichzustellen. Ob- schon beide, Renthier und Elenthier, nach Wohnung als die einzigen acht circumpolaren Hirsche gelten können, so ist ihnen doch kein einziges besonderes Merkmal von Structur gemeinsam. Wenn sich auch beide von der Mehrzahl der übrigen Hirsche durch überaus mächtige Entfaltung von Geweih, und wiederum durch höchst auf- fällige Ausdehnung des Riechrohres auszeichnen, so ist doch der Plan der Geweihbildung und der besondere Bau des Riechrohrs bei beiden überaus verschieden; und auch in allem Uebrigen, in Statur, in Gebiss, in Form von Ge- hirn und Schädel stehen sie einander so fern, dass sie in manchen wichtigen Beziehungen vielmehr als diametral — 51 — entgegengesetzte Grenzgestalten von Cervina, als etwa als ÎS achbarformen erscheinen. Ohne auf früher Gesagtes zurückzukommen, genügt es, an das Gebiss zu erinnern, das an Yolum beim Renthier das Minimum, beim Elen das Maximum unter Hirschen vertritt, oder an den Bau der Hirnkapsel, wo beim Renthier die Frontalzone das Maximum von Ausdehnung unter Hirschen, und die Parietalzone das Minimum erreicht, während bei dem Elenthier das Umgekehrte der Fall ist. Obwohl Haus- genossen, stehen also Elenthier und Renthier nach Struc- tur einander ferner als irgend welche andere Gruppen von Cervina. Yiel enger ist das Band, das Alles jetzt noch Uebrige, — und immer noch die grosse Mehrzahl der Species — unter sich verbindet. Die Abweichungen in Structur und in Erscheinung sind also von immer geringerem Gewicht, und die Spuren von ähnlicher Geschichte , sofern solche in der körperlichen Erscheinung niedergelegt sein sollten, werden immer gemeinsamer. Eine solche scheint in dem Umstand zu liegen, dass im Allgemeinen nach Süden hin immer mehr Gestalten von jugendlichem Gepräge auftre- ten, als ob volle Reife, wie in Körpergrösse, in Entwick- lung von Gehirn, in Fülle von Geweih, mit Verhältnissen, wie sie die südUche Hemisphaere bietet, unverträglich wären; oder als ob vielleicht die Besitznahme derartigen Gebietes ein Ereigniss jüngeren Datums wäre. Auch auf Inseln sinkt in der Regel die Körpergrösse, doch durch- aus nicht immer die Kräftigkeit der Erscheinung, im Yergleich zu der Stattlichkeit continentaler Gestalten um ein Beträchtliches herab. Ueberaus auffällig ist ferner, trotz unerheblicher Yerschiedenheit in dem Luxus von Speciesbildung, die grosse Yerschiedenheit der allgemeinen Erscheinung in der alten und neuen Welt. In der letz- tern herrscht, abgesehen vom Norden, wo nicht nur Elen- — 52 — thier und Kenthier, sondern auch Edelhirsch fast in iden- tischem Gewand wie in der alten Welt, also mehr oder weniger circumterran auftreten, ein einziger Typus von Cervina, Cariacus, — mit Einschluss von Blastocerus und Furcifer in allen localen Erscheinungen, womit er auf der Erstreckuug von der Hudsonsbay bis zu der Magellans- strasse auftritt, durch ein sonderbares Merkmal, durch Rückwärtsschiebung der Choanenöffnung ausgezeichnet. Hiedurch, wie durch allerlei andere Yerhältnisse unter- scheidet er sich sowohl von seinen schon genannten nörd- lichen, als von seinen südlichen Hausgenossen, den Coas- sina. Nur beim Renthier , welchem Cariacus in allem Uebrigen überaus fern steht, ist das Choanenrohr ähnUch gebaut. Nichtsdestoweniger schUesst sich Cariacus in seinem vollen Umfang keiner altweltUchen Hirschgruppe näher an als den Greschlechtern Cervus und Capreolus. Bei der Aussaat von Cariacus über einen Raum von etwa 120 Breitegraden macht sich hier der schon erwähnte Zug, dass die localen Vertreter dieses Typus von Norden nach Süden zusehends in immer bescheidenerer und un- reiferer Gestalt auftreten, besonders bemerkbar. Die Yerhältnisse in der alten Welt, wo von vorn- herein der gross te Theil von Africa fast ausser Betracht fällt , sind hievon weit verschieden. Im Süd-Osten theilt sie zwar mit Süd- America, obw^ohl in etwas anderer, und man möchte sagen reiferer oder excessiverer Gestalt, die Cervulina, und im Norden die mehr oder weniger cir- cumborealen Gruppen von Rangifer, Tarandus und Cer- vus. Allein im Uebrigen erlangt hier die Erscheinung der Hirsche eine überaus viel grössere Mannigfaltigkeit, und sind die verschiedenen Gruppen derselben weit be- stimmter cantonnirt als in der westlichen Hemisphäre. Schon ist der Moschusthiere gedacht w^orden, welche das Hochland von Ostasien einnehmen, ohne einen einzigen — 53 — Yertreter nach Nord-America zu senden , wie dies nach Analogie mit der Yertheiliing von Gazellen, von Gemsen, von Schafen doch erwartet werden könnte. Aber über- dies fällt bekanntlich auf die alte Welt nicht nur das Schwergewicht von C er vus, sondern auch die kleinen Gruppen von Capreolus, Dama und Elaphurus, und endlich die Totalität von Rusa, einer Hirschfamilie von so grossem Reichthum, dass man sie ja in ein ganzes Büschel von Categorien geringern Ranges, wie Sika, Axis, Hyelaphus, Rucervus, Rusa aufzulösen sich veranlasst sah. Am einsamsten steht von allen diesen Abtheilungen der wahrscheinlich in Thibet einheimische Elaphurus da. Trotz den Darstellungen von Alph. Milne-Edwards und Sclater *) wagte ich mich oben, da mir OriginaHen bisher unzugänglich blieben, über diese Form nicht ein- lässlich auszusprechen, **) und begnüge mich auch hier mit der Bemerkung, dass sich im Schädel dieses Thieres doch wohl am ehesten Merkmale von Rusa und im Be- sondern von Rucervus, die auch Sclater betont, mit ein- zelnen Zügen von Rangifer zu combiniren scheinen, inso- fern der Gesichtsschädel, namentlich in der Gestalt und Ausdehnung des Riechrohrs, am ehesten dem Renthier ähnlich zu sein scheint, während Gehirnkapsel und Augen- höhlen, Geweihansatz, und in besonders typischer Art das Gebiss mit der Rusagruppe übereinstimmen. In anderem Licht erscheinen Capreolus und Dama, jede durch nur zwei Species vertreten. Obschon bei beiden, aber in sehr verschiedener Art, das Geweih von dem der *) A. Milne-Edwards, Nouv. Archives du Musée 1866. Bulletin. PL IV. V. VI. Sclater Transact. Zool. Soc. London VIL 1872, p. 333. PL XXVIII. **) Um so weniger, als die von A. Milne-Edwards und von Sclater (p. 335. Fig. 1) gelieferten Abbildungen des Schädels doch nicht unerheblich von einander abweichen. — 54 — Edelhirsche stark abweicht, und auch das Gehiss durch auffällige Zusammendrängung der Backzahnreihe von dem der letztern verschieden ist, so schliessen sich doch beide im Schädelbau den Edelhirschen näher als jeder andern Hirschfamilie an. Die Verkürzung des Gesichtes , das Yolum der Plirnkapsel und die Grösse der Augenhöhlen giebt beiden ein unverkennbares Gepräge von Jugendlich- keit oder Unreife, und da sie, obwohl ausschliesslich in der Provinz der Edelhirsche w^ohnend, doch wesentlich südlicheren Zonen als die Gipfelformen der letztern ange- hören — etwas weniger das von Europa bis zum Baikal- see und Palästina, und in C. pygargus bis nach China ausgestreute Reh, als der den Mittelmeergegenden ange- hörige , und in C. mesopotamicus bis nach Persien ver- breitete Damhirsch — so möchte man geneigt sein, hierin eine Parallele zu der nach Süden hin so auffällig zuneh- menden Réduction von Cariacus zu erblicken. Immerhin geht trotzdem der Damhirsch schliessUch durch merkwür- dige Ausdehnung des gesammten Schädels in transver- saler Richtung, durch Bildung ausgedehnter Augenhöhlen- ränder, wie durch mächtiges und eigenthümlich geformtes Geweih und andere Merkmale auf der Bahn einer neuen Gipfelbildung weit über das Reh hinaus, dessen Hirnform und Schädelbau den Moschina (Hydropotes) fast ebenso nahe stehen wie den Cervina. Als die centralsten und reichlichst vertretenen Grup- pen altweltlicher Hirsche bleiben endlich diejenigen von Cervus und Rusa übrig: Cervus als ein Bindeglied zwischen den Hirschen der alten und neuen Welt, da er sich nicht nur in C. Elaphus und xanthopygus von England bis zum Amur und nach China, sondern überdies in C. cana- densis über Nord- America bis an den Stillen Ocean, in C. barbarus bis nach dem Atlas und in C. affinis bis nach Neapel ausdehnt, und trotz der Abweichung in — 55 — Choanenrolir und Geweih doch wohl als der einzige denk- bare Stamm für den bis nach Patagonien zerstreuten Cariacus erscheint. Gleichzeitig eine Gestalt, die zwar nicht durch Besonderheiten von Structur, aber durch Statt- lichkeit von Gestalt sowohl im Edelhirsch als im Wapiti wohl ein Anrecht hat, zu den Gipfelformen unter Hirschen zu gehören. In einzelnen Gestalten, wie etwa Rucervus, nicht minder ansehnlich, und an Formenreichthum selbst Cervus und jeder andern Gruppe von Hirschen weit überlegen, erscheint endlich Kusa, eine Form, die sich zwar sicher an Cervus des Nächsten anschliesst , aber dabei in der peripherischen Lage der Geweihträger einen sonderbaren Zug mit den CervuUna, und in der Yerstärkung der Back- zähne einen nicht minder bemerkenswerthen mit den Rin- dern desselben Wohngebietes theilt ; als ob die besondern Lebensverhältnisse hier unter verschiedenen Wiederkäuer- gruppen gewisse Aehnlichkeiten von Structur zu Staude gebracht hätten. Dennoch ist der Wohnbezirk von Rusa im Vergleich zu demjenigen von Cervus ausserordentlich enge und fällt nahezu zusammen mit demjenigen der alt- weltlichen Cervulina, da er auf den Süd- und Ostabfall von Asien, allerdings mit Einschluss der gesammten Insel- welt von Timor bis Japan und zu den Marianen ein- geschränkt ist. Yon so grosser Zersplitterung des Wohn- ortes ist also die Zersplitterung der Form in eine grosse Anzahl von Species in erster Linie abzuleiten. Immerhin ist offenbar Gestaltungskraft unter dieser Hirschgruppe so gut wie etwa unter Rindern und unter Schweinen des nämlichen Gebietes ungewöhnlich gross, da auch die con- tinentalen Vertreter der Rusagruppe in eine grössere Zahl von kleineren Categorien zerfallen als bei andern Hirschen. Dieser Darstellung einen historischen Hintergrund zu geben, wäre einstweilen, so lange es sich nur um Yer- ~ 56 — gleichung von Bau des Schädels handelt, und bevor die fossilen Formen zur Sprache gekommen, zu gewagt. Lediglich mag nochmals betont werden, dass einerseits Alles, was auf primitiven Titel Anspruch hat, einmal auf dem Ostrand Asiens und wieder auf dem Westrand von America, und an beiden Orten vorwiegend in der Gegend heutiger Tropen angetroffen wird, während alle nach Structur extremen Formen entweder nach Xorden oder nach dem der gesammten Familie sonst in sehr sonder- barer Weise fremd gebliebenen Continent von Africa ver- wiesen sind. Erwägt man dabei , dass vielleicht doch, so verwischt die Beziehungen jetzt erscheinen mögen, unter den primitiven Gestalten Cervulus zu Rusa, einer der reichsten Erscheinungen von Hirsch, in ähnlicher Be- ziehung stehen könnte wie Moschus zu Capreolus, Cervus und Cariacus, und dass andererseits eine altmodisch aus- sehende Colonie von Cervulina noch einen Sitz im Westen von Süd-America bewahrt hat, so drängt sich mindestens die Frage auf, ob nicht der Stammsitz der gesammten Familie — eher als an irgend einem andern Orte des Erdenraums — an einer Stelle zu suchen sei, von welcher Ausstrahlung sowohl nach dem Osten der alten als nach dem Westen der neuen Welt möglich war. In diesem Lichte erscheint dann allerdings nicht nur die noch heut- zutage an Hirschen leere Provinz von Australien mit Ein- schluss von K'eu-Guinea und iSTeu-Seeland , sondern auch Africa als für Hirsche unnahbar gebliebenes Inselreich, und weist die. heutige Verbreitung der Giraffe, als einer selbst im Yergleich zu Helladotherium terminalen Erschei- nung von Hirsch, auf eine africanische Invasion ganz an- derer Art, als etwa diejenige von Cervus barbarus. Auch der Umstand, dass mindestens gegenwärtig die mächtigsten und man möchte sagen progressivsten Gestalten im Yer- gleich zu den primitiveren oder stabileren sich eminent — 57 — Continental verhalten, kann für die Yerfolgung der geo- logischen Geschichte der Hirsche nicht ganz gleichgültig sein, da er mindestens andeutet, dass zur Erreichung von Gipfeln von Kraft ein weiter Spielraum und — wenn man auf die an Hirschen reichsten Stellen einen Blick wirft — ein reichgedeckter Tisch nicht entbehrlich war. Obgleich der hier verfolgten und wesentlich auf Synthese gerichteten Untersuchung Diagnose von Species, als letzte Aeusserung von Analyse, überaus fern steht, so mag es doch — zur Yeranschaulichung des Formen- reichthums und also des Grades von Elasticität an Ge- staltung in den verschiedenen Categorien von Hirsch am Platze sein, die von Sclater und Brooke (a. a. 0.) ge- gebenen Species-Listen bei diesem Anlass — unter allem Torbehalt von Correctur durch bessere Kenner solcher Yerhältnisse — bis auf die Gegenwart zu vervollständigen. 58 f Rangifer Tarandus Circumboreal | [ Alces Malchis Neue ^A^elt Alte ^STeli Cervus Moschus Cariacus Cervus Elisa Aristotelis Eïaphurus Columbianus Canadensis Elaphus Davidianus moscbiferus macrotis eustephanus equinus leucurus (xanthopygus) Swinhoei Axis Hydropotes virginianus affinis porcinus Sika inermis mexicanus cashmirianus Hippelapbus (euopis) (gymnotis) Maral Alfredi maudschuricus savannarum barbarus nigricans (Dybowski) peruvianus Marianus (Kopschi) Capreoîus Kuhlii taivanus Blastocenis Capraea Peronii maculata paludosus pygargus Moluccensis campestris Eucervus sylvestris Dama Dama Duvaucelli Scbomburgki Furcifer mesopotamicu« Eldi chilensis antisiensis Cervulus Coassus Elaphodus ruf us Cepbalophus rufinus simplicicornis Cervulus nemorivagus Muntjac superciliaris vaginalis humilis lacrymans Eeevesii Camelopardalis Giraffa. — 59 IVacliscliri f"t. Auf meine Bearbeitung der fossilen Rinder aus den sivalischen Hügeln (Rinder der Tertiär-Epoche, Abhand- lung der Schweiz, palœontologischen Geseilschaft lY. 1877 und Y. 1878) hat Herr i?. Lydekker in Calcutta seiner unter dem Titel „Crania of Ruminants" in Ser. X. der Memoirs of the Geological Survey of India 1878 er- schienene Bearbeitung des im Museum der Asiatischen Gesellschaft in Calcutta deponirten Theils der sivalischen Wiederkäuerfauna ein Supplement mit 5 Kupfertafeln (Supplement to Crania of Ruminants, ebendaselbst Yol. I. Part. lY. 1880) folgen lassen, worin er die Ergebnisse seiner Untersuchungen mit den von mir an den Materialien des Britischen Museums erzielten confrontirt und zugiebt, dass mich dieses vollständigere Material in Stand ge- setzt habe, die Unterscheidung der Hauptformen dieser Fauna und deren Identificirung mit der seiner Zeit von Falconer vorgeschlagenen Nomenclatur richtig durchzuführen. Dies veranlasste ihn also zu der angeführten Revision seiner Arbeit, wodurch nunmehr die Parallelen zwischen der gleichzeitig von ihm in Calcutta und von mir in London durchgeführten Bearbeitung dieser Fauna festgestellt ist. Es musste mir dies um so erfreulicher sein, als ich schon in der am Schlüsse meiner Arbeit noch möglich ge- wordenen kurzen Yergleichung derselben mit den Resul- taten Herrn Lydekker's bezüglich der anatomischen Unter- scheidung der Hauptformen mit Letzterem im Wesentlichen einverstanden war und nur dessen Parallelisirung mit den Falconer'schen Typen, und zv^ar wie ja Herr Lydekker des Offensten zugiebt, mit allem Rechte angefochten hatte. — 60 — Eine wesentliche Differenz in unsern beidseitigen An- sichten besteht somit nur noch bezüglich der sivalischen Taurina, insofern Herr Lydekker seinen Bos acuti- frons, den ich nicht als besondere Durchführung des Primigenius-Planes anerkennen konnte, aufrecht erhal- ten will. Des Weitern schlägt Herr Lydekker in seinem Supplement vor, dass dennoch auch für die in Discussion gewesenen Formen die von ihm vorgeschlagene Nomen- clatur statt der meinen beibehalten werde. lieber diesen Punkt ist natürlich im Speciellen nicht zu rechten, da dies ja immer mehr oder weniger der "Wahl der künftigen Schriftsteller über diesen Gregenstand, sowie der etwaigen Museen unterworfen bleiben wird. Nur eine Bemer- kung, welche den Zweck dieser Zeilen bildet, ist mir aufrecht zu halten angelegen. Da meine Arbeit über die tertiären Rinder nicht nur eine monographische war, sondern den Abschluss einer ganzen Reihe vor- hergegangener über die wilden und zahmen Formen der noch lebenden bildete, so durfte ich den in dem Uebersichtstableau (Tertiäre Rinder Pag. 189) nieder- gelegten Yersuch wagen, die gegenseitigen Beziehungen sämmtlicher bis jetzt bekannten Formen des Linné'schen Grenus Bos durch Aufstellung von Unterabtheilungen ver- schiedenen Ranges zum Ausdruck zu bringen. Es war dabei von nicht geringem Interesse, dass die sivalische Fauna schon jetzt Vertreter von nicht weniger als sechs generischen und von vier grössern Abtheilungen von Rindern, nämlich der Bubalina, Portacina, Bisontina und Taurina aufgedeckt hat, wozu sich mit der Zeit wohl auch noch die Bibovina eiastellen dürften. Die von mir aufgestellten GrenUvS-Unterscheidungen, in deren N'omenclatur ich mich, soweit als irgend thunlich, an dieFalconer'schen Xamen anzu- schliessen suchte, beruhen also auf einer breiten Grundlage, — 61 — die der Yorschlag von Herrn Lydekker nur zu verwischen geeignet sein könnte. So unerheblich es mir daher auch erscheint, ob der sivalische Vorläufer der indischen Büffel in der Zukunft den Titel platyceros oder sivalensis tragen möge, so würde das Uebersehen der Structurverschiedenheit zwischen den Typen von Probubalus und Amphibos, worauf hier wieder zurückzukommen überflüssig ist, doch die Einsicht in die Gresammtreihe von Modificationen des Schädels von Bovina nur trüben können, sowie ich auch den Falconer'schen Speciestitel trique tricornis für viel in- haltsreicher und glücklicher gewählt ansehe als den frei- lich aus derselben Quelle stammenden von occipitalis. So wenig ich geneigt bin, Namen, sofern solche ge- wissermaassen nur den Dienst von Ziffern leisten oder gar etwa Jahresprioritäten markiren sollen, irgendwelche Wichtigkeit beizumessen, so wenig scheint es mir am Platz, Namen, die einmal als mnemonischer Ausdruck für Ergebnisse von weitläufigen und, wie mir scheint nicht unsorgfältigen Untersuchungen ausgewählt worden sind, ohne Weiteres und ohne allen Ersatz durch Besseres aus- zulöschen. Studien über Talpa europaea. Yon Dr. J. Kober. Vorwort. Schon vor mehreren Jahren hatten mich biologische Studien über einige der Landwirthschaft schädUche Xager veranlasst, auch dem Leben und Treiben unseres Talpa europaea, der oft genug mit jenen verwechselt wird, grös- seres Interesse zuzuwenden, und es führten mich eine Reihe von Beobachtungen, die ich an diesem merkwürdi- gen Thiere im Freien wie in der Gefangenschaft im Ver- lauf mehrerer Monate in biologischer Hinsicht zu machen Gelegenheit hatte (vgl. Maulwurf und Nagethiere v. J. Kober 1877), darauf, auch den anatomischen Bau dieses Insec- tivoren genauer in's Auge zu fassen. „Lm ein Thier zu kennen", sagt einer unserer bedeutendsten Zoologen, „muss man es in allen seinen Entwicklungsphasen beobachtet haben" ; und so beschloss ich, der Entwicklungsgeschichte des Talpa nachzugehen, und fasste dabei besonders das Milchgebiss in's Auge. Erst hielt es schwer, hiezu das nöthige Material d. h. Talpaföten zu bekommen, und ob- wohl ich sämmtUche Maulwurfsfänger der Gegend in's Interesse zog, erhielt ich erst im Frühjahr 1880 das erste trächtige Talpaweibchen mit vier reizenden Embryonen. Denn begreiflicherweise liegen diese Föten dem Zoologen weniger zugänglich am Weg, als die Föten von unseren Hausthieren. Allein mit dem ersten Exemplar, das mir der glückliche Jäger überbrachte , war denn auch die Bresche gebrochen; der Mann hatte es herausgefunden, wie er es anzugreifen habe, um die besonders während — 63 — der Gravidität wohl versteckten Weibchen an's Tageslicht zu bringen; und im Frühjahr 1881 erhielt ich eine solch reiche Zahl dieser Thierchen in allen Stadien der Träch- tigkeit, dass ich nun über ein für meine nächstliegenden Studien völlig ausreichendes Material verfügen kann. Da mir die Litteratur nur wenig Brauchbares über diesen Gegenstand bot, so lag mir daran, das Material so gut als möglich durch makroscopische und mikros- copische Bearbeitung auszunützen. Hiebei verdanke ich vor Allem meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. L. Rütimeyer, der mit Kath und That mir jeder Zeit in liberalster Weise beistund, und mich zu der Arbeit in erster Linie aufmunterte, eine sehr wesentliche Förderung. Ebenso bin ich Herrn Professor Dr. Kollmann für so manche nützlichen Winke, die ich von ihm erhielt, sehr zum Dank verpflichtet. Ausserdem möchte ich Herrn Doctor G. Riehm von Halle a. S. hier öffentlich meinen Dank aussprechen , durch dessen freundliche Hilfe und ausgezeichnete Virtuosität in der mikroscopischen Technik ich in den Besitz von einer Reihe werth voller Schnittserien gelangte. Endlich auch besten Dank Herrn Jul. Grimm, dem rühmlichst bekannten Besitzer der mikrophotographi- schen Anstalt in OfFenburg, der mit grosser Gewissenhaf- tigkeit und Uneigennützigkeit für die Anfertigung der Tafeln besorgt war. Litteratur. Die neuere Litteratur hat sich mit der Anatomie und Embryologie von Talpa wenig beschäftigt, nur wenige, vereinzelte Abhandlungen (Eimer, Nagel, Leche, Heape etc.) heben gewisse, specielle Seiten desselben hervor, und eine Anzahl grösserer Werke berühren gelegentlich diese oder jene Eigenthümlichkeit dieses Thieres (Giebel, Köl- liker, Parker, Todd, Owen etc.) mehr oder weniger ein- — 64 — gehend. Allein etwas Zusammenfassendes hierüber konnte ich nirgends finden. — Ganz anders steht es mit der älteren Litteratur, auf welche ich erst kurz vor Abschluss dieser Arbeit insbesondere durch zwei Dissertationen aus dem Anfang dieses Jahrhunderts aufmerksam gemacht wurde, da dieselben beide sehr reichhaltige Litteraturver- zeichnisse enthalten; es sind dies: Jacobs, F. W. J. Talpae europaeae anatome. Dissert. 1816; und Koch, A.W. de Talpae europaeae oculo. Dissert. 1826. Ein Blick auf die in diesen letztgenannten Abhandlungen citirten zahl- reichen Arbeiten von der ältesten Zeit bis zu Anfang dieses Jahrhunderts zeigte mir, welches Interesse doch ehemals dem Maulwurf in mancher Richtung zugewendet wurde von manchem eifrigen Forscher. Freilich wurde der Gegenstand mehr als Curiosum denn als wissenschaft- liches Object behandelt und konnte daher auch nur Weni- ges wissenschaftliche Yerwerthung finden; die meisten dieser älteren Aufsätze sind von neuern Bearbeitern ganz unbeachtet geblieben, und manche sind ohne Zweifel ver- loren gegangen. Dennoch schien es mir nicht ganz über- flüssig , was mir irgend erreichbar war , zu prüfen , und das Interessanteste davon, wenn auch nur vom historischen Gesichtspunkt aus, dem nachfolgenden alphabetischen Lit- teratur verzeichniss beizufügen . Die mit einem (f ) Kreuzchen bezeichneten Arbeiten sind solche, welche sich in der einen oder andern Hin- sicht mir nützlich erwiesen; sofern ich darin manche dankenswerthe Bestätigung meiner auf zahlreiche Unter- suchungen gegründeten Anschauungen fand. Es sind fol- gende Arbeiten : Albertus Magnus: de animalibus 1651 Lib. I cap. 3. Aristoteles: historia animalium Lib. I c. 9. Lib. lY c. 8. f Bâte, C. Sp. On the dentition of the common mole. Ann. and. Mag. nat Hist. XIX 377 ff. — 65 — fBlainville (H. de) Note sur les carnassiers insecti- vores. Ann. franc, et étrang. d'anat. et de phy- siol. I, 315 ff. Blainvilie, Ostéographie I. fBlasius J. H. Fauna der Wirbeltliiere Deutsch- lands. I. Säugethiere. Blunienbach : Handbuch der Naturgeschichte 1815. Borrichius : De talpa observât, anatom. in Thom. Bar- tholin, epist. médicinal 1667. Brehm: Illustr. Thierleben, II. Aufl. Buffon: Histoire naturelle générale et particulière, etc. 1764. Camerarius J. K. An talpae sub terra audiant, an videant, in sylloge memorabilium cent. XIY. Carus C. G. Yersuch einer Darstellung des Nerven- systems 1814. f Carus C. G. Lehrbuch der Zootomie 1818. fCuvier: Leçons d'anatomie comparée 1805. De la Faille: Histoire naturelle de la taupe etc. 1778. fEimer Th. Die Schnautze des Maulwurfs als Tast- werkzeug 1872. fFatio V. Faune des vertébrés de la Suisse 1869. fFlower: On the development and succession of the teeth in the Marsupialia 1867. fGalenus: De usu partium lib. XIV c. 6. Gautier: Yaria de talpae anatomia détecta (Obser- vations sur l'histoire naturelle, tom. Y. fGessner Conr. v. Historia animalium lib. I. fGiebel C. G. Odontographie 1855. Giebel C. G. Osteolog. Eigenthümlichkeit des nord- amerikanischen Wassermulls 1858. Giebel C. G. Die Säugethiere in zoolog. - anatom. und paläont. Beziehung 1855. Gill Th. Bulletin of the united States: Teeths. — 66 — Härder : Talpae anatome , thésaurus observationum ; obs. 24 p. 101. Härder: Apiarium anatomicum p. 102. Heape W. On the Germinal Layers and Early Development of tbe Mole 1881, His W. Unsere Körperform etc. 1874. f Jacobs F. \Y. J. Talpse europœse anatome. Dis- sert. 1816. Jäger Gr. Deutschlands Thierwelt. Kircher Athanasius: Mundus subterraneus lib. YHI. sect. lY. c. 1. fKoch A. ^Y. De talpse europaese oculo. Dissert. 1826. fKölliker A. Entwicklungsgeschichte 1879. f Kollmann Dr. Entwicklung der Milch- u. Ersatzzähne. jLeche W. Studier öfver Mjölkdentition. Lund 1876. f Loche W. Zur Kenntniss des Milchgebisses und der Zahnhomologie bei Chiropteren. Loche AY. Zur Morphologie der Beckenregion bei Insektivoren. Lidovus Ch. Dissertât, de talparum oculis et visu 1712. fLinné: Systema naturse. -j-Mekel: Beiträge zur vergl. Anatomie I. 132. -j-Milne Ed^Yards: Recherches pour servir à l'histoire natur. des mammifères. Mivarts St. Gr. Notes sur l'ostéologie des Insecti- vores 1867—1868. Moeller: Yon den Maulwürfen in Zinks Leipziger Sammlungen. fMoseley H. N. On the nomenclature of mammalian teeth, and on the dendition of the mole etc. 1868. fNagel W. Entwicklung der Extremitäten der Säuge- thiere. Dissert. 1878. Neumann E. Beiträge zur Kenntniss des normalen Zahn- und Knochensystems 1863. — 67 — Oken: Allgemeine Naturgeschichte. fOwen: Odontography 1840—1845. Owen: On the Megatherium, Order Insectivora (philosophie transact. 1851). f Parker: Monograph on the structure and develop- mont of the shoulder-girdle and sternum in the vertebrata 1858. Pander-D'Alton : Skelete der Säugethiere. Peters W. Ueber die Classification der Insectivoren. Monatsber. der akad. Wissenschaften. Berlin 1865. Plinius: Historia naturalis lib. YIII, 28. IX, 7. Pomel A. Etudes sur les carnassiers insectivores (Archiv de phys. et nat. IX, 159 ff.). Ray: Synopsis animal, quadruped. p. 239. Retzius A. Bemerkungen über den innern Bau der Zähne (Müller's Archiv 1837). Scarts J. Ch. De oculis talpse 1740. Schellhammer: Anatome talpse in Ephem. naturae curios. Schreber: Naturgeschichte der Säugethiere. Seeger: Anatome talpse in Ephem. nat. curios. 1670. Swammerdam: Bibel der Natur 1737. Thomasius : Von dem wiedergefundenen Gesicht des vor blind gehaltenen Maulwurfs 1702. fTodd: The cyclopsedia of anatomy and physiol. Yol. II. Insectivoren. Turner: Proceed. zoolog. soc. Lond. XYI. 1848. "Wagner J. A. Die Säugethiere 1855. Wagner J. J., in historia natur. Helvetise curios. Sect. IV. Zeitschrift für wissensch. Zoologie v. Siebold-KöUi- ker-Ehlers. XXIII p. 495 ff. pag. 414 ff. — 68 — . Systematisches. lieber die systematisclie Stellung der Talpiden unter den Wirbelthieren hat selbstverständlich seit lange für den wissenschaftlichen Forscher kein Zweifel mehr ge- herrscht. Schon der alte Conrad v. Gessner erklärt in seiner Historia animalium in dieser Hinsicht: „Der Mull- „wurff ist nicht, wie viele thun, zu den Mäusen zu zählen, „die weil solch Thier ganz kein ander Gremeinschaft mit „denselben hat, denn die Grösse; alle Maus haben die „vorderen Zäne lang und krumb, änderst denn der Mull- „wurff seine Zäne hat, welche seind gleich wie die der „Spitzmaus etc." Linné giebt ihnen in seinem Systema naturse ihre Stellung unter den carnivoren Raubthieren. C la s s i s : Mammalia. Or do: Digitata. Familia: Ferse. T al p ae : Dentés primores superiores 6. „' „ inferiores 8. Laniarii major 1. „ minores 4. Auch die heutige Systematik hat daran nichts Wesent- liches zu ändern nöthig, und definirt am besten folgender- massen : Talpa europaea: Typus: Wirbelthiere Classe: Säugethiere Ordnung: Insectivoren. Familie: Talpina. Diese Familie der Talpina bildet eine winzige Gruppe unter der grossen Zahl der mikrosthenischen Säugethiere (Dana), welche gewissermassen als die kleine Säugethierfauna (Rütimeyer) sich durch grossen For- men- und Artenreich thum , und zugleich durch ihre viel- — 69 — seitigen Analogien unter einander neben relativ tiefgehen- den anatomischen und biologischen Differenzen auszeichnen. Obwohl die Zahl der Arten bei den Talpina eine sehr beschränkte ist, bilden sie doch eine höchst typische, wohl charakterisirte Familie, welche innerhalb der Ordnung der Insectivoren den Soricina wohl am nächsten verwandt, von diesen letzteren doch sehr differirt durch die charak- teristische Ausrüstung zur Grabarbeit. Den Chiropteren stehen sie gleichfalls anatomisch sehr nahe, aber auch biologisch durch ihre nächtUche Lebensweise. Und doch lässt sich kaum zwischen zwei verwandten Thiergeschlech- tern eine erstaunlichere Divergenz denken , als diejenige, welche durch die so charakteristische Entwicklung der vordem Extremitäten sich ausspricht, wodurch die Chirop- teren zu 'fast vogelähnlichen, terrifugalen Leistungen em- porgehoben werden, während es die Talpina als ganz ex- quisite subterrane Thiere in die Tiefe zieht, wo sie, ob- wohl an die Erde angeklammert, doch dieses feste Element zu durchfliegen vermögen, als ob für sie der Aggregat- zustand des Bodens ein total anderer wäre. Ueberraschend viele Parallelen finden sich aber ins- besondere zwischen den Talpina und einer Anzahl Ro- dentia, von denen sie sich doch als exquisite Insecti- voren so wesentlich unterscheiden durch die reiche und vielspitzige Bezahnung und andere anatomische Yerhält- nisse. Fast scheint es, die Natur habe diese beiden grundverschiedenen Thiergeschlechter, denen sie grossen- theils dasselbe Wohngebiet angewiesen hat, planmässig mit einer Anzahl gemeinsamer äusserer Attribute ver- sehen, welche geeignet sind, die tiefgehenden Unterschiede für den oberflächlichen Beobachter zu verwischen, und ihn irrezuführen. Es wird daher unser Talpa vom Laien unerbittlich zum Greschlecht der Wühlmäuse gerechnet, da er ja an Grösse, äusserer Gestalt und manchen biolo- — 70 — gischen (Nestbau) und sogar anatomischen Beziehungen (Réduction einzehier Sinnesorgane etc.) eine überraschende Uebereinstimmung zeigt mit manchen Repräsentanten dieser Kategorie. Noch frappanter übrigens als die Aehnlich- keit mit unsern einheimischen Nagern ist die mannigfal- tige Uebereinstimmung des Talpa mit den sogenannten Wurfmäusen: Spalax, Aspalax, Ascomys, Georychus etc., einer kleinen Gruppe meist in Südost-Europa oder am Cap heimischer Nager und Gräber , welche mit Recht die „Maulwürfe unter den Nagern" genannt werden. Im- merhin ist auch diese Uebereinstimmung eine nur ober- flächliche und bereitet d^r anatomischen Diagnose keiner- lei Schwierigkeit. An die Marsupiali a schliessen sich die Talpina sehr nahe an und können, weil viel höher entwickelt als jene , als deren Weiterbildung in* mancher Hinsicht betrachtet werden (vgl. schwache Yerknöcherung des Schädels , Lissencephalie , Zahl und Art der Zähne, Rüsselbildung etc.). Andererseits zeigt besonders das Ge- biss gar manche nicht unwichtige Beziehungen auf die Lemurina. Yon den sämmtlichen übrigen Insectivoren, mit denen sie im Allgemeinen sehr eng verknüpft sind, zeich- nen sich die Talpina aus durch ausserordentlich starke Entwicklung der vorderen Körpertheile im Gegensatz zu den hintern (Grabarbeit) , durch die Kürze der Extremitä- ten und durch die mehr oder weniger hochgradige Ver- kümmerung der äussern Theile einzelner Sinnesorgane (Gesicht- und Gehörorgan; opp.Yespertilionen). Was ihre geographische Verbreitung betrifiPt, so kann man sie in gewissem Sinne Kosmopoliten nennen, sofern sie fast über ganz Europa und Asien, sowie über Südafrika und Nord- amerika sehr verbreitet sind. Auch in Nordafrika finden sich, wieAvohl seltener, einige Repräsentanten dieser FamiHe (Macrosceliden Gray) ; dagegen scheinen sie in Südamerika — 71 — sowie auch in Neu-Holland zu fehlen und im Allgemeinen die gemässigten Zonen vorzuziehen. Ihre vertikale Ver- breitung scheint weit beschränkter zu sein; doch will sie Fatio noch 2000 Meter hoch in den Alpen angetroffen haben. Fossil scheint der Talpa erst von der Tertiär- ablagerung an vorzukommen (vgl. Blainville Osteogr. in- sect. tab. 11) in sehr verschiedenen Arten. Quenstedt (Handbuch der Petrefactenkunde 1867) führt einen Talpa minuta von nur 7 Ctm. Länge und einen Palseospalax magnus von der Grösse des Igels an, welch' letzterer jedoch viel- leicht eher zu den Soriciden zu rechnen ist. Unser Talpa europaea findet sich fossil reichlich im Diluvium. Einiges über Namen und Lebensweise des Talpa europaea. Der gemeine Maulwurf (Talpa europaea) galt von Alters her als der Typus des verborgenen Wühlens und Grabens, worauf schon die meist trefflich gewählten Namen, welche ihm verschiedene Yölker beilegten, hin- weisen. Das Wort Talpa findet sich schon bei Cicero und scheint sehr alten Datums zu sein. Es ist ohne Zweifel mit dem griechischen zohjTcq eines Stammes, und weist vielleicht auf die gedrungene, knäuelförmig ab- gerundete Gestalt seines Körpers oder der von ihm auf- geworfenen Hügel hin. Der Stamm hat sich erhalten im italienischen Talpa, im spanischen Topa, im portugie- sischen Toupeira, im französischen Taupe. Der hebräische Name Chaporperah (Jes. 2, 20) be- zeichnet vortrefflich den Wühler, sowie auch die griechi- schen Worte (jxdÀo^ (skalops) und fiTzdÀaç (spalax) den Begriff des Grabens und Scharrens ausdrücken. Der Name im Sanskrit ist Kartkrit, und bedeutet: kleinschnei- den, zerkrümmein; es findet sich in dem russischen Namen Krot ohne Zweifel wieder. Was endlich das deutsche — 72 — Wort „Maulwurf" betrifft, so ist dasselbe verdorben aus dem althochdeutschen AYort: Moltwerff und Multworff (schon 1414 genannt), und bezeichnet ein Thier, das Molte = Mull (d. h. Staub, feine Erde) aufwirft. Seit dem 16. Jahr- hundert lesen wir (vgl. Lonicerus Kräuterbuch) Mulwurff. Derselbe Stamm findet sich im holländischen Mol, im englischen Moldwarp, im dänischen Muldwarp, im schwe- dischen MuUvada. Der im Mittelalter zuweilen für Maul- wurf gebrauchte IS'ame „Delber" bedeutet nach Grimm gleichfalls den Grräber (Fossor). Der in Oesterreich und Bayern sowie auch in Süddeutschland da und dort noch gebräuchliche Name Scheer oder Schaer ist gleichfalls schon alt , und deutet auf ein pflugschaarartiges Schnei- den, was gleichfalls für die unterirdischen Minirarbeiten des Maulwurfs sehr bezeichnend ist. Da der charakteristische Schwerpunkt der Organisation des Talpakörpers in so eminenter Weise in der ganz ungewöhnlich gewaltigen Ausrüstung des Schultergürtels und der Brustmuskulatur ruht (vogelähnlich), gleichsam um das Problem einer mög- lichst intensiven Grrab- oder besser gesagt, Perforir-Arbeit durch den Erdboden hin auf organischem Weg zu lösen, w^obei die übrigen Körpertheile, welche nicht direkt diesem Zweck dienen, meist in der Entwicklung bedeutend gegen jene zurückstehen, so müssen wir zugeben, dass die oben angeführten Namen, welche alle alten Datums sind, durch- weg sehr bezeichnend sind und mit dem Wesen des Thieres tretüich co'incidiren , während unsere deutsche Sprache in dieser Hinsicht oft so unbehilflich erscheint, indem sie manchen Thieren Namen beilegt, die entweder nichtssagend oder wenigstens dem Wesen der Thiere gar nicht entsprechend sind und höchstens auf untergeordnete Leistungen des Thieres hinweisen (z. B. Meerschwein, Flusspferd, Faulthier, Zaunkönig, Steinschmätzer, Gras- mück, Blindschleiche etc.). — 73 — Was die biologischen Yerhältnisse des Talpa anbelangt, die in verschiedener Hinsicht interessant sind, so besitzen wir darüber eine Eeihe ziemlich ausführlicher Berichte in den Werken von Buffon, De la Faille, Bruce, Oken, Blasius, Lenz, Brehm und Anderen, wo uns eine grosse Zahl Beobach- tungen und Züge aus diesem merkwürdigen unterirdischen Leben vorgeführt werden. Interessant ist namentlich die Schilderung des kunstreichen Nestbaues, die Blasius giebt in seiner Fauna der Wirbelthiere Deutschlands. Nicht minder merkwürdig sind die Berichte über die enorme Gefrässigkeit dieses Thieres, welche kaum ihres Gleichen hat in der Thierwelt und welche selbstverständlich mit dem durch die gewaltige Wühlarbeit bedingten enormen Verbrauch an Muskelmaterial zusammenhängt, das immer wieder ersetzt werden muss durch Zufuhr von ganz un- gewöhnhcher Nahrungsquantität (innerhalb 24 Stunden das nahezu zweifache des eigenen Körpergewichts). Yon Beobachtungen aus neuester Zeit möchte ich nur Weniges beifügen unter Hinweis auf Taf. I und II: Zum Lebenslauf des Maulwurfs wird in dem weib- lichen Uterus der Grund gelegt je nach den Temperatur- verhältnissen des Frühjahrs gewöhnlich gegen Mitte März, wo die Begattung stattfindet, in Folge der die äusse- ren weiblichen Genitalien rasch bedeutend anschwellen, jedoch nur vorübergehend. Im Innern beginnt nun am Uterus bicornis (der im normalen Zustand von bilateral- symmeti ischer P-förmiger Gestalt ist mit stark einwärts- gerollten Cornua) ein rasches Wachsthum, indem die mit- telst der scheibenförmigen Placenta der Mucosa uteri meist auf der rückwärts gelegenen Wandung des Uterus angehef- teten Embryonen sich schnell vergrössern und sich in den cornua uteri in 3 — 4, bis 6 Divertikel separiren, wie wir sie auf Tafel II l. 2. a b c und 3 erkennen; und worüber ich in einem spätem Abschnitt eing^iender zu berichten gedenke. - 74 — Es mögen hier nur einige Worte beigefügt sein zur Begründung der von mir im Folgenden wiederholt ge- brauchten, scheinbar willkührlichen Angaben des Alters der Talpaembryonen , welche ich untersuchte. Wenn ich nämlich im Folgenden zwischen 8- und 14tägigen, drei-, vier-, fünf-, sechswöchigen Embryonen unterscheide, so kön- nen dies natürlich nur amicähernd genaue Bezeichnungen sein, da das Alter hier sich nicht mit der Genauigkeit feststellen lässt, wie z. B. bei Embryonen von manchen Yögeln, bei welchen der Beginn der Brutzeit genau be- stimmt werden konnte. Man hat es vielmehr hier nur mit einer Bestimmung zu thun, welche sich allerdings auf zahlreiche Beobachtungen und gewisse Berechnungen stützt, aber nur im Verein mit den nachgenannten Län- genmaassen und Gewichtsbestimmungen das jeweilige Entwicklungsstadium des Embryo etwas schärfer definiren soll, als die blosse sonst übliche Längenangabe. Die diese Angabe motivirenden Beobachtungen aber sind folgende: Nach der übereinstimmenden Angabe mehrerer Maul- wurfsfänger findet die Begattung im Allgemeinen unter normalen Verhältnissen d. h. wenn das Frühjahr nicht ungewöhnlich früh oder spät beginnt, auf einem bestimm- ten Terrain von ziemlich gleichmässiger Bodenbeschaffen- heit ziemlich genau zur selben Zeit statt, so dass wohl kaum mehr als eine Woche Differenz constatirt werden kann. Dass die Begattung stattgefunden, lässt sich durch einige äussere Kennzeichen ziemlich sicher fast auf den Tag bestimmen am weiblichen Individuum. Bei dem- selben sind nämlich die äussern Genitalien, ehe eine solche stattgefunden hat, tief im Pelz versteckt. Unmittelbar nach der Begattung dagegen erscheinen dieselben stark angeschwellt , treten zwischen dem Pelz hervor , und es zeigt sich in der Umgebung der Vagina eine häutige Rup- tur, wie Fetzen einer zart^ sich ablösenden Epidermis — 75 — aussehend, und die die Yagina umgebenden Haare sind mit einer zähen Flüssigkeit verklebt. Diese beiden Er- scheinungen dauern wohl kaum länger als einen Tag an, die Flüssigkeit vertrocknet rasch wieder , und die Haut- theile sind bald wieder verschwunden. Auch die äusseren Genitalien treten wieder hinter die Haare zurück, bleiben jedoch über die ganze Trächtigkeitsdauer merklich ver- grösser t, und bald macht sich auch in Folge des starken Wachsthums der Embryonen die Ausdehnung des Uterus bemerkbar, indem die Abdominalparthie anschwillt, und es treten nun plötzlich wie kleine rothe Knötchen zu bei- den Seiten des Abdomens von den letzten Rippen an nach hinten bis in die Umgebung der Yagina in zwei Längs- reihen gestellt sechs bis acht winzige Saugwärzchen her- vor , von denen zuvor keine Spur zu entdecken w^ar. — Alle diese Erscheinungen treten innerhalb weniger Tage und zwar in einem normalen Jahrgang bei den meisten Weibchen derselben Gegend so gleichzeitig (meist in den ersten wärmeren Tagen der zweiten Märzwoche) auf, dass man innerhalb weniger Tage oft leicht Dutzende von Thieren mit diesen Merkmalen antrifft, während kurz zuvor oder wenige Tage darauf dieselben verschwunden sind. Yergleicht man in der Folge damit die jeweilen gefunde- nen Embryonen nach ihrer Länge, ihrem Gewicht sowie der später zu besprechenden embryonalen Schädellage, so findet man durchschnittlich die Annahme einer unge- fähr gleichzeitig stattgehabten Befruchtung überraschend bestätigt, indem die gleichzeitig vorgefundenen Embryonen einer und derselben Gegend unter einander meist nur wenig differiren nach Länge, Gewicht und Schädellage, w^as sicherlich auch auf ungefähr gleiches Alter schliessen lässt. Eine weitere Bestätigung dafür bietet auch der Umstand, dass der "Wurf in einer Gegend gleichfalls ziem- lich gleichzeitig eintritt, ja sogar die Periode der völligen — 76 — Behaarung der Jungen so plötzlicli und gleichzeitig auf- tritt, dass man kurze Zeit, nachdem man die ersten völlig behaarten jungen Thiere angetroffen, nur selten mehr nackten Jungen begegnet. Daraus scheint hervorzugehen, dass die nachfolgende Altersbezeichnung, für welche man ganz bestimmte, durch vielfache Beobachtungen bestätigte äussere und innere Anhaltspunkte besitzt, zum mindesten als annähernd richtig ihre Berechtigung haben. Wenn wir nun im Folgenden ausser dem Längenmaass und Gre- wicht der Embryonen zum Zweck einer genaueren Defini- tion noch den BegrifiP der embryonalen Schädellage (als neues Moment) in Betracht ziehen wollen, so gründet sich dies auf die Beobachtung, (die ein Blick auf Tafel II schon bestätigen dürfte,) dass die Richtung des Schädels beim Talpa-Embryo im jungen Entwicklungsstadium eine andere ist, als in späteren Perioden. Aus der ursprüng- lich fast eingerollten, direkt nach hinten umgebogenen Lage in der frühesten Periode geht mit jedem AYachs- thumsmoment der sich nach vorne zuspitzende Schädel, mit einer aufgehenden Blüthenknospe vergleichbar, all- mälig heraus, um zuletzt beim völlig entwickelten Thier die der ursprünglichen Richtung gerade entgegengesetzte zu erreichen. Wenn wir diese allmälig und ziemlich con- stant sich vollziehende Directionsänderung zu messen ver- suchen, so kann dies folgendermaassen geschehen: Wir nehmen die centrale Längenachse, die wir uns durch den Rumpf des Embryo gezogen denken, als Horizontale an, denken uns ferner eine Gerade gezogen von der äussersten Spitze des Oberkiefers in der Richtung der Schädelachse nach hinten, so dass diese Gerade die Yerbindungslinie zwischen beiden Augen in ihrer Mitte schneidet, so bildet diese Gerade, wo sie die Horizontale schneidet, einen Winkel, der uns die relative Keigung des Schädels dem Thorax gegenüber ziemlich genau definirt. Auf Grund — 77 — einer grossen Anzahl Messungen habe ich die folgenden Zahlenverhältnisse gefunden : Talpa europaea: oh Länge ne Schwanz Schwanzlänge Körper- Neigung der gewicht Schädelachse zur Meter: ileter: Grmm.: Horizontale: 1. Htägiger Embryo vgl. Taf. II, Fig. 4. 0,010 0,0010 0,21 3° d.h. fast parallel 2. 14tägiger Embryo vgl. Taf. II, Eig. 5. 0,014 0,0015 0,50 22« 3. 3wöchiger Embryo 0,020 0,0020 1,00 43« vgl. Taf. II, Fig. 7. 4. 4~5wöchiger Embryo vgl. Taf. 11, Fig. 9 a.b. 0,030 0,0040 4,00 73'^ Bei geborenen Thieren ergaben sich folgende Durchschnittszahlen : Talpa europaea: Lange ohne Schwanz Schwanzlänge Korper- gewicht Meter : Meter: Grmin.: 5. 1 Monat altes Thier vgl. Taf. II, Fig. 10. 0,055 0,0100 15,0 6. 2 Monat altes Thier vgl. Taf. U, Fig. 11. 0,075 0,0170 25,0 7. 3 Monat altes Thier, behaart 0,093 0,0230 60,0 vgl. Taf. II, Fig. 12. 8. Erwachsene Weibchen 0,112 0,0360 75,0 9. Erwachsenes Weibchen, 8 Tage trächtig 0,112 0,0350 82,0 10. Erwachsene Männchen 0,130 0,0380 95,0 Anatomisches. lieber die Anatomie von Talpa finden wir (siehe Lit- teraturverzeichniss) eine grössere Anzahl Arbeiten aus alter Zeit, unter denen jedoch nur die für ihre Zeit treff- liche Abhandlung von Jacobs (Talpae europaeae anatome 1816) mit zum Theil guten Abbildungen ausgestattet, von wissenschaftlicher Bedeutung ist. Einige gute Bilder über die anatomischen Yerhältnisse des Talpa bietet auch das grössere Werk von Pander-D'Alton Skelete der Säuge- thiere 1821, sowie das classische Werk von Cuvier: histoire naturelle des Mammifères. Zunächst Einiges über die sogenannten Aeusseren Charaktere. Talpa europaea Linné = Talpa vulgaris Brisson. Linné unterscheidet zwischen T. europaea und T. asia- tica folgendermaassen : Talpa europaea: caudata, pedibus penta dac- tylis, victitans lumbricis nee plantis, penis om- nium longissimus. Talpa asiatica: ecaudata, palmis tridacty- lis etc. Milne Edwards charakterisirt ihn zum Unterschied von den Arten T. longirostris, T. caeca, T. macrura, T. mi- crura, T. leucura, T. Wogura also: T. europaea: Schwanz stark, spindelför- mig, Schnauze kurz und breit, Augen offen. Die bei den verschiedenen Autoren angegebenen Di- mensionen einzelner Körpertheile unseres Talpa differiren untereinander und harmonieren auch nur wenig mit den von mir selbst vorgenommenen Messungen , so dass ich auf dieselben nicht weiter einzugehen gedenke; höchstens könnten einige derselben zur Unterscheidung der beiden Geschlechter von Interesse sein. Ich fand nämlich auf Grund einer grossen Anzahl von Messungen, dass die durchschnittliche Länge des Männchens circa 0,168 Meter beträgt, während das Weibchen im Allgemeinen sich durch geringere Dimensionen unterscheidet. Die Länge des Weib- — 79 — cheiis von der Sclmautzenspitze bis zur Schwanzspitze be- trägt kaum über 0,150 Meter. Ausserdem fand ich fol- gende charakterisirende Unterscheidungsmerkmale beim Weibchen : Die Schnautze ist schmaler und spitzer, wäh- rend die Ränder der vordem Rüsselscheiben meist etwas wulstiger sind als beim Männchen. Die äusseren Greni- talien des Männchens Hegen nahezu 10 mm. nach vorn vom Anus; der Penis ist lang und mit einem Haarbüschel versehen, während beim Weibchen die Vagina fast un- mittelbar vor dem Anus liegt, und von einem lanzettför- mig sich zuspitzenden, mit einem Haarbüschel gekrönten Labium pudendi überdeckt ist. Ein eigenthümliches Unter- scheidungsmerkmal beider Geschlechter bildet sodann noch die röthliche Färbung der Backenzähne, besonders der drei hintersten beim Weibchen, während die des Männ- chens fast immer blendendweiss oder etwas opalisirend erscheinen. Die Farbe des Pelzes ist besonders bei den jüngeren Thieren meist sammtig bläulichschwarz, nicht selten mit einem Silberglanz an den Spitzen, während die Haare am Grunde, und besonders an denjenigen Körpertheilen, wo sie vorzüglich dicht und lang sind (z. B. im Nacken und in der Umgebung des Gehirnschädels) in verschiede- nen Nuancen geschichtet erscheinen, indem dunkle und hellere Schichten miteinander wechseln, was dem Pelz ein ausserordenthch feines Ansehen verleiht. Es giebt übri- gens eine ganze Menge Spielarten, worüber Prof. Kraus (s. württembg. naturw. Jahreshefte XIV und XVHI) und V. König Warthausen (s. württembg. naturw. Jahresheft XXXI pag. 206) für die württembergische Fauna inter- essante Berichte geben. Verhältnissmässig selten ist die weisse , schon häufiger die gelbe Farbe , die in sehr ver- schiedenen Nuancen auftritt; auch scheckige und silber- graue Thiere finden sich nicht selten. Interessant ist es. — so- mit welcher Virtuosität das Thier mittelst der immerhin massig langen hintern Extremitäten den herrlichen Pelz fast am ganzen Leib stets auszukämmen und rein zu halten im Stande ist. Im Allgemeinen ist der Körper walzenförmig, cy- lindrisch abgerundet, der Kopf erscheint dick, steckt tief zwischen den Schultern, und ist rüsselförmig zugespitzt, der Hals ist kurz und nur durch eine schwache Ein- schnürung äusserlich bemerkbar, so dass der Kopf un- mittelbar in den Leib überzugehen scheint. Die vorderen Extremitäten sind überaus kurz und stark, sie scheinen in Folge der eigenthümlichen Lage des Kopfes aus diesem hervorzuwachsen, es sind mit 5 scharfen Krallen ver- sehene Wühlhände mit nach auswärts gerichteter Höh- lung. Die eigentliche Hand ist unbehaart, die Rücken- fläche derselben nur am Rande schwach behaart, die Hohl- hand mit einer dicken, lederartigen Soole bedeckt. Bei der Handwurzel beginnt der eigentliche Pelz in Form eines dichten Haarkranzes, der nach hinten immer dichter wird. Die hinteren Extremitäten sind länger als die vor- deren und viel zarter gebaut, denen der Ratte ähnlich. Auch hier ist die Soole nackt, lederartig (Plantigradie) und der Rücken des î^usses nur dünn behaart. Der spindel- förmige Schwanz ist kurz, wenig länger als die Hand, mit dickeren, steiferen Haaren bedeckt als der übrige Körper. Die winzigen Augen sind vollständig im Pelz versteckt, sowie auch die Ohren, denen die äussere Ohr- muschel fehlt; an ihrer Stelle findet sich nur eine schwach nach aussen hervorragende Hautfalte, welche den äusseren Ohrgang krönt. Das rüsselförmige Schnauzenende ist ein ausserordentUch bewegliches , und empfindliches , nerven- reiches Tastorgan (s. Eimer: Die Schnautze des Maul- wurfs als Tastwerkzeug). Die Schnautze selbst ist schwach behaart, die Haare stehen straff nach aussen, und werden - 81 — nach vorne zu immer kürzer. Die Oberlippe ist am Kande buchtig nach aussen gewölbt und nackt, und ver- liert sich nach vorn in die gleichfalls nackte, fleischrothe, vorn abgestumpfte Rüsselscheibe, in der die Nasenlöcher ausmünden. Die Körperbewegungen des Thieres sind auf dem ebenen Boden schwerfällig, und werden fast nur durch die hinteren Extremitäten stossweise bewerkstelligt, während auf einer rauhen Fläche, sobald die nach aussen gerichteten Scharrhände beiderseits Haltpunkte erfassen können, die Greschwindigkeit der Vorwärtsbewegung sich steigert , und vollends innerhalb des lockeren Bodens, namentlich innerhalb der selbstgebauten Laufröhren eine wahrhaft flugartige ist, bedingt vornämlich durch die rie- sige Muskulatur, welche die vorderen Extremitäten regiert. Yon Interesse und ohne allen Zweifel nicht ohne Be- deutung für die unterirdische Existenz des Thieres ist der Bau und die Stellung und relative Beweglichkeit der Haare, worüber in einem spätem Abschnitt einige Beobachtun- gen mitgetheilt werden sollen. Das. Skelet. Das Skelet von Talpa ist trotz seines im Allgemeinen zierlichen Baues zum Unterschied von dem Skelet der nächstverwandten Insectivoren ausgezeichnet durch das Compacte und Gedrungene insbesondere der vorderen Par- thieen, namentHch deuten die ausserordentlich verkürzten, kräftigen vorderen Extremitäten, welche vermittelst des durch sehr starke Claviculae ergänzten, mächtig entwickel- ten Schultergürtels mit dem verhältnissmässig zarteren Bumpfskelet in innigste Verbindung gebracht sind, auf ihre Bestimmung zur angestrengten Grabarbeit unzwei- deutig hin. Die hintern Extremitäten sind gleichfalls kurz, aber weniger massiv, und nebst dem Beckengürtel von denen der Nager wenig verschieden. Wenn ich im 6 — 82 — Folgenden auf eine Beschreibung der einzelnen Skelet- tlieile näher eingehe, so bemerke ich ausdrücklich, dass ich dabei mit Rücksicht auf den dieser Arbeit gestatteten Rahmen mich auf das Wichtigste beschränken musste, und da es mir nicht gelang, hier gute Abbildungen ein- zuschalten, vorerst auf die im Ganzen gelungenen Tafeln in der Jacobs'schen Arbeit verweise oder vielleicht noch besser einlade, das leicht erhältliche Skelet des so merk- würdigen Thieres selbst anzusehen, dessen Studium mir vielfachen Grenuss gewährte. L Rumpfskelet ~ Wirbelsäule, Rippen, Sternum. 1. Die Wirbelsäule besteht aus einer wechselnden Anzahl von Wirbeln: a. Halswirbel sind constant 7. b. Brustwirbel — 12 — 14; stets Rippen tragend. c. Lendenwirbel — 5 — 7. d. s sacrum verwachsen aus 6 Wirbeln. e. Schwanzwirbel sind 10 bis 12. Der Aufbau der AVirbelsäule von Talpa ist eigen- thümlich und höchst charakteristisch. Während derjenige Theil derselben, welcher zwischen dem 7. Halswirbel und dem ersten Schwanzwirbel gelegen ist, d. h. die Brust-, Lenden- und Sacral-Portion eine sehr feste, enggeschlos- sene, fast in gerader Linie angeordnete Kette von reich ge- gliederten Wirbeln bildet, deren ganze Organisation den propulsiven Functionen angepasst ist, erscheint der übrige Theil zu ganz andern Leistungen bestimmt, und daher auch anders organisirt. Die Halswirbelsäule ist überaus locker aufgebaut aus sieben dünnen mit weitem Foramen vertébrale verseheneu, unter sich sehr beweglich eingelenk- ten Wirbeln. Diese sind halbkreisförmig angeordnet, und tragen den in fast horizontaler Richtung befindlichen Schädel — sa- in der Weise (ähnlich wie bei Vogel- und Schildkröten- Skelet), dass derselbe durch die nach hinten und unten stark hervortretenden Gelenkfortsätze des Hinterhaupts mit der vorderen Hälfte (arcus anterior) der Halswirbel enger wiewohl beweglich verbunden erscheint, während die die hintere Hälfte der Halswirbel bildenden schlanken Wirbelbogen zwischen sich grosse Lücken lassen, die je nach der Biegung weiter oder enger werden, und somit zur eigentlichen Unterstützung des Schädels fast Nichts beitragen können. Die Schwanzportion dagegen ist (wie beim Yogelskelet) zusammengesetzt aus ziemHch rudimen- tären, fast ungegliederten, eng aneinander gereihten, daher wenig unter sich beweglichen, nach hinten sich verjüngen- den Wirbeln, und bildet wohl den indifferentesten ïheil des ganzen Skelets. Mit diesem Plan, die Wirbelsäule zu disponiren in einen möglichst compacten Theil, der als massive Stütze vornämlich des mächtigen und für gewaltige Leistun- gen berufenen Schultergürtels und der damit verketteten vorderen Extremitäten Dienst leiste, und in einen be- weglichen Halstheil, der als Tiäger des zu einem Tastorgan vorherrschend bestimmten Schädels einer grös- seren Elasticität bedurfte zur Projection und Retraction, steht in völligem Einklang der Bau der einzelnen Wirbel, die wir nun kurz betrachten werden. Halswirbel. Der Atlas ist der grösste Halswirbel, und hat die Gestalt eines plattgedrückten Rings mit breiten flügel- artigen nach vorne gekrümmten Seitentheilen (massae late- rales), welche beiderseits durch ein Foramen durchbrochen sind. Zwischen diesen beiden Flügeln erhebt sich in der Mitte nach hinten gerichtet ein kleiner spitzer Processus spinosus. Nach vorn zu schliessen sich an die Massae laterales sehr schwach entwickelte Processus transversi an, — 84 — hinter denen sich ein enges Foramen transversarium be- findet. Der Arcus anterior ist an der Stelle des Corpus nach vorn etwas abgeplattet, und trägt auf der vorderen, inneren Fläche zwei kleine Tubercula, an welchen das quere Atlasband sich inserirt, während auf der hinteren Seite eine tiefe Grelenkfläche sich befindet zur Articulation mit dem Processus articularis des Epistropheus. Dieser besitzt von allen Halswirbeln die grösste Dicke. Der Corpus ist ziemlich mächtig, und trägt einen langen kegel- förmigen Zahnfortsatz, der an der Spitze etwas nach hinten sich neigt, an seiner Basis breit, auf der Innen- seite ausgehöhlt, auf der äusseren Seite gewölbt ist und hier eine nach abwärts gerichtete kleine, scharfe Knochen- spitze trägt zur Insertion für die Portio verticalis des Musculus longus colli anticus. Die Querfortsätze sind kurz, und entspringen aus zwei Wurzeln. Die vorderen Ge- lenkfortsätze sind stumpf aber kräftig entwickelt, die hin- teren platt, und ragen flügelartig nach hinten vor. Der Dornfortsatz ist sehr gross, seitlich comprimirt; an ihm ist das Ligamentum Suspensorium des Halses inserirt. Die folgenden vier Halswirbel sind einander sehr ähnlich. Das Foramen vertébrale ist hier am grossesten und hat nahezu die Form eines Halbkreises. Die Quer- fortsätze sind schmal und lang. Die Gelenkfortsätze sind kräftiger entwickelt, und die oberen etwas schief nach aussen gerichtet. Dornfortsätze sind hier kaum angedeu- tet durch einen kleinen Knochenhöker auf der Mitte des Bogens. Xoch finden sich hinter der Basis der Quer- fortsätze nach aussen gerichtete und leicht nach hinten geneigte kurze , stumpfe Diapophysen zur Insertion der seitlichen Halsmusculatur. Der siebte Halswirbel unter- scheidet sich von den vorhergehenden durch kurze Quer- fortsätze, dagegen ein stärkeres, seitliches Hervortreten der Diapophysen. — 85 — Brustwirbel. Die Brustwirbel, deren es durchschnittlich 13 sind (12 — 14), sind alle Rippen tragend, bilden zusammen einen sehr compacten Theil der Wirbelsäule. Die Wir- belkörper sind der Gestalt nach den letzten Halswirbeln sehr ähnlich, doch werden sie allmälig, je weiter sie nach hinten rücken, grösser und breiter. Das Foramen verté- brale ist kleiner, von mehr ovaler Gestalt. Die Dorn- fortsätze haben nur kurze Dornen; dieselben nehmen jedoch nach hinten an Grösse zu, und erreichen bei den drei letzten Brustwirbeln eine beträchtliche Höhe. Bis zum zehnten Wirbel sind die Spinae rückwärts nach unten hinten geneigt, beim elften steht der Spina fast senkrecht, und bei den folgenden Wirbeln neigt er sich in entgegen- gesetzter Richtung nach oben vorwärts. Lendenwirbel. Die Lendenwirbel, deren wir 7 (5—7) zählen, sind einander ausserordentlich ähnlich, und noch enger in ein- ander eingekeilt, als die vorhergehenden (Schlangentypus). Der Wirbelkörper ist hier stärker und länger als bei den Brustwirbeln, das Foramen vertébrale kommt fast dem der Halswirbel gleich, und hat eine nierenförmige Gestalt; der darüber sich wölbende Wirbelbogen ist kräftiger ent- wickelt als bei allen vorhergehenden Wirbeln. Auch die Querfortsätze nehmen an Grösse zu, sind platt gedrückt, und ragen nach aussen stärker vor, sozwar dass bei den drei ersten Wirbeln ihre Spitzen nach rückwärts, bei den folgenden nach vorwärts gerichtet sind. Auch die *Dorn- fortsätze sind hier hoch und werden breiter mit nach vorne geneigter Spitze, vom vierten Wirbel an aber nimmt die Höhe und Breite wieder ab. Am Innern Theil der Lendenwirbelsäule finden sich an der Verbindungs- stelle jedes Wirbelpaars aus dem Intervertebralknorpel hervorsprossend eigenthümliche Interkalarstücke, deren Er- — 86 — scheinen sich schon an den beiden letzten Brustwirbeln als winzige Knochengebilde ankündigt, die aber erst hier zu stärkerer Entwicklung gelangen, und als Rollen für die darüber hinziehenden Sehnenstränge des Psoas ver- wendet scheinen (vgl. die resp. Höker am innern Theil der Lendenwirbel bei Phoca, sowie an der Wirbelsäule der Leguane als Fixationspunkte für die Sehnen des Muse, longus colli etc.) Ganz ähnliche knopfförmige Ge- bilde finden wir bei Talpa in der Schwanzwirbelsäule auf der Innenseite; doch erscheinen sie hier paarig. Os sacrum. Wir können in dem Kreuzbein junger Thiere leicht die Entstehung dieses Knochen aus 6 (5—7) unter sich verwachsenen Wirbeln erkennen; im Embryo sind sie noch völlig getrennt. Beim ersten Wirbel finden wir noch mehrfache Uebereinstimmung mit dem letzten Lenden- wirbel; er hat deutlich entwickelte Processus obliqui su- periores mit Metapophysen, der Wirbelkörper ist ziemlich scharf begränzt, gleich lang aber dicker als der Körper der Lendenwirbel; das Foramen vertébrale, welches schon bei den drei letzten Lendenwirbeln enger geworden ist, ist hier noch bedeutender eingeschrumpft; dagegen sind die Dornfortsätze der sämmtlichen Wirbel zu einer langen Crista verschmolzen , welche über dem dritten und vier- ten Wirbel am höchsten ist, aber beim letzten Wirbel nach hinten steil abfällt. Diese Crista ist jeweilen ober- halb der Yerwachsungsstellen der einzelnen Wirbel durch mehr 'oder weniger weite Foramina quer durchbrochen. Das überaus schmale Hüftbein ist mit dem Kreuzbein auf's engste verwachsen. Das Darmbein scheint mit den Processus transversi völlig verschmolzen zu einer schmalen Knochenleiste, und lässt sich nur noch beim Embryo als isoUrter an seinem obern und untern Ende nach aussen sich umbiegenden Knochen erkennen, der unterhalb des 87 Acetabulum unmittelbar übergeht in das dünne, schmale Schambein, das mit dem langen, stärkeren Sitzbein das weite, länglich dreieckige Foramen obturatorium umschliesst. Schwanzwirbel. Mit diesen meist 11 (10 — 12) kleinen Wirbelchen schliesst die Wirbelsäule conisch ab. Hier ist das Fora- men vertébrale nur noch bei ganz jungen Individuen als ein haarfeiner Canal sichtbar, der nach und nach ver- schwindet. Die einzelnen Wirbel beginnen gleich hinter dem letzten Kreuzbeinwirbel sich zu verjüngen, um schliess- lich mit dem letzten Wirbelchen in eine feine Spitze zu endigen. Auf der Innenseite der einzelnen Wirbel finden sich nun, wie schon oben angedeutet, an den Yerbin- dungspunkten der einzelnen Wirbel unter einander je ein Paar aus dem Intervertebralknorpel hervorgehender nach Art der Sesambeinchen gebildeter Interkalarknöpfchen. Dieselben sind unter sich durch starke longitudinal ver- laufende Bänder verbunden, und dienen als Stützpunkt (Hypomochlion) für die Sehnen zur Bewegung des Schwan- zes und zugleich als Hämalkanal. Die Rippen finden sich gleichfalls in nicht ganz con- stanter Zahl, wie die Brustwirbel, es sind im Durchschnitt 13 (12 — 14) Paare. Sie sind mit dem hintern, stärkeren Ende zwischen den Querfortsätzen und den Intervertebral- knorpeln der Brustwirbel kräftig eingelenkt. Nur die Hälfte davon erreicht das Brustbein direkt, während die übrigen nach vorne sich scharf zuspitzen , und theils mit den Spitzen knorpelig sich an die vorhergehenden „ächten Rippen" anlegen, theils (besonders die drei letzten) als ela- stische Träger der Bauchwand seithch in dieselbe frei liineinragen. Bei den sieben ersten (ächten) Rippenpaaren ist der knöcherne Theil länger oder gleich lang wie der knorpelige, bei den übrigen (falschen) Rippen dagegen übertrifft der knorpelige Theil den knöchernen an Länge. Das Brustbein , mit welchem verbunden die Rippen einen sehr geräumigen und elastischen Brustkorb bilden, besteht aus 6 bis 7 Stücken von verschiedener Ausdeh- nung und Gestalt, welche unter sich mehr oder weniger verwachsen sind. Am mächtigsten ist das Manubrium entwickelt, es ist fast ebensolang wie die übrigen Theile zusammen. In Folge einer eigenthümlichen Ausbildung des Mittelstücks (Prœsternura nach Parker) hat es eine dem Yomer ähnliche Gestalt , indem sich aus der Mitte der Horizontalplatte hervor ein vertikaler Knochenkamm erhebt, welcher wie beim Yogelskelet zur Insertion der gewaltigen Brust- und Extremitäten-Musculatur dient (vgl. Yespertilionen und Yögel). Xach beiden Seiten sendet das Manubrium in seiner obern Hälfte fiügelartige Knochen- leisten aus , unterhalb welcher das erste Rippenpaar ar- ticulirt. Das eigenthche Corpus sterni zerfällt in 4 bis 5, der Zahl der Intercostalräume entsprechende Stücke, welche in der Jugend durch breite Synchondrosen getrennt, später mehr und mehr zu einem Knochen verschmelzen. Der Schwertfortsatz, der dem menschlichen sehr ähnlich ist, ist vorne breiter als hinten; er stellt nach unten eine spateiförmige Scheibe dar, die in die Aponeurose der ge- raden Bauchmuskeln hineinragt, und am längsten unter allen Bestand theilen des Sternums knorpelig bleibt. II. Extremitätenskelet. a) Beckengürtel, b) Schultergürtel, c) Extremitäten, a) Den Beckengürtel haben wir in seiner Yerbindung mit der AYirbelsäule bereits kennen gelernt als einen ausserordentlich engen Knochenring, bestehend aus den schmalen, nach aussen gekrümmten Darmbeinen, den breiten platten, das Foramen obturatorio tragenden Sitzbeinen, und dem mit — 89 — diesen in der Gelenkpfanne sich vereinigenden starken Schambein, an welche sich hinten das Kreuzbein in in- niger Verwachsung anschliesst. Das Becken bietet zwar zur Aufnahme und Stütze der Muskulatur der Gefässe und Nerven spärlich Raum und Schutz, ist aber nicht im Stande, die Eingeweide des Darms und der Geschlechts- organe zu beherbergen, die sämmtlich zwischen der Sym- physe und den Abdominalmuskeln suspendirt sind. Weit derber und reicher gegliedert ist b) der Schultergürtel, denn hier befindet sich der Centralheerd gewaltigster Mus- kelkraft, indem dieser Theil des Skelets nicht allein zu locomotorischen Functionen, sondern vor Allem für mäch- tige Grab- und Bohr- Arbeit in ganz ausgezeichneter Weise bestimmt und aufgebaut erscheint. Der Schultergürtel ist mit dem Sternum eng und stark verbunden durch zwei Schlüsselbeine, welche ausserordentlich kurz und dick sind, von cubischer Gestalt mit einem stark nach vorne ragen- den Processus versehen zur Insertion von Brustmuskulatur. Yon vorne nach hinten sind die Schlüsselbeine durchbohrt von einem engen Canal. Die mit dem Sternum artiku- U rende Gelenkfläche ist plan , am Rande buchtig , mehr lang als breit, die Gelenkfläche für den Humérus ist mehr concav, gleich lang wie jene, aber breiter, und ist hier von einem weiten , starken Capselband umschlossen und mit dem Humérus in kräftige Verbindung gebracht. Mit der Scapula findet die Verbindung nur mittelst starker Bänder statt, welche sich am hintern Rand der Gelenk- fläche für den Humérus an einer Tuberositas scapularis inseriren. Die Schlüsselbeine des ïalpa sind ohne Zwei- fel die kürzesten und relativ stärksten, die sich bei Wirbelthieren finden. Das Schulterblatt ist ein langer, schmaler, fast keulenförmiger Knochen mit drei seitlichen Kanten, welche nach hinten zu stärker hervortreten, wäh- — 90 — rend sie nach vorne zu in dem verschmälerten Schaft des Knochens sich verUeren. Dieser Knochen, welcher zwi- schen Clavicula und Humérus eingelenkt ist, und wie beim Yogelskelet mit dem Rückgrat parallel nach hinten ver- lauft, bildet einen von einer starken Musculatur umhüllten und regirten langen Hebelarm, der für die Functionen des Schultergürtels und der vorderen Extremitäten von hoher motorischer Bedeutung ist. c) Die Extremitäten. Wie schon oben berührt ruht der Schwerpunkt der anatomischen Ausrüstung des Talpakörpers in der Ent- w^icklung der vorderen Extremitäten und deren Yer- bindungsgliedern , indem die Leistungen dieser Körper- theile den Bauplan des ganzen übrigen Organismus zu bedingen und in der Weise zu beherrschen scheinen, dass gegenüber dem gewaltigen Aufwand an Materiai und Kraft, der hier niedergelegt erscheint, die anatomische Aus- rüstung der übrigen Körpertheile sowohl der nach rück- wärts gelegenen hinteren, als der nach vorne gerück- ten mit dem Schädel im Zusammenhang stehenden Par- thien quantitativ bedeutend zurücktritt. Die hinteren Extremitäten sind zierhch und elegant gebaut, und durch das stark nach Innen umgebo- gene Caput Femoris mit dem Becken verbunden. Der Femur ist kürzer aber stärker als das Crus; sein ovales Caput ist durch einen schlanken Hals mit dem oben dreikantigen, unten cylindrischen Schaft verbunden. Der Trochanter major ist nach hinten gekrümmt, überragt das Caput ein wenig und geht in eine starke kammar- tige Leiste über. Der Trochanter minor ist bedeutend klei- ner, durch die stark entwickelte Linea intertrochanterica posterior mit dem Trochanter major in Yerbindung ste- hend, während die Linea intertrochanterica anterior kaum sichtbar ist. Der Condylus internus ist grösser als der — 91 — externus; über dem letzteren ragt ein kleines sesambein- artiges Knöchelchen hervor, das dem Muse, biceps femoris als Rolle dient. Die Pate IIa ist ziemlich lang und schmal, oben et- was breiter als unten, auf der Rückseite befinden sich zwei Felder, von denen das eine die Gelenkfläche für den Femur, das andere für die Tibia repräsentirt. Ausser- dem befindet sich am obern Theil noch ein Knochenvor- sprung, der über die Condyli femoris hinausragt ; am untern Ende befindet sich gleichfalls ein kleiner, kürzerer Yor- sprung (apex). Tibia und Fibula sind an ihrer unteren Hälfte verwachsen zu einem Knochen (Crus), während sie in der oberen Hälfte getrennt sind. An der äusseren Seite entspringt von der Tuberosi- tas tibise ausgehend ein hackenförmiger Fortsatz, der nach aussen und hinten gekrümmt ist, an dem der Musculus biceps femoris sich inserirt. Der Condylus externus der Tibia ist gegen diesen Hacken hin gerichtet, und articulirt mit seiner unteren Fläche mit dem Capitulum der Fibula. Am oberen Ende der Fibula finden wir ein etwas complicirt gegliedertes Capitulum , an welchem wir einen innern und einen äussern Processus unterscheiden können. Der innere besteht aus einem breiteren vorderen Höcker, welcher mit der unteren Fläche des Condylus externus Tibiœ articuUrt, und einem hinteren hackenförmigen Fort- satz, der dem obengenannten Hacken der Tibia ähnUch, doch kleiner als dieser, sich nach aussen und vorne wendet. Der äussere Processus hat eine platte Wurzel und mündet in eine vertikal gestellte dünne Knochenleiste, deren spitze Zacken nach oben und unten hervorragen parallel mit dem Schaft der Fibula. Dieses Capitulum wird getragen von einem sehr dün- nen, schwach kantigen, stabförmigen Schaft, der etwas — 92 — oberhalb der Mitte des Crus sich von der Tibia abtrennt, und ziemlich gerade nach oben und hinten verlauft, wäh- rend die Tibia von dieser gabelförmigen Trennung beider Unterschenkelknochen an sich in einem leichten Bosren und etwas um ihre eigene Achse gedreht nach vorne und innen und erst mit seinem knorrigen Ende wieder nach hinten neigt dem Capitulum der Fibula entgegen. In der unteren Hälfte sind beide Knochen vollständig zu einem dreikantigen Knochen verwachsen, der als Schaft jener Gabel erscheint, und am untern Ende seithch mit den beiden MalleoU und nach unten mit der Grelenkfläche für das Sprungbein abschliesst. Der für Plantigradie organisirte immerhin sehr zart gebaute Fuss besteht aus dem Tarsus mit sieben Fuss- wurzelknochen, welche in zwei Längsreihen stehen, dem Me t a ta r SU s aus fünf in einer Querreihe angeordneten Mittelfussknochen sich zusammensetzend, und den in je drei Phalangen geghederten fünf Digiti, auf deren spe- cialen Bau wir hier nicht eingehen können. Unter den Phalangen der Zehen sind die hintersten (basilares) die längsten, die darauf folgenden die kürze- sten; die Endphalangen sind mit scharfen Xägeln bewaff- net, welche wenig gekrümmt, oben convex, unten fast platt und sehr spitzig sind. Auf der inneren Seite der Fusswurzel, der Protuberanz des ersten Keilbeins inserirt, befindet sich ein rudimentäres Os falciforme, und auf der Rückseite des Fusses zwischen einzelnen Zehengliedern kleine, und auf der Plantarseite an den Gelenken des Metatarsus etwas grössere rundliche Sesambeine, welche den Sehnen der Flexoren eingelagert sind. Die vorderen Extremitä ten bilden vermöge ihrer in allen Theilen stärkeren Entwicklung im Zusammenhang mit dem starken, compacten Schultergürtel den merk- würdigen und leistungsfähigen Grab- und Bohr-Apparat, — 93 — der sicli am ehesten mit dem Locomotionsapparat der stärksten Flieger vergleichen lässt. Es scheint sich hier in Muskulatur, Circulation und Skelet die ganze Energie des Thierleibs zu concentrii'cn. Dafür spricht am Skelet vor Allem die ganz ungewöhnliche Gestaltung des Hu- mérus. Dieser Knochen hat die Gfestalt einer dicken, breiten Scheibe, an welcher sich ein starker Handgriff befindet. Es lassen sich näniHch an demselben unterscheiden: 1) eine grössere obere Platte von fast quadratischer Form, die mit Scapula und Clavicula artikuhrt, und eine 2) kleinere untere Platte von dreieckiger Gestalt, die mit den Yorder- armknochen zusammenhängt. Das Verbindungsglied zwi- schen beiden, welches das eigentliche Corpus Humeri repräsentirt, hat die Gestalt eines gedrehten Cylinders, der gewissermaassen den Hals d. h. die schmälste Par- thie des Humérus darstellt. Am oberen Theil , der dem Caput humeri entspricht, finden wir am obern innern Rand zwei starke Höcker, einen inneren kantigen mit breiter Gelenkfläche, an der das Schlüsselbein articulirt, und einen äusseren, rundlich gewölbten, der rückwärts geneigt ist, und die Scapula aufnimmt. Yon hier aus zieht sich ein Knochenkamm nach aussen und etwas nach abwärts, und lauft in einen nach unten und hinten um- gebogenen Hacken aus. Unterhalb diesem Kamm, der sich stark nach hinten überneigt, findet sich eine tiefe Knochenhöhle. Eine viel seichtere aber bedeutend brei- tere Vertiefung findet sich hinter dem innern mit der Clavicula artikulirenden Höcker. Auf der Vorderseite dieser quadratischen Humerusplatte ist eine fast viereckige Einsenkung, welche für die Insertion des Musculus pec- toralis major eine mögUchst grosse Fläche darbietet. An der unteren Humerusplatte, welche dem Processus con- dyloideus entspricht, scheinen in Folge einer starken Dre- - 94 — hung des Corpus humeri die Condyli die normale Lage vertauscht zu haben, indem der mit dem Radius articu- lirende starke , kopf'förmige Epicondylus externus mehr nach Innen gerückt erscheint, während der Epicondylus internus nach aussen ragt. Zwischen beiden befindet sich auf der Rückseite zur Aufnahme des Olecranon eine tiefe Grube, welche nach vorne durch eine Trochlea begränzt ist. Der Epicondylus internus wird von einem engen Canal schief durchbohrt. An seiner Spitze ist er durch eine starke Muskehmpression begränzt, und erscheint schief abgestutzt, und auf der Innern Seite mit einem spitzen Hacken versehen, an dem sich der Muse, supraspinatus anheftet. Ebenso ragt der Epicondylus externus mit einem langen schnabelförmigen Hacken versehen nach der an- dern Seite dem Hacken des Corpus humeri entgegen; an ihm ist der Muse, infraspinatus inserirt. Die ülna, welche bedeutend länger ist als der Ra- dius, hat eine höchst ungleichförmige Grestalt. Die obere Hälfte dieses Knochens ist bedeutend breiter und abge- platteter als die untere mehr cylindrische Hälfte. Der dem Olecranon entsprechende oberste Theil ist durch eine quer gestellte, halbmondförmige breite Scheibe begränzt, deren äusserer Yorsprung einen freistehenden , stumpfen, nach aussen und vorne gerichteten Hacken bildet mit etwas eingerolltem Rand, während der innere Yorsprung mit einer hinter der Incisura sigmoidea sich erhebenden Knochenlamelle zusammenlauft, und damit eine starke, stumpfe nach innen und hinten gerichtete Crista bildet. Auf die Mitte dieser halbmondförmigen Scheibe trifft per- pendikulär eine längs der Ulna hin verlaufende, flügel- artig nach aussen hervortretende, am Rand leicht ein- gerollte dünnwandige Cvista. Dieselbe nimmt einen bogen- förmigen Yerlauf, indem sie sich anfangs rasch zu an- sehnlicher Breite ausdehnt, sich dann wieder verschmälert. — 95 ~ um am vordersten Dritttheil des Schafts in demselben ganz zu verschwinden. Die stärkste Breite erreicht diese Crista an der der Incisura sigmoidea gegenüber liegenden Stelle. Durch diese breite, bauchige Crista wird ein grosser Raum geschaffen für die starken der Illna hier anliegenden Yor- derarmmuskeln. Das untere Ende der Ulna zeigt hinter dem Capitulum eine cylindrische Einschnürung; vor der- selben bilden Capitula und Processus styloideus eine breite Basis für Insertion der Handwurzel. An dem Capitulum befindet sich zur Insertion des Muse, brachialis internus ein seitlicher Yorsprung, der dem vordem Theil der Ulna die Gestalt eines Fusses (Stiefels) verleiht. Der Radius ist ein fast cylindrischer Knochen, und beginnt erst vor der Incisura sigmoidea. Seine obere Ge- lenkfläche ist breit und rundlich vertieft, und artikulirt mit dem starken kopfförmigen Epicondylus externus des Oberarms, üeber diese Gelenkfläche hinaus ragt nach oben und aussen ein Knochenhöker, an dem der Mus- culus biceps inserirt ist. Der mittlere Theil (corpus) des Radius ist oval abgerundet, von einer Crista interossea ist wenig zu bemerken, nur an einzelnen Stellen finden sich leichte wellige 'Erhebungen, an welchen sich das ligamen- tum interosseum inserirt. Das untere Ende des Radius breitet sich nach vorne aus zu einer geräumigen Fläche, auf der zwei Handwurzelknochen (Naviculare und Luna- tum) eingelenkt sind. Nach aussen tritt hier der Pro- cessus styloideus als ziemlich spitzer Yorsprung hervor, an welchem der Muse, pronator quadratus sich anheftet. Die Handwurzel besteht aus zehn Carpalknochen, die in dem trefflichen "Werk von Pander und D'Alton (Skelette der Säugethiere) genau und richtig beschrieben sind. Dieselben sind in zwei Reihen angeordnet und unter sich ausserordentlich innig und stark verbunden durch Ge- lenke und Bänder zu einer gewaltigen und breiten Basis für die kunstreich gebaute Hand. Es finden sich auf der Innenseite , und noch mehr auf der Rückseite der Hand- wurzel eine Anzahl Sesambeinchen zwischen den Carpal- knochen disseminirt, welche theils zur Verstärkung, theils als Rollen für die Sehnen dienen. Die Mittelhandknochen sind kurz und dick mit stark hervortretenden Gelenkhökern und w^ohl auch mit Sesambeinchen versehen. Diese letzteren stehen meist mit den Gelenkhökern derartig in Verbindung, dass sie mit denselben Canäle bilden, durch welche die Muse. lumbricales durchziehen. Die Finger bestehen aus drei Phalangen-Serien, von denen die erste den Mittelhandknochen sehr ähnlich ist nach Gestalt und Grösse, die zweite Serie ist durchweg kürzer und schmaler. Die vorderen Gelenkflächen der einzelnen Phalangen zeigen tiefe Concavitäten , in w^elche jedesmal die nach hinten übergreifenden Kanten der darauf- folgenden Phalangen eingelenkt sind. Auch hier treffen wir an den Gelenken zahlreiche Sesambeinchen aus den Sehnen hervorragend. Dem ersten Finger fehlt die zweite Phalange. Eine dritte Reihe bilden die Nagelphalangen, welche ausserordentlich lang sind, und in eine schmale Spitze auslaufen. Diese Endglieder der Finger sind auf der Rückenfläche mit einer dichten, harten Hornschaale über- deckt, welche die starken Scharrnägel bilden. Entfernt man dieselben , so zeigen sich auf der Dorsalseite die Nagelphalangen nach vorne zu durch eine tiefe Rinne ausgehöhlt, so dass die Knochen vorne zweispitzig er- scheinen. Auf der Volarseite ist das Nagelglied concav mit scharfen schneidenden Rändern versehen. Endlich findet sich auf der äussern Seite der Hand vom Radius aus entspringend ein eigenthümlicher sichel- — 97 — förmiger Knochen, dem Os falciforme des Fusses ähnlich, doch bedeutend grösser und breiter.' Er ist an seinem hintern Ende breiter als vorne, wendet sich vom Pro- cessus styloideus des Radius zum Naviculare, mit dem er articulirt, und krümmt sich dann bogenförmig nach der Dorsalseite des Metacarpus des ersten Fingers, mit dem er ligamentös verbunden ist. Er dient dazu, die Hand- fläche zu vergrössern und die Hand * dadurch zur Grab- arbeit geeignet zu machen. HL Kopfskelet. Der zum Kopfskelet zählende Knochenkomplex ist bei Talpa höchst charakteristisch entwickelt. Es findet sich hier deutlich geschieden der ausserordentlich dünnwandige fast kugelförmige Gehirnschädel von dem viel stärker verknöcherten , langgestreckten , spitzen Ge- sichts- oder Riechschädel. Das ganze Kopfskelet kon- trastirt mit den Skelettheilen seiner nächsten Umgebung gewaltig durch Zartheit und Zierlichkeit im Bau; es tritt hier in der Ossification besonders der Gehirnschädelknochen eine solche Oekonomie zu Tage, dass einzelne papierdünn und völlig durchsichtig erscheinen. Ja wir finden bei vöUio" auso^ewachsenen Individuen einzelne Knochen nur lose nähtig verbunden, und da und dort beträchtliche blei- bende Fontanellen besonders am hinteren Bezirk, und sogar die relativ am stärksten verknöcherten Kieferknochen so transparent, dass die darin befestigten undurchsich- tigen Zähne der ganzen Länge nach durch die Kiefer- knochen durchscheinen. Dass dies beim weiblichen Thier noch in höherem Grade der Fall ist, versteht sich wohl von selbst. Die walzen- bis keilförmig nach vorne sich zuspitzende Gestalt des Schädels, der von der so eigenthümlich aufge- bauten Hai s Wirbelsäule getragen wird, die ganze Stellung 7 — 98 — und Einbettung desselben beim lebenden ïhier, im Yerein mit dem zarten Bau der " einzelnen Theile, verglichen mit der so reichen Entwicklung einzelner bevorzugter Organe deuten klar darauf hin, dass der Schädel keineswegs zu gröberen mechanischen Leistungen wie Wühlep, Nagen Stossen etc., sondern zu Leistungen feinster Art, wie Hören, Riechen, Tasten und Empfinden vorzüg- lich organisirt ist, \^orauf die hohe Entwicklung einzelner Sinneswerkzeuge , und ganz besonders der w^underbare Bau des so überaus nervenreichen Rüssels hinw^eist, dessen geringste Verletzung für das Thier tödtlich wird. Der Gehirn Schädel erscheint in seinem hinteren Theil aufgeblasen, und grösstentheils dünnwandig; doch finden sich hier auch einzelne Knochen, welche stärker entwickelt und verbunden sind. Das Os basilare, bestehend aus Sphenoideum und Occiput, steht nicht allein mit allen Knochen des Schä- deldaches in direkter Berührung, sondern sogar noch mit dem Yomer, Jochbogen, Palatinum und dem Unterkiefer. Das Occiput vereinigt in sich vier Stücke: Das .Os basilare durch die Margines petrosi nach vorne begränzt, die Lateralia, w^elche die Condyli occipitis tragen, und das Occiput superius (Squama) von der Margo lambdoideus umschrieben. Das Basilare bildet eine horizontale, conische, nach vorne durch das Sphenoideum, nach hinten durch die Condyli und den Ausschnitt des Foramen magnum begränzte, poröse Knochenplatte, welche zwei symmetrische fossae condyloideae trägt. An das Basilare schliessen sich seitlich und nach hinten und oben die stark entwickelten Lateralia an mit den Condyli occipitis, welche zu beiden Seiten das Foramen magnum umschliessen. Das Fora- men jugulare bildet eine ziemlich flache Höhlung. Seit- lich von den CondyU nach aussen finden sich die Fora- mina condyloidea anteriora, welche den Nervi hypoglossi — 99 — zum Durchgang dienen, die Foramina condyloidea posteriora aber scheinen ganz zu fehlen. Das Occipitale = Squama occipitis stellt eine ziemlich gleichmässig dicke, aussen convexe, innen concave muschelförmige Platte dar von bedeutendem Umfang, welche nahezu die Hälfte des Schädeldachs bildet. In der Mitte dieser nach hinten und oben stark gewölbten Knochenplatte erhebt sich die Protuberantia externa als eine stumpfe Erhöhung, von welcher aus nach den beiden Seiten hin zwei bogenförmige Linien laufen, welche die Squama in zwei Bezirke theilt , in eine nach hinten abschüs- sige Platte, welche ihrerseits wieder in zwei seit- liche Hälften zerfällt, und eine fast horizontale, unregelmässig viereckige vordere Platte, welche durch eine mediane, in der Richtung der Pfeilnaht verlau- fende Linie in zwei symmetrische Hälften getheilt wird. Das Sphenoideum lässt sich nur schwer scharf be- gränzen; es zerfällt in zwei Stücke, als Sph. posterius und anterius unterschieden. Das Sph. posterius hat einen nach vorne stark entwickelten Körper. Die Alae majores sind kurz, aber dick, zwischen Squama temporalis und Fissura orbitalis eingezwängt. Die Processus pteri- goidei neigen sich gegen das Occiput hin , und gehen in einen Hacken aus. Der Sella turcica ist sehr breit. Das Sphen. anterius ist selbst im embryonalen Schädel nach vorne kaum sicher abzugränzen. Die Alae minores umfassen das Foramen opticum, und stossen noch an das Foramen rotundum an, wo der Ramus secundus trigemini passirt, während sie das weiter nach innen ge- legene Foramen ovale nicht mehr erreichen. Die Ossa temporum bilden ohne Zweifel den com- plicirtesten Theil des Schädels, der überhaupt in diesem Bezirk ausserordentlich reich entwickelt, und als ein wahres Kunstwerk mikroscopischer Architectur erscheint. — 100 — Der Pars squamosa stellt einen einfachen, sehr dünnwan- digen , nach aussen stark gewölbten Knochen dar von fast rhombischer Gestalt, der nach oben und hinten mit dem Supraoccipitale, nach oben und vorne mit dem Parie- tale in Verbindung steht, unten und hinten stösst er an eine Fontanella und einen Theil der Pars petrosa, nach unten und vorne an das Tympanicum an. Das Petrosum lässt sich als Substrat des beim Talpa überraschend hoch entwickelten Glehörorgans be- sonders im embryonalen Zustand in zwei Theile differen- ziren, in das nach vorne gelegene Tympanicum, und die übrigen als Petrosum im engern Sinn zusammenzufassenden Theile. Der sehr weite, durch eine lange knorpelige Röhre nach aussen führende, nach innen knöcherne Meatus acu- sticus externus bildet den Eingang in eine geräumige, plattgedrückte Bulla ossea (Carnivorentypus), welche nach innen durch eine kreisförmig aufgespannte Membrana tym- panica vollständig abgeschlossen ist von dem Cavum tym- pani , in welchem sich die Gehörknöchelchen befinden. Dieses Cavum tympani ist etwas mehr nach innen und hinten gerückt von der Bulla ossea. Die Gehörknöchel- chen : Malleus und Incus, sind verhältnissmässig sehr gross und vollständig entwickelt. Aus diesem mittleren Ohr- raum führen in das innere Ohr zwei Fenster: 1) ein oberes, weites, mehr nach hinten gelegenes Fenestra ova- lis, welches durch den Fusstritt des Steigbügels verschliess- bar das mittlere Ohr vom Yestibulum trennt, 2) ein un- teres, engeres, nach unten und innen gelegenes Fenestra rotunda, das nur durch eine dünne Membrane verschlossen das mittlere Ohr von der Schnecke trennt. Noch weiter nach hinten und oben gelangt man zu den sich bogen- förmig ausspannenden Canales semicirculares, drei feinen knöchernen Röhren, deren sich zusammenneigende Enden theils in das Yestibulum, theils in die Schnecke ein- — 101 — münden. Zwischen Sehnecke und Vestibuhim hinwie- derum ist eine Communication hergestellt durch einen engen kurzen Canal (Scala Yestibuli). Weiteres behalte ich mir für einen spätem Abschnitt (über die Sinnes- organe) vor. An der Basis des Petrosum entspringt der Processus zygomaticus als ein sehr dünner und langer Knochen, der sich in einem leichten Bogen nach vorne wendet. Das Foramen mastoideum liegt gegen das Occi- put hin, etwas weiter nach hinten der Canalis caroticue. Die Ossa parie ta lia sind grosse, durchscheinende, flach muschlige , ungleich fünfseitige Knochenplatten , und bilden das vordere Schädeldach. Das Frontale besteht beim Foetus aus zwei sym- metrischen durch die Sutura frontalis getrennten, rhom- bischen Sfücken, die aber sofort nach der Geburt ver- wachsen. Dieser Knochen ist hier soweit nach vorne ge- rückt, dass er kaum mehr zum Gehirnschädel gerechnet werden kann. Er deckt mit zwei seitlichen Flügeln die oberen Cellulae ethmoidales und nasales, indem er hinten mit den Parietalia, seitHch und nach vorne mit der Maxilla und durch ein schmales vorderes Stück mit dem Nasale sich verbindet, und mit dem letzteren vollständig ver- wächst. Ein Sinus frontalis ist kaum angedeutet. Das Ethmoideum ist sehr stark entwickelt; es nimmt den ganzen unter dem Frontale gelegenen Raum ein von der Gehirnhöhle bis zur Nasenhöhle. Die über- aus zierlich entwickelten Cellulae ethmoidales gehen in die Cellulae nasales über. Die Lamina cribrosa ist gegen die Gehirnhöhle concav, oben nach vorne und unten nach hinten geneigt, mit einer Unzahl Poren durchbohrt; die Crista galli ragt w^enig in die Gehirnhöhle hinein. Der Gesichtsschädel besteht aus Ober- und Unter- kiefer und den hiemit in unmittelbarer Verbindung stehenden Knochen: Nasale, Intermaxilla , Zygomaticum, — 102 — Lacrymale, Palatinum, Conchae, Yomer , wozu noch als accessorisches Stück ein Rüsselknochen kommt. Der ganze Gesichtsschädel ist langgestreckt, und bildet ein conisch sich zuspitzendes sehr compactes Riechrohr. Der Oberkiefer geht weiter nach hinten als das Palatinum, und bildet an seiner hinteren Hälfte auf bei- den Seiten eine lange, tiefe Einschnürung , welche durch den Jochbogen überbrückt ist, nach innen gegen die Choanen sich wendet und von oben durch das Frontale begränzt ist. Die vordere Hälfte ist nach innen mit dem Nasale und nach vorne mit der Intermaxilla völlig ver- wachsen. Der Zahnfortsatz ist der reichen Bezahnung entsprechend lang, nach vorne verschmälert. Statt der Orbita findet sich an der vordem äussern Ecke des Fron- tale unmittelbar über der vordem "Wurzel des 'Zygomati- cum eine tiefe Grube, an deren untereni Theil das Foramen infraorbitale nach hinten in den Canalis infraor- bitalis führt. Das Nasale besteht im jugendlichen Sta- dium aus zwei langen, schmalen, hinten mit dem Fron- tale durch mehrere Zacken verbundenen, später unter sich völlig verwachsenen Knochenplättchen, deren Gränzen sich beim ausgewachsenen Thier nicht mehr erkennen lassen. Das Nasale ergänzt den vorderen Theil des Fron- tale als Dach für die Nasenhöhle. Yorne schliesst sich die Intermaxilla an, welche reichlich mit Zähnen be- setzt ist, und, im embryonalen Zustand noch als ein selbst- ständiger Knochen, frühe mit Nasale, Maxiila und Pala- tinum verwächst. Das Z y g o m a t i c u m ist ein langer , faden- dünner Knochen, welcher das Temporale mit der Maxiila und dem Frontale verbindet, und anfangs fast geradlinig ver- läuft, nach vorne aber einwärts sich biegt. Da wo es mit dem Processus maxillaris sich verbindet, erhält es noch eine dünne Wurzel vom vorderen äusseren Rand des Frontale her. Diese Wurzel überbrückt den Cana- — 103 — lis infraorbitalis. An ihrem Ursprung , wo das Frontale, Zygomaticum und die Maxiila so nahe zusammentreten, etwas nach innen und vorne gelegen finden wir am em- bryonalen Schädel noch als kleinen aber völlig selbst- ständigen Knochen das Lacrymale, ein winziges rhom- bisches Knochenplättchen, das aber sehr bald mit den be- nachbarten Knochen vollständig verschmilzt. Bei ent- wickelten Schädeln findet man nur hie und da noch Spuren vom Canalis lacrymalis, und vor dessen Eintritt in die Nasenhöhle durch eine leichte Knochenimpression (Sulcus lacrymalis) die Lage des Lacrymale angedeutet. Im Innern der Nasenhöhle hängen die Ethmoidalzelle und Nasenzellen innig zusammen. Die letzteren sind etwas dicker aber poröser als die Ethmoidalzelle. Die oberen Nasenzellen sind vom Frontale bedeckt, die drei unteren dagegen vom Nasale. Der Ductus excretorius liegt zu beiden Seiten des Yomer, der die oberen Zellen mit den unteren verbindet. Die Antra Highmori ist gleich- falls mit muschelförmigen Zellen ausgefüllt. Der Yomer bildet eine langgestreckte, niedrige Scheidewand, und ver- bindet sich an seinem vorderen Ende mit der Spina nasalis. Noch haben wir des schon genannten Rüssel- knochens zu erwähnen, welcher als eine Art Praenasale (mit der Praemaxilla bei manchen Monotremen vergleich- bar) in knorpeliger Yerbindung steht mit dem Yomer, und ohne Zweifel als eine ziemhch constante Yerkalkung des Knorpelgewebes an bestimmten Parthieen des stark verlängerten Scheidewandknorpels aufzufassen ist. Seine Gestalt ist daher auch ziemlich wechselnd , meist pflug- schaarartig und vorne schief abgestutzt; zuweilen finden sich in seiner knorpeligen Yerbindung mit dem Yomer noch weitere verkalkte Stellen besonders bei älteren In- dividuen, während bei jungen Thieren der Rüsselknochen sehr klein ist oder auch ganz fehlt. — 104 — Der Unterkiefer ist ein langer, der allgemeinen Configuration des Gesichtsschädels entsprechend gebauter, nach vorne sich zuspitzender Knochen. Die beiden Kiefer- hälften sind nicht verwachsen, sondern an der Symphysis nur durch Knorpel verbunden. Hier vereinigen sie sich unter einem Winkel von circa 20*^. Die Eami ascen den- tés bilden breite Platten von rhomboidaler Gestalt. Die Processus condyloidei tragen stark nach hinten hervor- tretende, durch ein Collum deutÜch abgeschnürte, gewölbte Grelenkköpfe , deren Bau dem Typus der Raubthiere ent- spricht. Auf der Aussenseite der horizontalen Aeste er- scheinen in der vorderen Hälfte beiderseits zwei enge Foramina maxillaria als Durchgang für das untere Zahn- geflecht. Auf der Innenseite mündet am Uebergang des horizontalen Astes in den aufsteigenden Ast schief nach hinten und oben das Foramen mandibulare als ein grosses ovales Loch, w^elches die Unterkiefernerven in den Ca- nalis alveolaris führt. Yor dem Foramen mandibulare findet sich schief nach oben und hinten verlaufend der Sulcus mylohyoideus zur Insertion der gleichnamigen Muskeln. Ueber die Zabnverhältnisse beider Kiefer verweise ich auf den nachfolgenden Abschnitt. lY. Das Eingeweideskelet des Talpa beschränkt sich auf die zarten, rippenartigen Knochen des Hyoidapparats. Das im Einzelnen wohl aus- gebildete Zungenbein hat eine eigenthümlich X-förmige Gestalt. Das Corpus ist verhältnissmässig .breit und platt- gedrückt. Die Cornua majora sind sehr lang, und ent- springen zu beiden Seiten des Corpus. Sie bestehen aus drei Gliedern; das erste breiteste Glied ist nahezu gerade nach vorne gerichtet, an welches sich ein etw^as mehr cylindrisches, schmäleres nach aussen gerichtetes anreiht, — 105 — an dessen Spitze das dritte längste und dünnste wellen- förmig nach hinten und aussen verlaufend sich anheftet. Die Cornua minora sind viel kürzer aber breiter, und wenden sich von ihrem ITrsprung am hintern Theil des Körpers ziemlich geradlinig nach hinten und etwas nach aussen, und gehen nach hinten in eine breitere äussere Kante über , an welcher sich die Muskeln und Bänder inseriren. Der g'anze Hyoidapparat verknöchert meist sehr lang- sam; ist allseitig von Muskulatur und Bändern umgeben und regiert, die sich an den meist scharfen äusseren Kanten zahlreich inseriren. Gebissverhältnisse. In die aus so mannigialtigen Elementen zusammen- gesetzte Gruppe der Insectivoren bringt das Gebiss eine auffallende Harmonie. Wir finden hier durchweg die Zähne in grosser Zahl und alle drei Zahnarten in sehr charakteristischer Gestaltung vertreten. Es ist hier das Gebiss vorherrschend als Prehensionsgebiss entwickelt, indem die Kaufunction stark zurücktritt , während die Yielspitzigkeit namentlich der Backenzähne auch diese Zahnart mehr zum Ergreifen, Festhalten und Zerreissen der Nahrung als zum Zermalmen derselben befähigt. Immerhin finden sich manche Arten von Insektivoren, bei denen die Kaufläche der Molaren nicht unbeträchtlich ist (Erinaceus und manche Yespertilionen- etc.) ; auch lässt sich vielleicht in der starken und reichen Entw^icklung der Zahnwurzeln (vgl. Tafel I. 7. 8.) eine Anlage zu« mächtigeren Gebissverhältnissen erkennen. Das Gebiss der Talpina lässt sich in gewissem Sinne als Normal- gebiss der Insektivoren betrachten. Es findet sich hier eine Zahl von Zähnen (44), die nur selten bei Säuge- thieren überschritten wird, sowie Zähne aller Sorten in — 106 — ganz typischer Weise entwickelt, und überdiess das em- bryonale Gebiss vielleicht am reichlichsten angelegt und am entschiedensten heterodont. Es sei mir daher gestat- tet, hier schon auf die Yerhältnisse des sogenannten Milch- gebisses etwas näher einzugehen, soweit meine bisherigen Beobachtungen darüber Aufschluss zu geben im Stande sind. Embryonales Gebiss. So unzweideutig fast durchweg das vorherrschend in den Dienst der Ernährung gestellte definitive Gebiss der meisten Säugethiere auf die ihm im Einzelnen zuge- wiesenen Functionen hinw^eist, so räthselhaft erscheint in den meisten Fällen das überraschend frühzeitige und zahl- reiche Auftreten des sogenannten Milchgebisses [ob als geolog. Reminiscenz zu betrachten oder als Hinweis auf künftige Verhältnisse?], dessen ephemeres Dasein sehr häufig mit der Geburt des ïhieres schon abgeschlossen ist. lieber den Entwicklungsgang dieser Zähne , sowie über ihre Beziehung zum bleibenden Gebiss und vollends über ihre physiologische Bedeutung ist noch sehr wenig bekannt (vgl. Leche W. : Studien über das Milchgebiss und die Zahnhomologie bei den Chiropteren 1876. Gie- bel C. G.: Odontographie 1855. Owen: Odontography, London 1840 — 1845. Kölliker: Entwicklungsgeschichte 1879. Flower's Development and Succession of the Teetli in the Marsupialia 1867, und Andere.) Um mich über das Milchgebiss von Talpa genügend zu orientiren, suchte ich aus allen mir verfügbaren embryonalen Ent- wicklungsstadien dieses Thieres möglichst vollständige Schnittserien durch den Schädel mir zu verschaffen in sagittaler, horizontaler und transversaler Richtung, wobei mich Herr Dr. Riehm in Halle in ausgezeichneter Weise unterstützte, und Hess von einigen der instructivsten Schnitte photographische Abbildungen anfertigen, auf w^elche ich — 107 — mich nun im Folgenden beziehen werde (vgl. Tafel I Fig. 1-6). Die erste Andeutung von Zahnentwicklung fand ich beim 14tägigen Foetus (vgl. Tafel I. Fig. 1, Tafel II. Fig. 5). Hier kommt in einem Querschnitt, der in der Gegend der Augen durch die Schnautze gelegt ist, im Unterkiefer beiderseits die charakteristische kolbige Einsenkung des bereits stark verdickten Epithels rechts und links von der Zunge deutlich zum Vorschein. Die Zunge füllt hier als unpaar angelegtes Organ fast die ganze Mundhöhle aus. Der Oberkiefer zeigt bei diesem Schnitt noch keine auf Zahnentwicklung hindeutende Epi- thelbildung; dagegen findet sich an einem etwas weiter rückwärts liegenden Schnittpräparat derselben Serie eine ähnliche, kürzere, und dünnwandigere Falte auch im Ober- kiefer, so dass wohl anzunehmen ist, dass die Bildung der Zähne im Unterkiefer zuerst beginne. Diese erste, zapfenartige Bildung auf Tafel I. Fig. 1 stellt der Lage nach ohne Zweifel einen der vordersten Backenzähne im Status nascens dar, und es scheint die Entwicklung der Zähne (aus andern Präparaten zu schliessen) von hier aus zunächst nach vorne voranzuschreiten, indem fast gleichzeitig Eckzähne, und bald auch die Incisiven, und erst etwas später auch die hinteren Backenzähne des Unterkiefers an die Reihe kommen. Eine ziemlich vor- geschrittenere Periode zeigen uns Schnitte durch den Schädel des dreiwöchigen Foetus (Tafel I. Fig. 2 und 3). Ein Flächenschnitt durch den Oberkiefer eines solchen (Fig. 2) zeigt uns vorne beiderseits drei Incisiven quer durchschnitten, als einfache, etwas unregelmässig kreis- förmige Epithelialröhren, und wir sehen bei den zwei vordersten bereits das Schmelzorgan sich aus dem eigent- lichen Zahnsäckchen zur Bildung der Krone abscheiden. Hinter den drei Incisiven finden wir beiderseits den Eckzahn — 108 — soweit entwickelt, dass die Pulpe zur Wurzelbildung sich in zwei Abtheiiungen getrennt hat, daher sehen wir links deut- lich zwei kleinere hintereinander liegende Ringe mit dunk- lem Fleck im Centrum auf die Querschnitte der Incisiven folgen; es sind hier die beiden Wurzeln quer getroffen; während auf der andern Seite in Folge der etwas schiefen Richtung des Schnitts derselbe, durch eine höhere Schichte gehend, den Eckzahn traf bevor er sich in zwei Wurzeln theilt. Daher erscheint hier der Querschnitt ungetheilt als unregelmässig sternförmige Figur mit vier Kanten von ungleicher Ausdehnung. Ueber die Anlage der Backenzähne gibt uns das folgende Bild Tafel I. Fig. 3 einige Andeutung. In diesem etwas misslungenen Flächenschnitt durch den Unterkiefer eines Foetus von drei ^yochen erkennen wir zunächst wieder beiderseits drei Incisiven eng zusammengedrängt, hinter denselben den Eckzahn am Rand einer Bucht der Lippe. Hinter demselben sehen wir auf beiden Seiten zwei fast parallele dunkle Linien nach hinten verlaufen, von denen die äussere die Gränze zwischen Lippe und Kieferrand bezeichnet , während die innere Linie den Epithelialstrang darstellt, welcher die Basis bildet für die hintereinander folgenden Backenzahnkeime , deren Lage durch einzelne kreisförmige Einschnürungen angedeutet ist. In ihrer weiteren Entwicklung können wir die Backen- zähne verfolgen nach den drei folgenden Flächenschnitten Tafel I. Fig. 4, 5 u. 6. Fig. 4 stellt einen Flächenschnitt durch den linken Oberkiefer dar, und zeigt Querschnitte durch sämmtliche embryonalen Zähne, wie sie in dieser Kiefer- hälfte der Reihe nach aufeinander folgen, während ausser- halb des Kiefers die Ober- und Yorder-Lippe (Rüssel) sich ausbreitet nach vorne und aussen, w^o am Rand zahl- reiche Haarpapillen blosgelegt sind. Auf die drei Inci- siven, w^elche als kreisrunde Querschnitte erscheinen, folgt — 109 — in ziemlichem Abstand nach aussen und hinten der Eck- zahn, welcher, von mehr ovaler Gestalt, im Innern deut- liche Schichtung seiner Elemente erkennen lässt. Hinter ihm folgen in etwas kleinerem Abstand von diesem sechs Backenzahnquerschnitte verschieden nach Durchmesser und Gestalt. Die drei vorderen sind einander fast gleich, der erste etwas grösser als die beiden folgenden, alle so ziemlich kreisförmig, und in einer Reihe stehend. Auf diese drei kleineren folgen drei bedeutend grössere Quer- schnitte von sehr verschiedener Gestalt; der erste unter ihnen ist von länglicher Form, kleiner als die andern; der folgende ist sehr gross und von stumpf dreieckiger Gestalt und etwas nach aussen gerückt; der dritte dagegen ist mehr kreisförmig, bedeutend kleiner als der zweite und nach innen gerückt. Bei allen erkennen wir noch mehr als beim Eckzahn im Inneren des Zahns die Zonen- bildung zwischen Zahnbein, Zahnkeim und Schmelzorgan. Die beiden folgenden Bilder Tafel I. Fig. 5 und 6 geben uns Unterkieferschnitte eines fünfwöchigen Embryo, und sehen wir hier besonders die Incisiven und den Eckzahn in der Entwicklung ziemlich vorgeschritten. In Fig. 5 sind die Incisiven beiderseits wohl entwickelt, zu- nächst sind es nur drei in einer Reihe. Zwischen dem zweiten und dritten Schneidezahn sehen wir auf beiden Seiten von aussen her einen vierten kleineren sich in die Reihe einschieben. Ferner begegnen wir hier nun zum erstenmal einer bestimmten Andeutung eines sich vor- bereitenden Zahnwechsels. Innerhalb der Incisiven zeigt sich nämlich hinter jedem der sechs entwickelten Zähne und mit denselben durch einen schmalen Strang verbun- den als eine Wucherung des primären Schmelzkeims (vgl. Kölliker: Entwicklungsgeschichte, IL Aufl. pag. 826 Fig. 502) das secundäre Schmelzorgan, als erste An- lage für den bleibenden Zahn in der Entwicklung be- — 110 — griffen, so das3 es scheint, als stünde hinter jedem der sechs fertigen primitiven Zähne ein kleinerer, mit jenem durch einen dünnen Faden zusammenhängend. Der fol- gende Eckzahn bietet nichts Neues verglichen mit Fig. 4 ; und über die Backenzähne kann uns das Bild keine wei- teren Aufschlüsse geben, da der Schnitt ihre Lage nicht mehr erreicht. In Figur 6 dieser Tafel dagegen, welche nur einen derselben Serie angehörigen Consecutivschnitt darstellt, sehen wir die vorhin genannten sechs erstent- wickelten Incisiven in einer tieferhegenden Schichte ge- troffen; es fehlt daher hier der vierte Eindringling auf beiden Seiten, sowie auch die secundären Zahnanlagen von Fig. 5; der Eckzahn ist derselbe wie dort, erscheint nur etwas dicker. Die Backenzähne aber finden wir ziem- lich deutlich ausgebildet, wenn auch nur in ihren Um- rissen sichtbar, und mit dem primitiven Epithelialstrang im Zusammenhang stehend. Auch hier sehen wir die drei vorderen auf gleicher Stufe der Entwicklung stehend, während die beiden hinteren, von denen übrigens nur die peripherische Einschnürung des Zahnsäckchens sichtbar ist, offenbar noch in elementarerem Zustand sich befinden. Ein weiteres, dieser Schnittserie angehöriges Präparat, das hier nicht abgebildet ist, zeigt an diesen beiden hin- teren Backenzähnen eine ähnliche secundäre , knotenför- mige Wucherung, wie wir sie bei Fig. 5 wahrnehmen nach vorne und aussen gelegen, vermuthlich als Ankün- digung eines späteren Zahnwechsels. Da sich an solche Erscheinungen die Yermuthung anknüpfen Hess, dass die meisten im Embryo zur Entwick- lung gelangten primitiven Zähne vielleicht schon im Uterus gewechselt werden, so lag mir daran, aufs Genaueste zu untersuchen, ob sich darüber weitere Anhaltspunkte finden Hessen, die bestätigen könnten, dass in ähnlicher Weise wie bei den Chiropteren (vgl. Leche: Studier of ver Mjölk- — 111 — dentition etc. 1876) ein intra-uteriner Zahnwechsel statt- finde. Es wurden daher durch sämmtliche mir verfügbare Altersstadien von der vierten Woche an bis zur Greburt Schnittserien in sagittaler, transversaler und horizontaler Richtung angefertigt, wodurch ich in den Besitz eines überaus reichen Untersuchungsmaterials gelangte. Allein die Untersuchung ergab auf diese Frage eine negative Antwort, indem sich nirgends Ersatzzähne entdecken Hes- sen. Auf Grund dieser Untersuchung steht es mir fest, dass 1) für die meisten Milchzähne zwar Anlagen zu Ersatzzähnen im Uterus sich bilden, dass aber ein Zahn- wechsel vor der Geburt bei keinem einzigen Zahn zu Stande kommt; 2) dass beim Foetus sämmt- liche Zähne, welche sich beim erwachsenen Thier als defini- tives Gebiss finden, mit einziger Ausnahme des hintersten Backenzahns als Milchgebiss zur Entwicklung kommen. Dass das Milchgebiss hier auf keinen Fall, wie Giebel dies behauptet, homodont erscheint, vielmehr sofort ganz entschieden heterodont sich entwickelt, indem zwischen Schneidezähnen, Eckzähnen und Backenzähnen bereits die charakteristischen Differenzen auftreten, geht aus meiner mikroscopischen Untersuchung unzweifelhaft hervor, und wurde auch durch eine Reihe makrosco- pischer Untersuchungen an Weingeistpräparaten und embryonalen Skeleten bestätigt. Um nun aber die Frage zu beantworten, in welcher Periode der Zahnwechsel stattfinde, und ferner wo hier die Gränze liege zwischen Molaren und Praemolaren, bedarf es noch einer Reihe weiterer Untersuchungen an jungen Thieren nach der Geburt, die ich im Verlauf des Sommers vorzunehmen und darüber später Bericht zu geben gedenke. Definitives Gebiss. Bei dem nachfolgenden Referat über diesen Gegen- stand beziehe ich mich auf die auf Tafel I noch befind- — 112 — liehen pliotographi sehen Abbildungen von zwei Kiefer- schnitten: 1) Fig. 7. Sagittalschnitt durch den rechten Unterkiefer, und 2) Fig. 8. Flächenschnitt durch den rech- ten Oberkiefer eines erwachsenen Thieres. Im Unterkiefer finden wir vor Allem vier Schneide- zähne, einen Eckzahn und sechs Backenzähne von ver- schiedener Grösse und Gestalt. Im Oberkiefer zählen wir drei Schneidezähne, einen Eckzahn und sieben Backen- zähne; es ist also die Zahl der Zähne in den beiden Kiefern gleich, aber auf verschiedene Zahnarten vertheilt. Die Schneidezähne haben in beiden Kiefern so ziem- lich dieselbe Gestalt, nur sind sie im Oberkiefer etwas breiter als im Unterkiefer. Sie sind im Allgemeinen zier- lich , schmal , leicht gekrümmt , die Krone meisselförmig geschärft, vorne gewölbt, hinten leicht ausgehöhlt, an der Basis cylindrisch, mit langen, einfachen, cylindrischen Wurzeln versehen. Die Incisiven des Oberkiefers bilden mit ihren Kronen einen fast halbkreisförmigen Bogen, der die schmale Intermaxilla nach vorne pallisadenartig um- zäunt. Unter den Incisiven des Oberkiefers sind die beiden mittleren die grössten, mit schaufeiförmigen Kronen versehen, welche am Schneiderand etwas eingebuchtet sind. Die an diese beiden rechts und links sich an- schliessenden Incisiven nehmen nach aussen an Grösse ab, die Kronen werden schmaler und stumpfer ; der äusserste Schneidezahn ist der kleinste, und steht fast isolirt, wäh- rend die andern dicht zusammenschliessen. Die Incisiven des Unterkiefers sind durchweg kleiner und zierlicher und bilden dicht aneinander gereiht einen kleinen Kreisbogen, der bei geschlossenen Kiefern von der Reihe der oberen Incisiven aufgenommen wird. Die einzelnen Zähne sind hier etwas mehr unter einander ver- schieden als im Oberkiefer, indem die Kronen an ihrem Schneiderand etwas schief nach *der MitteUinie sich hin- — 113 — ziehen, und sich nach vorne und oben fast fächerförmig ausbreiten, so dass der einzelne Zahn einen umgekehrten Kegel darstellt mit schiefer Basis. Die Wurzeln sind seitlich zusammengedrückt, und meist länger als diejenigen der Oberkieferincisiven. Der dritte Schneidezahn ist etwas kleiner als die beiden ersten und hat eine schmale Krone mit kurzer Schneide; der vierte dem Eckzahn am näch- sten stehende hat eine dickere , längere Wurzel als alle andern , die Krone ist noch schmaler, und eher conisch, nicht selten dreikantig, und nimmt an der gemeinsamen Schnittkante der Incisiven den kleinsten Antheil. Die Eckzähne sind in beiden Kiefern stark ent- wickelt, und haben alle zwei lange, kräftige Wurzeln. Im Oberkiefer schliesst sich der Eckzahn beiderseits fast unmittelbar an den letzten Schneidezahn an, im Unter- kiefer bleibt zwischen diesen beiden eine ansehnliche Lücke, in welche bei geschlossenen Kiefern der obere Eckzahn eingreift. Dieser letztere ist doppelt so lang als der Eckzahn des Unterkiefers , und steht hart an der Gränze zwischen Intermaxilla und Maxiila, welch' letzterer er auch angehört, wie sich im embryonalen Schädel leicht erkennen lässt. Die Krone stellt den richtigen Typus eines Eckzahns carnivorer Raubthiere dar. Von einer breiten, seitlich comprimirten Basis aus erhebt er sich allmälig in einem leichten Bogen nach oben und hinten, und endigt in einer scharfen Spitze, welche die Incisiven sowohl, als die Backenzähne weit überragt. Auf der In- nern Seite des Zahns etwas stärker hervortretend als auf der äusseren verlauft jederseits eine Kante nach der Spitze zu, und erhöht die Massivität des Zahnes wesent- hch. Auf der hintern Seite bildet die Kante des Zahnes eine scharfe Schneide, während die vordere Kante stumpf ist. Die Wurzeln des Eckzahns des Oberkiefers sind ungefähr gleichlang wie die Krone, und bestehen aus - 114 — zwei starken seitlich zusammengedrückten, selbstständigen Aesten, die jedoch der ganzen Länge nach durch dünne Lamellen sich nahezu berühren, und daher verwachsen scheinen. An der Basis sind die Wurzeln kolbig abgerun- det, und sehr breit. Der Querschnitt Tafel I Figur 8 zeigt den prächtigen innern Bau nach seinen Schichten von Schmelz und Dentin um die kleine centrale Zahnhöhle. Die Eckzähne des Unterkiefers (vgl. Tafel I Fig. 7) ragen nur wenig über ihre Nachbarschaft her- vor. Auch hier ist der Bau derselbe wie im Oberkiefer, doch ist der bedeutend kleinere Zahn auch weniger stark gebogen, und etwas nach vorne geneigt; auch hier ist die hintere Kante der Krone schneidig, die vordere stumpf und von einer dichten Schmelzschichte gebildet. An der Basis der hinteren Kante erhebt sich ein kleiner Vorsprung. Die beiden Wurzeln sind unten kolbig , und doppelt so lang als die Krone, doch weniger abgeplattet als im Ober- kiefer, und stehen weiter auseinander. Die Backenzähne sind alle mit scharfen Spitzen und mindestens mit zwei, die hinteren Backenzähne des Oberkiefers mit drei Wurzeln versehen. Die Kronen sind sehr verschieden nach Grösse, Gestalt und Faltung. Die Backenzähne des Oberkiefers (vgl. Tafel I Fig. 8) bilden zwei Gruppen von je drei unter sich ähnlich ge- bauten Zähnen , eine vordere und eine hintere , und zwi- schen beiden steht als Uebergangsglied ein einzelner Backenzahn, welcher mit jeder der beiden Arten Aehn- lichkeit hat. Die vordere Gruppe besteht aus drei einfach ge- bauten, dem Eckzahn am nächsten verwandten, spitz kegelförmigen, seitlich comprimirten , leicht nach hinten geneigten Zähnchen, mit je zwei langen kolbigen Wur- zeln; sie sind wie jener an der vordem Kante stumpf, an der hintern scharf, und an der Basis dieser Kante be- — 115 — findet sich insbesondere nach hinten ein kleiner Knochen- vorsprung. Der vorderste hat die längste Krone , bei den zwei folgenden ist die Krone kleiner als die Wurzel. Die hintere Grruppe besteht aus drei von den vori- gen sehr verschieden gestalteten Backenzähnen. Ihre Kronen sind bedeutend breiter und reicher entwickelt als die der vorigen. Sie bestehen aus vertikal gestellten Schmelzfalten, welche in scharfen Spitzen ausmünden. Der mittlere unter ihnen ist der vollkommenste; seine Krone besteht aus einer äusseren paarigen und einer in- neren unpaaren Schmelzfalte, welche unter sich innig ver- wachsen sind. Die paarige Schmelzfalte ist doppelt so hoch als die unpaare innere , und geht an ihrer inneren Wand in zwei scharfe Spitzen aus, während sie sich nach aussen abdacht, und zwischen den einzelnen Lamellen kleine Yalliculae bildet. Die unpaare nach innen etwas schief an die ersten sich anlehnende Schmelzfalte ruht auf einer dritten ziemlich weit nach innen gerückten Wurzel, und bildet an ihrer Spitze eine kleine dreieckige, nach innen von einem steil abfallenden Rand, nach aussen von den Prismen der äusseren Falte begränzte, ebene Fläche. Der vordere Backenzahn dieser Gruppe ist nach dem- selben Plan gebaut, wie der mittlere, doch ist der vordere Zacken der äusseren Schmelzfalte kürzer als der hintere, der sehr lang ist ; ebenso ist die paarige Schmelzfalte nach vorne etwas schief abgestutzt, die Oberfläche der unpaari- gen Falte ziemlich schmal. Die drei Wurzeln sind etwas mehr einander genähert; die innere Wurzel aber ist sehr dick und kantig. Der hinterste Backenzahn dieser Gruppe steht quer im Kfefer, die paarige Schmelzfaite ist auf der hintern Seite ebenso reducirt, wie beim letzt- genannten Backenzahn dieselbe auf der vordem Seite es ist; die Zacken sind hier sehr klein, besonders der hinterste kaum sichtbar, und die unpaare Schmelzfalte — 116 — hat nur eine sehr kleine Oberfläche, und ruht auf einer ausserordentlich weit nach innen gerückten dicken Wurzel. Zwischen diesen beiden Backenzahngruppen in der Mitte steht als eine Art Uebergangsform ein ziemlich langer Zahn, dessen Krone an die drei vorderen, dessen Basis und Wurzeln aber an die drei hintern Backenzähne erinnern. Die Krone ragt zwar weit über diejenigen der vorderen Backenzähne empor , ist aber wie diese der Krone des Eckzahns ähnlich in allen Stücken. Der hin- tere Basalansatz ist stärker entwickelt als bei den vor- deren Backenzähnen und scheint einen Aulauf nehmen zu wollen zur Bildung einer zweiten Spitze, die jedoch nicht zu Stande kommt. Noch mehr aber erinnern an den Bau der hintern Backenzähne die drei wohlausgebildeten Wur- zeln, welche an Länge und Dicke gegen diejenigen der hintern Backenzähne nicht zurückstehen. Die Backenzähne des Unterkiefers sind nur wenig verschieden von denen des Oberkiefers. Auch hier können wir zwei Gruppen unterscheiden von je drei Zähnen, doch fehlt der vermittelnde siebente Backen- zahn. Die drei vorderen einfacheren Backenzähne nehmen nach hinten an Grösse zu, und haben alle auf ihrer hin- tern Seite an der Basis stark entwickelte Höcker. Die hintere Gruppe ist weit schmaler als die entsprechende des Oberkiefers, indem die innere, unpaare Schmelzfalte fehlt. Dagegen mündet die die Krone bildende paarige Schmelzfalte mit fünf Zacken, zwei äusseren und drei in- neren, indem jede Biegung^- Ecke eine scharfkantige Spitze trägt. Zwischen diesen Zacken befinden sich ziem- lich tiefe Yalliculae. Die nach aussen gelegenen Zacken sind länger als die inneren, entsprechend der äussern Ab- dachung an den Backenzähnen des Oberkiefers. — 117 — Beim ersten Backenzahn dieser hintern Gruppe sind vier dieser Zacken fast gleich lang, während der fünfte vorderste verkümmert ist ; beim folgenden Backenzahn sind die äusseren Zacken länger, die inneren gleichlang wie beim vorhergehenden ; beim dritten dagegen sind die hintersten Zacken kurz und stumpf. Die sämmtlichen Backenzähne des Unterkiefers haben nur je zwei Wurzeln, von denen die hintere Wurzel meist stärker entwickelt ist als die vordere. Im Allgemeinen sind die Wurzeln hier ungefähr gleich lang, wie die Kronen. Ueber den inneren Bau des definitiven Gebisses geben die beiden Bilder Tafel I Fig. 7 und 8 soviel Auf- schluss, dass bei den sämmtlichen Zähnen über der ausser- ordentlich dichten Dentinemasse dicke Schmelzschichten gelagert sind, welche bei manchen den grössten Theil der Krone bilden , und dieselbe fast stalilhart machen , wäh- rend die Cämentsubstanz sich fast nur auf die Wurzeln beschränkt, und höchstens bei den hintersten Backenzähnen auch in der Krone als Bindemittel zwischen den Schmelzfal- ten zur Geltung kommt. Bei den hinteren Backenzähnen beider Kiefer begegnen wir noch innerhalb der Zahnsub- stanz ziemlich geräumigen Zahnhöhlen , in welchen zahl- reiche Gefässe und Nerven zwischen Odontoblasten in die Pulpa eingebettet sich finden, die durch die meist sehr langen Zahnwurzelcanäle hin mit der Kieferhöhle com- municiren. — Es wäre wohl hier noch der Ort mit einer bestimm- ten Zahnformel diese vorläufigen Untersuchungen über das Gebiss von Talpa abzuschliessen ; allein da meine Yermuthung, dass wir es bei diesem Gebiss entweder mit einem viel universelleren Zahnwechsel zu thun haben, als gewöhnlich angenommen wird , oder aber dass ein eigentlicher Zahnwechsel überhaupt nicht zu Stande kommt, — 118 — noch eines direkten unzweideutigen Beweises bedarf, der erst nach einer Reihe weiterer Untersuchungen denkbar ist, so lasse ich vorläufig die Feststellung einer bestimm- ten Zahnformel dahingestellt. Erklärung der Abbildungen. Tafel I. Sämmtliche Figuren dieser Tafel sind circa 8fach vergrössert photographisch aufgenommen ; Fig. 1 etwa lOfach vergrössert. Fig. 1. Querschnitt durch die Schnauze eines 14tägigen Foetus von Talpa europaea aus der Gegend der Augen. Fig. 2. Flächenschnitt durch den Oberkiefer eines Swöchigen Foetus von T. europaea. Fig. 3. Flächeaschnitt durch den Unterkiefer eines Swöchigen Foetus von T. europaea (etwas verschoben). Flächenschnitt durch den linken Oberkiefer eines 4wöchi- gen- Foetus von T. europaea. Flächenschnitt durch den Unterkiefer eines öwöchigen Foetus von T. europaea. Flächenschnitt durch den Unterkiefer eines öwöchigen Foetus von T. europaea. Consecutivschnitt derselben Serie wie Fig. 5, eine tiefere Schichte darstellend. Längsschnitt durch den rechten Unterkiefer eines erwach- senen Talpa europaea. Flächenschnitt durch den rechten Oberkiefer eines erwach- senen Talpa europaea. Tafel II. Sämmtliche Figuren dieser Tafel sind leider unter sehr ungün- stigen Verhältnissen (als Weingeistexemplare und bei anhaltend trüber Witterung) in fast natürlicher Grösse photographisch aufgenommen. Fig. 1. Kechtes Cornu Uteri von Talpa europaea unmittelbar nach der Befruchtung (mangelhaft). Fig. 2. a. h. c. Uterus in der dritten Woche nach der Befruchtung mit 3, 4 und 5 Divertikeln, welche Embryonen enthalten. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. — 119 — Fig. 3. Uterus in der zweiten Woche mit 3 fruchtbaren und 1 un- fruclitbaren Divertikel, erstere seitlich aufgeschnitten, die 3 Embryonen in situ (mangelhaft). Fig. 4. Foetus von 8 Tagen, Vorderseite. Fig. 5. Foetus von 14 Tagen, Seitenansicht, mit und ohne Nabel- strang. Fig. 6. Foetus von 3 — 4 Wochen, von der Vorderseite (Bauchseite) mit 1 Nabelstrangrest; die vorderen Extremitäten etwas verschoben (mangelhaftes Weingeistexemplar). Fig. 7. Foetus von 3—4 Wochen mit Nabelstrang (mang. W. -Ex.). Fig. 8. Wenig älter als der vorige Foetus. Fig. 9. a. und b. Foeten von 4 — 5 Wochen, letztes Stadium vor der Geburt. Fig. 10. 1 Monat altes Junge von Talpa europaea; völlig nackt. Fig. 11. 2 Monate altes Junge von Talpa europaea; Behaarung be- ginnt, daher bläuliche Hautfarbe. Fig. 12. 3 Monate altes Junge von Talpa europaea; völlig behaart, blauschwarz. Erster Nachtrag zum Katalog der herpetolo- gischen Sammlung des Basler Museums. Mit Anmerkungen und 1 Tafel. Yon F. Müller. Arten-Bestand der Sauimhing im Mai 1878 im October 1880 Zunahme Amphibien 118 170 52 Schlangen 312 373 61 Saurier 174 267 93 Krokodile 8 8 — Schildkröten 38 48 866 - 10 650 216 Verzeichniss der in diesem Nachtrag; vorkommenden Schenker. Herr Dr. med. A. Bider von Langenbruck in Basel. „ Ballv-Herzog in Schönenwerd. Sign. Cavalière Ed. de Betta in Verona. Herr Dr. Gust. Bernoulli von Basel in Guatemala, f „ Bleek-Heitz, Estanzia Los Leones (16 léguas nördl. von Rosario, 6 léguas westl. vom Paranà, Argentinien). „ Dr. Herrn. Christ in Basel. „ Dr. DeWette, Physicus in Basel. „ Arm. Gerber in Basel. Verehrl. Direction des Zoologischen Gartens in Basel. Dr . A. B. B.- H. E. de B. Dr . G. B. B.- H. Dr . H. Ch. Dr . DW. A. G. D. Z. G. H, , G. H. F. F. , K. L. M. F. M.- ■M. — 121 — — Herr Hans Gysin, Chemiker in Basel. — „ Heinr. Knecht, Conservator der entom. Samm- lung in Basel. — „ Fernand Lataste in Paris, Vicepräsident der Société zoologique de France. — „ Dr. Friedr. Müller in Basel. . (Die Stücke aus Pinang sind von Hrn. Rütimeyer daselbst gesammelt worden.) — „ Friedr. Müller -Mösch, früher in Montevideo, jetzt in Aarau. (Die unter der Bez. Uruguay aufgeführten Eept. und Ampliib. stammen theils aus den Umgebungen der Colonie Helvecia, theils aus der Umgebung von Montevideo, theils aus Salto.) Dr. Fo. M. — „ Dr. Forsyth Mayor von Basel in Florenz. Prof. M. — „ Prof. Mies eher Sohn in Basel. R. M. — „ Rud. Merian von Basel in Yokohama. Prof. L. R. — „ Prof. L. Rütimeyer in Basel. (Die Stücke aus Ceres [Bezirk Tulbagh] am Cap sind von Hrn. Dr. Zahn daselbst gesammelt und von ihm Hrn. Prof. L. Rütimeyer geschenkt worden, der sie gütigst der Museums-Sammlung überlassen hat; dasselbe gilt von einem Theile der Rept. aus Pinang, gesammelt von Hrn. Rütimeyer daselbst.) Fr. R.-W. — Frau Missionars wittwe Riehm -Werner in Basel. P. S. — Herr stud. Paul Sarasin in Basel. St. Seh. — „ stud. med. Schetty in Basel. Prof. H. Seh. — „ Prof. Heinrich Schiess in Basel. (Die Repti- lien aus Karkala sind von Hrn. Missionar Hart- mann daselbst gesammelt worden.) J. St. — „ J. Stehlin in Basel. St.-I. — „ Stehelin-Imhof von Basel in Yaucluse. Prof. Th. St. — , Prof. Th. Studer in Bern. E. T. — „ Ed. Taton in Paris. Tsch. — „ Tschudi in Balzanetto bei Genua. 122 — Uebersieht der im Nachtrag enthaltenen Arten nach der geographischen Vertheilung. (Die mit einem * bezeichneten Arten sind im Katalog nicM enthalten.) Europa. Salamandra maculosa. „ atra. Pleurodeles Waltlii.* Triton cri status. „ alpestris. „ lobatus. „ palmatus. „ marmoratus.* Pelonectes Boscsei.* Salamandriua perspicillata.* Spelerpes fuscus. Rana esculenta. „ fusca. „ agilis.* Pelodytes punctatus.* Alytes obstetricans. Bombinator igneus. Pelobates fuscus. „ cultripes. Bufo vulgaris. „ caiamita. Hyla arborea. Coronella laevis. „ girondica. „ quadrilineata. Elaphis œsculapii. Zamenis atrovirens. Zamenis Dahlii (im Catalog ver- gessen). Tropidonotus natrix. „ viperinus u. cher- soïdes. Coelopeltis lacertina. Tarbophis vivax. Vipera aspis. Blanus cinerens.* Lacerta stirpium. „ viridis. „ muralis. „ „ var. Lilfordi.* „ vivipara. Pseudopus Pallasii. Anguis fragilis. Gymnodactylus Kotschyi.* Emys caspica.* Testudo grseca. Africa. a. Algerien und Aegypteii. Eana esculenta. Bufo viridis. „ pantherinus var. 123 — Stenostoma Cairi.* Eryx thebaicus.* Zamenis fiorulentus. Télescopas obtusus.* Acanthodactylus Savignyi.* „ scutellatus* „ boskianus.* Eremias pardalis. „ guttulata.* Gongylus ocellatus. Sphaenops capistratus.* Euprepes quinquetaeniatus.* Trapelus ruderata.* Ptyodactylus gecko.* Tarentola aegyptiaca.* Trionyx niloticus.* b, West- und Ostküste. Hylambates maculatus.* Typhlops Kraussi. „ Eschrichti.* Stenostoma bicolor.* Calabaria fu^üar*- Aliößtulla spec* Holuropholis olivaceus.* Vipera rhinocéros.* Monitor niloticus. Euprepes Raddoni.* „ Stangeri.* „ striatus.* „ maculilabris.* Kinixys erosa. (Idae. c. Siidafrica und Madagascar Rana fuscigula. „ ûxyrhyncha.* „ mascareniensis.* Dyscophus insularis.* Bufo pantlieriuus. Hylarana madagascariensis.* Hyperolius madagascariensis.* Typhlops Lalandei.* Stenostoma nigricans.* Xiphosoma madagascariense.* Homalosoma lutrix. Coronella cana u. var. Psammophylax rhombeatus. Langaha cristagalli.* Leptodeira rufescens. Elaps hygiœ. Aspidelaps lubricus.* Naja haje u. var. Vipera arietans. Eremias pulohella.* „ Burchellii.* Euprepes Merremii. Acontias meleagris. Pachydact. elegans.* Phelsuma lineatum.* Uroplates fimbriatus.* Chameleo pumilus. „ verrucosus.* „ Brookesianus.* Testudo geometrica. Asien, a. Syrien und Palästina. Triton vittatus.* Rana esculenta. — 124 Bufo viridis. Typhlops syriacus. Zamenis Ravergieri (caudselin.). Tropidonotus tessellatus. Lac. muralis judaica.* Acauthodactylus lineo-maculatus. Ophiops elegans.* Plestiodon auratus. Euprepes septeratseniatus.* Trapelus ruderata.* Hemidactylus verruculatus. (Phrynoceph. heliosc. im Katalog ist zu streichen.) I», Ostiudieu (und Sundainseln, China, Philippinen, Java). Triton chinensis.* Rana macrodon.* Hoplobatrachus Reinhardtii.* Megalophrys montana.* Bufo melanostictus. „ isos. Polypedates quadrilineatus. Ixalus nasutus.* Rhacophorus maximus.* Cylindrophis maculatus.* Ahlabes longieaudus sp. äff. Simotes taeniatus.* r Swinhonis. Compsosoma radiatum. Tropidonotus dorsalis.* „ quincunciatus. „ trianguligerus.* „ subminiatus.* „ stolatus. r, rhodomelas.* „ tigrinus. - leucomelas.* Hypsirhina enhydris trilineata. Hemiodontus leucobalia. Homalopsis boseformis. „ buccatus. Liopeltis tricolor.* Dendrophis picta. Chrysopelea ornata et var. Hasr. „ rubescens.* Dryophis prasina. Passerita mycterizans. Lycodon aulicus. Nymphophidium maculatum.* Dipsas boops.* „ cynodon. Chersydrus granulatus.* Pelamis bicolor. Callophis intestinalis.* Bungarus ceylonicus.* Ophiophagus elaps.* Trigonocephalus hypnale. Bothrops Wagleri.* Hydrosaurus Salvator. Hinulia fasciata.* Draco volans.* Bronchocœla cristatella. Dilophyrus grandis.* Gooyocephalus chameleontina.* Otocryptis bivittata.* Japalura variegata.* Hemidactylus Coctsei. ^ triedrus.* „ frsenatus. Peripia cantoris.* r, perouii. Nycteridinm Schneideri (Pla- tyurus Sehn.). Gecko Smithii.* Cyrtodactylus marmoratus.* Ptychozoon homalocephalum.* 125 Trionyx javanicus.* Cuora amboineusis.* Eupr. trilineatus im Katalog ist zu streichen. Australien. (Neu-Holland u. oceau. Inseln.) Limnodynastes tasmaniensis.* „ dorsalis.^ Cystignathus georgianus(Crinia g). Cryptotis brevis.* Uperoleia marmorata. Pseudophryne australis.* Platymantis corrugata.'^ Hyla Lesueurii.* „ adelaidensis. „ rubella. „ pbyllochroa.* „ Ewingii. Pelodryas cœruleus. Liasis amethystinus.* Aspidiotes melanocephalus.* Deudrophis punctulata. Cryptoblepbarus Boutonii. Pygopus lepidopus. Delma sp.* Lialis punctulata. Hinulia australis.* „ inornata.* „ AVhitei.* „ gastrosticta.* Eumeces Oppellii.* „ samoensis.^ Mocoa miorotis.* „ Novarae.* „ Deplanchei* Carlia rhombifer.* Lygosoma australis.* Lygosoma scutirostris.* Euprepes haplorhinus.* Tiliqua multicarinata.* Mabouia microsticta.* „ cyanea.* „ parvisquarais.* « nigra.* sp.* Ehodona punctata.* »Siaphos aequalis.* Hypsilurus macrolepis.* Grammatophora barbata.* Peripia variegata.* Gecko neocaledonicus.* „ bivittatus.* Gehyra australis.* Gyninodactylus Arnouxii.* Diplodactylus marmoratus.* „ anomalus. America. a. Nordamerika und Mexiko. Amphimna tridactyla.* Siredon pisciformis. Spelerpes variegatus. Amblystoma mavortium.* „ texanum.* Rana montezumae.* Scaphiopus solitarius.* Engystoma caroliuense.* Bufo americanus. Hyla versicolor.* „ carolinensis.* Conocephalus striatulus.* Homalosoma (Lamprosoma) occi- pitale.* Homalosoma (Lamprosoma) epis- copum.* Homalocranium (Tantilla) coro- natum.* 126 Masticophis flavigularis.* Elaphis (Scotophis) guttatus u. var.* Pityophis catenifer.* Tropidonotus (Entainia) sauritus. „ (Nerodia) fasciatus. „ „ rhombifer.* „ erythrogast* Ischognathus Dekayi. Crotalophorus miliarius. Trigouocephalus contortrix.* „ piscivorus.* Mocoa lateralis. Plestiodon quiuquelineatus. Anolius carolinensis.^ Sceloporus undulatus. Phrynosoma cornutum. Geoclemys guttata. Chelydra serpentina. Kinosternum pensylvanicum.* b. Guatemala (nud Jamaica). Gymnopis sp.* Rana clamata. Engy Stoma sp. Hy Iodes Sallaei. Hyia Baudini. „ holochroa.* Typhlops sp.* Stenostoma signatum.* Chilabothrus inornatus (Jamale.).* Streptophorus Sebse v. tessellatus. Elapoides Sieboldi. Adelphicus quadrivirgatus. Coronella (Lampropeltis) doliata V. formosa. Plioeercus aequalis. Tomodon lineatus. Coniophanes punctigularis. Coniophanes fissidens. Spilotes melanurus.* Tropidonotus ordinatus. Thamnosophis margaritifer. Dipsas cenchoa. Pelamis bicolor. Elaps fuivius. „ circinalis. Crotalus horridus. Bothrops atrox. „ mexicanus.* „ affiais.* „ brachystuma.* „ bicolor. Lepidophyma (Smithii?) Ameiva lestivus.* Ameiva undulata. Cnemidophorus sexlineatus.* Gerrhonotus fulvus.* „ Moreletii.* Lygosoma sp.* (Mocoa sp. d. Kat.) Mabouia agilis. Laemanctus longipes. Corythophanes mexicanus.* „ cristatus. Basiliscus vittatus. Anolius Copei. „ nannodes. „ Sallœi. „ capito.* „ baccatus.* „ Bouvieri.* „ limifrons.* Emys venusta.* „ areolata.* Staurotypus triporcatus.* Kinosternum integrum.* Berendtianum.* 127 — c. Süd-America. Pseudis minuta.* Cystignathus ocellatus.* „ gracilis.* „ mystacinus. (?)* „ macroglossus.* Gomphobates notatus.* Cystignathidarum sp. et gen. n. ?* Odontophrynus cultripes.* Phryniscus nigricans.* Rhinoderma "Darwinii.* Bufo d'Orbignyi.* „ ornatus. „ peltocephalus.* „ spec. (siibg. Phrynoides).* Hylodes Sallsei (Hylod. sp. d. Kat.). Hyla agrestis.* „ albomarginata. „ léucomelas.* Phyllomedusa bicolor.* Stenostoma albifrons. Homalucranium (Tantilla) melanoc. Elapomorphus lemniscatus.* Coronella pulchelJa. Eirenis Agassizii.* Enicognathus (Rhadinea) sp.* Liophis melanotus.* „ tœniurus.* „ tseniogaster. „ Merremii.* „ pœcilogyrus. Liophis pœciiostictus.* Heterodon d'Orbignyi. Tomodon ocellatus. Philodryas Schottii. „ œstivus.* Brachyrhyton plumbeus.* Oxyrhopus tergeminus. Thamuodynastes Nattereri. Elaps frontalis.* „ Marcgravii.* Botlirops Schlegelii.* Amphisbaena Darwini.* „ heterozonata.* Lepidosternum microceplialum. Tejus Teguexim. Cnemidophorus lacertoides.* Callopistes celestis.* Acrantus Tejou.* Custa bicarinata.* Lepidosoma scincoides.* Ecpleopus Gaudichaudi.* Proctoporus pachyurus. Diploglossus fasciatus.* Mabouia cepedei.* , „ dorsovittata.* Taraguira torquata.* Leiocephalus iridescens.* Leiolsemus pictiis.* „ Wicgmanni.* Iguanidarum sp. et gen.?* Hemidactylus mabouia.* — 128 — Systematische Uebersicht. I. Amphibia. Ord. I. Batrachia apoda. Gymnopis (Peters) sp. Guatemala v. Dr. G. B. [6] Lepidocœcilie mit 2 Zahnreihen im Unterkiefer. Eine kreis- förmige Tentakelgrube etwas näher am Mundwinkel als am Naseu- locli. Augen nicht sichtbar. After mit sternförmigen Falten, fast am äussersten Körperende (nur noch 2 enge Faltenringe ausserhalb desselben). Faltenringe 194—197, die 18—20 vordem und 32—41 hin- tern vollständig. Körper dunkelbraunoliv, Kopf und Schwanzende heller oliv. * Länge des grössten Exemplars . . . 0,283 Dicke (Durchmesser) 0,006 Verhältniss der Dicke zur Länge . . 1 : 47. Ord. II. Batrachia gradientia (CaiKlata. ürodela). A^. Ichthyodea (Subordo). Amphiuma tridactyla Cuv. (Muraenopsis tr. Gray cat.) ang. S.-Carolina, v. F. M. [1] Siredon insciformis Sh. (Axolotl) v. D. Z. G. [1] B, Salamandrina (Subordo). Salamandra maculosa Laur. Langenbruck v. Dr. A. B. [3] Salamandra atra Laur. Pilatusfirsthöhe v. Dr. H. Ch. [1] — 129 — Pleurodeles Waltlii Mich. — Ciudad Real v. F. L. ; Alba- cete (Tausch). [2] Triton cristatus Laur. Gross-Hüningen ; Larven v. Sicmont bei Liestal 20. Juni v. F. M. [10] Triton alpestrisli. Gross-Hüningen, Müllheim v. F. M. [8] Triton lohatus Fat. (taeniatus , punct. a. a.) Bondy bei Paris V. F. L., Neudorf v. H. K., Yal de Joux v. Dr. Th. Sch. [15] Triton palmatus Fat. (helveticus Raz.) Ettinger-Blauen, v. H. K. [5] Triton marmoratus Latr. aus d. Gironde v. F. L. [3] Triton vittatus DB. (— Tr. vittatus -f- ophryticus Strauch.) Syrien. (Ein einzelnes Exemplar in einer Samm- lung Syr. Rept.) Triton cliinensis (Cynops eh. Gray) China v. F. M. [2] Pelonectes Boscai Lat. — Galizien (Span.) v. Prof. Th. St. und Tausch. [3] Salamandrina perspicülata Savi, aus dem Polceverathal bei Genua v. Tsch. [12] Spelerpes fuscus Strauch syn. — Cercina bei Florenz v. Dr. Fo. M. [6] Spelerpes variegatus Gray. (Bolitoglossa mex. DB.) Mexico von F. M. [1] Amblystoma mavortkmi Baird. (A. californiense Gr.) ang. Texas v. F. M. [1] Amblystoma texammi Cope ang. Texas v. F. M. [1] Ord. III. Batrachla salientia (Annra). Fam. Ranidae, Pseudis minuta Gü. cat. B. — Uruguay v. F. M.-M. [1] Rena esculenta L. Gross-Hüningen, Chrischona, Syrien, Aegypten v. F. M. [13] 9 — 130 — Rana fusca (platyrh.) Basel, Müllheim, Waldshut, Wolpa- dingen, Gempen, Yal de Joux v. F. M., H. K., Dr. Th. Sch. [19] Die Forma acutirostris Eat. ist bei jungem Exemplaren sowohl der Rheinebene als aucli des Hügellandes bei uns vorherrschend; doch findet man an denselben Localitäten auch gleichaltrige mit ob- tusem rostrum. Ein Stück vom Gempenplateau mit sehr spitzer vorragender Schnauze, sehr langen Hinterbeinen und ungeflecktem Bauch kommt den Anforderungen der Species agilis nahe, wie denn überhaupt die uneutwegte Selbständigkeit von Rana agilis sowohl als arvalis als Arten noch Zweifel zulässt. Rana agilis (?) Thomas. — St. Germain v. F. L. [3] Rana montezimiae BG. — Kalifornien, gekauft. [1] Rana clamata Gü. cat. B. — Vera Paz v. F. M. [2] Rana fuscigula Gü. cat. B. Ceres (Cap) v. Prof. L. R. und J. St. [2] Rana oxyrliyncha Gü. cat. B. Süd-Afr., gekauft. [1] Rana mascareniensis DB. Nossi-Be v. Dr. 0. B. [2] und var. Idae Steind. v. F. M. [1] Rana macrodon Gü. cat. B. ang. Malacca y. F. M. [1] Hoplobatrachus BeinharcUii Pet. China v. F. M. [1] Fam. Cystignathidae. Limnodynastes tasmaniensis Gü. cat. B. Queensland v. F. M. [1] Limnodynastes dorsalis Gü. cat. B. Queensland v. F. M. [1] Cystig nath US georgiamis Gü. cat. B. (Crinia g.) K'eu-Hol- land, gekauft. [1] Cystignathus ocellatus Gü. cat. B. Brasilien von F. M. ; Uruguay von F. M.-M. [7] Cystignathus gracilis Gü. cat. B. Uruguay v. F. M.-M. [8] Cystignathus sp. {nilystacinus Burmeister?). Uruguay v. F. M.-M. [4] Eumpf und Extremitäten kräftig, gedrungen. Schnauze konisch, die stumpfe Spitze den Maulrand überragend. Zunge gross, rund, hinten leicht gekerbt. — Vomerzähne hinter den grossen Choanen- — 131 — Öffnungen auf einer pfeilbogenartigen, in der Mitte unterbrochenen Leiste. — Trommelfell sehr deutlich, fast kreisrund, kleiner als das Auge.. — Pupille horizontal. Haut oben glatt, an der Flanke jeder- seits eine Keihe drüsiger Hervorragungen. Bauchseite glatt, eine Querfalte über die Brust, Unterseite der Schenkel körnig. Alle Phalangealgelenke unten mit Höckern; am metacarpus des ersten Fingers ein starker Höcker, ein zweiter, breiterer, oben eingebuchteter an der WurzeJ des dritten und vierten Fingers. Am tarsus ein innerer compresser und ein äusserer sehr schwacher Höcker. Bei geschlossener Hand reicht der erste Finger bis zum Ansatz der Endphalange des dritten Fingers. — Keine Hautsäume an Fingern oder Zehen. Grundfarbe der Oberseite braungrau; jederseits auf der Grenze des Rückens und der Flanke vom Auge bis zum Steiss eine scharf ausgeprägte schwarze Binde; unter derselben auf der Flanke vom Trommelfell bis zum Steiss über die erwähnten Drüsen hin eine zweite nicht zusammenhängende schwarze Linie. Auf Rücken und Flanke ausserdem zerstreute dunkle Flecke und Streifen. Oberlippe schwarz gesäumt , darüber eine breite weisse Längs- binde; über diese wegziehend vom Nasenloch durch's Auge über das Trommelfell hinab zur Maulecke eine tiefschwarze Binde; Trommelfell mit feinem weissem Saum, vor und hinter demselben ein schwarzer Fleck. Steissgegend weiss punktirt. Unterseite schmutzig-weiss, bei den jungen Exemplaren Kehle und Unterseite der Schenkel röth- lich, bei den Erwachsenen rauchig. — Extremitäten oben mit dunkeln Querbinden. — Tarsus dunkelbraun, weiss punktirt; vom Fersenbein zum Innern Höcker eine undeutlich weiss punktirte drüsige Leiste. Grösstes Exemplar: von der Schnauzenspitze zum After: 0,056. vom After zur Spitze der IV. Zehe: 0,085. Cystignathus macroglossus DB. Uruguay v. F. M.-M. [6] Hintere Extremitäten lang und kräftig. — Pupille vertical. Zunge herzförmig bis rund, dick, hinten leicht gekerbt. Vomerzähne auf zwei kurzen, nach hinten etwas schief gestellten Höckern. — Choanen gross; hinter jeder Choane kräftige Querleisten, welche je vom hintern Ende des Vomerzahnhöckers leicht bogenförmig nach dem Oberkieferrand laufen. Bei den jungen Individuen sind diese Leisten schon angedeutet. Schnauze rund, von den Nasenlöchern bogig steil abfallend. Trommelfell kreisrund, ziemlich gross. — Zehen und innerer Tarsalrand mit Rudimenten von Hautsäumen; zwischen allen Zehen Rudimente von Schwimmhäuten. Alle Pha- — 132 — langengelenke unterseits mit Knoten. — Am carpus zwei Ballen, der innere längKch, etwas compress am Ansatz des ersten Fingers, der äussere breit, flach abgerundet und nicht eingebuchtet am Ansatz des dritten und vierten Fingers. Am tarsus ein innerer compresser nnd ein kleiner äusserer flacher Ballen. Rückenhaut mit rundlichen Warzen, seitlich eine undeutliche drüsige Hautfalte. Die jungen Exemplare sehen aus wie Alytes, bei ihnen ist die Schnauze etwas spitzer und leicht über den Unter- kiefer vorragend. Färbung der Oberseite bei den Erwachsenen hell- bräunlich bis oliv, bei den jungen mehr hellgrau. Sehr variirende dunkle Marmorirung, bei den hellem Exemplaren mit weissem Saum deutlich vortretend, bei den dunkeln kaum sichtbar, bei den einen Flecke, bei andern quere Wellbinden zeigend. Zwischen den Augen eine wellige Querbinde. Extremitäten breit gebändert; Weichen und Flanken, ebenso Hinterseite der Schenkel gelb mit dunkeln Flecken. Senkrecht auf Oberkieferrand und auch auf Unterlippe über- gehend mehrere schwarze weissgesäumte Binden, besonders je eine solche vom Nasenloch und vom Auge ausgehend; bei einzelnen auch der canthus schwarz. — Trommelfellgegend schwarz, das Trommel- fell ohne weissen Saum. Hinter der Maulecke drüsige weissliche Warzen ; keine weisse Längsbinde am Maulrand. Kinn bei den meisten ungefärbt. — Carpi und tarsi schwärz, die Phalangeuknoten weiss, vom Ellbogen bis zum Ansatz des vierten Fingers eine Linie von weissen Drüsen- punkten. — Querfalten der Brust undeutlich. — Bauch glatt, hell- gelblich; Unterseite der Schenkel granulös. Grösstes Exemplar: von der Schnauzenspitze zum After: 0,059. vom After zur Spitze der vierten Zehe: 0,113. Gomphobates notatus Reinli. u. Lütk. Uruguay v. F. M.- M. [6] Alle zeigen die glänzend schwarze Seitenbinde und den schwar- zen Lendenfleck, ebenso die Papille in der Mitte des innern Tarsal- randes. Bei einem Exemplar erscheint der Lendenfleck als unmittel- bares knopfiges Ende der Seitenbinde, welche sich in der Lenden- gegend schneckenförmig umbiegt. Bei 2 Exemplaren sind unterhalb des grossen Lendenflecks noch 1 — 2 kleinere tiefschwarze rundliche Flecken. Cystignathidarum sp. (et gen. nov.?) Uruguay v. F. M.-M. [4] Generelle Charactere : Gesammthabitus von Phrynopus Peters. — 133 — Keine Schwimmhaut weder an Händen noch an Füssen. — Maxillarzähne sehr klein und namentlich am Vorderraud der Kinn- lade spärlich. — Keine Vomerzähne. Sacralwirbel nicht verbreitert. — Zwei ziemlich starke Höcker am metatarsus und zwei am rneta- carpus. — Jederseits auf der Lende eine grosse Drüse. Zunge rund, hinten frei und leicht gekerbt. — Tympanum etwas kleiner als Auge, aber von der Haut überzogen, sehr undeutlich. — Unter der Tympanalstelle und unmittelbar hinter der Maulecke eine parotis - artige Ansammlung. Details: Flache Wärzchen auf Rückenhaut selten, zahlreich auf Kopf und Steiss; unterseits Haut glatt, ausgenommen an den Schenkeln, wo sie dicht körnig erscheint. Augen prominirend, Schnauze kurz und hoch, überragt den Mundrand nach vorne, von den Nasenlöchern an steil abfallend; Schnauzencontour rund, Maulspalte massig. — Interorbitalspatium flach. Hintere Extremität nach vorn geschlagen erreicht mit der Basis der Zehen die Schnauzenspitze. Zweiter Finger der vordem Extremitäten etwas kürzer als erster, vierter so lang als erster, drit- ter lV2mal so lang als der zweite. — Vierte Zehe der hintern Ex- tremitäten zweimal so lang als die fünfte (vom Ansatz an gerech- net). — Unterseite der Phalangealgelenke besonders an den vordem Extremitäten mit starken Knötchen. Am Metacarpus zwei flache weisse Tuberkel , ein innerer dem ersten Finger , ein äusserer dem Ansatz des dritten und vierten Fingers entsprechend. Am Metatar- sus zwei stärkere vorragende Knoten, der innere unter der ersten, der äussere unter der fünften Zehe. Lendendrüse etwas entfernt vom Schenkelansatz sitzend, prominirend, grösser als Auge, löcherig, tief- schwarz mit oberm und unterm weissem Saum. Hinter der Maulecke eine drüsige löcherige Wulst. Rücken auf grauem Grund schwarz marmorirt. Im Interorbi- talspatium ein mehr weniger deutliches mit der Spitze nach hinten gerichtetes dunkles Dreieck. Flanken hell und stark gerunzelt. Bei einem Exemplar ein undeutlicher weisser Längsstreif am Hinter- rücken. Vom Oberkopf zum Mundraud laufen mehrere dunkle hell- gesäumte Binden, namentlich eine solche vom Internasalraum zur Schnauzenspitze hinab. Kehle fein dunkelgesprenkelt, Bauch weiss, Unterseite der Oberschenkel und Steissgegend gelbröthlich. Oberseite der Extremitäten dunkel gebändert. Länge des grössten Exemplars von der Schnauzenspitze bis — 134 — zum After 30 mm., vom After bis zur Ferse 23 mm., von der Ferse bis zur Spitze der vierten Zehe 14 mm. Der systematischen Stellung nach gehören die Thiere iu die Nähe von Gomphobates, Leiuperus und Pleurodema, lassen sich aber in keines dieser gênera der Cystignathiden unterbringen. Von Gomphobates Reinh. und Lütk. (inclus. Eupemphix Steind., vorausgesetzt, dass bei diesem sich doch Maxillarzähne finden) sind sie geschieden durch die Form der Zunge, welche bei unsern Thieren eher gross und deutlich rund ist, sowie ferner durch das Fehlen der Papille in der Mitte des innern Tarsalrandes (obwohl im Uebrigen viele Aehnlichkeit mit Eup. fuscomaculatus Steind. besteht). Pleurodema unterscheidet sich namentlich durch Vomerzähne, Leiuperus durch die ovale Zungenform und das deutliche Trommel- fell, Bubonias (Cope) durch Zunge, Augenbrauen u. s. w. Farn. Discoglossidae. Pelodytes punctatus Gü. cat. B. Paris von F. L. [2] Megalophrys montana Gü. R. b. J. J^ (= Ceratophrys na- suta Schleg.) Pinang v. F. M. [1] Cryptotis hrevis Gü. (Ann. M. N. h. 1863) Queensland, ge- kauft. [1] Farn. Alytidae. Alytes obstetricans Gü. cat. B. Issy bei Paris v. F. L. . — Reichensteiner-Schlossruine, Neubad; Müllheim V. H. K. u. F. M. [15] Scaphiopus soUtarius Gü. cat. ang. Texas v. F. M. [1] Fam. TJperoliidae. Uperolela marmorata Gü. cat. B. Neu-Holland von F. M. [1] Fam. Bomhinatoridae. Bombinator igneus Gü. cat. B. — Gross-Hüningen, Müll- heim V. H. K. u. F. M. [10] Pelobates fuscus Gü. cat. B. Neudorf v. Prof. M. u. F. M. [3] Pelobates aätripes Gü. cat. B. Bordeaux v. F. L. [3] Odontophrynus cidtripes Reinh. Uruguay v. F. M.-M. [10] - 135 — Da Reinhardt im Text (Bidrag til Kundskab om Brasil. Padder etc. pag. 22) als Character das Fehlen von Vomerzähnen für Od. an- führt, während die Abbildung auf Tafel III deren sehr deutliche zeigt, und da ferner Hoffmann (in Bronns Amphibien pag. 623) die Parotiden fehlen lässt, während der Text (und die Abbildung?) bei Eeinhardt dieselben als vorhanden erklärt, so füge ich im Folgenden eine Beschreibung unserer Stücke bei. Hauptcharactere: Gesammthabitus von Od. cultripes Reinh. — Maxillar- und Vomerzähne. — Keine eigentlichen Parotiden. — Zunge rund, hintere Hälfte frei, leicht eingekerbt. — Trommelfell vollstän- dig verdeckt. — Gehörtuben sehr eng. Pupille vertical. Finger frei, Zehen halbpalmirt; alle Finger und Zehen mit freiem Hautsaum. — Sacralwirbel verbreitert. — Erstes cunéiforme mit scharfem Sichel- fortsatz wie bei Pelobates. Haut des Rückens warzig, des Bauchs dicht granulirt. Détails: Das Aussehen des Thieres ist durchaus krötenartig. Der Kopf kurz, bombirt, auf allen Seiten steil abfallend, das Interor- bitalspatium concav. Die Contour der ziemlich weiten Maulspalte bildet einen Halbkreis; der Vordertheil der Schnauze fällt von den horizontalen Nasenloch schlitzen mit deutlich ausgesprochenem stum- pfem Winkel ab, indem die Gegend zwischen Nasenloch und Schnau- zenspitze, sowie die Frenalgegend concav erscheinen. Vomerzähne auf den zwei stark vorragenden Höckern zwischen den sehr weiten Choanen. Leib hoch. Extremitäten kurz, an der Beugeseite der Gelenke mit Spannhäuten. Hinterbeine ungefähr Vs länger als die Körper- länge von Schnauze zu After. Unterseite der Phalangealgelenke knotig. Am carpus ein starker halbgetheilter und ein schwächerer Knoten, am tarsus zwi- schen dem Ansatz der Sichel und der Ferse noch ein platter weniger deutlicher Ballen. Haut auf der Rückenseite runzlig und mit Wärz- chen; au der Bauchseite stehen letztere dichtgedrängt vom Kinn bis zum Alter, ziemlich zahlreich sind sie auch an palma und planta. Die Grundfarbe der Oberseite, ein helles stellenweise silber- glänzendes Grau, ist sehr zurückgedrängt durch ausgedehnte dunkle Marmorirung. Diese dunkeln Flecke selbst zeigen bei genauerer Be- trachtung wieder mehrfache Farbennuancen, nämlich dunkelbraun- rothe schwarzgesäumte Inselchen auf mehr graubraunem Grund. Die silbergraue Grundfarbe tritt namentlich hervor 1) in einer feinen Binde von der Schnauzenspitze über die Mitte des Rückens bis zum After, 2) als (^uerbinde zwischen den Augen, 3) als seitliche unter- — 136 — brochene Längsbinde von der Schulter zur Weiche. — Die Seiten des Kopfes mit abwechselnd dunkeln und silbergrauen breiten Binden, die senkrecht zur Maulspalte verlaufen. — Die Extremitäten fast einfarbig dunkelbraun. — Ueberall finden sich auf der Oberseite zerstreute hellrosarothe Tupfen, in zahlreichern Gruppen namentlich auf den Lenden, auf dem Kopf, an den Extremitäten. Säume der Augendeckel rosaroth. Vom Auge über die Trom- melfellgegend eine breitere schwarze, weissgesäumte Binde. Unter- seite hellgrau, Wärzchen gelbweiss. Sichel mit schwarzer Schneide. Kinngegend dunkel. Maasse bei einem mittlem Thier: Von Schnauzeuspitze zu After 43 mm. Vom After zur Spitze der vierten Zehe ... 51 „ Von einem Knie zum andern bei horizontal ge- stellten Schenkeln 31 ,. Von der Verse bis zur Spitze der vierten Zehe . 27 „ Diese Thiere scheinen mir am passendsten bei den Bombina- torinen und zwar in der Nähe von Pelobates untergebracht zu wer- den. Es sind die americanischen Repräsentanten desselben. — (Fund- ort: Colonie Helvecia in Uruguay.) Dyscophus insularis Grandidier. Ann. sc. nat. scr. Y. t. 15. Madagascar v. F. M. [2] Der etwas knappen Besehreibung Grandidiers füge ich die unserer zwei Stücke bei. Das grössere, ein trächtiges Weibchen von der Grösse» einer $ Bufo vulg. unterscheidet sich von dem andern um die Hälfte kleinern (J"?) dadurch, dass bei jenem die Schwimm- häute der hintern Extremitäten sehr reducirt sind, während bei die- sem sie sich , ausgenommen an der langen vierten Zehe bis an die vorletzten Phalangen erstrecken, allerdings mit starker Einbuchtung. Gesammthabitus plump, kaloulaähnlich ; Kopf und Körper nicht ab- gesetzt, Schnauze jedoch weit und abgerundet, Extremitäten kräftig. Augen sehr vorragend, Pupille rund. Tympanum bei beiden Stücken von der Haut überzogen, bei dem kleinern kaum, beim grössern et- was besser unterscheidbar. Maxillar- und Vomerzähne, letztere auf sehr stark prominirenden, hinter den Choanen leicht bogig ver- laufenden Querleisten, die einen Zwischenraum freilassen. Zwischen den engen Tubenöffnungen verläuft querüber eine eigenthümliche gefranste Hautfalte (ganz wie bei Kaloula). Zunge oval, hinten frei, nicht gekerbt. — Unterkiefer au der Symphyse mit — 137 — einer mittleren und je einer seitlichen leichten Prominenz. Nasen- löcher unter dem cauthus als verticale Schlitze. Sacralwirbel verbreitert. Dritter Finger und vierte Zehe er- heblich viel länger als die übrigen. Ueber dem ersten cunéiforme ein compresser Grabballen, ähnlich, aber nicht so stark wie bei Pelo- bates. Unterseite der Phalangealgelenke knopfig. Rücken glatt. Vom Ansatz des Oberarms verläuft eine Haut- falte hinter und über die Trommelfellgegend und von da als Ein- schnürung unmittelbar hinter den Augen quer über den Kopf (wie bei Kaloula pulchra). Unterseite beim grössern (altern) Stück leicht granulös, beim kleinern glatt; Aftergegend runzlig. Färbung unse- rer beiden Stücke auf Rücken und Seiten fast unicolor weinroth, nur mit wenigen dunklern Flecken, auf der Unterseite beim altern Exem- plar schmutziggelbbraun, beim Jüngern weiss, seitlich aümählig in's Bräunliche spielend. Farn. Fhrynisddae. Phryniscus nigricans Gfü. cat. B. Los Leones (Arg.) v. B.-H. [1] Farn. Brachycephalidae. Pseudophryne anstralis Gü. cat. B. Queensland, gekauft. [2] Farn. Bhinodermatidae. Rhinoderma Danvinii Gü. cat. B. Chili v. F. M. [1] Farn. Engystomatidae. Engystoma carolinense Gü. cat. ang. Texas v. F. M. [4] Engystoma sp. (Kat. d. B. Mus.) Yera Paz v. Dr. G. B. [3] Farn. JBnfonidae. Bufo vulgaris Gü. cat. B. Basel, Müllheim, Frutigen v. H. G., H. K., F. M. [9] Bufo calamita Gü. cat. B. — JN^eubad, Isteinerklotz, Müll- heim, Turtmann (Wallis) v. H. K. u. F. M. [8] Bufo viridis Gü. cat. B. Syrien, Aegypten v. M. [4] Bufo pantherinus Gü. cat. B. — Nubien v. F. M.; Ceres (Cap) V. J. St. [5] Die 3 Stücke aus Nubien unterscheiden sich von unsern an- dern oranischen und capischen Exemplaren durch leicht halbmond- — 138 — förmig (Concavität nach aussen) gestaltete Parotiden. Zwei derselben zeigen , das eine auf sehr dunkler Grundfarbe weniger , das andere auf hellbrauner Grundfarbe viele zerstreute hellgelbe Flecke, wobei beim letztern ausserdem noch die typische Zeichnung erhalten bleibt (var. nubica?); das dritte zeigt keine solchen hellen Flecke, dagegen eine hellgelbe Längsbinde von der Schnauze zum After. Bufo lentiginosus var. B. americanus Gü. cat. B. N.-Ame- rica V. F. M. [1] Bufo cVOrhignyi Gü. cat. Batr. Uruguay v. F. M. u. F. M.-M. [2] Bufo (subgenus Phrynoides Cope) spec. Uruguay v. F. M.-M. [5] Grösse und Gesammthabitus von bufo lentiginosus. — Sehr prononcirte Orbito-tympanalleiste mit mehrfachen undeutlichem Ab- zweigungen gegen den Nacken, sowie mit kräftigen Prse- und Post- ocularzweigen. Leisten des Rostralcanthus wallartig erhoben , vorne in einander übergehend (mit Abflachung). Schnauze im Seitenprofil abgerundet, über den Unterkiefer vorstehend. Interorbitalspatium ausgehöhlt. Tympanum freiliegend, etwal oval mit längerm senkrechtem Durchmesser, Hinterrand desselben von einer Hautfalte überlegt. Parotis schmal lang, erstreckt sich von oberhalb des Trommel- fells, wo sie eine keulenförmige Anschwellung nach innen zu zeigt, bis gegen die Höhe des Ellbogens und löst sich dann in eine Reihe sehr kräftiger enggesetzter Warzen auf, welche in der Weichengegend aufhören. — Hinter der Maulecke ebenfalls einige parotisähnliche Warzen. Finger frei mit undeutlichen Hautsäumen, Zehen mit starken Hautsäumen und halben Schwimmhäuten , längs dem Innern Rand des tarsus eine starke Hautfalte. Auf dem metatarsus eine innere schärfere und eine äussere flache braune Protuberanz. Auf dem car- pus zwei sehr grosse braune Schwielen, unter den Gelenkflächen überall kleine Höcker. Erster Finger länger als zweiter. — Zunge birnförmig, dick. Die ganze Oberfläche von Rumpf und Extremitäten (sowie auch Augenlider) warzig. Bei zwei Stücken zeigen diese Warzen zu beiden Seiten der Rückenlinie reihenweise Anordnung. Alle Warzen sowie die Parotiden mit braunschwarzen spitzen Körnchen besetzt. — 139 — Unterseite in der Vorderhälfte dicht querfaltig, in der Hinter- hälfte körnig (durch Ealtung nach allen Richtungen). Die Färbung differirt bei den einzelnen Stücken; sie ist auf der Oberseite grau bis dunkel mit dunklern, zuweilen scharfgesäum- ten Marmoriruugen. — lieber die hintere Extremität breite dunkle Querbinden. Ohrengegend und unterer Rand der Parotis dunkel. Lippen- rand und Maulecke schmutziggelb, dessgleichen die ganze Unterseite. Bufo nehiilifer Gü. cat. B. Petén v. Dr. G. B. [5] Bufo ornatus ang. {melanotis D. B.) Gü. cat. B. Brasilien V. F. M. [2] Bufo peUocephalus Gü. cat. B. ang. Columbien v. F. M. [1] Bufo melcmostictus Gü. cat. B. Pinang v. Prof. L. R. [3] Bufo isos Gü. cat. B. ang. Singapore v. F. M. [2] Farn. Folypedatidae. Polypedates qiiadrilineatus Gü. cat. B. Pinang v. F. M. [1] Ixalus nasutus Gü. cat. B. Ceylon, gekauft. [1] Rhacophorus maximus Gü. R. b. J. Tellicherry (Mala- bar) V. E. L. [1] — (Eines der Expl. des Katal. pag. 585. Polyp. F.) Hylarana (Limnodytes a. a.) madagascariensis a. D. (Limno- dytes ulcerosus Böttg. Z. Anz. 1880. Mr. 57.) — Madagascar. — 3 junge und 3 sehr grosse alte Exem- plare V. F. M. Alle zeigen die von Böttger besonders hervorgehobene ulcerosa Stelle an der Unterseite der Schenkelansätze. Hyperolius madagascariensis Gü. cat. B. Madagascar v. F. M. [6] Fam. Hylodidae. Hylodes Sallœi Gü. cat. B. Vera Paz v. F. M. [1] Hylambates macidatus A. Dum. Zanzibar, gekauft. [1] Platymantls corrugata A. D. var. pelewensis. — Palau. — Gekauft. [1] Fam. Hylidae. Hyla arborea (viridis) a. Basel, Gross-Hüningen, Neudorf V. F. M. u. H. K. Erwachs, u. Larven. [8] — 140 — Hyla versicolor Gii. cat. B. ang. Texas v. F. M. [3] Hyla caroïinensis Gii. cat. B. ang. Texas v. F. M. [3] Hyla Baudmi Gii. cat. B. Guatemala v. Dr. G. B. [1] Hyla holochroa Gii. cat. B. (H. Moreïetii DB). Guatemala V. Dr. G. B. [2] Hyla agrestis Gii. cat. B. (H. pidchella DB), ang. Yene- zuela V. F. M. [1] Hyla albomarginafa Gii. cat. B. Rio v. F. M. [2] Hyla leucomelas Gii. cat. B. Uruguay v. F. M.-M. [5] Hyla Lesueiirii Gii. cat. B. (Litoria L. DB). Queensland V. F. M. [1] Hyla adeïaidensis Gii. cat. B. Queensland gekauft. [1] Hyla ruheUa Gii. cat. B. Queensland v. F. M. [2] Hyla phyllochroa Gü. Proc. L. S. 1863 pi. 30. (Zu setzen im Catalog pag. 587 statt H. rubella.) Hyla Eivingii Gii. cat. B. Sidney. [1] Fam. Félodryadidae. Pelodryas coendeiis Gii. cat. B. Queensland v. F. M. [1] Fam. PhyUomedusidae. Phyllomedusa hicoïor Gii. cat. B. Jung. Brasilien v. F. M. [1] II. R-eptilia. Ord. I. Ophidia. Fam. Typldopidae. Typhlops sijriacus Jan. El. Beirut v. F, M. [2] Typhlops Lcdandei Jan. El. Ceres (Cap) v. Prof. L. E,. [2] Typhlops (ophthalmidion) Kraussi Jan. El. Goldküste v. Fr. R.-^Y. [1] Typhlops (ophthalmidion) JEschricMii Jan. El. [onychophis punct. Gerv.) Alt-Calabar v. F. M. [1] (Sehr grosses wohlcons. Expl.) — 141 — Typhlops spec. Guatemala v. Dr. G. B. [2] Nasenschild bei beiden Expl. von vorn bis über die Mitte der Schnauzenhöhe gespalten. — Supralab. 4, das erste am kleinsten. — Rostrale abgerundet. Das vierte lab. stösst ans oculare; bei dem einen Expl. zwischen oculare und drittem lab. noch ein besonderes Schildchen (unteres praeoculare). Schuppenreihen 18. — Oben dun- keloliv, jede Schuppe mit blassem Rand, unten schmutziggelb. Stenostoma Cairi Jan. El. Aegypten von F. M. [1] Stenostoma hicolor Schi. Goldküste v. Fr. R.-W. [1] Stenostoma nigricans Jan. El. Ceres (Cap) v. Prof. L. R. [2] Stenostoma signatmn Jan. El. Rabinal (Guat.) v. Dr. G. B. [1] Stenostoma albifrons Jan. El. Los Leones (Arg.) v. B.-H. [4] Varietät mit rundl. Leib, 14 Streifen und ohne weissen Stirnfleck. Farn. Tortricidae. Cylindrophis maculatus Gü. R. b. J. Ceylon v. F. M. [1] Fam. Peropocles. Calabaria fusca Gray (Proc. L. S. 1858) Rhoptrura seu Eryx Reinhardtii Pet. Calabar v. F. M. [1] Er- wachsenes Expl. Eryx thebaiciis Jan. El. Aegypten von F. M. [1] Chilabothrus inornahis D. B. (Boa in Schleg.) Jamaica V. F. M. [1] Xiphosoma madagascariense D. B. (Scanzinia m. Gray) Madagascar v. F. M. [1] Liasis amethystiniis D. B. Murray v. F. M. [1] Aspidiotes melanocephalus Krefft. Queensland v. F. M. [1] Anhang'. Im Katalog (pag. 591 u. 652 m. Tafel I) habe ich eine neue Boaeide aus Guatemala beschrieben und dieselbe als nahe verwandt mit den üngalien Westindiens bezeichnet. Seitdem ist von Steindachner (Band 80 der Sitzb. der k. Ak. d. W. I. Abth. Dec- Heft. Jahrg. 1879) eine ächte Ungalie (U. Taczanowskyi) aus Peru beschrieben worden. Die dazu gehörigen Abbildungen weisen eine ziemliche Veränderlichkeit der Kopfpholidose auf. Wenn nun auch die bis jetzt angenommene Diagnose des genus üngalia in diesem Sinne erweitert werden kann und muss , so sind doch bei unserm — 142 — Stück aus Guatemala die Veränderungen der PlioUdose (und auch die Vermehrung der ventralia) zu ausgiebige, als dass dasselbe im genus Ungalia Platz fände. Ich habe es damals unterlassen, einen Namen dafür vorzuschlagen, in der Hoffnung, dass diese Schlange schon irgendwo beschrieben worden sei; da mir aber seit der Ver- öffentlichung keinerlei Notiz darüber zugekommen ist, so schlage ich den Namen Ungaliophis continentdlis vor. Vielleicht gehört auch dem Continent an das von mir unter der Bezeichnung Ungalia Sp. auf pag. 652 des Katalogs kurz beschriebene Stück, das eine ächte Ungalie ist und das ich in einem Glas mit südam. Reptilien auifand. Es stimmt mit keiner der bis jetzt beschriebenen Ungalien ganz überein, erinnert aber in der Kopfform und in den Spuren der Zeich- nung sehr an die von Steindachner beschriebene erwähnte Art. Farn. Calamaridae. Streptophorus Sehae u. Subsp. tessellatus. Guatemala v. Dr. G. B. [2] Die erwähnte Subsp. entspricht der Beschreibung v. Cope (Rept. of Costa Rica: Ninia Sebae subsp. tessellata). Die braune Färbung des Unterleibs ist nicht in einzelnen Flecken, sondern in sehr regelmässigen schachbrettartigen Vierecken disponirt. Conocephalus striaüdiis Jan. El. (Haldea str. B G.) Dallas (Tex.) V. Dr. D. W. [4] Homalosoma lutrix Gü. cat. (Calam. arctiv. Sclil.) Ceres (Cap) V. Prof. L. R. [1] Homalosoma occipitale Jan. El. (Lamprosoma occ. Hall.) Fort Worth (Tex.) v. Dr. D. W. [2] Homalosoma episcop^im Jan. El. (Lamprosoma ep. H.) Forth Worth (Tex.) v. Dr. D. W. [1] Elapoides Sieboldi Jan. El. Guatemala v. Dr. G. B. [1] Adelphicus quadrivirgahis Jan. El. Tenosique (Guat.) v. Dr. Œ B. [1] Homalocranium (Tantilla) coronatimi B. G. Fort Worth (Tex.) V. Dr. D. W. [1] Homalocranium (Tantilla) melanocephalum B. G. Dep. Tac- narambù (Urug.) v. B.-H. u. ang. Venezuela v, F. M. [2] — 143 — Elapomorphus lenmiscatus Jan. El. Uruguay v. F. M.-M. [1] Anhau^. Die von mir im Katalog pag. 593 und 655 be- schriebene glyphodonte Calamaride aus Palästina hat Herr Dr. 0. Bött- ger seitdem aus Palästina ebenfalls erhalten. B. constatirt die Neu- heit des Genus, für welches er den Namen Micrelaps vorschlägt. Fam. Coronellidae. Coronella laevis Lac. — Basel, Frohburg, Oberwyl (Sim- menthal), Binnenthal (Wallis) v. D. Z. G.; H. G.; F. M.; A. G. [7] Das Expl. aus dem Binnenthal (aus einer Höhe von 6000') zeigt eine abnorme Verwachsung der postfrontalia unter sich und beiderseits Verwachsung der praefrontalia mit den vordem nasalen. Zeichnung reducirt, Bauch ganz schwarz. Coronella girondica Gü. cat. — Yalle di Marcellise bei Verona v. E. d. B. [1] Einerseits mit 2 frenalen und 2 temp., andrerseits mit 1 frê- naie und 3 temp. Coronella (callopeltis) quadnUneata var. leopardina Bon. Dalmatien v. D. Z. G. [2] Coronella cana Gü. cat. — Ceres (Cap) von Prof. L. R. u. J. St. [5] Junge Expl., wovon eines der typ. Form, 4 der var. B. 1. cit. angehören. Coronella piächella Jan. El. Uruguay und Los Leones (Arg.) V. F. M.-M. u. B.-H. [5] Ein Stück aus Leones enthielt einen bufo d'Orbignyi. Coronella (Ophibolus B. G. Lampropeltis Cope) doliata var. formosa Jan. Guatemala v. Dr. G. B. [2] Ablabes sp. äff. longicaudus Pet. (var. v. A. quinque- striatus Kat. d. Basl. Mus.) Pinang v. Prof. L. R. [1] Das Thier entspricht in der Pholidose ganz genau dem A. quinquestriatus meines Katalogs. Auch die Zeichnung des Kopfes ist die nämliche; dagegen hören die weissen Seitenlinien schon am 1 Nacken auf und das Thier ist am Körper schwarz; 114 + ~r~ +• Stumpf. — 144 — Eirenis Ägassizä Jan. El. Uruguay u. Los Leones (Arg.) V. F. M.-M. u. B.-H. [4] Enicognathus Jan. (Rhadinea Cope) sp. Uruguay v. F. M.-M. [1] Kopf wenig abgesetzt, Auge mittelgross, Leib rund, Bauch ab- geflacht. — Nas. 2, frênaie 1, niedrig; praeocul. 1; postoc. 2. — Temp. 14-2. — Supralab. 8, wovon 4 und 5 an's Auge treten. — Infralab. 9, wovon 5 in Contact mit beiden Paar Submentalen. — Anale getheilt. — Schuppeni-eihen 19, Schuppen glatt, einporig. — 192 Abdominalschilder. — Die Zeichnung erinnert sehr an Dromicus lineatus und Taeniophis imperialis. Oberseite grau ; von der Schnauze 2 bis an's Schwanzende eine 1— - Schuppen breite schwarze Median- binde: ebenso jederseits von den Nasalen weg über das Auge und den obern Theil der ßückenschilder bis gegen den Schwanz eine breite schwarze Seitenbinde, welche nach oben scharf begrenzt ist, nach unten in das Grau der Flanken übergeht. — An der Grenze der Seiten und des Bauches am Vordertheil des Leibes eine punctirte dunkle Linie. Bauch mit Ausnahme der Kehle und des Halses scharlachroth. Oberlippenschilder hellgrau mit Ausnahme ihres obern Randes. Kehle und Hals schmutziggelb, erstere mit zahlreichen dunkeln Sprenkeln. Diese Art ist wohl am nächsten verwandt mit Enic. elegans, vittatus, punctatostriatus Jan. und Rhadinea (=: Enic.) serperastra Cope. Simotes taeniatus Gü. R. b. J. aut sp. affin. Saigon v. F. M. [1] Rostrale wenig zurückgeschlagen. — 19 séries. — Supralab. 8, wovon IV und V an's Auge treten, das zweite lab. scheint ge- spalten. — 1 prai-, 2 postocul.; temp. 1 -}- 1 -|- 2, das vorderste sehr klein. 152 -|- 1 + 47. Graulichrothbraun, auf Kopf die Simotes- zeichnung; auf Rückenfirst zwei dunkle punktirte Linien mit einer weissen zwischen sich; nach jeder Seite noch dunkle punktirte Linie und undeutliche Netzzeichnung. — Bauch rothgelb mit schwarzer Würfelung. Simotes Swinhonis Gü. R. b. J. Sehr wahrsch. aus Li- long V. F. M. [1] Stimmt mit der Beschreibung Günther's und mit unsern zwei andern Expl. vollständig überein, ausgenommen in der Zahl der — 145 — Schuppenreihen (16 u. 15 statt 17). Die ersten 5 Subcaudalen un- getheilt (bei einem andern unserer Expl. 4 mittlere), die Endschuppe lang und kräftig. — 163 + 1 + 35. Liophis melanotus Jan. El. ii. Icon. — Süd-Am., gek. [1] Liophis taeniurus Tschudi aug. Ecuador v. F. M. [1] Liophis taeniogaster Jan. El. Süd-Am. v. F. M., jung. [1] Liophis Merremii Gü. cat. typische Form — erwachsen, ang. Argentinien v. F. M. [1] Liophis poecüogyrus Jan. El. u. Ic. Uruguay v. F. M.-M., Los Leones (Arg.) v. B.-H. [10] Liophis poecilosüctus Jan. El. Uruguay v. F. M.-M. [7] Das grösste Expl. misst 134 cm., wovon 133 auf den Schwanz kommen. Bei einem Stück sind die Gastrostegien nur beim Ueber- gang in die erste Schuppenreihe etwas schwarz gesäumt, der Bauch sonst unicolor schmutziggelb. — Mageninhalt bei 2 Stücken Cysti- gnathen. Pliocercus aequalis Salvin. Guatemala v. Dr. G. B. [2] Heterodon cVOrbigmji Gü. cat. Uruguay v. F. M.-M. und Los Leones (Arg.) v. B.-H. [6] Psammophylax rhombeatits Gü. cat. Ceres (Cap) v. Prof. L. R. und J. St. (5 erwachs., 3 jung.) - Tomodon lineatus D. B. Guatemala, jung, v. Dr. G. B. [1] Tomodon ocellatus D. B. Uruguay v. F. M.-M. [2] Coniophanes (Glaphyrophis Jan.) punctigidaris Cope. Guate- mala V. Dr. G. B. [2] Coniophanes fissidens Cope. (Coronella f. Gü. cat. — Glaphyrophis pictus Jan.) Guatemala v. Dr. G. B. [1] Mageninhalt: ein Pliocercus elapoides von nahezu gleicher Grösse. Fam. Colubridae. Zamenis atrovirens Gü. cat. Dalmatien v. D. Z. G. [1] Zamenis caudaelmeatus (var. Periops neglectus Jan.). Syrien V. F. M. [1] Zamenis florulentus Gü. cat. Aegypten v. F. M. [1] Spilotes melmmrus D. B. (Sp. coraïs var. mel.) Guate- mala V. Dr. G. B. [1] 10 — 146 — Compsosoma radiatum Gü. R. h. J. (Spilotes r. Grü. cat.) jung. Pinang v. F. M. [1] Masticophis flavigidaris B. G. Dallas (Tex.) v. Dr. D. W. [1] Elaphis Aescidapii D. B. Herk.? y. D. Z. G. [4] "Wovon 2 Expl. mit braunen Längsbinden. Elaphis gidtatus (Scotophis g. B. G.). Dallas (Tex.) v. Dr. D. W. [3] Das eine Expl. gehört der Varietät calligaster Jan. ic. 1. 21 pl. 6 an. Pityophis catenifer D. B. Kalifornien v. F. M. [1] Farn. Totamophilidae (x^atricidae u. Homalopsidae). Tropidonotus natrix K. — Vaucluse v. St.-J.; Langoisseau V. F. L.; Ober\^^d (Simmenthai) v. H. G. ; Basel, Weil V. D. Z. G. Eines der Basler Stücke oberseits fast uniform schwarz, jedoch mit ausgesprochenem CoUare. Tropidonotus viperinus D. B. — Fontainebleau v. E. T. [3] ; id. var. chersoi'des Vaucluse v. St.-J. [1] Die Zahl der Schuppenreihen gibt Fatio zu 19, Schreiber zu 21, Lataste (F. herp. de la Gironde pag. 143) für chersoïdes nur zu 17 an. Ebensolche Differenzen findet man für die praeocularen und supralabialen. Lataste gibt an 2 praeocularen und 7 supralab., wo- von das dritte und vierte an's Auge stossen ; für chersoïdes 2 prae- ocularen und 8 supralab., wovon III und IV an's Auge. Schreiber: 7 supralab., IV und V an's Auge, 1 — 2 praeocularen ; Fatio 2 prae- ocularen, 7 supralab., wovon III und IV an's Auge treten. Da nun ausnahmsweise bei T. viperinus auch 3 postocularen statt der normalen 2 vorkommen können und da ausserdem die tj^pische Zeichnung hie und da sich verwischt, so ist es nicht zu ver- wundern , wenn Vipernatter und Würfelnatter so lange verwechselt worden sind. (Vgl. hiezu noch Anm. 38 meines Katalogs v. J. 1878.) Von den jetzigen Stücken hat die chersoïdes von Vaucluse 21 Serien und 2 praeocularen, die 3 Stücke von Fontainebleau 19 Serien, eines mit 1 praeoculare, die 2 andern mit 2 praeoc. Tropidonotus tessellatus Laur. — Syrien v. F. M., ang. Dalmatien v. D. Z. G. [2] — 147 — Tropidonotus (Eutainia) Saurita B. G. Dallas (Tex.) y. Dr. D. W. [1] Tropidonotus (Eutainia) ordinatus Gü. var. afF. Tr. collaris Jan. El. Guatemala v. Dr. G. B. [1] Tropidonotus (Nerodia) fasciatus B. G. — Nord.-Am. v. F. M. [1] Tropidonotus (Nerodia) rhomUfer B. G. Dallas (Tex.) v. Dr. D. W. [1] Tropidonotus (Nerodia) enjthrog aster B. G. Dallas (Tex.) V. Dr. D. W. [1] Tropidonotus dorsalis aiit sp. affiniss. Gü. R. b. J. an- gebl. Manila v. F. M. [1] Diese Spec. gehört jedenfalls zur Gruppe Tr. dorsalis, macropli- thalmus, macrops. Kopf xenodonartig, Hals enge, Auge sehr gross. Pup. ruud. Leib etwas compress ; Maulspalte sehr weit ; hinterste Zähne des Ober- kiefers hakenförmig gebogen. Postfront, nicht ganz zweimal so gross als praefrontal. (internasalia). Verticale fünfseitig, die Seiten etwas concav, hinten rechtwinklig, occipitalia quer abgestutzt. Supralab. 9 (wovon IV, V, VI an's Auge), infralab. 11—12 (wovon 7 in Contact mit den submentalen). Praeocul. 1, postocul. 2; Temp. 2 + 2. Schuppenreihen 17 , die äusserste ungekielt und grösser. 1 158 4- — + 91. Rücken grauoliv, auf der First grosse braune Rhomben, oft verschoben, zuweilen alternirend, deren seitliche Spitzen bis an die erste Serie hinab reichen ; zwischen denselben vertical an den Flanken stehende feine dunkle Streiten. — Unterseite weisslichgelb mit spar- samer dunkler Fleckung, Kopf unicolor braunoliv, Kehle gelb. Tropidonotus quincunciatus Gü. R. b. J. Pinang v. F. M. [1] Expl. V. 113 cm. Tropidonotus triamjiäigerus Gü. R. b. J. Ang. Ost.-Ind. (erhalten als Amph. chrysargos) v. F. M. [1] Tropidonotus (Amphiesma) suhmmiatus Gü. R. b. J. Ost- Ind. V. F. M. [1] — 148 — Tropidonotus (Amphiesma) stolatiis Gü. E. b. J. Karkala (Ost-Ind.) V. Prof. H. Sch. [1] Tropidonotus (Amphiesma) rJiodomelas Gü. R. b. J. Pinangv jung, V. Prof. L. R. [1] Tropidonotus (Amphiesma) tigrimis Gü. R. b. J. Yokohama V. R. M. [1] Tropidonotus (Amphiesma) leucomélas Gü. R. b. J. Pinang, erwachs., v. F. M. [2] Es sind beides erwachsene Thiere; sie bieten folgende Ver- schiedenheiten: Expl. Xo. 1 : 65 cm. Totallänge, wovon 14 auf den Schwanz. 1 130 -f ■ "T" + ö7- — Schuppenreihen 19; die äusserste Reihe glatt. — Supralab. 7, wovon III und IV an's Auge treten. Praefrontalia mit abgerundeter Spitze. Das untere Nasale drängt sich beidseits zwi- schen rostrale und lab. I fast bis an den Lippenrand. Ein hinter- ster Zahn von den übrigen getrennt und ungemein lang und scharf» Expl. Xo. 2: 69 cm. Totallänge, wovon 17 auf den Schwanz. 1 120 + — -\- 60. — Schuppenreihen 17, die äusserste ebenfalls , aber schwach, gekielt. — Supralab. einerseits 8 , wovon IV und V an's Auge, anderseits 9, wovon V und VI an's Auge. Praefrontalia mehr abgestutzt. Die inframaxiUaria, supra- und infralabialia sind mit zahl- reichen körnigen Protuberanzen besetzt (pathologisch. ?). — Es sind 2 hinterste Zähne von den andern abgetrennt und lang und scharf. Trotz dieser Verschiedenheiten in der Pholidose etc. gehören beide Thiere evident derselben Species an. Bei beiden Expl. bilden die Kiele der Schuppen Längsreihen, und die äusserste Serie ist viel grösser als die andern; bei beiden 1 prae- und 3 postocularia ; 2 temporalia in erster Reihe. Die in der Abbildung in Günther's Rept. of br. Ind. gegebene Zeichnung (eines jungen Exemplars) tritt bei unsern zwei erwach- senen Stücken nur im Weingeist hervor, wo dann die weissen Quer- linien und Zeichnungen seitlicher weisser Triangel mit am Bauch aufsitzender Basis durchschimmern. Ausserhalb des "Weingeists er- scheinen die Thiere oben schwarz, am Xacken und Vorderhals mit intensiv schwarzem hinten scharf abgeschnittenem Collare , hinter welchem jederseits ein röthlichgelber triangulärer grosser Flecken — 149 — sitzt. Kehle und Hals gelb. — Unterseite des Mittelleibes schiefer- gvau, des Hinterleibs und Schwanzes schwarz. Ischognathus (Storeria) Dekayi BG. Dallas (Tex.) v. Dr. D. W. [3 1 Hypsirhina enliydris var. trilineata Gfü. R. b. J. Pinang V. Prof. L. R. u. F. M. [3] Hemiodontus leucobalia Jan. El. (Fordonia unicolor Gü. R. b. J.) Pinang v. Prof. L. R. [1] f^ mit compressem Schwanz ; abnorm : temp. 1 -|- B statt 2 -|- 3 ; lab. II und III an orbita, statt blos III. Homalopsis hoaefminis Jan. El. (Cerberus rliynchops Gü. R. b. J.) Pinang v. F. M. [1] Homalopsis Imccatus Gü. R. b. J. Pinang v. F. M. [1] Farn. Dryopliüidae (Dryadidae part. Dendropbidae, Dryophidae). Liopeltis tricolor Jan. (ic. livr. 31 pl. YI) ang. Malacca V. F. M. [1] Thamnosophis margaritifer Jan. El. (Dromicus m. Gü. cat.) Guatemala v: Dr. G. B. [1] Philodryas Sclioffii Gü. cat. variet. — Los Leones (Arg.) V. B.-H. Mächtiges und wohl erhaltenes Expl. — Grundfarbe der Ober- seite hellbraun, jede Schuppe schwarz gesäumt; ventralia gelb mit schwarzem Saum. Philodryas aestivus Gü. cat. Uruguay v. F. M.-M. [3] Mit 21 Schuppenreihen. Leptophis (Ahaetulla) spec. Goldküste. [1] Das noch ganz junge Thier fand sich nachträglich in dem- selben Glas, das die Holuropholis enthielt. Es gehört zur Gruppe derjenigen Arten (oder Varietäten?), welche bei Jan unter dem Ge- sammtnamen Leptophis Chenoni, bei Günther (cat. col. s.) unter dem Gesammtnamen Ahaetulla irregularis zusammengefasst sind. Günther hat später (Ann. Mag. N. h. III. 11.) diese Species A. irreg. wieder in mehrere Arten zerlegt (irreg. s. s.; heteroderma, natalensis, hoplo- ^aster etc.), mit deren keiner das gegenwärtige Stück sich deckt. Am nächsten steht es der A. heteroderma. Zwischen den hinten — 150 — auseinandertretenden Occipitaleu ein starkes Schaltschild. Bauch deutlich gekielt. Alle Schuppen mit Ausnahme der äussersten Reihe gleichgestaltet und gleichgross, in 15 leicht schrägen Reihen, glatt. Anale ganz. — Lab. 9 (wovon IV, V, VI an's Auge) ; Oc. 1 — 2 und 2—2. — Temp. 1 -f 3. — Ventr. 147. — Oberseite einfarbig braun, Unterseite heller. Dendrophis picta Grü. cat. Pinang v. Prof. L. R. [3] Ein Expl. hat auf der Vorderhälfte 17 Schuppenreihen. Dendrophis punctidata Gü. cat. Murray v. F. M. [1] Chrysopelea ornata Gü. R. b. J. Pinang; typus, und var. e. (var. Hasselti Bleek.) ang. Malacca v. F. M. [2] Chrysopelea ruhescens Gü. R. b. J. Pinang v. F. M. [1] Junges und beschädigtes Expl. Dryophis (Tragops) prasina Gü. cat. Pinang v. Prof. L. R. [2] Passerita myderizans Gü. cat. Karkala (Ost.-Ind.) v. Prof. H. Seh. [1] Langaha cristagaUi DB. Madagascar v. F. M. [1] Farn. Fsammophidae. Coelopeltis lacertina Gü. cat. Syrien (var. moilensis) v. F. 31. Dalmatien (var. Neumayeri) v. F. M. und D. Z. G. [3] Fam. Scytalidae. Brachyrhyton plumbeus Jan. El. (Oxyrhopus pl. a. a.) Uru- guay V. F. M.-M. und Los Leones (Arg.) v. B.-H. [2] Oxyrhopus tergeminus Gü. cat. Süd- Am., jung, v. F. M. [1] Fam. Lycodontidae. Lycodon aulicus Gü. R. b. J. Karkala (Ost.-Ind.) v. Prof. H. Seh. [1] Holuropholis olivaceus A. Dum. Goldküste (Aburi) statt B. niger var. d. im Katalog). Mit 23 Schuppenreihen, einerseits 8 lab. (wovon IV und V an's Auge), andrerseits 9 lab. (wovon V und VI an's Auge) ; einer- seits 1, andrerseits 2 praeocul. — Bauch in der Mitte hellgelb. Nymphophidium maculaüim Gü. R. b. J. Pinang v. F. M. [1] Günther (Rept. of brit. Ind.) stellt diese seltene, durch ihre — 151 — zwei hintereinander gestellten, in der Mundhöhle deutlich hervor- tretenden Knochenprotuberanzen der Schädelbasis (Vomer) ausgezeich- nete Schlange in die Nähe von Cyclophis. Unser Exemplar besitzt aber ganz deutlich beiderseits verticale Pupillen. In dieser Bezie- hung findet sich keine directe Angabe bei Günther, der blos sagt, dass das Thier in jeder Hinsicht dem Üdontomus ähnlich seP (bei welchem die Pupillen rund sind). Es dürfte daher das Genus Nym- phophidium eher bei den Lycodontiern oder Dipsadeeu einzureihen sein. Auch bei unserm Exemplar sind die beiden hintersten Zähne des Oberkiefers ausnehmend lang, kräftig, schneidend und ohne Rinne. Sämmtliche Merkmale der Pholidosis und des Kleides stimmen mit den von Günther angegebenen überein , zugleich auch mit der Ab- bildung von Odontomus subannularis in Jans Iconographie. Körper massig compress, Kopf keulenförmig, ventralia winklig gebogen. — Schuppenreihen 15, sämmtlich glatt. Nasale und Anale uugetheilt. — Supralab. 7 (wovon III und IV an's Auge treten, IV sehr hoch). Temp. 2 -f 2 -f 2 und 2 + 1 + 2. Frenalia treten beidseits an die orbita, über denselben noch ein .praeoculare ; links 1, rechts 2 postocul.; infralabialia 8, das erste Paar berührt sich hinter dem mentale. — Infi-amax. zwei Paar, das zweite kürzer als das erste, mit abgerundeter Spitze. — Rostrale eher breit und niedrig, obere Spitze leicht übergeschlagen. Postfrontalia schmäler als praefr. ; verticale breit wie bei den Dipsadeen; occipitalia lang, ihre Sutur länger als das verticale, hinten auseinandertretend. — 79 braune Flecken vom Nacken bis zum Anfang des Schwanzes, bald als Quer- binden , bald als Doppelflecken , ausserdem an den Flanken noch 92 braune Flecken. — 228 + 1 -f circa — . — Totall. 0,470, wovon Schwanz 0,110. Farn. Dijjsadidae. Dipsas hoops Gü. K. b. J. Pinang v. Prof. L. R. [1] Dipsas cynodon Gü. R. b. J. (Triglyphodon c. D. B.) Pi- nang V. F. M. [1] Wohlerhaltenes Expl. von 170 cm. Länge. Dipsas cencJwa Gü. cat. (Himantodes c. Jan. Trimorphodon c. Cope). Guatemala v. Dr. G. B. [2] Unsere Exemplare aus Guatemala gehören 2 Varietäten an, die man in ihren prägnantesten Vertretern als v. rhombeata und V. reticulata unterscheiden könnte. Es sind aber auch Uebergangs- stücke dabei. Bei beiden kommen sowohl 17 als 19 Schuppenreihen vor. — 152 — Tarbophis vivax DB. Dalmatien v. D. Z. G. [1] Leptodeira nifescens Grii. cat. (Crotaphopeltis r. Jan) Ceres (Cap) Y. Prof. L. R. und J. St. [2] Thamnodynastes natfereri Gii. cat. Uruguay und Argenti- nien V. F. M.-M. und F. M. [5] Telescopus oUiisus DB. (Dipsas aegypt. DB.) Aegypten V. F. M. [1] Farn. Acrocilordläae. Chersydrus gramdatus Gü. R. p. J. (Ch. fasciat. Cuv.) Ind. Areh., gek. [1] Fam. Hydropliidae. Pelamis hicolor. DB. — Westküste von Guatemala bei Champerico v. Dr. G. B.; Pinang y. Prof. L. R., jung. [2] Das Vorkommen dieser Meerschlange an der Westküste von Central-Americci ist nun schon mehrfach constatirt worden. (Vgl. n. a. Cope, ßept. of Costa Rica, pag. 148.) Fam. Elapidae. Elaps fidvius Gü. cat. Guatemala y. Dr. G. B. [2] Elaps circincdis Gü. cat. Guatemala y. Dr. G. B. [1] Elaps frontcdis DB. Süd-Am. gek. [1] Elaps Marcgravii DB. Uruguay y. F. M.-M. [1] Elaps (Poecilophis) hygiae Schi. — Ceres (Cap) v. Prof. L. R. [3] Callophis intesfincdis Gü. R. b. J. (Elaps furcatus Schi.) ang. Malacca y. F. M. [1] Aspidelaps luhriciis Jan. El. (Naja lubrica Schi., Cptophis scutatus Gü. cat.) Ceres (Cap) y. Prof. L. R. [3] Bungarus ceyJonicus Gü. R. b. J. Ceylon, gek. [1] Ophiophagus elaps Gü. R. b. J. Pinang y. F. M. [1] Wohlerhaltenes Expl. von 280 cm. Länge. Naja Imje Schi. Ceres (Cap) y. J. St. [2] Ein Expl. halberwachsen uniform dnnkelgelb, das andere sehr grosse aber in üblem Zustand befindliche braun, jede Schuppe mit gelbem Streif (var. intermixta D. B.). — 153 — Farn. Vipcridae. Vipera asjns L. v. Helfenberg (Basler Jura) v. Dr. A. B. [1], vom Gsteig bei Läufelfingen v. F. M. [5], v. Oberwyl im Simmenthai v. H. Gr. [5], Geissberg (bei Brugg) V. H. St. Seh. [1] Das Gsteig ist eine felsige, mit Buschwerk bewachsene Halde zwischen den Dörfern Läufel fingen und Wiesen. Die 5 dort erbeu- teten Stücke, 2 f^ und 3 $, gehören sämmtlich der typischen Form an. Die 2 ^ hellgrau mit schwarzen chevronartigen Querbinden, schwarzer Unterseite, weisser Kehle, weissem dicht schwarz gespren- keltem Hals und weissem Gastrosteginalrand. Infralab. bei beiden schwarz und weiss gewürfelt. Totaliänge 64 cm., wovon Schwanz 8 cm., und 61 cm., wovon Schwanz 8 cm. — Von den 2 misst das grösste Stück 697-2 cm. Die Farbe des einen ist kupferroth mit rothem schwarz gesprenkeltem Bauch, die der zwei andern schmutzig grau- oliv, die Unterseiten schwarz und roth gesprenkelt, die Schwanz- spitzen hochroth, die Kehlen rosa und fein schwarz gesprenkelt. Von den 5 Stücken aus Oberwyl gehören zwei (çf ) der Varietät V. atra Meissner an; die ganzen Thiere, Oberseite und Unterseite sowie auch Iris sind intensiv schwarz, ohne die geringste Andeutung irgend einer heilern Stelle; nur erscheinen die Ränder der Ventral- und Subcaudalplatten, soweit sie frei sind, durch durchfallendes Licht heller. Totallänge 63 cm., w^ovon Schwanz 9; und G5, wovon Schwanz 9. Das dritte Stück (J) gehört einer prächtigen Variante an, die ich nirgends erwähnt finde , und für die allenfalls die Bezeichnung var. infernalis nicht unpassend wäre. Die ganze Oberseite schwarz, Unterseite inclusive Maulecke und Schwanzspitze kräftig roth. Iris schwarz mit äusserm rothem Ring. Im Weingeist lässt sich erkennen, dass die ursprüngliche Grundfärbung der Oberseite kupferig war. Totallänge 62 cm., wovon Schwanz 7 Va. Das vierte Stück (5) gehört der Var. Vip. Hugii Schinz. Abb. (— var. rufa. E. de Betta) an , d. h. es läuft vom Nacken bis zum Schwanz über den Rücken hin eine breite hei unserm Exemplar nir- gends unterbrochene Wellenhinde. Vipern mit diesem Kleid sind sicherlich schon oft als Kreuzottern angesehen und angegeben worden. (Bei diesem Anlass bemerke ich, dass das in Solothurn aufbewahrte angebliche Originalexemplar der V. Hugii durchaus nichts mit der Schinz'schen Abbildung gemein hat, sondern das typische Kleid der Redischen Viper zeigt.) — Länge 63 cm., wovon Schwanz 7. — 154 — Das fünfte der Oberwyler Stücke ($) gehört der typischen Form an. — Alle 5 Stücke sind an derselben eng umgrenzten Lo- calität und an demselben Tage erbeutet worden. Der Geissberg (beim Dorf Kernigen, nördlich von Brugg) dürfte wohl im Schweizer Jura der östlichste Punkt für die Viper sein; wenigstens ist nichts davon bekannt, dass sie in den jenseits der Aar auftretenden Ausläulern dieses Gebirges (Lägern) gefunden worden wäre. Im transrhenanischen Jura tritt dann sogleich (bei Beringen, am Randen) die Kreuzotter auf (vgl. d. Katalog). Vipera arietans DB. Ceres (Cap) v. Prof. L. R. Kopf eines sehr grossen Expl. Vipera rhinocéros Schleg. (Echidna gabonicaD. B. Clotlio rh. Cope) Akropong (Goldküste) [1] Dieses Expl. fand sich nachträglich unter den 4 im Katalog aufgeführten Stücken v. V. nasicornis. Farn. Crotaliäae. Crotalus liorridus Schi. Gruatémala v. Dr. Gr. B. [1] Crotalophorus miliarius DB. Dallas (Tex.) v. Dr. D. W. [1] Trigonocephalus contorfrix DB. (Tr. cenchris Schi. Agki- strodon cont. BGr.; copperhead) ang. Süd-Carolina V. F. M. [1]; DaUas (Tex.) v. Dr. D. W. [3] Trigonocephalus inscivorus DB. (Toxicophis p. B. Gr. water-moccasin.) Dallas (Tex.) v. Dr. D. W. [1] Trigonocephalus hypnale Jan. El. (Hypnale nepa Gü. R. b. J.) Karkala (Ost-Ind.) v. Prof. H. Seh. [1] Bothrops atrox DB. Guatemala v. Dr. G. B. [2] Bothrops mexicanus Jan. El. (Bothriopsis m. Cope; Te- leuraspis numniifer Gü.) Yera Paz v. Dr. G. B. und F. M. [3] Bothrops affinis Boc. Ann. Sc. n. 1860. (Bothriopsis a. Cope.) Guatemala v. Dr. G. B. [1] Der vorigen Species in Pholidose und Zeichnung sehr ähnlich ; jedoch ist das rostrale nicht vom nasale durch eine Schuppenreihe getrennt. Gestalt bedeutend schlanker. Bothrops hrachystoma Boc. (Bothriopsis br. Cope). Yera Paz V. F. M. [1] Mageninhalt: eine Mabouia agilis. — 155 — Bothrops hicolor Boc. (Bothriechis bic. Cope). Guatemala V. Dr. Œ B. [1] Eine Vergleichung dieser mir erst seither zugekommeuen Art mit der von mir im Katalog als neu beschriebenen Bothriechis Ber- noullii lässt unzweifeliiaft erkennen, dass beide identisch sind, resp. dass bei B. Bernoullii abnormer Weise die beiden Nasalia verwachsen sind; ich habe übrigens diese Möglichkeit schon damals angedeutet. (Vgl. m. Mittheilungen aus der herp. Sammlung des Basler Mus. in d. Verhandlungen der naturf. Ges. VI., 3. u. 4. Heft.) Das vorliegende Stück zeigt 167 + 1 + 62. — Totallänge 80 cm., wovon Schwanz 14V2 cm. — Nur die äusserste Reihe der Schuppen ist glatt. Supralab. 10. Bothrops Schlegeln Berth. (Yar. nigroadspersus Steind.; ïeleuraspis Schi. Cope.) ang. Ecuador v, F. M. [1] Bothrops Wagleri Jan. El. (Trimeresurus W. Gü. R. b. J. = Trigonoc. formosus Schleg.?) Ind. Arch. Sumatra, erw. u. jung, v. F. M. [3] Die durchaus andere Livrée des jungen Thieres ist trefflich beschrieben in Gü. R. b. J. Ord. IL Sauria. Amphisbaenidae (Subordo). Blanus cinereus Wagi. Alicante. Getauscht. [1] Amphisbaena Barwinii DB. Uruguay v. F. M.-M. [2] Amphisbaena heterozonata Burm. Argentinien v. F. M. [1] Lepidosternum microcephalum Gray cat. Sh. R. — Brasi- lien V. F. M. [1] Farn. Monitoridae. Monitor nüoticus Gray cat. Goldküste v. Fr. R.-W. [1] Hydrosaurus salvator Gü. R. b. J. Pinang v. F. M. [1] Farn. Trachydermidae. Lepidophyma sp. cat. B. M. pag. 627. Vera Paz. [1] Fam. Lacertidae. Lacerta stirpium Daud. (agilis, sepium a. a.) Umgebung von Basel, Inselfels des Caumasees bei Flims, v. F. M. [12]; Weissenburg (Simmenthai) v. H. G. [1] — 156 — Lacerta viridis Daud. — Grrenzacher Rheinhalde (auf Schweizergebiet) v. H. K. Isteinerklotz y. P. S. — Brieg (Wallis) v. D. Z. G. Dalmatien v. ders. " [5] id. var. strigata Eicliw. aus Syrien v. F. M. [1] Lacerta muralis Laur. typ. Eaux-Bonnes (P}t.) v. F. L. [5] — Bi'ugg im Aargau. [1] id. var. Lilfordii Bedr. Isla del Ayre (Balearen). Tausch. [1] id. var. Judaica Camerano. Syrien v. F. M. [4] Obschon aile diese syr. Stücke beidseitig eia doppeltes (super- puûirtes) nasofrenale besitzen, so stimmen sie doch in allen übrigen Details mit L. mnralis überein. Es ist eine ausgezeichnete Varietät mit tiefblauer Kehle und hellblaugrünem Hals und Bauch. Rücken einfarbig grau mit schwarzen sparsamen Flecken. Flanken schwarz mit rahmgelben in Querbänder gestellten Augenflecken. (Unter den mehr als 30 Stücken unserer L. mur. aus Ajaccio befinden sich eben- falls 2 mit dopp. nasofrenale.) Lacerta vivipara Jacq. Pilatus v. H. K. [1] Acanthodactylus lineo-macidatus DB. Syrien v. F. M. [3] Acanthodactylus Savignyi DB. Plat. v. Sersou (Alg.) v. H. (Correctur. 2 der 3 im Katalog aufgef. Stücke v. lineo-mac.) Acanthodactylus scutellatus Aud. Aegypten v. F. M. [1] Acanthodactylus boshianus Helwan (Aeg.) v. F. M. [3] Eremias pardalis Gray cat. Helwan (Aeg.) v. F. M. [3] Eremias guttidata DB. Aegypten v. F. M. [3] Eremias pidcliella Gray cat. 1. Ceres (Cap) v. Prof. L. R. [1] Eremias Burchellii Gray cat. 1. zu setzen statt E. namaq. im Katalog. Ophiops elegans Gray cat. (Amystes Ehrenbergii \Yiegm.) Syrien v. F. M. [3] — 157 — Farn. Ameividae (Tejidae). Te jus teguexim Gray cat. (Salvator Merianae DB.) Brasi- lien V. B.-H. [1] Das Thier lebte mehrere Monate im Zoolog. Garten in Basel und ging im Frühjahr bei der ersten Häutung zu Grunde. Ameiva fesüvus Boc. exp. Mex. — Vera Paz v. F. M. [1] Am ei va imdulata Boc. ib. Guatemala v. Dr. G. B. [5] Cnemidophorus sexlineatus Boc. ib. — Sacapulas (Guat.) V. Dr. G. B. [1] Cnemidophorus lacertoides Cope. Los Leones (Arg.) v. B.-H. [1] Callopistes celestis Gray cat. (Aporomera ornata DB.) Chili V. F. M. [1] Acrantus Tejou Gray cat. Uruguay und Los Leones (Arg.) V. F. M.-M. u. B.-H. [5] Custa bicarinafa Gray cat. (Neusticurus bic. DB. Tho- rictis guian. Wagl.) S.-Am. — Ganz jung, nach- trägl. in d. Samml. gefunden. [1] Fam. Zonuridae. Gerrhonotus fidviis Boc. Exp. Mex. Alta Vera Paz v. Dr. G. B. [1] Gerrhonotus Moreletil Boc. Exp. Mex. Alta Yera Paz v. Dr. G. B. [2] Pseudopus Pallasii Gray cat. Dalmatien v. D. Z. G. [1] Fam. Cercosauridae, Lepidosoma scincoides Gray cat. (Pantodactylus d'Orbignyi DB. Tropidosaurus scincoides Scliinz.) Uruguay v. F. M.-M. [1] Ecpleopus Gaudichaudii DB. (Cercosaura G. Gray cat.y Ang. Ecuador v. F. M. [1] Proctoporus pachyurus Tschudi. (Ecpl. pacli. Peters Cer- cosauridae; Riama Gray.) Ecuador v. F. M. [1] — 158 — Fam. Gymnophtlialmidae. Cryptoblepharus Boutonii Gray cat. — Yiti u. Neuholland V. F. M. [2] Fam. Fygopidae. Pygopus lepidopus Gray cat. Neu-HoUand, gekauft. [1] Del ma spec. (orientalis c. m. God.) Queensland, gekauft. [1] — Mit 4 Afterporen. Fam. Lialisiäae. Liaiis punctulata Gray cat. Murray v. F. M. [1] Fam. Scincoideae (incl. Sepsidae etc.). Gongylus océllatiis Gray cat. — Aegypten. — Mit cauda bifurca u. getheiltem internasale, v. F. M. [1] Sphaenops sepsoides Gray cat. (S. capistratus D.B.) Aegyp- ten, V. F. M. [1] Hinulla australis Gray cat. Neu-Holland v. F. M. [1] Hinulia fasciata Gray cat. Philippinen v. F. M. [1] Hinulia inornata Gray cat. Neu-Holland v. F. M. [1] Hinulia Whitei Gray cat. Queensland v. F. M. [1] Hinulia gastrosticta Pet. Peakdowns v. F. M. [1] Eumeces Oppellii Gray cat. Ang. Murray v. F. M. [1] Eumeces (Mabouia?) Samoensis. Yiti Le vu u. Samoa v. F. M. [2] IVIocoa lateralis Gray cat. Texas v. F. M. [1] Mocoa microtis Gray c. Neu-S.AYales v. F. M. [1] Mocoa Novarae (Euprepes N. Steind.) ang. Futuna v. F. M. [3] Mocoa Deplanchei Boc. — Loyalty-Ins. v. F. M. [1] Carlia sp. (rhombifer Pet. cat. m. God.) Queensland v. M. [1] Lygosoma australis Gray cat. Queensland v. F. M. [2] Lygosoma sp. Guatemala v. Dr. G. B. [3] Lygosoma (Mocoa?) scutirostris Pet. ang. Queensland v. F. M. [1] — 159 — Plestiodon auratus Gray cat. (PL Aldrovandi DB. Se. Schneideri Geoff. Exp. Eg.) Syrien v. F. M. [1] Plestiodon quinquelineatus Gray cat. (Blue-tail) Texas v. F. M. [1] Diploglossus fasciafiis Gray cat. Brasilien v. F. M. [1] Euprepes quinqiietaeniafus Gray cat. (E. Savignyi DB.) Aegypten in zwei Varietäten v. F. M. [4] Euprepes sepfemfaeniatus Gray cat. u. DB. Syrien v. F. M. [1] Euprepes Merremii DB. (E. carinatus Gray cat.) Ceres (Cap) V. Prof. L. R. und J. St. [4] Ein Exemplar mit cauda bifurca; ein and. Expl. fast einfarbig grauoliv mit verwischten Längsbinden. Euprepes Raddonii Gray cat. Akropong v. M. D. [1] Euprepes Stangeri Gray cat. Akropong v. Miss. D. [1] Euprepes striatus Hall. — Ausgest. — Goldküste v. Miss. R. (v. J. 1845, nachträgl. aufgefunden). Euprepes maciililabris (a. sp. afïin.) Akropong v. Miss. D. [2] Supranasalia breit zusammenstossend. Frontonasalia durch eine breite Sutur des frontale mit dem internasale getrennt. Ohr- öffnung massig gross mit 2 kleinen Läppchen vorne. Schuppen 5- bis 7-kielig, ziemlich gross (in c. 8 Längsreihen über den Rücken). Schwanz rund. Analia den andern Bauchschuppen gleich. Palma und planta mit ziemlich spitzen Tuberkeln. Kücken hellbraunoliv, jede Schuppe mit dunkler Spitze. Seiten dunkelbraun (Basis der Schuppen braun, Spitzen heller) mit zerstreuten milchweissen Punk- ten, lieber alle Supralab. eine weisse Längsbinde. Unterseite gelb- lich; viele Schuppen mit sehr feinen weissen Pünktchen bespritzt. Euprepes JiaplorMnus Gü. ang. Loyal ty-Ins. v. F. M. [1] Tiliqua midticarinata Gray cat 1. Palau v. F. M. [2] Mabouia agüis Gray cat. Guatemala v. Dr. G. B. [2] Mabouia cepedi Gray cat. Uruguay v. F. M.-M. [1] Mabouia dorsovittata Boc. exp. Mex. — ang. Argentinien V. F. M. [1] Mabouia microsficfa Fet. Ponapé v. F. M. [IJ — 160 — Wabouia cyanea Gray cat. (Scincus cyanurusLesson; Eu- meces Lessonii DB.) Südsee v. F. M. [2] Mabouia parvisquamis Pet. Samoa v. F. M. [1] Mabouia nigra (Eumeces n. Hombr. u. Jaq.). Futuna (Fidji-Ins.) v. F. M. [2] Mabouia Gray spec. (Erhalten als Eup. bitaeniatus Pet.) ang. Palaos v. F. 31. [1] Anguis fragilis a. Basel v. H. G. [2] Rhodona punctata Gray cat. Ang. Queensland, gek. [1] Siaphos aequalis Gray cat. Neu-Holland v. F. M. [1] Fam. Acontiadae. Acontîas meleagris Gray cat. Ceres (Cap) v. Prof. L. R. [1] Fam. Iguanidae (neu-weltl.* arboricolae et humivagae). Laemanctus longipes AViegm. — W.-Guatémala und Vera Paz, jung, V. Dr. G. B. [4] Hieher die 3 Stücke, welche im Katalog- pag. 633 als Igua- nidengattung unbestimmt geblieben sind. Es sind drei frisch ausgeschlüpfte und ein junges Expl. Die erstem zeigen einen noch ganz kugeligen Kopf und ausser der ge- wöhnlichen weissen Längsbinde (vom Auge und supralabialen an) noch eine zweite jederseits, welche mit zwei statfelförmig gestellten Fragmenten am occiput beginnt und sodann continuirlich zum Schwanz verläuft. Bei dem etwas altern Exemplar fehlt diese obere Binde schon und der Kopf beginnt etwas der spätem Gestaltung sich zu nähern; doch ist noch nicht die eigentliche spitzbogenförmige Leiste zu erkennen. Corythophanes mexicanus Boc. exp. Mex. (C. chameleopsis DB., Chameleopsis Hernandesii Gray cat.) Yera Paz V. F. M. [1] Corythophanes cristafus Boc. 1. c. Guatemala v. Dr. G. B. [2] Basiliscus vittatus. Boc. 1. c. Guatemala v. Dr. G. B. [2] Anolius carolinensis DB. Texas v. F. M. [1] Anolius CoiyelBoc. 1. c. p. 77. Yera Paz v. F. M. [1] — 161 — Anolius nannodes Boc. 1. c. Guatemala v. Dr. G. B. [6] nicht wohlconservirt. Anolius (Sallaei oder hinotatus?) Boc. 1. c. Guatemala v. Dr. G. B., [5] nicht wohlconservirt. Anolius capito Pet. (Draconura c; A. carneus Cope.) Gua- temala V. Dr. G. B. [1] Anolius haccatus Boc. 1. c. Yera Paz v. F. M. [1] Anolius Bouvieri Boc. 1. c. Guatemala v. Dr. G. B. [1] Anolius limifrons Cope. Guatemala v. Dr. G. B. [1] Taraguira torquata Gray cat. Brasilien v. F. M. [1] Leiocephalus iridescens Gü. Proc. L. S. 1859. Ang. Ecua- dor V. F. M. [1] • Sceloporus undulatus Gray cat. Texas v. F. M. [3] Leiolaemus xnctus Gray cat. Chili v. F. M. [1] Leiolaemus Wiegmannii Gray cat. (Proctotretus W. DB.) Uruguay v. F. M.-M. [2] Iguanidarum terr. sp. et gen. nov.? (Leioderae Gray affin.) Uruguay v. F. M.-M. [1] (Hiezii eine Tafel.) Kopfgestalt imd Gesammtliabitus v. Leiodera chilensis Gray. (Vgl. Calotes cliil. Lesson. Coq. Rept. Tafel I.) Kopf kurz, kugelig, von der Frontalgegend steil abfallend, Schnauze keilförmig depress; Körper ziemlicli depress; Schwanz lang, Basis desselben aufgetrie- ben, rund. \ Zunge fleischig, schwammig auf der Oberseite, mit glattem Ueberzug auf der Unterseite, in der Mitte dieser mit seichter Längs- furche. Basis der Zunge pfeilspitzenartig verbreitert, Spitze abge- rundet. Gebiss pleurodont; hintere Zähne tricuspid; Gaumenzähne? Der ganze Körper, Ober- und Unterseite, die ganze Kopfober- fläche und die Extremitäten mit stark gekielten, imbricirten, breit lanzetförmigen Schuppen bekleidet, deren Spitzen am Leib oft aus- ragen (dagger-pointed Gray.) Bauchschuppen etwas kleiner. Yom Auge beginnend, über die Flankeu weggehend bis zum Schwanz, jederseits eine Beihe etwas stärkerer Schuppen, deren braungefärbte Kiele über einander fortlaufen. Nur am occiput ein kleines flaches Plättchen und nur an der Kehle glatte Schuppen. 11 — 162 — Keinerlei Falte oder Halsband, Keine besondern Analschup- pen; weder Schenkel- noch Afterporen. Unter dem Auge jederseits ein längeres glattes, ausgehöhltes Schildchen, unteres Augenlid mit körnigen kleinen Schuppen dichtbesetzt. Nasenloch oberhalb der Schnauzenkante in einem Schildchen etwas nach aussen und oben gerichtet. Ein niedriges dreieckiges rostrale und ein fünfeckiges mentale. Ohröffnung etwas vertieft, vorne mit starken Schuppen über- legt. Labialia, Frenalia und Superciliaria sehr schmal und lang. Extremitäten kräftig, Zehen 5—5; nur die dritte und vierte Zehe auf gleichem Niveau entspringend, die vierte \ 3 länger als die dritte. — Alle Zehen stark gezähnt und bekrallt, die Unterseite mit durchgehenden mehrspitzigen Schuppen bekleidet. Dreispitzige Schup- pen an planta, palma und Schwanz.' Oberseite des Rumpfs metallisch-blau mit 3 Reihen schwarzer Tropfenflecken. — Flanken oben blau, unten mit schwarzen gelb- gesäumten Querstreifen. Am Nacken in der Mitte ein schwarzer Tropfenfleck. Kopf dunkelbraun mit schwarzen Flecken, von welchen einer zwischen den Augen ein mit der Spitze nach hinten gerich- tetes Dreieck vorstellt. Die erwähnten grössern Seitenschuppen bil- den eine hellbraune Linie jederseits den Rücken hinab, unter dieser noch eine zweite ähnliche Längslinie. Schwanz gelbbraun mit dunkelbraunen chevronartigen Quer- binden. Extremitäten blau mit schwarzen Querbinden. Unterseite überall strohgelb. Länge des Thieres 18 cm., wovon 11 auf den Schwanz (vom After an) entfallen. Das Thier unterscheidet sich generell von Leiodera (Proctotre- tus p. Dß.) durch den mit Kielschuppen bekleideten Kopf, durch ge- kielte Schuppen am Bauch, durch Mangel von Analporen und duixh Mangel (?) von Gaumenzähnen. Sollte das Thier noch nicht beschrieben sein, so könnte allen- falls der Name Tropidocephalus azureus passen. Phrynosoma cornutum Harl. (Phr. Harlani DB.) Texas V. D. Z. G. [3] Farn. Agamidae (altweltl.; arboricolae et humivagae). Draco volans Gü. R. b. J. (D. viridis Schi.) Pinang, (^ und Î V. F. M. [2] — 163 — Bronchocoela cristateUa Gü. R. b. J. Pinang v. E. M. und Prof. L. R. [3] Oilophyrus grandis Gü. R. b. J. Pinang v. Prof. L. R. Gonyocephalus chameïeonfina Gray cat. Hz. (Lophyrus ti- grinus DB. Galeotes lophyrus Schl.) Ang. Malacca V. F. M. [1] Hypsilurus macrolepis Pet. M. Berl. Ac. 1872. Ang. Duke of York-Insel, gekauft. [1] Otocryptis hivittata Gü. R. b. J. Ceylon, gekauft. [1] Grammatophora harhata Gray cat. Queensland y. F. M. [1] Japalura variegata Gü. R. b. J. Ostindien v. F. M. [2] Trapelus ruderata Gray cat. (Agama mutabilis DB.) Aegyp- ten V. F. M. [1] (Ebenso ist im Katalog p. 636 Tr. r. zu setzen statt Phr. helioscopus.) Farn. Geckotidae (Nyctisaura, Ascalabotidae). Hemidactylus verriicidatus Gray cat. Syrien v. F. M. [3] Hemidactylus mabouia Gray cat. Brasilien v. F. M. [2] Hemidactylus coctaei Gü. R. b. J. Pinang v. Prof. L. R. Hemidactylus triedrus Gü. R. b. J. Pinang v. F. M. [1] Hemidactylus fraenatus Gü. R. b. J. Pinang v. Prof. L. R. [1] Peripia cantoris Gü. R. b. J. Ind. Arch. v. F. M. [2] Peripia peronii Gray cat. Pinang v. F. M. [2] Peripia variegata Gray cat. (Hemid. var. DB.) Queens- land V. F. M. [2] Nycteridium Schneideri Gü. R. b. J. (Platycerus Sehn. Gray cat.) Pinang von F. M. [6] Ptyodactylus geclw Gray cat. (Gecko Hasselquisti DB.; Gecko lobatus Geoffr. Eg.) Aegypten v. F. M. [5] Pachydactylus elegans Gray cat. (aut. spec. affiniss.) Ceres (Cap) V. Prof. L. R. Phelsuma lineatum Gray cat. (Pachyd. lin. Böttg. Rept. mad.; Platyd. ocell. var. DB.) Madagascar v. F. M. [4] — 164 — Tarentola aegyptiaca Gray cat. (Platyd. œg. DB.) Aegyp- ten V. F. M. [1] Gecko Smithii Gray cat., ang. Malacca v. F. M. [1] Gecko neocaledoniciis Boc. Loyalty-Ins. v. F. M. [2] Gecko hivittatiis Gray cat. Palau v. F. M. [2] Gehyra australis Gray cat. Queensland v. F. M. [1] Gymnodactylus Kotschyi Steind. Insel Milo, Tausch. [2] Gymnodactylus Arnouxii A. Dum. Yiti v. F. M. [2] Cyrtodactylus marmoratus Gray cat. liz. (Goniod. m. Kuhl.) Amboina v. F. M. [1] Diplodactylus marmoratus Gray cat. Neu-Holland v. F. M. [1] Diplodactylus anomalus Pet. Queensland v. F. M. [2] Uroplates fimhriatus Gray cat. (Ptyod. f. DB.) Madagas- car V. F. M. [1] Ptychozoon liomalocephalum Kuhl. Java und Pinang v. F. M. [2] Fam. Chameleonidae. Chameleo pumilus Gray cat. Ceres (Cap) v. Prof. L. R. [1] Chameleo verrucosus Gray cat. Madagascar v. F. M. [1] Chameleo hrooJcesianus Gray cat. (Ch. superciliosus Kuhl.) Madagascar v. F. M. [3] Ord. III. Chelonia. Trionyx nïloticus Gray cat. Sh. R. (Tr. aegypt. Geoffr. Eg.) Nil bei Cairo v. F. M. [1] Sehr grosses Exemplar. Trionyx javanicus Gü. R. b. J. Pinang v. F. M. [1] Emys caspica (E. Sigriz. var.) Gray cat. Sh. R. — Insel Milo. — Tausch. [1] Emys venusta Gray cat. Sh. R. Guatemala v. Dr. G. B. [3] Emys areolata Ang. Dum. (Malaclemys concentr. var. — 165 — areolata Gray cat. Sh. R.) Guatemala v. Dr. G. B. [2] Geoclemys guttata Gray cat. Sh. R. Nord-America v. D. Z. G. [1] Cuora amhoinensis Gray cat. Sh. R. (Cistudo a. DB.) Ang. J. Negros, gekauft. [1] Staurotypus triporcatus DB. Usumasinta (Guat.) v. Dr. G. B. [3] Kinosternum pensylvanicum Wagl. Ang. Texas v. F. M. [3] Kinosternum integrum Le Conte. (Tyrost. i. Agass.) Gua- temala V. Dr. G. B. [3] Kinosternum herendtiammi Cope. Guatemala v. Dr. G. B. [1] Chelydra serpentina Gray cat. Sh. R. (Emysaurus serp. DB.) Nord-America $ v. D. Z. G. [1] (Ausgestopft.) Testudo graeca Gray Sh. R. (Yor Basel im Freien ge- funden.) Y. H. K. [1] Testudo geometrica Gray cat. Sh. R. Ceres (Cap) v. J. St. [1] Kinixys erosa Gray cat. Sh. R. Goldküste v. Fr. R.-W. [1] Tafel: Zu Seite 161. Neue (?) Igaanide aus Uruguay. — Hauptfigur in Natur- grösse, Nebenfiguren vergrössert. Bauchschuppen. — Basel, im October 1880. Zweiter Nachtrag zum Katalog der herpetolo- gischen Sammlung des Basler Museums. Von F. Müller. Die mit * bezeichneten Arten sind neu für die Sammlung. Salamandra maculosa Laur. Allerheiligen (Bad.), Langen- brück V. Ach. Müller u. Dr. A. Bider. [8] Triton cristatus Laur. Z2 AVürzburg (nach Sempers Me- thode) V. P. Sarasin. [2] Triton alpestris L. Lago del Uomo (Tess.) v. Hans Gysin. [4] Die Färbung der Oberseite ist eine wesentlich dunklere als bei den Thieren unserer Gegend. Triton lohatus Fat. St. Gingolph v. H. G-ysin. [4] *Euproctus montanus Savi. — Petrapiana am M. Cinto (Cors.) V. Dr. F. Mayor. [3] *Euproctus py renalis DB. Lac de Gaube (Pyr.) v. Fern. Lataste. [1] Salamandrina perspicillata Savi. Tavernelle (bei Florenz) V. Dr. F. Mayor. [1] Rana escidenta L. Ajaccio v. F. M. St. Gingolph v. H. Gysin. [15] Rana fusca R. (temporaria L.) Käferholz bei Basel (Forma oxyrh.) Ritomsee (F. platyrh. et oxyrh.) Oberweiler in Baden (F. oxyrh. bis agilis). v. F. M. u. H. Gysin. [10] — 167 — *Rana KnliUi (?) Gü. cat. b. R. Ceylon v. F. M. [1] *Cystignathus nodosus DB. Yaldivia, gekauft. [1] " Cystig nathus hihronl Gü. cat. (Borborocoetes b. Bell). Yaldivia, gekauft. [2] *Cystignathus graiji Gü. cat. (Borb. gr. Bell) Yaldivia, gek. [2] *Cystignathus roseus Gü. cat. suppl. Yaldivia, gek. [1] Pleurodema bibroni Gü. cat. Yaldivia, gekauft. [2] Discoglossus pictus Gü. cat. var. sardoa. J^ u. $ u. Larven. Ajaccio V. F. M. [18] Sehr gemein in der ganzen Umgebung der Stadt, besonders aber in Menge in dem Sumpfe hinter torre di Capitello. Er ist der früheste Batrachier. Das erste Exemplar fing ich schon Ende Januar in einer nahe am Meere gelegenen Lache bei Madonna del Carminé, und sah zu gleicher Zeit in derselben einige Kaulquappen. Die Lache wurde von Grundwasser gespeist, jedoch beim Sturm von Spritzwellen erreicht. Megalophrys montana Gü. R. b. J. (Ceratophryne nasuta $ Schi.) Bornéo v. F. M. [1] Alytes obstetricans Laur. Paris v. P. Sarasin. Müllheim (Bad.) V. F. M. [3] Pelobates fuscus Gü. cat. — Würz bürg und Speier v. P. Sarasin, Neudorf v. d. Dir. d. Z. G. [5] Phryniscus nigricans Gü. cat. Montevideo v. H. Dr. Tymowski. [2] Bufo vulgaris Laur. Oberweiler (Baden). Weissenburg- bad, Faulenseebad, Langenbruck v. H. Gysin, Dr. Bider u. F. M. [9] Bufo calamita Laur. Müllheim (Baden) v. F. M. [1] *Bufo asper Gü. R. b. J. Sumatra v. F. M. [1] Bufo sp. (vgl. Erst. Nachtrag B. v. Uruguay) Augusta (Argent.) v. Fr. Heitz. [2] *Polypedates eciues Gü. R. b. J. Pegu v. F. M. [1] *Rhacophorus pardalis Gü. cat. Bornéo v. F. M. [1] *Hylodes conspicillatus Gü. cat. Ecuador v. F. M. [1] *Hylodes Uneatus Gü. cat. Ecuador v. F. M. [2] 168 *Hylodes Uptopus Gü. cat. Yaldivia, gek. [1] Hyla arhorea (\iridis) a. Ajaccio v. F. M. [3] In den Gärten der Stadt und in der Umgebung ungemein häufig. Keines der von mir untersuchten (circa 40) Exemplare be- sitzt den schrägs nach vorne und aufwärts laufenden weissen Weichenstrich, der bei unsern einheimischen Laubfröschen immer sich vorfiindet. Zwölf unserer Stücke aus Ajaccio zeigen mehr oder weniger deutlich abgesetzte und zuweilen fein weiss gesäumte dunkle Rückenflecken. Hyla sqidreUa Gü. cat. (H. femoralis Daud.). N.-America Y. Prof. Rütimeyer. [3] *Hylaplesia tincforia Gü. cat. (Dendrobates t. Wagl.) Ecuador v. F. M. [1] Berichtigung. Im ersten Nachtrag ist statt Bufo pan- therinus (aus Nubien und vom Cap) zu setzen: Bufo regularis Reuss. (= B. guiueensis Gü. cat.). II. R^ei^tilia. Ord. I. Ophidia. *Nardoa loa Schi, (unicolor) Xeu-Brittannien v. F. M. [1] *Erebophis asi)er Gü. P. Z. S. L. 1877. N'eu-BrittannieQ V. F. M. [1] Coronella girondica Daud. Castelfalfi (b. Yolterra); Yau- cluse Y. Dr. F. Mayor und y. H. Steheliii-Im- hof. [2] *Coronella olivacea Gü. cat. Lagos u. Abadafi (^y.-Afr.) Y. Prof. Schiess u. gek. [2] Coronella piilchella Jan. Monte\Tideo y. Dr. Tymowski [1] *Enicognathus rhodogasfer DB. Madagascar y. F. M. [1] Heterodon d'Orhignyi Gü. cat. Monte^^deo y. Dr. Ty- mo^vski [1] *Anomalodon madagascariensis Jan. Madagascar y. F. M. [1] — 169 — Macroprolodon maurefanicus Guich. (Coron. cucuU. Gii.) Medeah v. F. M. [1] Tomodon oceUatus Jan. El. Montevideo v. Dr. Ty- mowski [1] Elaphis aescidapii DB. (Wahrsch. Südtyrol) v. d. Dir. d. Z. G. [2] *Elaphis dione DB. Sibirien v. F. M. [1] Zamenis atrovirens Gii. cat. typus u. v. carbonaria herk.? V. Dir. Z. G. (2) Cynophis malabariensis Gii. R. b. J. Mangalore v. Rud. Burckhardt. [1] Tropidonotus natrix Kuhl. Bartenheimerhardt v. Prof. E. Hagenbach; id. var. bistriata v. d. Dir. d. Z. G. [2] Tropidonotus tessellatus Laur. v. Dir. Z. G. [2] Tropidonotus quincunciatus Gii. R. b. J. Tschonglok v. Pf. Pfister durch Dr. DeWette. [1] Tropidonotus triangidigerus Gü. R. b. J. Tschonglok v. demselben. [1] Tropidonotus (Amphiesma) stoïattis Gii. R. b. J. Tschong- lok V. demselben. [1] Hypsirhina jüiimhea Gii. R. b. J. Tschonglok v. dems. [3] Hypsirhina ckinensis Gii. R. b. J. Tschonglok v. dems. [3] *Calopisma Reimvardti Jan. El. (Homalopsis R. Schlegel; Farancia abacurus BG.) Natchez v. Dir. Hag- mann. [1] *Helicops mortuarkis Jan. El. (Tropid. m. Schlegel) Lagos V. Prof. Schiess [1] Philodryas aestiviis Gii. cat. Montevideo v. Dr. Tymowski. [2] Gonyosoma oxyceplialum Gii. R. b. J. (G. viride Gü. cat.) Pulo-Pinang v. Prof. Rütimeyer. [1] Ahaetulla irregularis Gii. Goldküste v. Lehrer Preiswerk. [2] *Dendrophis salomonis Gü. Neu-Brittannien v. F. M. [1] Chrysopelea ornafa Gü. cat. Pulo-Pinang v. Prof. Rüti- meyer. [1] — 170 — • Psammophis sïbïlans Gü. cat. Goldküste v. Lehrer Preis- werk. [1] Psammophis élegans Gü. cat. Goldküste v. dems. [1] *Taphrometopon lineolatum Strauch Schi, llussl. Tschinas V. F. M. [2] *Eteirodipsas colubrinus Jan. El. Madagascar v. F. M. [1] *Xenoderma javanicus Rhdt. jung. Pulo-Pinang v. Prof. Rütimeyer. [1] Naja nigrlcoUis Rhdt. (N. atropos Schlegel.) Goldküste V. Lehrer Preiswerk. [1] *Callophis hivirgatus Gü. R. b. J. Sumatra (getauscht). [1] *Hydrophis liardivicJcii Gray. (H. pelamidoides Schlegel.) Chin. Meer, gek. [1] Vipera (Pelias) herus L. Oberh. Mont du Lac an der Dent de Yaulion v. Alfr. BernouUi; Sardascathal, Alp Nowai bei Klosters, Clubhütte Silvretta v. Notar Nett, durch Prof. Bischoff; var. prester unsichere Her- kunft (sehr wahrsch. Südtyrol) v. d. Dir. d. Z. G. [6] Das Stück vom Silvretta enthielt im Rachen eine frisch ver- schluckte Salam. atra. Das Vorkommen der Kreuzotter auf einigen Höhen des waadtländischen Jura (Languetine, Suchet, Champvent) ist schon v. du Plessis nachgewiesen worden (vgl. Bull, de la Soc. vaudoise des sc. nat. IX. Xo. 59, 1868) ; an denselben Localitäten ist auch Y. aspis häufig. Der Fundort des hier erwähnten Stückes hat eine Meter-Höhe von 1113 m. Vipera asjns L. Gryon (Waadt, 1130 m.) v. A. Knecht; weisse Fluh bei Liestal v. Dr. Gutzwiller; Zermatt V. Prof. Schiess ; Weissenburgbad (var. rufa de Betta) V. H. Gysin; unsichere Herk. v. d. Dir. d. Z. G. [6] Vipera ammodytes Schi. — Unsich. Herk. v. d. Dir. d. Z. G. [1] *Crotalus (Caudisona) confluentus Say. Texas v. Dir. Hagmann. [1] Ausgewachsenes Exemplar von vorzüglicher Conservirung. ^Trigonocephalus hahjs DB. Ust-urt v. F. M. [1] — 171 — Trimeresurus erytknirus Gü. E. b. J. (Bothrops viridis Schlegel.) Tschonglok v. Pf. Pfisterer durch Dr. De Wette. [2] Ord. II. Saiiria, *Pachycalamus hrevis Gü. P. Z. S. L. 1881. Socotra v. F, M. [1] Monitor nüoticns Gray cat. (Yaranus n. DB.) Lagos V. Prof. Schiess. [2] *Heloderma horrkïum Wiegm. Tehuantepec (gek.). [1] Lacerta stirpium Daud. Oberweiler (Bad.), Gryon (Waadt), Leponiskaja Staniza (R.-As.) v. A. Knecht u. F. M. [3] Lacerta viridis Daud. Wylen (bei Basel) v. A. Knecht; jS'izza V. H. Gränicher. [2] Lacerta muralis var. fnsca Bedr. Les Plans de Frenières (Waadt) V. A. Knecht, Bordighera v. H. Gysin, Ajaccio V. F. M. [5] *ld. var. Filippii Camerano; Lenkoran (casp. M.) v. F. M. [2] Die sämmtlichen zahlreicheE Stücke unserer Sammlung aus Ajaccio sind lebhaft weiss getupft, sowohl auf den Flanken als auf dem Rücken, während weitaus die meisten unserer einheimischen Stücke auf dem Rücken unicolor bleiben. Zwei Stücke aus Bordi- ghera gleichen vollständig den schweizerischen. Lacerta ocellata Daud. ^Nizza v. H. Gränicher, Bordighera V. H. Gysin. [5] Lacerta vivipara Jaeg. vom Gipfel des Monte Fongio (Tess.) 2212 m. V. H. Gysin; Gryon und rocher du vent (1700 m. Waadt) v. A. Knecht. [3] * Lacerta Brandti d. Fil. Rasano im Talyschgebirg v. F. M. [1] *Eremias argiita Gray cat. (E. variabilis Pallas) Nowo- Alexandrowsk (Ust-urt) u. Rasano im Talyschgeb. v. F. M. [3] • — 172 — *Eremias vélox Gray cat. Tschinas (Turkest.) y. F. M. [1] *Gerrhosaurus macïagascariensis Gray cat. Madagascar v. F. M. [2] *Gerrhonotus Burnettii Gray (vgl. Boc. exp. ^Mex.). Cali- fornien V. F. M. [1] *Ecpleopus strangulatiis Cope. Ecuador v. F. M. [1] Lepisoma scincoides Gray cat. Augusta (Arg.) v. F. Heitz. [2] *Ablepharus hivittatus Men. Talyschgeb. v. F. M. [1] *Ablepharus deserfi Strauch. Tschinas y. F. M. [1] Keneuxia smaragdina Gray cat. Cebu y. F. M. [1] Anguis fragilis L. Oberweiler (Bad.) y. F. M. [2] Seps chcdcides DB. Castelfalfi b. Yolterra y. Dr. F. Mayor ; Nizza Y. H. Gränicher. [4] Lygosoma (Mocoa) assata Boc. Exp. Mex. (Lampropholis ass. Cope) Yera Paz. Zu setzen für Mocoa sp. atf. laterali iin Katalog pag. 628. Iguana rhmoJophus Bor. Exp. Mex. — Mexico y. Dir. Hagmann. [1] *Basiliscus americanus Boc. Exp. Mex. (B. mitratus Daud.) ang. Antioquia (N.-Gr.) gek. [1] *Sceloporus aeneus Gray cat. Misantla, gek. [1] *Leiolaemus cyanogaster Gray cat. Yaldivia, gek. [2] *Diplolaemus hïbronii Gray cat. Yaldivia, gek. [1] *Ceratophora tennentii Gü. R. b. J. Ceylon v. F. M. [1] *Ceratophora aspera Gü. R. b. J. Ceylon y. F. M. [1] *Lophura amhoinensis Gray cat. (Istiurus amb. Cuv.) y. F. M., Balg. [1] *Stellio caucasiens Gray cat. Rasano im Talyschgeb. y. F. M. [1] *Trapelus sanguinolentns Gray cat. Daryalyk v. F. M. [1] *Phrynocepha\us helioscopus Gray cat. Daryalyk v. F. M. [1] *Phrynocephalus interscapularis (? Str.). Insel Tschalekea im Casp. M. [1] — 173 — *IVIegalochilus auritus Gray cat. (Phrynoceph. aur.). Aralsee v. F. M. [1] Liolepis guttatus Gü. K. b. Ind. (L. Bellii Gray cat.) Piilo-Pinang v. Prof. Riitimeyer erw. u. jung. [6] *Phyllodactylus europaeus Gray cat. Insel Tinetto (Spezzia) V. Dr. Fors. Mayor. [3] *Ptyodactylus Oudrii Lat. v. Gardaïa (alg. Sahara) v. Fern. Lataste. [2] Hemidactylus vemiculatus Gray. Mzza v. H. Gränicher. [3] *Leiurus ornatus Gray cat. Alt-Calabar v. F. M. [1] Tarentola mauretanica Gray cat. Mzza v. H. Gränicher. [2] *Tarentola Delalandii Gray cat. Alt-Calabar v. F. M. [1] *Pristurus rupestris Blanf. P. Z. S. L. 1881. Socotra v. F. M. [2] *Goniodactylus concinnatus O'Shangnessey P. Z. S. L. 1881. Canelos v. F. M. [1] *Gymnodactylus indiens litoralis Jerd. Mangalore v. Rud. Burckhardt. [3] *Chameleo dllepis Gray cat. Alt-Calabar v. F. M. [1] *Chameleo monacJms Gray. Proc. Z. S. L. 1864. Socotra V. F. M. [1] *Pterosaurus cristatus Gray P. Z. S. L. 1864. (Cham. er. Gray cat.) W.-Africa v. F. M. [1] Ord. m. Schildkroteu. *Testudo Jiorsfieldii Gray cat. sh. R. Tschinas (Turkest.) V. F. M. (1) Ord. lY. Krokodile. Alligator mississipiensis Strauch syn. Neu-Orleans, jung, V. Dir. Hagmann. [2] Crocodilus vulgaris var. madagasc. Boettg., jung, Madagascar V. F. M. [1] December 1881. 174 Arten-Bestand der lierpetol. Sammlung. October 1880 December 1881 Zunahme um Amphibien 170 18G 16 Schlangen 373 390 17 Saurier 267 300 33 Krokodile 8 8 ■ — Schildkröten 48 49 , 1 866 933 67 lieber das Hagelwetter vom 29. Juni 1879. I. Ueber Hagelkörner mit Eiskrystallen ^), Notiz von Ed. Hagenbach-Bischoff. Am 29. Juni 1879, einem schwülen Tage, an welchem die Lufttemperatur 30*^ C. erreichte, entlud sich Abends 6V2 Uhr plötzUch ein Gewitter mit Hagel über der Stadt Basel. Die Schlössen fielen zugleich mit Regen und nicht sehr dicht; auch waren sie nicht von auffallender Grösse; Wägungen ergaben als Mittel etwa 6 g. für das Korn, die grössten mögen wohl 10 g. gewogen haben. Was sogleich auffiel, war die ungewöhnliche Gestalt der Hagelkörner. Die Grundform war die eines stark abgeplatteten EUip- soides, das man auch als Linse bezeichnen könnte; in der Mitte war ein kleiner undurchsichtiger Kern, und um den- selben lagerte sich das Eis in concentrischen Schichten, die eine nach dem Centrum weisende Strahlung zeigten. Soweit hatten sie das Aussehen von einer häufig beim Hagel vorkommenden Form; nun ragten aber am äussern Umfange der Linse oder dem Aequator des Ellipsoïdes nach aussen einzelne Zacken, theilweise bis zur Länge von etwa IV2 cm. hervor, die vollkommen das Aussehen von ') Delcross, Gilb. Ann. LXVIIL p. 323. 1821. Abicli, Ueber krystallinischen Hagel. Tiflis 1871. — Auszug in Pogg. Ann. CXLVI. p. 475. 1872. Eod. Blanchet, Annuaire météorol. de la France pour 1852. 4ième année, p. 73. P. Secchi, Compt. rend. LXXXIII. p. 1009. 1876. Schönbein, Hagelkörner mit deutlicher Krystallform. Ver- handl. Schweiz. Naturf. Ges. in Aarau 1850 pag. 112. — 176 — Krystallen hatten; besonders deutlich waren pyramidale Zuspitzungen zu erkennen. Solche Hagelkörner mit Eiskrystallen sind schon zu verschiedenen Malen beobachtet worden ; die hier gefallenen hatten am meisten Aehnlichkeit mit denen, die Ab ich beim Hagelfall am 9. Juni 1869 bei Bjeloi Kliutsch in der Nähe von Tiflis untersucht und beschrieben hat *), nur dass die unseren bedeutend kleiner waren. Auch war der Ueber- gang von den concentrischen Schichten zu den einzelnen aufsitzenden Krystallen nicht so plötzlich und unvermittelt, als es die meisten Zeichnungen von Abich anzudeuten scheinen; überdies habe ich alle Ursache anzunehmen, dass die Zeichnungen in diesem Punkte etwas zu schema- tisch sind ; ich schliesse das aus folgenden eigenen Worten Abich's-): „Die Krystalle legen sich nur in einer die Rückenkante einnehmenden peripherischen Zone ungleicher Anhäufung um das Sphäroid, sind aber von der Masse desselben keineswegs in scharfer Abgrenzung geschieden, sondern erscheinen in derselben mitunter tief eingesenkt." Wenn wir diesen Worten entsprechend Modificationen an den Abich'schen Zeichnungen anbringen, so stimmen die- selben, abgesehen von der Grösse, vollkommen mit dem überein, was wir hier beobachtet haben. Leider waren infolge der hohen Temperatur die Hagel- körner schon im Fallen etwas geschmolzen und schmolzen immer mehr, sodass eine genaue krystallographische Inter- pretation der Flächen nicht möglich war. Um jedoch die Frage zu entscheiden, ob die pyramidal zugespitzten Her- vorragungen wirkUch Krystalle waren, habe ich die Be- obachtung im polarisirten Lichte zu Hülfe gezogen. Ich *) Die Copie einer Abich'schen Abbildung hat J. Müller in seiner kosmischen Physik (4. Aufl. p. 721) gegeben. 2) 1. c. p. 71. — 177 — verfertigte mit Hülfe eines Messers, so gut es die wegen des Schmelzens kurz zugemessene Zeit zuliess, Schnitte durch die Krystalle, und zwar theils senkrecht zu der Axe, theils parallel zu der Axe. Wenn auch schon die so er- haltenen kleinen Eisplättchen ziemlich unregelmässig waren, so konnte ich doch einigemale bei solchen, die senkrecht auf die Axe herausgeschnitten waren, die Kinge mit dem schwarzen Kreuz bei gekreuzten und dem weissen Kreuz bei parallelen ISicol's deutlich erkennen; während die pa- rallel zu der Axe gemachten Schnitte nur Farben zeigten, die bei der Drehung des Mcol's um 90^ in die comple- mentären übergingen, aber keine Spur des Kreuzes. So sehr es wünschenswerth gewesen wäre, die Yersuche noch öfter zu wiederholen und grössere Sorgfalt auf die Her- stellung der Schnitte zu verwenden, so glaube ich doch, dass die von mir angestellten Yersuche es ausser Zweifel setzen, dass wir es bei unseren Hagelkörnern mit wirk- lichen Eiskrystallen zu thun hatten, deren Axen nach dem Centrum des Hagelkorns gerichtet waren. Das Kreuz sah ich nur in den aus den Krystallen genommenen Schnitten, nicht aber, wenn ich das concentrisch geschichtete Eis nahm; es stimmt das mit den Beobachtungen von J. Mül- ler^) und J. H. L. Flögel-), die nicht das Kreuz finden konnten, da sie nur die krystallinische Masse , nicht aber einzelne Krystalle von Hagelkörnern untersuchten. Ueber die Entstehung solcher Hagelkörner kann man natürlich sehr verschiedene Anschauungen haben. Die schon öfters ausgesprochene Ansicht, dass die Ueberschmel- zung des Wassers hier eine KoUe spielt, scheint mir sehr wahrscheinlich. Wir können annehmen, dass sich zuerst durch eine strahlenförmige Zusammenlagerung von Schnee- ') Pogg. Ann. CXLIV. p. 333. 1871. ') Pogg. Ann. CXLVI. p. 482. 1872. 12 — 178 — kryställchen ein Graupelkorn bildet, und dass dann das- selbe beim Fallen durch Wolken, die aus Bläschen über- schmolzènen Wassers (d. h. Wassers unter Grad) be- stehen, sich concentrisch mit Eis überzieht, das zuerst mehr krystallinisch ist und bei grösserem Umfang des Kornes förmlich Krystallform annimmt. Da die Hagelkörner um eine Axe symmetrisch gestaltete Rotationskörper darstellen, so wird man annehmen dürfen, dass eine drehende Be- wegung um diese Axe bei der Bildung betheiligt ist. Basel, im Juli 1879. II. Ueber Hagelkörner von ungewöhnlicher Grösse. Notiz von P. Merian. Sonntags den 29. Juni 1879 um sechs Uhr Abends fielen bei meiner Wohnung vor dem Aeschenthor bei Basel bei stark bedecktem Himmel Hagelkörner, welche die grösste Aehnlichkeit , ja Uebereinstimmung , besitzen mit denjenigen von Abich beschriebenen, den 6. Juni 1869 bei Tiflis gefallenen. Diese letzteren sind in einer beson- deren Schrift, mit Abbildungen versehen, beschrieben wor- den, welche in mehreren naturwissenschaftlichen Zeitschrif- ten im Auszuge mitgetheilt worden ist, namentlich auch in PoggendorfF's Annalen B. 140 S. 475 vom Jahre 1872. Die Hagelkörner fielen bei fast windstillem Himmel in vollkommen senkrechter Richtung. Einzelne darunter von besonderer Grösse , etwa von derjenigen eines Zwei- frankenstücks, waren von abgeplatteter sphäroidischer Ge- stalt mit einem rnnern Kern von milchigem Eise, umgeben von einer Hülle klaren Eises, an welcher sechsseitige Kry- stalle klaren Eises mit rhomboedrischer Abstumpfung her- — 179 — vorragten. Diese Krystalle waren hauptsächlich am äus- sern Umfange des abgeplatteten Sphäroids angesetzt, doch nicht ausschliesslich ; einzelne, im Allgemeinen kleinere, be- fanden sich auch gegen das Innere der Scheibe. Die Uebereinstimmung mit den Abbildungen bei Poggendorff ist beinahe vollkommen, nur erreichten die grössten von mir gefundenen Körner nur etwa 7^ der Grösse der Ab- bildungen, und der innere milchige Kern reichte, wie be- reits erwähnt, nicht bis an den Aussenrand, wo die klaren Krystalle sich ansetzten, sondern war noch von einer Rinde klaren Eises umhüllt. Wie weit diese Erscheinung sich ausgebreitet hat, bin ich nicht im Stande zu beurtheilen. Bei der ziemlich im Osten entfernt liegenden Wohnung von Herrn Prof. Bütimeyer fielen noch ganz ähnUche Körner. Da fast Windstille herrschte , hat der Hagel bei uns keine Ver- wüstungen angerichtet. Den Zeitungsnachrichten zufolge war dies mehr im Osten, in den Kantonen Baselland und Solothurn, der Fall. HL Notiz von L. Rütimeyer. Das Gewitter vom 29. Juni 1879 entwickelte sich nach einem drückend heissen Nachmittag überaus rasch in Zeit von kaum Y2 Stunde der Art, dass, nachdem um 4 Uhr Nachmittags der Himmel noch wolkenlos gewesen, schwerer Regen bereits nach Y2 Stunde fiel bei ziemlich starkem Westwind. Yon da an folgte im Yerlauf einer Stunde ein rasch vorüberziehendes Gewitter dem andern, vielleicht in einer Stunde 4 — 5, wie der Unterzeichnete während dieser Zeit auf dem Wege der Grenzacherstrasse entlang nach Hörnli an sehr freiem Horizont beobachten — 180 — konnte. Die Regengüsse waren mit jedem dieser kleinen Gewitter immer heftiger, aber ohne Hagel, bis endlich, was ich auf vollkommen offener Stelle am Hörnli leicht beobachten konnte, Nordwind, über den Dinkelberg her streichend, die vom Westwind herangetriebenen sehr tief gehenden Wolken zum Stehen brachte, und unter überaus empfindlicher Abkühlung der Luft nun einzelne Hagel- steine vollkommen ohne Regenbegleitung fielen, erst von etwa Nussgrösse und rund, dann allmählig^ aber immer noch ganz einzeln immer grösser, bis endlich einzelne von den scheibenförmigen ringsum mit radiär gestellten Knoten be- setzten Körpern fielen, die von Herrn Rathsherrn P. Merian in der Stadt gesehen wurden. Beim Hörnli erreichten sie die Grösse eines Fünffrankenthalers und mehr. Immer noch fielen sie vereinzelt obw^ohl rascher und dichter, bis endlich ein sehr dicker und schwerer Hagelschauer fast ohne Regen niederrasselte, allein jetzt ohne diese merk- würdigen Steine, nur mit Hagelsteinen von unregelmässig rundlicher oder Birnform. Im Gewölk, das so tief lag, dass es den Zug des Dinkelberges berührte, stets lebhafte Gährung und Stauung zwischen Nord- und Westwind, und mit dem Hagelfall fast eisige Kälte der Luft. Nach etwa vier bis fünf Minuten dieses schweren Hagels kurzer Regen, dann Stille und Rückkehr der Wärme bis zur Hitze und nun noch mindestens zweimal die Wiederholung des schon Ge- sagten , erst einzelne grosse Steine von der sonderbaren Form, dann immer reichlicher bis zu einem Hagelschauer mit einfach runden, aber immer mehr als Haselnuss grossen Körnern. Dieser Widerstreit der Winde und Abwechslung von Hagel, Regen und Stille dauerte am Hörnli eine starke Stunde lang, bis endlich mit dem Sieg des Nordwinds und nun bleibender starker Abkühlung starke Regengüsse die Oberhand gewannen. Erst etwa um 7 Uhr hörte der Regen auf. — 181 — Während der ganzen Zeit, da Hagelsteine fielen, mehr als eine halbe Stunde lang, dauerte das ununterbrochene Donnerrollen, das Hagelwettern so eigen ist. Starker Hagel fiel in dieser Zeit namentlich im obern Wiesenthal und noch stärker bei Müllheim und Badenweiler, ob ebenfalls mit so sonderbaren Steinen, ist mir unbekannt geblieben. Basel, 30. October 1879. L. Rütimeyer. lY. Notiz von Georg W. A. Kahl bäum. Während des Hagelwetters am Nachmittag des 29. Juni 1879 befand ich mich im BernouUianum. Der Hagel fiel strichweise und nicht sehr dicht. Die Körner zeigten einen milchigen Kern, dieser war von einem wasserhellen, mit Krystallen besetzten Ring umgeben; bei einzelnen wechselten durchsichtige und milchige Ringe ab. Der Kern war bei allen trüb, die Krystalle- bei allen durchsichtig. Die Form der Krystalle erinnerte mich an das Kalkspath- scalenoeder R^. Die grössten Hagelkörner erreichten ungefähr die Grösse eines Fünffrankenstücks ^) oder etwas darüber; der Durchmesser eines solchen Korns, von der äussersten Krystallspitze einerseits bis zu einer eben solchen ander- seits gemessen, betrug 36,2 mm. Dieses Korn wog 13 Grramm. Der eigentliche Kern der Körner war nicht grösser als ein Zweifrankenstück. Elf auf einem Uhrglas gesammelte Körner wogen 66,5 gr., somit beträgt das Durchschnittsgewicht eines derselben wenig über 6 gr. ^) Das Fünffrankenstück misst 37 mm. im Durchmesser, das Zweifrankenstück 27 mm. Ueber einige Petrefakten von Melbourne (Australien). Xotiz von P. Merian. Der naturf. Gesellschaft vorgelegt in der Sitzung vom 13. Mai 1880. Die Sammlung unseres naturhistorischen Museums hat von Hrn. F. Weitnauer-Bieler einige Yersteinerungen erhalten, welche von seinem verstorbenen Sohne in der Umgegend von Melbourne gesammelt worden sind. Xach Woods besteht jene Umgegend in weiter Erstreckung aus tertiären Schichten, welche dem Miocän zuzuordnen sind. Unsere Yersteinerungen stammen dem Aussehen nach aus den gleichen Schichten, über deren Einordnung in die geologische Reihe wir natürlicherweise nicht aburtheilen können, sondern die Yerantwortlichkeit den einheimischen Forschern überlassen müssen, es ergibt sich aber eine sehr merkwürdige, für europäische Yerhältnisse sehr ungewöhn- liche Zusammenstellung, auf welche frühere Forscher be- reits aufmerksam gemacht haben. Die vorliegenden Exemplare bestehen aus zwei Arten von Haifischzähnen, drei Echiniden und zwei Belemniten. Laube hat in den Sitzungsberichten der Wiener Aka- demie von 1869 B. LIX. 1. Abth. S. 183 einige Echi- niden aus diesen Schichten beschrieben, darunter einen Echinolampas Ovulum Laube, den er nicht abbil- det, weil das ihm vorliegende Exemplar zu sehr beschädigt war, der Beschreibung nach gehören aber zwei unserer Stücke dieser Art an. Echinolampas ist eine Gattung, welche bekanntlich durch die gesammten Tertiärbildungen — 183 — bis in die lebende Fauna heraufreicht. Unter den übrigen von Laube beschriebenen Arten hebt er die Gattungen Micraster und Catopygus hervor, welche in Europa bereits in der obern Kreide erlöschen. Die zweite Art unserer Echiniden, ein Hol aster, ge- hört ebenfalls einer solchen Gattung an, die in Europa ausschliesslich der Kreide angehören. Sie ist unter den von Laube beschriebenen Arten nicht enthalten. Täte bemerkt übrigens, dass er eine ganze Reihe von Echini- den-Gattungen in den fraglichen Schichten eingesammelt habe, die von frühern Forschern nicht erwähnt werden. Yon einer Art Cidaris, lange, glatte Stacheln. Täte beschreibt im Journal of the Geological Society- IS? 7 B. XXXIII. S. 256 aus diesem Vorkommen einen Belemnites senescens. Unter unsern Stücken befin- det sich auch eines, welches dieser Art angehören könnte. Dasselbe ist aber, wie auch die Abbildung von Täte, zu unvollkommen, um mit Sicherheit entscheiden zu können. Hingegen ist eine andere, von B. senescens entschie- den verschiedene Belemniten-Art vorhanden, die sich durch einen viereckigen Querdurchschnitt und starke Rinnen auf jeder der vier Seiten auszeichnet. Es geht aus dem Gesagten hervor, dass die kleine Sammlung australischer Versteinerungen durch merkwür- dige Vorkommnisse sich auszeichnet. lieber die angeblichen australischen tertiären Belemniten. Notiz von P. Merian. Vorgelegt in der Sitzung vom 21. Juli 1880. Seitdem ich der Gresellschaft eine Notiz über tertiäre Yersteineruugen der Gegend von Melbourne in Australien vorgelegt, habe ich mir McCoy's Prodromus of the Pa- laeontology of Yictoria verschafft. In der Y. Décade Taf. 48 Fig. 2, 3, 4 bildet der Yerfasser das Fossil ab, welches ich, gestützt auf den Yorgang von Täte wegen seiner radialstrahligen Structur vorläufig als einen Belem- niten angesehen habe. Durch sorgfältige Yergleichung mit der innern Axe der lebenden Seefeder, Sarcoptilus grandis Grray, hält derselbe die vorhandenen Stücke für die Axe einer gigantischen Pennatulide, die er zu der ausgestorbenen tertiären europäischen Gattung Graphularia M. Edw. & Haime zählt, und ihr den Namen Graphu- laria Robinae ertheilt. Es soll das Fossil in dem Ter- tiärgebirge von Yictoria sehr häufig vorkommen. McCoy hält dafür, dass auch der tertiäre Belem- nites senescens von Täte, von welchem noch keine Exem- plare mit Alveole sind aufgefunden worden, einer solchen gigantischen Pennatulide angehören möchte. -•^^^ Sprengwirkungen durch Eis. Mittheilung von Ed. Hagenbach-Bischoff. Hiezu eine Tafel. Im verflossenen kalten Winter machte ich den ge- wöhnlichen 8prengversuch durch die beim Gefrieren des Wassers eintretende Ausdehnung. Zufällig erhielt ich bei dieser Gelegenheit einige Erscheinungen, die ich hier mit- theile, da sie vielleicht ein weiteres Interesse haben und über diese Art des Sprengens einiges Licht verbreiten können. Ich benutzte kugelförmige Granaten aus Gusseisen; der äussere Durchmesser betrug 15 cm. und der Cubik- inhalt 885 cm^.; es entspricht diesem ein innerer Durch- messer von 12,8 cm., und daraus folgt eine mittlere Wand- stärke von 2,2 cm. Die Granaten wurden mit Wasser gefüllt, mit einem eingeschraubten eisernen Stöpsel ver- ' schlössen und der Kälte ausgesetzt. Den ersten Yersuch machte ich am 10. Dec. 1879. Die Granate wurde Mittags nach 1 Uhr ins Freie gesetzt. Die Temperatur war um 1 Uhr — 12,4" C, um 9 Uhr Abends — 18,4" und am andern Morgen um 7 Uhr — 14,6". Abends um 9 Uhr war an der Kugel noch nichts Besonderes bemerkbar; am andern Morgen um 7 Uhr war sie geplatzt und zeigte die Erscheinung, welche in der nach der Natur aufgenommenen und durch Litho- graphie reproducirten Photographie auf ïaf. III Fig. 1 und 2 dargestellt ist. Fig. 1 gibt die Granate von der — 186 — einen Seite in der ursprünglichen senkrechten Stellung, Fig. 2 von der andern in schiefer Stellung. Der zweite Versuch wurde am 20. Jan. 1880 angestellt, als wir aufs neue eine Kälteperiode hatten. Die Granate wurde wie das erste Mal behandelt und Vormittags gegen 10 Uhr ins Freie gesetzt. Die Temperatur war Morgens 7 Uhr —20,0^ um 1 Uhr —12,8« und Abends 9 Uhr — 14,2«. Abends 7 Uhr war noch nichts Besonderes an der Granate bemerkbar; um 9 Uhr war sie gesprungen und zeigte im Wesentlichen die Erscheinung, welche von zwei verschiedenen Seiten auf Taf. III Fig. 3 und 4 wiedergegeben ist. Die Photographie wurde zwar erst am 21. Morgens früh aufgenommen; allein die seit dem Abend eingetretene Aenderung war ganz unbedeutend; es hatte sich nur der ausgetretene cylindrische Eiszapfen etwas verlängert. Bei diesen Eisgebilden sehen vor allem sehr merk- würdig aus die dünnen, nach aussen zu verjüngten, linear ausgedehnten Eisstäbchen, von welchen das im December erhaltene nach unten und das im Januar erhaltene nach oben zu concav ist. Dieselben haben ganz das Aussehen von zu Eis erstarrten Wasserstrahlen und mahnen einen beinahe an das bekannte Abenteuer des Barons von Münchhausen. Bei näherer Untersuchung zeigten die beiden Eisstrahlen, wie ich der Einfachheit wegen die Gebilde nennen will, abgesehen von der verschieden ge- richteten Krümmung, wesentliche Differenzen. Der Strahl vom December ist an der Ansatzstelle , wie man in Taf. m Fig. 1 und 2 deutlich sieht, platt, im weitern Ver- laufe im Querschnitt rund; dabei zeigt er periodische An- schwellungen oder Knoten; es konnten deren 16 gezählt werden, die im Mittel etwa 7 mm. von einander entfernt waren. Der Strahl vom Januar war, wie der vom Decem- ber, nach aussen verjüngt und nahm von 9 mm. Breite — 187 — am Anfange bis zu 3 mm. Breite am Ende ab. Er war ferner sehr deutlich abgeplattet und zwar nach oben, d. h. nach der concaven Seite zu; der Querschnitt war also kein Kreis, sondern ein mit dem Durchmesser abgeschlos- sener Halbkreis. Yon den Anschwellungen oder Knoten war daran nichts zu bemerken. Wir versuchen nun, von dem Yorgange der Sprengung und der Entstehung der eigenthümlichen Eisgebilde uns eine Vorstellung zu machen und beginnen mit der Er- scheinung des 20. Januar, da sich bei ihr die einzelnen Phasen etwas leichter verfolgen lassen. Da die Kugel ganz mit "Wasser angefüllt war, so wurde die Ausdehnung verhindert; es trat deshalb nicht sogleich Eisbildung ein, sondern das Wasser kühlte sich unter Nullgrad ab und übte im sogenannten überschmol- zenen Zustande einen bedeutenden Druck auf die starre Hülle aus; diese gab vorerst infolge ihrer Elasticität ein wenig nach, und es trat durch die infolge der Ausdehnung etwas gelockerten Gänge des Schraubengewindes eine kleine Menge des überschmolzenen Wassers aus und floss der Kugel entlang in einem schmalen Streifen nach unten, wie die auf der Kugel zurückgelassene schwarze Spur in Taf. HI Fig. 3 deutlich zeigt; einiges träufelte dann noch auf den hölzernen Stuhl , welcher der Kugel als Unterlage diente. Da das überschmolzene Wasser beim Austritt vom Druck erlöst wurde, musste sofort Gefrieren eintreten. Es zeigte sich das ebensowohl in der Gestalt des gefrorenen Strahles, der nur nach unten, wo er auf der Kugel auflag, flach, sonst aber nicht zerflossen war, als auch an den gefrorenen Wassertropfen , die sich auf dem Stuhle durch das herabträufelnde Wasser gebildet hatten. Es war das im Kleinen die gleiche Erscheinung, die man bei der Bildung von Glatteis beobachten kann; wo man bekanntlich auch zur Erklärung der plötzlichen — 188 — Eisbildung den übersclimolzenen Zustand zu Hülfe nimmt. Das Gefrieren des austretenden Wassers regte die Kry- stallisation des übrigen ^Yassers an , und unter dem da- durch entstehenden Drucke flog der Stöpsel mit Gewalt weg. Trotz eifrigen Suchens habe ich ihn bis jetzt nicht finden können, und da ringsherum eine intacte Schnee- fläche war, auf der man den dunklen Stöpsel leicht ge- sehen hätte, so darf man annehmen, dass er weit fort- geschleudert wurde, wie das seiner Zeit schon AYilliams ^) im Jahre 1785 bei seinen Yersuchen in Quebeck be- obachtet hatte. Am Gewinde wurden einige Gänge ab- gerissen, und die Kugel zeigte einige nach aussen diver- girende Eisse, die ofiPen standen, so lange das ausgedehnte Eis in der Kugel war, nach dessen Schmelzung aber in- folge der Elasticität des Gusseisens sich wieder schlössen. Dem Stöpsel folgte ein cylindrischer Eiszapfen, der durch die runde OefiFnung herausgepresst wurde; die äussere Streifung desselben zeigte, dass das feste aber plastische Eis mit Gewalt herausgetrieben war; mit diesem Zapfen wurde der schon gebildete und daran hängende Strahl, der natürlich vorerst die der Rundung der Kugel ent- sprechende Concavität nach unten gekehrt hatte, von der Kugel ab in die Höhe gehoben. Da die Schmelzungs- wärme, die zum Gefrieren des gesammten Wassers ent- zogen werden müsste, bedeutend grösser ist als die, welche zur Erwärmuno; desselben von uns-efähr — 15 auf Null- grad nöthig ist, so konnte im ersten Moment nicht alles gefrieren. Es musste also sowohl der ausgetriebene Eis- zapfen als auch das Innere der Kugel noch flüssiges Wasser enthalten. Bei der grossen Kälte fror das im Eiszapfen eingeschlossene Wasser bald ; der Zapfen w^urde in seiner oberen Hälfte dadurch zersprengt, und vier Lap- 1) Williams, Trans. Koyal Soc. Edinburgh. 2. p. 23. 1790. - 189 — pen legten sich wie die Blätter einer aus der Knospe sich entfaltenden Blume nach aussen um. Die Folge davon war die Umwendung des Strahles, der nun wie ein Hörn in die Höhe ragte und die concave abgeplattete Seite nach oben kehrte. Wir haben alle Ursache anzunehmen, dass der bis dahin betrachtete Yorgang auf eine sehr kurze Zeit, wohl nur wenige Secunden, zusammengedrängt war. Nach und nach fror nun auch das im Innern der Kugel noch vorhandene Wasser; es wurde dadurch lang- sam der Eiscylinder noch weiter hinausgeschoben, bis er abbrach. Ich schnitt dann das ausgetretene Eis ab und bestimmte nach Schmelzung des die Hohlkugel füllenden Eises die Menge des fehlenden Wassers; ich fand so 82 cm^. Da die ganze Kugel 885 cm^. fasste, so ergibt sich daraus für das specifische Gewicht des gebildeten Eises 0,91; es stimmt das in befriedigender Weise mit den bekannten directen Bestimmungen, w^enn man bedenkt, dass es sich hier um einen ziemlich rohen Yersuch han- delt, und dass das Eis jedenfalls ein wenig lufthaltig war. Die vorgenommene Analyse des Januarexperimentes wird nun auch zur Aufklärung des Decemberexperimentes dienen können. In der Hauptsache war der Yorgang der gleiche; die Unterschiede wurden hauptsächlich dadurch bedingt, dass der eiserne Zapfen tiefer eingeschraubt war; deshalb wurde nicht der Stöpsel hinausgeschleudert, sondern die Granate förmlich auseinander gesprengt und ein dreiecki- ges Stück abgehoben. Das den Strahl bildende Wasser trat hier nicht durch das Schraubengewinde aus, sondern an der Stelle, wo die Kugel zuerst platzte, am Divergenz- punkte der Risse. Da somit das Wasser beim Austreten einen geringeren Widerstand zu überwinden hatte, musste es eine grössere Ausflussgeschwindigkeit erlangen; der Strahl legte sich also nicht an die Kugel an, sondern — 190 — sprang frei in die Luft; er ist deshalb im Querschnitt nicht halbrund, sondern rund. Die Krümmung des Strah- les hielt ich zuerst für die Parabel des frei ausströmen- den Wasserstrahles. Allein nachdem es mir möglich ge- worden war, die Entstehung der Krümmung beim Strahl des Januar so genau zu verfolgen, schien mir die An- nahme wahrscheinlich, dass auch im December der zuerst in freier Luft entstandene und infolge der grossen Aus- flussgeschwindigkeit vorerst ziemlich gerade gefrorene Strahl unter dem Einflüsse der Schwere gebogen und an die Kugel angelegt wurde und so nachträglich die Krüm- mung der Kugel annahm ; es ist dabei in Betracht zu zie- hen, dass aus dem früher erörterten Grunde der plötzlich gefrorene Strahl jedenfalls noch etwas Wasser enthalten und somit sehr plastisch sein musste. Wenn man in Ge- danken das wie ein Deckel aufgehobene ausgebrochene Stück Eisen, an dem der gefrorene Strahl hängt, wieder an die ursprüngliche Stelle zurücklegt, so passt beson- ders das äussere Ende ganz gut auf die Kugel; die etwas geringere Biegung des Anfanges begreift sich leicht, wenn man bedenkt, dass beim Abheben des Strahles eine Streckung des noch plastischen Eises eintreten musste. Man kann noch bemerken, dass der Strahl einige Milli- meter unter dem oberen Rande des ausgebrochenen Stückes ansetzt, was sich dadurch erklärt, dass das Wasser erst herausspritzte, als der Deckel schon ein bischen ge- hoben war. Wir haben nun noch über die periodischen Anschwel- lungen oder die Knöpfe des Strahles uns Rechenschaft zu geben. Ich nahm zuerst an, dass dieselben den perio- dischen Aenderungen in der Orientirung des Querschnit- tes zuzuschreiben sind, die bekanntlich zuerst von Sa vart genau studirt worden sind. Da , wie Tafel III Fig. 1 und 2 zeigen, der Strahl am Ursprung in horizontaler — 191 — Richtung flach war, so hat diese Erklärung viel für sich. Allein die genauere Untersuchung des Strahles in natura und in der Photographie wies nach, dass der Querschnitt im weiteren Yerlaufe nicht länglich und periodisch um 90^ gedreht war, sondern stets mehr rund und abwechs- lungsweise gross und klein. Wir haben es also mit perio- dischen Erweiterungen und Yerengungen des Querschnitts zu thun. Es lässt sich dies vielleicht einfach durch die Annahme erklären, dass der Deckel beim Aufreissen vibrirte, und dass so die zeitlich aufeinander folgenden Yibrationen in räumlicher Auseinanderlegung im austre- tenden Strahl sich ausprägten. Es ist mir nicht bekannt, ob solche durch plötzliches Gefrieren entstandene Eisstrahlen auch sonst schon be- schrieben sind, zweifle aber nicht daran, dass sie schon häufig vorkamen und auch beobachtet wurden, da ich die auffällige Erscheinung in von einander etwas verschiedenen Formen bei den beiden von mir angestellten Yersuchen erhalten habe. Etwas Aehnliches hat Williams bei einem seiner Yersuche bemerkt , er gibt an , dass aus Spalten zwei dünne Eisplatten ausgetreten sind, die Fisch- flossen glichen. Wir können annehmen, dass damals das überschmolzene Wasser in einer Fläche (nappe) austrat und sofort gefror. A. Cazin gibt in seinem Buche über die Wärme eine Abbildung dieser Erscheinung; da aber die Originalarbeit von Williams keine Tafel enthält, so muss man annehmen, dass dieselbe nicht direct nach der Erscheinung, sondern nachträglich nach der Beschreibung entworfen wurde. Basel, Anfang April 1880. Das Gletscherkorn. Yon Ed. Hagenbach- Bischoff. Im August des Jahres 1880 machte ich mit einem Nörremberg'scheu Polarisationsapparat einige Beobachtungen über die optischen Eigenschaften des Gletschereises am Eigergletscher und an den aus Lawinen entstandenen secundären Gletschern des Trümletenthales. Ich kam dabei zu der Ueberzeugung, dass jedes Gletscherkorn ein ein- heithches Krystalhndividuum darstellt und dass die Axen der einzelnen Körner oder Krystalle nach den verschie- densten Richtungen orientirt sind. Im September des gleichen Jahres theilte ich der physicalischen Section der Naturlbrscherversammlung in Brieg^) einiges über diesen Gegenstand mit und besuchte darauf mit meinem Freunde Herrn F. A. Forel den Rhone- und Aletschgletscher und hatte so Gelegenheit, das früher Beobachtete zu ergänzen. Als ich mir nachher die Literatur über diesen Gegenstand etwas näher ansah, habe ich bemerkt, dass von mir in der Hauptsache nur das bestätigt war, was Andere schon vor- her beobachtet und ausgesprochen hatten; namentlich ent- hält die Abhandlung von F. Klocke-^), die im Jahr 1881 erschien, sich aber auf Beobachtungen bezieht, die der Zeit nach den meinigen vorangehen, alle wesentlichen auch von mir untersuchten Punkte. Da es jedoch von ^) Archives des sciences phys. et nat. de Genève 1880. IV. pag. 385. ^) F. Klocke. Ueber die optische Stnictur des Gletschereises. Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie. 1881. Bd. 1, pag. 23. — 193 — einigem Interesse sein mag zu sehen, wie verschiedene von einander unabhängige Untersuchungen das Gleiche ergeben haben, so mag eine kurze Darlegung meiner Untersuchungen mit einigen sich daran schliessenden mehr theoretischen Betrachtungen hier folgen: Schon Hugi ^) nannte die einzelnen Stücke, in die das Gletschereis an der Sonne zerfallt, Xrystalle, weil sie, wie er bemerkt, auseinander gelockert wirkliche Flächen besitzen. Dieser Grund ist allerdings nicht sehr stich- haltig, da die Flächen, mit denen die Körner aneinander- stossen, ganz unregelmässig und häufig gekrümmt sind und in keiner bestimmten Beziehung zur Krystallstructur stehen. Hingegen gibt es andere sehr deutliche Merk- male, welche in unzweideutiger Weise die Krystallnatur erkennen und die Richtung der Krystallaxe bestimmen lassen; wir stellen dieselben hier zusammen. 1. Wenn man aus einem Gletscherkorn eine plan- parallele Platte herausschneidet und schleift, was sehr leicht mit der warmen Hand ausgeführt werden kann, so sieht man mit dem Polarisationsapparate die bekannten Erscheinungen der einaxigen Krystalle; besonders deutlich erkennt man im convergirenden Lichte bei Schnitten senk- recht zur Axe die farbigen Ringe mit dem schwarzen Kreuz, bei Schnitten parallel zur Axe die Hyperbeln im homogenen Lichte in einer Platte und die farbigen Hyperbeln in weissem Lichte bei zwei gekreuzten Platten, so wie auch die Savart'schen Interferenzstreifen, wenn zwei schief zur Axe geschnittene Platten sich kreuzen; die letztern sieht man besonders an den Stellen, wo zwei verschiedene Gletscherkörner sich theilweise überdeckend ^) Hugi. Alpenreise 1830. pag. 338 n. f. — Verhandl. der Schw. N. G. in Winterthur. 1846. pag. 103. — Die Gletscher und die eratischen Blöcke pag. 10. 13 — 194 — zusammenstossen. — Die Polarisationsfarben im Eis hat Brewster schon 1817 nachgewiesen; das Gletschereis ist hauptsächlich von Sonklar, Bertin, Grad, Dupré, J. Müller und K locke optisch untersucht worden. 2. Die bekannten Tyndall'schen Schmelzungsfiguren, die ich im Gletschereise bald, wie Herr Klocke, als runde, besonders durch die an dem Hohlraum eintre- tende Totah'eflexion erkennbare Scheibchen, bald auch als schneeflockenförmige Sternchen erkennen konnte, stehen mit ihrer Ebene stets senkrecht auf der optischen Krystall- axe. Meine ersten optischen Untersuchungen am Eiger- gletscher hatte ich beim Sonnenschein gemacht, und nachdem ich mich zuerst lange durch Ausführung ver- schiedener Schnitte bemüht hatte, die Richtung der Axe in den verschiedenen Körnern zu bestimmen, fand ich ein nie versagendes Hülfsmittel in den perlmutterglänzen- den Schmelzlinsen; sobald ich parallel denselben eine Platte herausschnitt, war ich sicher, recht schön das schwarze Kreuz in der Mitte des Gesichtsfeldes zu erhal- ten. Agassiz^) gibt die Abbildung eines Eisstückes, das sehr deutlich die in jedem Gletscherkorn unter sich parallelen, von Korn zu Korn aber verschieden gerichteten Schmelzungsfiguren zeigt; er bezeichnet dieselben als plattgedrückte Luftbläschen, was Tyndall-) als einen Irrthum nachgewiesen hat. Wenn die strahlende Wärme der Sonne längere Zeit auf Gletschereis einwirkt, so dehnen sich die Schmelzfiguren aus und werden zu dünnen, von planparallelen Wänden eingeschlossenen Hohlräumen, welche unter çich parallel die Gletscherkörner durchziehen und denselben ein geschichtetes oder blättriges Aussehen geben; man kann diess besonders an den steil abfallenden, ^) Agassiz. Glaciers actuels, pag. 166. Atlas PL VI Fig. 10. 2) Tyndall. The glaciers of the alps. London 1860. pag. 359. — 195 — den Sonnenstrahlen ausgesetzten Wänden am untern Theil eines Gletschers sehen; man überblickt dann mit der grössten Leichtigkeit, wie in den einzelnen Krystallen die Axen orientirt sind. 3. Als ich im Jahre 1870 die Herren Ch. Du four und F. A. Forel besuchte , wie sie auf dem Rhone- gletscher Beobachtungen über die Condensation des Wasser- dampfes durch das Gletschereis anstellten, machte mich der letztere auf eine eigenthümliche oberflächliche Strei- fung des Gletschereises aufmerksam, die an die feinen Runzeln an Hand und Finger erinnert; man bemerkt so- gleich, dass auf jedem Gletscherkorn diese Streifung nach einer besonderen Richtung verläuft, und dass somit an den Grenzen des Korns diese Streifen in scharfen Winkeln auf einander stossen. Schon Agassiz^) hat auf diese Streifung aufmerksam gemacht und eine Abbildung der- selben gegeben; da jedoch Forel sie ganz unabhängig wieder auffand, davon genaue Abbildungen mit Hülfe der Lupe entwarf und dieselben auch dadurch fixirte, dass er sie in weiches Wachs abdrückte und davon wieder Gyps- abgüsse nahm, so wollen wir sie die Forel'schen Streifen nennen. Dieselben scheinen, wie Forel und ich in übereinstimmender Weise gefunden haben, in bestimmtem Zusammenhang mit der Krystallstructur zu sein und stets in der Richtung zu verlaufen, in welcher eine zur Krystall- axe senkrechte Ebene die Oberfläche schneidet. So weit meine Beobachtungen reichen, scheinen diese Forel'schen Streifen sich überall da zu zeigen, wo glatte Eisflächen an der Luft schmelzen und das Wasser gleich verdunstet; sobald das Wasser flüssig der Wand entlang abläuft, zeigen sie sich gewöhnlich nicht. Auch an gcwöhnUchem Wintereis, das von stehendem Wasser für Eiskeller ge- ^) Agassiz. (jlaciers actuels pag. 163. Atlas PL Vi. Fig. 9. — 196 — Wonnen wurde und einige Zeit im Freien liegen blieb^ liabe ich solche Streifung bemerken können; da in solchem Falle die Krystallaxen senkrecht zur Oberfläche des ge- frorenen Wassers gerichtet sind, so verlaufen die Streifen mit der letzteren parallel. Agassiz identificirt die Forel'schen Streifen au der Oberfläche des Eises mit den Streifen, welche die Gletscherkörner beim Auseinander- nehmen an den zusammenstossenden Flächen zeigen; es scheint mir das auf einem Irrthum zu beruhen; schon äusserhch sehen die letztern ziemlich anders aus ; sie sind im Allgemeinen stärker ausgeprägt und verlaufen nicht gerade sondern geschlängelt; auch scheinen die letztern in keinem Zusammenhang mit der Krystallstructur zu sein, sondern die Bahnen des in den Zwischenräumen ab- laufenden Wassers darzustellen; damit hängt auch wohl zusammen, dass sie auf den an einander stossenden Flächen zw^eier Gletscherkörner gleich gerichtet sind. 4. Auch der Mangel an Porosität in dem einzelnen Gletscherkorn zeigt deutlich, dass wir es nicht wohl mit einer krystallinischen Masse zu thun haben und hängt somit mit der Krystallstructur zusammen. Man kann sich von der genannten Eigenschaft am besten dadurch über- zeugen, dass man ein Gletscherkorn mit Tyndall'schen Schmelzungsfiguren in Wasser, oder, noch besser, in Petroleum legt; das letztere dringt nicht in den leeren Raum ein, so lange die trennende Wand auch nur einen Bruchtheil eines Millimeters beträgt. Das gleiche zeigt sich, wenn wirkliche Luftbläschen im Krystall einge- schlossen sind, was bekanntlich auch vorkommt und von den Tyndall'schen Schmelzungslinsen wohl zu unter- scheiden ist; erst wenn der letzte Rest der Wand schwindet, wird die eingeschlossene Luft befreit. 5. Die Krystallstructur scheint sich auch noch in einer zur Axe senkrechten Spaltbarkeit auszusprechen; — 197 — doch ist dieselbe so wenig ausgeprägt, dass ich nicht mit Sicherheit das Yorhandensein derselben behaupten kann. Optische Eigenschaften, Tyndall'sche Schmelzungs- figuren, Forel'sche Streifen, Mangel an Porosität und viel- leicht auch noch Spaltbarkeit führen somit übereinstimmend zu dem gleichen Resultate, dass jedes Gletscherkorn einen einheitlichen Krystall darstellt. Die einzelnen Krystalle oder Gletscherkörner stossen in sehr mannigfach geformten, gewöhnlich nicht ebenen Flächen zusammen und zwar so, dass die Krystallaxen die verschiedensten Winkel mit einander bilden; die Flächen schneiden sich dann wieder in Linien, weiche als ein unregelmässig gestaltetes Netzwerk die Eismasse durch- ziehen. Ist die Eismasse fest und spröde, wie das bei Temperaturen unter Null Grad sein muss, so haften die einzelnen Krystalle unmittelbar an einander, wir haben dann nur die mathematische Scheidewände bildenden Yerwach- sungsflächen; die Cohäsion ist in denselben nichi geringer als im Innern der Krystalle, weshalb sprödes (xletscher- eis beim Zerschlagen wie Glas muscheligen Bruch zeigt, ohne dass die einzelnen Gletscherkörner aus einander fallen; auch dringt in diesem Fall eine gefärbte Flüssigkeit, wie man sich leicht durch den Yersuch überzeugen kann, nicht hinein. Hingegen sind diese Yerwachsungsflächen ausserordentlich scharf und deutlich in dem parallelen polarisirten Lichte erkennbar. \Yenn dann aber das Gletschereis an warmem Wind oder an der Sonne zu schmelzen beginnt, so macht sich die Schmelzung an den Grenzflächen der Krystalle geltend, und da werden dann die mathematischen Yerwachsungsflächen zu Haarspalten, in denen das Schmelzwasser circuliren kann. Nun ist die Cohäsion an den Grenzflächen aufgehoben und gefärbte Flüssigkeiten dringen mit Leichtigkeit in die Spalten ein und sammeln besonders sich in den Linien an, wo sich — 198 — diese schneiden und zeichnen so sehr schön und deutlich das oben erwähnte netzförmige Gebilde. Bei dieser Ge- legenheit sei bemerkt, dass sich zu solchen Versuchen über Infiltration ganz besonders das in "Wasser lösliche Anilinblau eignet; wenn man ein bischen davon in Pulver- form auf die Oberfläche des schmelzenden Gletschereises ausstreut, so zeigt sich in sehr prägnanter Weise die er- wähnte Erscheinung. Die Aufhebung der Cohäsion gibt sich jetzt natürlich auch dadurch zu erkennen, dass die Gletscherkörner mit Leichtigkeit sich von einander ablösen lassen und das Gletschereis in seine Körner zerfällt. "Wir möchten nun noch die Frage berühren, wie wir uns die Entstehung dieser Gletscherkörner zurechtlegen können; diese Frage ist besonders dadurch gerechtfertigt, dass sie in innigem Zusammenhang mit der Bewegung und dem Wachsthum der Gletscher überhaupt steht. Da ganz allgemein zu beiden Seiten der Yerwach- sungsflächen oder Haarspalten die Krystallaxen anders ge- richtet sind und der Uebergang ganz plötzlich stattfindet, so können unmöglich die Haarspalten einfach durch Bruch in Folge der Bewegung entstandene Risse sein. Auch die Ansicht, dass die Gletscherkörner als Bruchtheile noch grösserer Krystalle aufzufassen seien, welche zuerst unter einander geworfen und dann durch Regelation zu- sammengewachsen und verkittet sind, geht wohl kaum an, da wir solche grössere Krystalle in der oberen Region nirgends finden und jedenfalls dann zuerst erklären müssten, woher diese ganz grossen Krystalle gekommen sind. Die seit Hugi vielfach wiederholten Beobachtungen zeigen, dass die Körner im Vorrücken vom Firn bis zu dem Rande der Gletscherzunge continuirfich w^achsen und am untern Ende oft ganz bedeutende Dimensionen er- reichen; am Rhonegletscher habe ich mit Forel ein sehr unregelmässig geformtes Gletscherkorn in drei zu — 199 — einander senkrechten Eichtungen gemessen und die Di- mensionen von 14, 12 und 9 cm. erhalten. Diese stetige Zunahme lässt uns schliessen, dass die Schneekrystall- oder Firnkörher in dem Quellengebiet des Gletschers den Keim der faustgrossen Krystalle am untern Ende der Gletscher- zunge bilden und dass die fortschreitende Entwicklung auf der vielleicht hundert und mehr Jahre langen Wan- derung stattgefunden hat. Das Wachsthum des Kornes zeigt sich bekanntlich auch, wenn man von der Oberfläche des Gletschers mehr in die Tiefe dringt; da nun beim Fortschreiten des Gletschers die obern Schichten ab- schmelzen und tiefer liegende zu Tage treten, so kann die Grösse der Körner am Ende des Gletschers theilweise auch aus der tiefen Lage erklärt werden. Wie findet nun aber das Wachsthum des Gletscher- krystalles statt? Wir können uns das auf zwei ganz verschiedene Arten denken. Der wachsende Krystall entnimmt das Material entweder seinen Nachbarkrystallen oder dem Wasser, das ihm in flüssiger Form zugeführt wird; ein drittes ist kaum denkbar; hingegen ist möglich, dass je nach Umständen die beiden Arten vorkommen. Diese Frage des Wachsthums des Gletscherkrystalls ist neuer- dings in einer sehr einlässlichen Weise von F. A. ForeP) behandelt worden; 'und wenn ich auch nicht den Ansichten meines Freundes in allen Punkten meine Zustimmung geben kann, oder gerade, weil ich das nicht kann, so mag es gestattet sein, die beiden Arten des Wachsthums hier noch etwas näher zu skizziren und die Gründe für und wider jede Annahme zusammenzustellen. Betrachten wir zuerst das Wachsen eines Krystalles ^) F. A. Forel. Le grain du glacier. Archives des sciences phys. et natur. de Genève. Tome VII. pag. 329. (1882). — 200 — auf Kosten des Materiales seiner Nachbarn, das Ueber- krystallisiren aus einem Krystall in einen andern oder das Zusammenkrystallisiren mehrerer Individuen zu einem einzigen. Wenn zwei Krystalle, deren Axen schief zu einander stehen, in einer Fläche verwachsen sind, so könnte man annehmen, dass nur durch gegenseitige Einwirkung der Molekeln auf einander an der Contactstelle ein Ueber- krystallisiren aus einem Individuum in das andere statt- finde. Allerdings, wenn die beidseitigen Krystallaxen gegen die Grenzfläche gleich geneigt sind, so wäre zu beiden Seiten alles symmetrisch und somit kein Grund zur ein- seitigen Aenderung vorhanden. Wenn jedoch z. B. in dem einen Krystalle die Axe mit der Grenzfläche parallel ist, in dem andern aber schief dazu steht, so wäre denk- bar, dass die stabilere Lage der Molekeln im ersten Krystalle ihm die Fähigkeit gibt, die Molekeln des andern in seine Structur hinüberzunehmen; dies würde auch gelten für den Fall, wo mehrere kleine Krystalle an einen grossen angelegt sind, da dann die Axe des grossen Krystalls der Grenzfläche parallel ist. Solche Yorgänge mögen vielleicht vorkommen , wo fein krystallisirte Massen mit der Zeit die Structur und Spaltbarkeit ein- heitlicher grösserer Krystalle zeigen, z. B. bei Petrefacten aus kohlensaurem Kalk. Man könnte nun annehmen, dass auch beim Gletschereis ein solches langsames nur durch die grössere Stabilität einzelner Krystalle bedingtes ümkrystallisiren Platz greife und sich so nach und nach aus kleinern Krystallen grössere bilden; allein verschiedene Umstände, und besonders die fortschreitende Bewegung des Gletschers scheinen doch darauf hinzudeuten, dass äussere mechanische Einwirkungen und besonders der durch Schwere und Bewegung hervorgebrachte Druck bei der Umformung eine KoUe spielen. Wir wollen sehen. — 201 — wie wir diess mit Beiziehung bekannter physicalisclier Thatsachen uns zurecht legen können. Es ist aus den Yersuchen von Faraday, Tyndali, Helmholtz u. A. bekannt, dass wenn Schnee oder zer- stossenes Eis zusammengeführt werden, eine ziemlich ho- mogen aussehende Eismasse daraus entsteht; und die in- teressanten Yersuche von Spring ^) haben dargethan, dass noch manche andere Körper, wenn sie in kleinen pulverförmigen Kry ställchen zusammengeführt werden, ähn- liches zeigen. Das Aussehen der so entstandenen Körper lässt uns vermuthen, dass in solchen Fällen nicht nur die einzelnen sehr verschieden gerichteten minimen Kryställ- chen durch Adhäsion an einander geheftet werden und so eine fein krystallinische Masse bilden, deren Theilchen nicht grösser sind als die eintretenden Elemente, sondern dass zugleich durch Umlagerung der Molekeln mehrere kleine Kryställchen zu einem einheitlichen grössern Kry- ptalle zusammenwachsen. Die optische Untersuchung im polarisirten Licht sollte die Frage am besten entscheiden können; eine ganz vorläufige Untersuchung des in der hydraulischen Presse durch Druck zu Eis verwandelten Schnees hat mir keinen bestimmten Aufscliluss gegeben; docli beabsichtige ich gelegentlich diesen Gegenstand ex- perimentell weiter zu verfolgen. Einstweilen möchte ich hier nur einige theoretische Betrachtungen beifügen, die zeigen sollen, wie man sich vielleicht von diesen mit der Bewegung des Gletschers zusammenhängenden inneren Umformungen Rechenschaft geben kann. Die bekannte Erscheinung der Regelation, welche auf die Erniedrigung des Schmelzpunktes durch Druck zurückgeführt wird, hat man wohl mit Recht bei der Er- ^) W. Spring, Bulletin de l'Académie royale de Belgique. Sér. 2. Tome XLIX. 1880. p. 319. — 202 — klärung der Umformungen des Gletschereises zu Hülfe gezogen. Es ist gewiss nur naturgemäss, wenn man nicht nur das Zusammenballen des Schnees und Firns zu com- pacten Massen in der obern Region, sondern auch im weitern Verlaufe die Wiedervereinigung und das Zusam- menschweissen der einzelnen Theile des Gletschers, wenn er durch Spalten, Schrunde, Klüfte und Gletscherstürze auseinander gerissen war, durch Regelation erklärt. Aber es reicht das nicht aus. Gerade so wie wir über Leben und Wachsthum der Pflanze nur eine wissenschaftlich be- friedigende Auskunft erhalten, wenn es uns gelingt, die Vorgänge in der Zelle zu erkennen , so ist es auch hier nothwendig, dass wir vor Allem das Augenmerk auf das Element des Gletschers, das einen einheitlichen Krystall bildende Korn richten und zusehen, wie dasselbe Gestalts- veränderung und Wachsthum unter dem Einfluss der darauf wirkenden Kräfte erleidet. Die von verschiedenen Forschern erhaltenen Resul- tate über die Bewegungen des Gletschers haben wohl deutlich die Thatsache ergeben, dass grössere zusammen- hängende blassen von Gletschereis, das wir uns also als ein Aggregat von massig grossen Krystallen zu denken haben, unter dem Einfluss äusseren Druckes bleibende Gestaltsveränderungen annehmen; dass also das Gletscher- eis im Grossen und Ganzen eine Art Plasticität besitzt. Kann dies aus einer eigentlichen Plasticität, die der Eis- substanz der Krystalle zukommt, erklärt werden? Ver- suche von Matthews, Bianconi u. A. haben allerdings die eigentliche Plasticität der festen Eissubstanz nach- gewiesen; sie zeigt sich an der bleibenden Biegung, die eintritt, wenn man Eisplatten an den Rändern auflegt und in der Mitte belastet. Im vergangenen Winter habe ich diese Versuche wiederholt und die Angaben vollkommen bestätigt gefunden; und zwar bei Anwendung von Eis- — 203 — strahlen , wie sie auf einer ruhig gefrierenden Wasser- oberfläche vom Rande aus anschiessen. Dabei hatte ich zuerst durch eine optische Untersuchung im polarisirten Lichte mich davon überzeugt, dass ich es mit einem ein- heitUchen Krystall zu thun hatte, dessen Axe in der Rich- tung des Strahles verlief. Es darf uns also nicht wun- dern, wenn die Eiskrystalle , die im Gletscher sehr ver- schiedenen Drucken ausgesetzt waren, solche Deformatio- nen zeigen. Die von Klocke optisch nachgewiesenen Anomalien, die er durch verschiedene unregelmässige Spannungszustände eines und desselben Individuums er- klärt, scheinen mir in diese Kategorie zu gehören. Die- selben sind jedoch viel zu gering, als dass die bedeutende Umformung einer Eismasse bei der Bewegung darauf zurückgeführt werden könnte, da in der Hauptsache in jedem Gletscherkorn die optische Axe ihre gerade Rich- tung beibehält; dasselbe gibt sich auch kund durch den Parallelismus der Ebenen der Schmelzungsfiguren. Der Grund der Plasticität der Masse kann somit nicht in der Substanz der einzelnen Krystalle, sondern nur an der Grenze gefunden werden, wo sie zusammenstossen. Die ganz unregelmässige in einander verwachsene Gestalt der Gletscherkörner lässt die Annahme einer Yerschiebung an den Grenzflächen nicht wohl zu. Sehen wir desshalb, wie auch hier die Regelation uns Aufschluss geben kann. Denken wir uns eine aus einzelnen an einander ge- lagerten Krystallen bestehende Eisplatte und nehmen wir, der Einfachheit wegen, vorerst an, dass alle Krystalle gleich orientirte Würfel von der Dicke der Platte seien. Wie können wir uns die Deformation einer solchen Platte denken, ohne dass der Zusammenhang der Krystalle auf- gehoben wird? Wenn wir durch eine äussere Kraft die Platte zu biegen suchen, wird auf der concaven Seite Druck und auf der convexen Seite Spannung zwischen — 204 — den einzelnen Krystallen eintreten. Befindet sich ferner die Eisplatte auf der Temperatur von Xull Grad, so be- wirkt der Druck auf der concaven Seite Erniedrigung des Schmelzpunktes und folglich Yerflüssigung an den Grrenz- flächen; an der convexen Seite werden die Haarspalten durch den Zug eröffnet und können so die auf der con- caven Seite gebildete und verdrängte Flüssigkeit aufneh- men, die dann nicht verfehlen wird, wieder fest zu wer- den, sobald sie dem die Yerflüssigung bewirkenden Drucke entronnen ist. Wie bei dem bekannten Experimente, wo ein beschwerter Draht einen Eisblock durchsetzt, stets unter dem Draht das Eis schmilzt und über demselben wieder gefriert, wird bei unserer Platte unter dem Ein- fluss der biegenden Kraft in den Haarspalten Eis von der concaven auf die convexe Seite geschafft werden und dadurch eine bleibende Biegung der Platte erzeugen; dabei verändern auch die einzelnen cubischen Körner ihre Gestalt, auf der convexen Seite werden sie breiter und auf der concaven schmäler. In Wirklichkeit haben die Körner oder Krystalle nicht Würfelform, sondern sehr unregelmässige Gestalten; es w^erden deshalb auch bei Einwirkung biegender Kräfte die inneren Drucke und Spannungen sich ziemlich unregelmässig auf die Grenz- flächen der Krystalle vertheilen. Allein das hindert nicht, dass auch dann die Substanz des Eises , indem sie den Flüssigkeitszustand passiert, von den Stellen des Druckes zu den Stellen des Zuges übergeht, und dass so unter steter Ausgleichung der inneren Druck- und Spannungs- differenzen die Gestaltsveränderung zu Stande kommt. Dass bei diesem Process in Bezug auf Wärmemenge die Consumtion bei der Schmelzung und die Production beim Gefrieren sich ausgleichen , ist selbstverständlich. Auch ist nicht nöthig, dass alles auf der einen Seite geschmolzene Wasser auf der andern wieder gefriert; — 205 — man kann wohl zugeben, dass ein Theil als Flüssigkeit abläuft. Die stetige der Differentialbewegung entsprechende Deformation, einer Gletschereismasse lässt sich auf diese Weise erklären, aber noch nicht das Wachsthum des Gletscherkorns; denn wenn gar keine Flüssigkeit verloren ginge, so würde jedes Korn auf der einen Seite so viel schwinden als es auf der andern Seite zunimmt, und also in Bezug auf Dimension sich alles gleich bleiben. Ein Wachsthum der einen Körner auf Kosten der andern kann nur stattfinden, wenn die Bedingungen für Abnahme und Zunahme sich ungleich auf die verschiede- nen Krystalle vertheilen. Auch hier glauben wir einen Erklärungsgrund in dem Yorgange der Regelation finden zu können. Die Erniedrigung des Schmelzpunktes durch Druck beim Eis wird bekanntlich mit der Ausdehnung beim Uebergang aus dem flüssigen in den festen Zustand in Zusammenhang gebracht; bei Körpern , die sich bei diesem Uebergang zusammenziehen, wurde im Gegentheil eine Erhöhung des Schmelzpunktes durch Druck nach- gewiesen. Nun wissen wir von den Krystallen, dass so- wohl die Ausdehnung durch die Wärme als auch die Elasticitäts Verhältnisse mit der Richtung der Kr ys tallaxen ganz bedeutend varieren können. Es wäre somit denkbar, dass bei einem Eiskrystall, wenn die Druckrichtung mit der Hauptaxenrichtung zusammenfällt, eine Erhöhung des Schmelzpunktes eintritt, während ein senkrecht auf die Axenrichtung ausgeübter Druck Erniedrigung des Schmelz- punktes erzeugt. Unter dieser Voraussetzung müsste, wenn zwei in einer Fläche verwachsene Eiskrystalle A und B, wovon A seine Axe senkrecht zur Trennungs- fläche und B parallel zu derselben hat, gegen einander gedrückt werden, unter Einfluss des Druckes ein Ueber- krystallisiren aus B in A stattfinden; umgekehrt müsste — 206 — ein Zug, d. h. eine die Molekeln auseinander ziehende Spannung, das Umkrystallisiren von A in B bewirken. "Wir haben, um die Yorstellungen klar zu stellen, den förmlichen Gegensatz von Erhöhung und Erniedrigung des Schmelzpunktes angenommen; es ist aber leicht einzu- sehen, dass, wenn auch in geringerem Grade, die gleichen Erscheinungen eintreten müssen , wenn in beiden Fällen Erniedrigung, aber in verschiedenem Grade, eintritt. Es würde somit bei dieser Annahme Abschmelzung und Zu- wachs nicht alle Krystalle in gleicher AYeise treffen; die Krystalle, deren Axen mit der Druckrichtung zusammen- fallen, würden verhältnissmässig mehr für das Wachsthum begünstigt und somit auf Kosten der übrigen zunehmen; und zwar würde das nicht nur da geschehen, wo äussere Kräfte eine Gestaltsveränderung zu bewirken suchen, son- dern auch da, wo die ganze Masse gedrückt oder vor- wärts geschoben wird. Unter den gemachten Yoraussetzungen würde also in einem Krystallgemenge, bei dem ursprünglich die Axen nach allen möglichen Richtungen orientiert sind , durch Einfluss eines in bestimmter Richtung ausgeübten Druckes ein Umkrystallisirungsprocess in der Art eintreten, dass die Krystalle, deren Hauptaxen mit der Druckrichtung zusammenfallen, auf Kosten der Substanz der andern wachsen, deren Axen zur Druckrichtung senkrecht stehen. Krystalle, deren Axen schief zu der Druckrichtung stehen, würden in die Kategorie der wachsenden oder schwinden- den Krystalle fallen, je nachdem sie mehr der einen oder andern Lage sich nähern. So müssten also unter dem Einfluss des Druckes mit der Zeit die kleineren Krystalle zu grösseren zusammenwachsen und zugleich die Richtung der Axen immer mehr mit der Druckrichtung zusammen- fallen. Wenn der Druck ganz constant nach der gleichen Richtung wirkt, so wäre das ideelle Schlussresultat ein — 207 — grosser Krystall, dessen Axe mit der Druckrichtung zu- sammenfällt. Wenden wir nun diese mehr allgemeine Betrach- tung speciell auf den Gletscher an. Wir haben alle Ur- sache anzunehmen, dass in der festen Eismasse des Glet- schers nach bestimmten von der Wirkung der Schwer- kraft und den Widerständen abhängigen Richtungen ein Druck stattfinde und senkrecht dazu ein Zug, d. h. ein Streben die Moleculardistanz zu vergrössern. Es müssten also mit der Zeit die Gletscherkörner, deren Axen mit der Druckrichtung zusammenfallen, auf Kosten der übrigen wachsen. Da wir nun nicht annehmen können, dass die einzelnen Gletscherkörner bei der Bewegung stets die gleiche Lage zur Druckrichtung behalten , so dürfen wir nicht folgern , dass nach einiger Zeit die Axen sämmt- licher Gletscherkörner mit der Druckrichtung zusammen- fallen. Es wird häufig, und zwar beim ruhigen Fort- schreiten mehr stetig, bei Eisstürzen mehr plötzlich, vor- kommen, dass bald grössere bald kleinere Stücke vx)n Eis und somit auch die Krystalle gedreht werden, was eine Aenderung der Lage der Axe zur Druckrichtung nach sich zieht; der gleiche Krystall kann also nachein- ander ab wechslungs weise Perioden des Wachsthums und des Schwindens durchmachen und deshalb können auch grössere Krystalle gefunden werden, deren Axen zur Druckrichtung senkrecht stehen. Immerhin müsste, wenn nicht stets alles wieder unter einander geworfen wird, ein Zusammenhang zwischen Druckrichtung und Orientierung der Axen sich geltend machen, und zwar in der Art, dass, wenn schon alle möglichen Richtungen bei den Axen vorkommen, doch die, welche nahe mit der Druckrich- tung übereinstimmen, im Yerhältniss zu den andern vor- herrschend sind. Ich habe einige Untersuchungen über diesen Punkt — 208 — angestellt, doch sind dieselben leider nicht zahlreich genug, um mit Sicherheit einen Schluss ziehen zu können, be- sonders da Klocke durch seine sorgfältigen Beobachtun- gen zu einem etwas andern Resultate gekommen ist. Bei den aus der Tiefe des Gletschers, wo sicher der Yertical- druck überwiegt, am untern Ende zu Tage tretenden Kör- nern wird man Bevorzugung der senkrechten Axenrich- tungen erwarten können. Dem entsprechend zeigten von sieben bei der Eishöhle des Rhonegletschers ganz will- kührlich horizontal herausgeschnittenen Platten sämmt- liche im Polarisationsapparat das Kreuz , während von sieben vertical herausgeschnittenen es nur eine erkennen liess. Auch die Schichtung steht ohne Zweifel mit der Druckrichtung im Zusammenhang. Ueberall da, wo eine deutliche Schichtung zu erkennen war, am Rhoneglet- scher iind am Aletschgletscher, schien mir die Normale zu den Schichtungsebenen in den Axenrichtungen vor- herrschend zu sein; ich hatte nämlich mehr Chance, die Ringe mit dem schw^arzen Kreuz im Polarisationsapparat zu sehen, wenn ich die Platte parallel zur S.chichtung als senkrecht zu derselben herausschnitt. Wenn sich die erwähnten Beobachtungsresultate durch weitere Untersuchungen bestätigen, so müsste die von Klocke ausgesprochene Ansicht über das regellose Ag- gregat krystallinischer Individuen etwas modificirt werden ; dass alle möglichen Richtungen bunt durcheinander vor- kommen, könnte man zugeben, aber so, dass eine be- stimmte Richtung, und zwar die des Druckes, vorherrscht. Bis auf einen gewissen Grad erhielte dann auch die von den Herren Bertin ^), Grad und Dupré-) ausge- ^) Bert in. Sur la constitution de la glace glaciaire. Comptes rendus. Yol. 63. pag. 346. (1866). -) Grrad et Dupré. Observations sur la constitution et le mouvement des glaciers. Comptes rendus. Vol. 69. pag. 955. (1869). — 209 — sprocliene Ansicht ihre Berechtigung, wenn man die „Parallelsteliung aller Axen" durch den allerdings viel weniger sagenden Ausdruck „bevorzugte Richtung" er- setzt. Die genannten Herren behaupten nämlich, am untern Grindelwaldgletscher alle Axen senkrecht und am untern Aletschgletscher ganz wenig gegen die Senkrechte geneigt gefunden zu haben. Ich hoffe Zeit und Gelegenheit zur weiteren Verfol- gung dieses Gegenstandes zu finden; und es wäre auch sehr zu wünschen, dass andere unparteiische Beobachter demselben ihre Aufmerksamkeit zuwenden; da man auch ohne Polarisationsapparat bei Sonnenschein mit den Tyn- dair sehen Schmelzungsfiguren ganz sicher die Axen- richtung der Krystalle bestimmen kann , so ist es nicht sehr schwierig, derartige Beobachtungen in grösserer Menge anzustellen. Die Umformung des Eises nach der aufgestellten Theorie kann natürlich nur bei Null Grad stattfinden; dieselbe erfordert also , dass die Hauptmasse des Glet- schers im Innern stets dem Schmelzpunkte nahe sei. An- gestellte Yersuche scheinen das zu ergeben; doch wäre es sehr wünschenswerth, wenn über diesen mit der Theorie der Gletscherbewegung so innig verknüpften Punkt noch weitere Beobachtungen angestellt würden. Während die Krystalle, deren Axen mit der Druck- richtung zusammenfallen, auf Kosten der übrigen wach- sen, müssen natürlich die Gletscherkörner, deren Axen senkrecht zur Druckrichtung sind, nach und nach schwin- den. Man sollte somit diese stets kleiner werdenden und schliesshch verschwindenden Körner in allen möglichen Zwischenformen vorfinden. Nun sind zwar die Gletscher- körner an einer gegebenen Stelle nicht alle gleich, aber die Unterschiede scheinen doch nicht so gross zu sein, als es bei obiger Annahme wohl sein sollte, und beson- 14 — 210 — ders sind ganz kleine Körner zwischen den grossen, welche die im Verschwinden begriffenen darstellen könnten, ver- hältnissmässig selten. Es ist das, wie ForeP) ganz richtig bemerkt hat, ein Hauptgrund gegen die unbedingte Annahme des geschilderten Yorganges. Vielleicht sind diese kleinen dem Verschwinden nahen Körner in der schwer zugänglichen Tiefe des Gletschers , die wir als hauptsächliche Bildungsstätte des grossen Kornes auffassen müssen, zahlreicher vorhanden, und sind nur da, wo das Eis zu Tage tritt, grösstentheils schon geschwunden. Wir gehen nun über zu der andern Auffassung, nach welcher das Gletscherkorn wächst auf Kosten des ihm zugeführten flüssigen Wassers. Diese Theorie wurde zuerst von Hugi aufgestellt, später besonders von Grad-) weiter ausgeführt und neuerdings von Forel befürwortet und dabei ausführlich besprochen imd nach mehreren Seiten hin ergänzt. Die Annahme, dass die neuen sich anlegenden Mo- lekeln der Form des schon gebildeten Krystalles sich an- schliessen, ist ganz den Gesetzen des Wachsthumes eines Krystalles in einer die gleiche Substanz enthaltenden Flüs- sigkeit entsprechend. Dabei muss natürlich eine der fest- werdenden Substanz entsprechende Menge von Wärme der Flüssigkeit entzogen werden; und es kann dies ge- schehen, sobald wir annehmen, dass die Gletscher im Winter im Inneren bedeutend unter Null abgekühlt werden. Herr Forel hat durch eine einlässliche Rechnung ge- zeigt, dass die dazu nöthigen Annahmen nichts natur- widriges enthalten, und dass ein jährliches Wachsthum des Gletscherkorns von 0,043 im Volumen oder 0,014 ') Forel, 1. c. pag. 334. ^) Grad. Les glaciers et leur mouvement. Les Mondes. Tom» XXXV. pag. 306. (1874). — 211 — (etwa 1 7-2 ^/o) in linearer Dimension erklärt werden könne, wenn man eine Abkühlung der inneren Masse des Glet- schers im Winter auf 7^ unter Null annimmt. Allerdings müsste, wie auch Forel zugibt, die Thatsache einer solchen Abkühlung, die mit den bisherigen Temperaturbeobachtun- gen nicht recht stimmt, noch nachgewiesen werden. Auch die zum Wachsthum nöthige Wassermenge kann leicht gefunden werden einerseits in dem, w^as oberfläch- lich schmilzt und andererseits in dem, was Niederschläge und Condensation dem Gletscher zuführen. Yiel schwieriger ist es sich über den Weg Rechen- schaft zu geben, auf welchem das Wasser zu den Kry- stallen gelangt. Wenn Wasser zu kaltem lockerem Schnee kommt, ist leicht begreiflich, dass dasselbe hinein filtrirt und von den einzelnen Kryställchen aufgenommen wird, und dass so diese dadurch wachsen. Herr Forel hat auch durch einen sehr hübschen und anschaulichen Yersuch mit Schnee, den er abwechslungsweise erkältete und mit Wasser über- goss, eine grobkrystallinische Eismasse hergestellt, .in welcher die einzelnen Körner zu sehr merklicher Grösse angewachsen waren. Die Bildung von Eis in der Tiefe des Lawinenschnees und sonstiger grösserer Schneemassen ^) lässt sich gut auf diese Weise erklären; beim grossen Gletscher kann jedoch dieser Yorgang nur angenommen werden in der Schnee- und Firnregion und bis auf einen gewissen Grad noch in der obern Gletscherregion, wo zwischen den Gletscherkörnern lufthaltige Räume sind. Weiter unten ist bekanntlich das Gletschereis compact, und da nimmt Forel an, dass das Wasser auf dem Wege der Haarspalten den einzelnen Kry stallen zugeführt werde. ^) Grad. Observations sur les petits glaciers temporaires des Vosges. 1871. — 212 — Nun aber hat, wie wir schon weiter oben bemerkt, sprö- des Gletschereis unter Null nur Verwachsungsflächen der Krystalle, aber keine offenen Haarspalten; diese treten erst beim Schmelzungspunkte auf. Die von verschiedenen Forschern angestellten Versuche über Iftfiltration gefärb- ter Flüssigkeiten lassen allerdings auf eine ziemlich all- gemeine Permeabihtät des Gletschereises in der Tiefe schliessen; was aber, wie mir scheint, nur dann möglich ist, wenn an den betreffenden Stellen die Temperatur nicht unter Null ist. Die beiden von Forel gemachten An- nahmen, dass einerseits das Eis in der Tiefe des Glet- schers bedeutend unter Null sei und andererseits offene dem Wasser Zugang verschaffende Haarspalten habe, lassen sich also nicht gut zusammen reimen. Aber selbst wenn wir über diese Schwierigkeit hin- weggehen und annehmen, dass die Grenzflächen zwischen den Krystallen ganz allgemein offene dem Wasser den Weg anweisende Spalten enthalten, so kann doch stets nur so viel Wasser eindringen, als die Weite der Spalte beträgt, imd es kann somit das einem Jahr entsprechende lineare Wachsthum stets nur der Weite der Spalte ent- sprechen, d. h. es wird jedei Krystall linear um — ^ der ihn umgebenden Spalte zunehmen; wobei der über das Ganze hinausgehende Neuntel von der Ausdehnung beim Uebergang aus dem flüssigen in den festen Zustand her- rührt. Falls dann auch die fortschreitende Bewegung des Gletschers aus dieser Ausdehnung erklärt werden soll, so darf natürlich nur dieser Neuntel und nicht die ganze —^ betragende Grösse in Rechnung gebracht werden, in- dem ja die Spalte selbst schon vor dem Eindringen des Wassers existirt und somit, auch wenn sie angefüllt wird, nicht zum Wachsthum beitragen kann; es sei denn, dass — 213 — man annehmen wollte , das Wasser dringe wie ein Keil zwischen die Körner und schaffe sich durch Auseinander- treiben derselben selbst den Weg, was nach mechanischen und physicalischen Grundsätzen sich wohl kaum rechtfer- tigen liesse. Wie sollen nun aber, nachdem im Frühjahr durch Eindringen des Wassers die Spalten angefüllt und durch das Gefrieren desselben zugewachsen sind, bis zum näch- sten Jahre wieder neue Spalten entstehen, deren Weite etwa 1 V2 7o der linearen Ausdehnung des Gletscherkorns beträgt? Die Zusammenziehung durch die Kälte oder die verschiedene Ausdehnung der einzelnen Körner reicht lange nicht aus, um dies zu erklären; auch wird kaum angenommen werden können, dass die Bewegung den Zu- sammenhang lockere und die Spalten zum Eindringen des Wassers schaffe, besonders wenn man umgekehrt das Fortschreiten des Gletschers aus dem Eindringen und Ge- frieren des Wassers erklären will. Es hilft eben nichts, das zur Erklärung des Wachsthums nöthige Wasser und die zum Gefrieren nöthige Kälte zu finden, wenn man nicht zugleich den Raum erhält, der das zum Wachsthum nöthige Material zulassen kann. Die angestellten Betrachtungen mögen zeigen, dass auch der Auffassung des Wachsthums durch Anfrieren des hinein filtrirten Wassers sich manche noch nicht auf- geklärte Schwierigkeiten entgegenstellen. Um den Unterschied- der beiden etwas näher ausge- führten Anschauungen noch klarer zu präcisieren, müssen w^ir noch darauf aufmerksam machen, dass die ganze Oeconomie des Gletschers sich anders gestaltet, je nach- dem wir uns der einen oder andern zuwenden. Wenn das Wachsthum des Gletscherkorns nur durch Ueberkrystallisieren eintritt, so stammt alles Gletschereis aus der Quelle des ewigen Schnees; auf der langen Reise — 214 — Yom Firn zum Ende der Gletscherzunge wird kein neues Eis gebildet, sondern nur das vorhandene Eis so umge- formt, dass aus vielen kleinen verschieden orientierten Krystallen ein grosser einheitlicher Krystall entsteht. Der Gletscher ist aufzufassen als ein Eisstrom, der unter dem Einfluss der Schwere sich nach unten bewegt und durch Abschmelzen stets Substanz verliert. AVenn wir zwei fixe Profile annehmen, ein oberes und ein unteres, so ist im stabilen Zustande, das heisst wenn weder Stauung noch Ablation eintritt, die in einer bestimmten Zeit durch das obere Profil zuströmende Eismenge gleich der Eismenge, die in derselben Zeit das untere Profil passiert, plus der Menge, die zwischen beiden Profilen abschmilzt. Ganz anders verhält es sich, wenn wir mit Forel das Wachsthum des Gletscherkornes nur aus dem Ge- frieren des hinzutretenden AVassers erklären. In diesem Falle hat zwar auch das Gletscherkorn, das unten an- langt, seinen Ursprung in der emgen Schneeregion; aber es ist auf seiner langjährigen Reise von der Grösse eines Schneekrystalls zu der eines Hühnereis gewachsen und zwar durch Aufnahme und Assimilation von flüssigem Wasser. So zu sagen die ganze unten anlangende Eis- masse rührt also nicht aus der oberen Schneeregion, son- dern ist eine Wirkung sämmtlicher Winterkälten, welche das Korn auf seiner Reise durchgemacht hat. Auch bei dieser Auffassang können wir die Yorstellung des Eis- stromes anwenden und auf zwei fixe Profile beziehen; aber die denselben im stabilen Zustande bestimmende Gleichung ist eine andere. Es müssen dann einander gleich sein die Zuströmung durch das obere Profil plus der Menge des zwischen den Profilen gebildeten Eises einerseits und die Abführung durch das untere Profil plus der Menge des zwischen den Profilen abgeschmolzenen Eises anderseits. — 215 — Die Oeconomierechungen lassen sich auch auf die ganze Gletscherzunge ausdehnen, indem man die Gesammt- masse des Gletschereises vergleicht mit dem, was das Abschmelzen wegführt, während der ganze Weg von oben nach unten beschrieben wird. Solche Kechnungen sind sowohl von Heim als von Forel angestellt worden. Der erstere schliesst daraus, dass die Annahme der Infil- trations- und Dilatationtheorie von Hugi und Grad zu einer dem Sachverhalt wiedersprechenden Zunahme der Gletscher ohne Ende führen würde; während umgekehrt Forel zu zeigen versucht, dass man bei Mchtannahme der genannten Theorie aui unannehmbare Gletschertiefen geräth. Die den verschiedenen Beobachtungen entnom- menen Zahlen sind eben auf diesem Gebiete noch ziem- lich elastisch. Da eine kritische und einlässliche Be- sprechung dieser Frage uns leicht zu weit führen würde, als wir hier beabsichtigen, so treten wir vorderhand nicht näher auf diesen Punkt ein. Das Gesagte mag genügen, um die beiden ganz ver- schiedenen Anschauungen über das Wachsthum des Gletscherkorns zu skizziren und die Schwierigkeiten anzu- deuten, denen beide begegnen. Ich habe nicht den Muth, mich bestimmt und entschieden für die alleinige Annahme der einen oder andern zu erklären. Auch ist ja sehr wohl möglich, dass je nach Umständen die beiden Arten des Wachs thums sich geltend machen und somit beide bis zu einem gewissen Grade berechtigt sind; oben bei der Bildung des Firnes aus dem Schnee und des Gletschereises aus dem Firn hauptsächlich das Wachs- thum durch Infiltration und Ankrystallisiren und weiter unten vorwiegend Bildung grösserer Gletscherkörner durch UmkrystaUisiren der Krystalle in einander unter Einfluss des Druckes. Jedenfalls müssen weitere Beobachtungen am Gletscher selbst und physicalische Studien über die — 216 — Eigenschaft des Eises noch manche Aufklärung schaffen; und es ist zu hoffen, dass die Unterstützungen, die in verschiedenen Ländern, insbesondere auch bei uns in der Schweiz, dem hauptsächlichen Heimathlande der Gletscher, von staatlichen Behörden, Vereinen und Privaten den Untersuchungen und Messungen an Gletschern zugewandt werden, zur richtigen "vvissenschaftlichen Deutung dieser so grossartigen und in gar mancher Beziehung räthsel- haften Naturerscheinung WesentUches beitragen. Basel, Juni 1882. lieber den Namen Schönbein. Notiz von P. Merian. Es macht ^delleicht den Mitgliedern unserer Gesell- schaft einiges Yergnügen, den latinisirten Namen unseres verstorbenen Freundes Schönbein zu vernehmen. In der kürzlich erschienenen Schrift von M. Hon seil, der Boden- see und dessen Tieferlegung, Stuttg. 1879, wird einer Ab- bildung des Bodensee's von Tibia nus (Schönbein) vom Jahre 1578 erwähnt. Yon diesem Tibianus , richtiger Schinbein, Schullehrer in Ueberlingen, besitzen wir aus demselben Jahr ein Lobgedicht, Panegyricon super lau- dibus Acronii lacus, was sich unter Anderm auch in Scheuchzers Hydrographie abgedruckt findet. Nach schwä- bischer Aussprache, welcher wohl auch Honseil folgt, ist Schinbein und Schönbein sehr nahe stehend. Die La- tinisirung Tibianus passt freilich besser auf Schinbein. Witterungsübersicht des Jahres 1881. Yon Albert Riggenbach. Die folgenden Tabellen enthalten die Mittel aus den Beobachtungen der meteorologischen Station im Bernoul- lianum zu Basel, deren geographische Coordinaten sind: Is'ördliche Breite 47<^ 33' 40" Oestliche Länge von Greenwich 0^ 30™ 20^ Höhe über Meer 278 Meter, lieber die Ausrüstung der Station soll später das Nähere mitgetheilt werden. Bemerkungen über die Berechnung der Tabellen, 1. Luftdruck. Alle unmittelbaren Barometerab- lesungen (bis auf 0,1 mm.) werden auf 0^ reducirt nach Tabelle I. der „Instruction für die Beobachter der meteorologischen Stationen der Schweiz, Zürich 1863'', dann wird noch +0,7 mm. hinzugefügt, als Correction für die Capillardepression des hiesigen Stationsbarometers. Aus diesen Werthen des Luftdrucks bildet man für jeden Monat und für jede der drei Beobachtungsstunden 7^ a. m., 1^ p. m., 9^ p. m. besonders das arithmetische Mittel; diese sind in der Tabelle unter 7^, 1^, 9^ und der dritte Theil ihrer Summe unter „Tagesmittel'' ein- getragen. Die Jahresmittel sind strenge berechnet, d. h. sie sind 1/365 der Summe aller betreffenden Barometerstände. Unter Min. und Max. steht der geringste und grösste während des Monats wahrgenommene Luftdruck. Als grösste Oscillation ist der grösste Unterschied zweier um 24 Stunden auseinanderliegenden Beobachtungen eingetra- — 218 — gen und in der näclistfolgenden Colonne das Datum und die Stunde beider Beobachtungen beigeschrieben, wobei jedesmal das Datum des höhern Drucks über dasjenige des geringern gesetzt wurde. 2. Temperatur. Das Stationsthermometer bedarf keiner NuUpunkts-Correction, mithin können die Ablesun- gen bis auf 0,P C. selbst ohne Weiteres zur Bildung der Mittel für die einzelnen Beobachtungsstunden verwendet werden. Um das arithmetische Mittel der drei Termin- beobachtungen dem wahren Tagesmittel näher zu bringen, wird demselben folgende aus den Genfer Beobachtungen abgeleitete Correction hinzugefügt: Jan.: —0,1; Feb.: —0,1; März: —0,2; April: —0,3; Mai: —0,4; Juni: — 0,5; Juli: — 0,5; Aug.: —0,4; Sept.: —0,3; Oct.: —0,2; Nov.: —0,2; Decbr.: —0,1. Die so erhaltenen Werthe sind unter „Tagesmittel" eingetragen. Die Jahresmittel sind wie die für den Luft- druck berechnet. Die täglichen Maxima und Minima der Temperatur werden jeweilen 9^ Abends an einem Metallthermometer (bis auf 0,5^) abgelesen. In der Tabelle sind unter „Mit- tel" die Monatsmittel der Minima, Maxima und der Dif- ferenz beider eingetragen unter Extreme, die tiefste und höchste überhaupt beobachtete Temperatur sowie der grösste Unterschied zwischen dem 3Iinimum und Maxi- mum desselben Tages. 3. Relative Feuchtigkeit. Aus den Ablesungen am feuchten und trockenen Thermometer wird die rela- tive Feuchtigkeit nach der von Hrn. Prof. Wolf in Band YI der schweizerischen meteorologischen Beobachtungen pag. XY — XYin angegebenen Weise berechnet. 4. Die Angaben der Bewölkung beruhen auf Schätzung; man notirt wie viele Zehntel des Himmels mit Wolken bedeckt erscheinen. Als fast ganz bedeckte — 219 — Tage sind alle die gezählt, deren Summe der drei Be- wölkungsziffern 25 übersteigt. 5. Die Niederschlagshöhen sind in Millimetern angegeben. Sie werden täglich Morgens 7 Uhr gemessen. 6. Bei der Zählung der Tage mit Niederschlag wird der Tag von 7^ a. m. bis um dieselbe Zeit des folgenden bürgerlichen Tages gerechnet. Als Tage mit Niederschlag überhaupt gelten auch die, an denen nur wenige Tropfen gefallen sind, während in der Zahl der nächsten Rubrik nur die Tage mit mindestens 0,2 mm. Niederschlag in- begriffen sind. „Tage mit Regen", „Tage mit Schnee" um- fassen auch die geringsten Niederschläge; unter „Regen und Schnee" sind die Tage verzeichnet, an denen gleich- zeitig beiderlei Niederschläge fielen, sie sind in den bei- den vorhergehenden Colonnen auch mit gezählt. Die Regendichtigkeit ist der Quotient aus der Nieder- schlagshöhe durch die Zahl der Tage mit mindestens 0,2 mm. Niederschlag. 7. Windrichtung und Windstärke (letztere in fünf Graden, nämlich: 0, 1, 2, 3, 4) werden täglich drei Mal um 7^ , 1^ , 9^ beobachtet. Die Winde von der Stärke werden ohne Rücksicht auf ihre Richtung als Windstillen zusammengefasst, die übrigen ohne Rücksicht auf ihre Stärke nach den Richtungen gruppirt. Die so gewonnenen Zahlen, in Procente umgerechnet, sind in der Tabelle unter H. eingetragen. Die bei jeder Windrichtung verzeichnete mittlere Stärke ist der Quotient aus der Summe der Windstärken durch die Anzahl der Summanden. Die vorherrschende Windrichtung ergibt sich nach der Lambert'schen Formel aus der procentischen Wind- häufigkeit. 5,3 N. 3^ W. z. B. bedeutet eine Resultirende von der Länge 5,3, deren Richtung von der Richtung nach Kor- den um 3^ gegen Westen abweicht. — 220 00 00 c/3 Ü U 0) D I Ci à 1—3 t- Ci . Ci 1—1 Ci Ci Ci rH 1-1 _ ^ r^ Ci 1-H te O 1—1 o . 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Sein Jahresmittel der Temperatur übertrifft das 34jährige Mittel nur um 0*^,09 und die Regenmenge von 1881 ist hinter dem 17jährigen Durchschnitt bloss um 61,9 mm. , also um ca. 77o zurückgeblieben. Relativ ebenso gering sind die Abweichungen im Luftdruck, der Bewölkung etc. Hingegen ist die Zahl der Tage mit Niederschlag sehr bedeutend: 177 anno 1881 gegen 149 im 37jährigen Durchschnitt, und ganz besonders hoch ist die Zahl der Rieselfälle: 12 gegen 2 (54jähriges Mittel). Durchaus andere Verhältnisse zeigen die Mittel der Jahreszeiten oder gar der einzelnen Monate, wie aus den folgenden Zahlen hervorgeht: Jahreszeit. Mittlere Temperatur. Regenhöhe. Winter (Dec— Febr.) 2,44 0,74 +1,70 119 13G —17 Frühling (März— Mai) 9,51 9,26 0,25 169 231 —61 Sommer (Juni— August) 19,29 18,39 0,90 219 282 —63 Herbst (Sept.— Nov.) 8,86 9,58 —0,72 287 205 -f- 82 15 — 226 — c Ikung )m m Mittel. -^^ CO T-t »Ä r-i lO CO O Ö^ O ^'" Ö~ T-T O 1-1 O OS 00 t- r-i'^ i-T c4^ o^ -T o" CO o E 1 > .|> + 1 1 1 + I + 1 +++ 1 + + -o _: ë> i — Régenta vom 37jährigen -^ 1-1 (M CO Tf o -^ r-i CO C^ X CO c ^ -^ (X> ^ t^ C- lO T-i 1 Oq 1-1 i +:ji ' 1 1 0^ r-T 1 < E (A "Î3 Tipera om en M o CO lO o -^ lO !-• t- (M o -^^ (M CO T-T c• •r*< tH t-^ (N^ CO^ CO^ O^ cq^ CM*" CT r-T CO~ CCT Ti S o » '.p. o -f 1 +^ 1 1 1 -t-+ 1 I + + 4- •a " 1 % 1 E 13 5 S S O t- "^ 00 CO Ol (M 00 t- ffi o r-j^ T-J^ co'^ (?f o o CO o" o o (M CO o C<ï •«*i tD CO 00 !>• Oï T^ o" d~ o^ irf »-T 1 o s (A des Lu v 54jährig 1 + 1 1 + i + I 4- 1 1 1 + + + i ^ . . . : • 1 : i g =* = ., — • ^- il l'-a-s-g g ^ P:^ ^ <1 ^ H^ Juli . August Septem Octobei Novem Deceml SB tH 1 — 227 — Der "Witterung des Jahres. 1881 wurde ihr Charak- ter hauptsächlich durch das Yorherrschen der Anticyclonen aufgedrückt. Ihre Beharrlichkeit und die jeweilige Lage ihres Centrums gibt Rechenschaft von der milden ^Yärme des März, dem prächtigen Wetter im Mai, der ausser- gewöhnlichen sommerlichen Hitze, der Kälte des Septem- bers und der ganz ungewöhnlich rauhen Witterung im October, nicht minder auch von dem prachtvoll ausge- prägten Nachsommer im November und zum Tb eil noch im December. Die zweite Hälfte des Januar 1881 war durch eine strenge Kälte ausgezeichnet; auch diese wird aus der Luftdruckvertheilung begreiflich, wenn man hin- zunimmt, dass kurz vor dem Eintritt der strengsten Kälte ein Sturm das Land weit und breit mit Schnee über- deckt hatte. Die jährliche Regenvertheilung weist in Basel wie im ganzen nördlich der Alpen gelegenen Gebiet bis zur Ostsee zwei Maxima auf, die durch ein schwaches, im 17jährigen Durchschnitt aber unverkennbares Minimum um die heisseste Jahreszeit (Mitte Juli bis Mitte August) ge- trennt sind. In einzelnen Jahren verwischt sich dasselbe oft vollständig, das Jahr 1881 dagegen brachte den nicht gerade häufigen Fall, dass die Zeit der reichlichsten Nie- derschläge durch eine mehrere Wochen anhaltende Periode grosser Trockenheit getrennt ist. Im Spätsommer fielen in kurzer Frist ungemein reichliche Niederschläge: in den drei Tagen des 27. Aug., 1. und 2. Sept. zusammen so viel als während des vollen Yierteljahres vom 1. Mai bis 15. Aug. Die eben genannten Tage waren, wie die um- stehende Tabelle zeigt, in der ganzen Nordschweiz von ausgiebigen Regengüssen begleitet, und diese bewirkten in Yerbindung mit dem raschen Schmelzen des frischen Schnees in den Bergen fast allenthalben beträchtliche Ueberschwemmungen. Namentlich viel Schaden richteten — 228 — ■uaHmsuv 1—1 CO GO xT -M 'ua6oji 3^ o o O 3 CO •qounz o O CO o CO o CO Ci o s- •jjopiiv CO tH if ^- •«ßm Ci »—1 CO 1 ï (M ')uouineij3 (M o ^"^ 1— 1 GO O 'BjnqudndN 1-H O 'UJdg T-T 1—1 T— 1 ■|BJS3n O 1—1 o o 1— ( cT Ci 1 lasBa o S- 00 «3 fcJD r, Hucl. Hotz. A^erhandlnn oren der Natiiiforsclieiiden Gesellschaft BASEL. Siebenter Th CQ Ci ^ 00 lO ï- 05 rH î> 05 î> î> . lO ce CO ï> t~ i^'S OOt^OiOÎOîC^rHOi OiCOCOC^iiOCDOCC^ Gv? Ovî Cv? Oi --H Oî C5^ i-^_ t-^ t-;_ O ÇO_ b-^ i-J^ Oî^ lO^ " oT co~ of a^ CO lO iO "^ ^ O^ 00^ O^ CO^ CO^ î>_ lO^ 00^ Oî^ '^^ cp' go" cp~ oT -«tir oo" lo" co~ io~ cd" î>~ ^}^ "^ ^^ "^ "^ "^ T^ "^ COÎ>CC>»OCOC5iOCOCDÎ>0:iî> CO o: 00 G5 00 ^ o? 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Winter 1881/82 (Dec— Febr.) 1,1 0,7 -f- 0,4 67 136 — 69 Frühling (März— Mai) 10,3 9,3 +1,0 106 231 —125 Sommer (Juni— Aug.) 16,7 18,4 —1,7 277 282 — 5 Herbst (Sept.— Nov.) 10,0 9,6 +0,4 367 205 +162 Winter 1882/83 2,9 0,7 +2,2 97 136 — 39 265 . c iî « o> :t: ^ = S ä> <>? :35 <^^ *^^'^*^*^^^^'^°''^ ïO .=2 â § S ö~ o" o" o" o~ d~ o" y-^ i-h" co~ o" d~ o" o" s 1 > .!> + Mil +++++++ + S« 5 •Ö ;— » r- . a> ô H» î2 __ ca ■— ■S "1 ^ d ^CQi-iOOiOOOOOOJOCOJ> î> N ë,a = 1-H 1— ( rH zo + 1 1 ++ +++++++ + ' 1. ^ o »{ ■o r=- CO &£ d e -S ES tliche enge 1- -^GOfM-^COt-OiCOCi^Oi^ CD <^ 5 £ 3 = »-H 02 0î-^CiO .-tCvîO— 'O « ^ E oï — 0> J= 3 1 1 1 1 1 ++ 1 + 1 ++ 7 ï- QC xtf OJ — ^ pfi •S îr ^ - «- -s • = iî 32 13 .tr 1 1 ^ 2 co^ OJ_ r-^^ CD o CO Oî Oî^ 00 l> î> O^ lO ^ o 1- " •5 ,_r o o of o~ o r-T (?f rn" ,4" o~ of oT o" i + 11+ + 1 1 II +++ + a Ä I~ WJ WO) "7» « 73 ^ ■o CO (A — «J3 S *- o •- 1 2 S 1 0^ \o^i-^î>_(:r ^'^^"^o^<î^G^o_ r-l ■S S g g a -^"^ o~ GcT ccT ö~ cvT o" ö~ cT oT r-T G S) 1 + :^++ 1 ++ 1 + 1 1 1 1 + «« »J (/) O '^ CD o 1 1 1 1 »n I CQ 1 -û 3 a 00 CD O CO o? 1 1 1 1 m 1 î> 1 O cô "^ y-t j-{ ,-\ « J3 ce • rt CO O CD \0 1 CD 1 1 1 1 lO 1 1 CD ^ M OS -* (35 1 o? 1 1 1 1 ï^ 1 1 CD f— ( I— ( « ^ , " !«• »C O CM »o 1 1 1 1 1 •^ 1 1 § 1 s 05 TJH Ci th 1 1 1 1 1 î^ ^ 1 1 m § *"• ^-^ S t: O ^^ 1 1 1 1 1 I 1 1 1 00 Oï os 1 1 1 1 1 1 ?^ 1 1 1 1-H CO il- o CO o I CO 1 1 I 1 1 1 ^'' 00 os -rj^ 1 1 1 1 1 î- 1 1 S d § I— < »— ( '"' S ^-v 03 " a . o ^ 00 1 1 1 1 1 1 o- 1 1 t Is'" 00 i> os 1 1 1 1 1 1 1-1 1 1 1 g .-1 ce • CD S, i -g ^ QD CD 1 1 I 1 1 1 O I 1 1 s m* 3 II'" Ci CO »— ( .-H 1 1 1 1 1 1 S î> 1 1 1 , ^ u-î «i, <» c "* 11"^ CO o 00 ïO T^ 1 1 1 1 (M 1 Oi lO «3 ^ Oi ^ (X> CO CM 1 ^ f^ 1 (X> CD •S 1— ( 1— 1 r- ( 'S O :« :S ^ .5 II-- Oî t- C35 o CO 1 00 1 1 1 A V »O ■># 1 1 ^ t- ^ 05 ■^ (M 1 1 1 1 m on 1 1 T-H 1— 1 t— 1 •"^ '"' i "S • ^. ^ a; m 35 ■mè ^ CD 00 o on o CD lO CQ "tJ* Ti< j> ço 1-1 CD > CO 1 -vt< î> G 2 CÖ O '^ 00 CO 05 CO CO o 1—1 ï> iO Oî CO CO O CO ?^ 1 î> CD M^ 09 '^ >— ( 1—1 1-H T-l i-H 1—4 •^ ?i 9 2 fia s •o o I 1 1 1 1 < 1 1 1 1 1 rp I 1 1 s o •-0 Ö o > ■^ 00 ^ 1 1— 1 .— 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 î- 1 1 1 ;3 »o .-1 oc? o J> 1 o -+1 os 1 ^ »o 1 CQ « ■^ 1 1 î> CO 05 CO I— t 1 o »o rt( 1 ^ CO 1 CO î^ ?^ 1 1 <1 1-H rH '"' I— 1 1—1 '^ . . . • • . . . • • • • . . . . . • • • . . . • • • • ■ • . . . . . , , OD •A X -S S >< X CT' ^ (D « 13 -O 0) 0^ .3 ^ es oS c "^ T? 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Band X, 1883. ^ 400 — ständniss eines Irrthums, auf welchen schon seit längerer Zeit Kowalewsky und F. Major mit allem Kecht hingewiesen haben. Es betrifft dies die sogenannten Mit- telsäulchen an Oberkieferzähnen mancher Wiederkäuer, die ich a. a. 0. mit Unrecht der bei Anoplotherium vom Yorjoch sich ablösenden Knospe gleich setzte, während sie allerdings, so gut wie die ähnlichen Bildungen an Unterki ef er zahnen , in die sehr schwankende Catégorie der Basalwarzen gehören. Im Uebrigen muss ich entgegen den Einwendungen von Kowalewsky^) die a. a. 0. durchgeführten Paral- lelen zwischen dem Zahnbau von Paridigitaten und Impa- ridigitaten aufrecht halten, und sehe keinen Grund ein, nicht im Inhalt beider Zahnformen Modificationen eines und desselben Bauplanes anzuerkennen. Ich verweise dafür, wie schon früher, vornehmlich auf das G-ebiss von Renthier und Giraffe, wo sich namentlich an unteren Molaren — seit Cuvier für solche Parallelen dem grössten Stein des Anstosses — Yerhältnisse einstellen, die mit denjenigen des Pferdezahnes durchaus homolog erscheinen. Dasselbe gilt für die obern Prsemolaren und Milch- zähne von Selenodonten, an welchen trotz grosser Réduc- tion in jedem Sinne der Inhalt von Molarzähnen doch noch nachzuweisen ist ; in vollerem Maasse selbstverständlich an Milchzähnen als an deren Ersatzzähnen. Eine sehr wich- tige Modification tritt indes in dieser Beziehung bei Tragu- lina ein, wo die oberen Milchzähne dem sonst bei Omnivo- ren (Bunodontia) herrschenden Bauplane folgen, indem der zweite Milchzahn nur in seiner hintern Hälfte noch mo- lar-ähnlich ist, während die vordere Hälfte gestreckt 1) In der jedem Paleeontologen wohl bekannten Monographie von Anthracotherium. Palseontographica XXII. 1873. — 401 — und bis zur Unterdrückung des Innenhalbmondes com- press und schneidend wird, so dass der Zahn eine drei- eckige Gestalt gewinnt. Noch mehr ist dies der Fall am vordersten Milchzahn, der nur noch aus einer schneiden- den Aussenwand mit kaum merklichen Spuren einer Hinterhälfte und Innenhälfte zu bestehen scheint. Da der nämliche Plan auch schon bei vielen fossilen Paridigita- ten herrscht (Änoplotherlen, Xiphodontia, Bicliohimen etc.), so erscheint es passend, solche Paarzeher, fossil oder lebend, in Bezug auf Zahnbau als Heterodonten oder Am- phiodonten (mit kauenden Molaren und schneidenden Yorderzähnen) zu bezeichnen. Derselbe Unterschied ist an untern Prsemolaren und Milchzähnen bemerklich, obwohl auch hier die Umgestal- tung zu noch so schneidenden Zähnen, wie sie etwa Anoplotherien, Xiphodontia, Tragulina zeigen, lediglich auf eine weitgehende Eeduction des Molarplanes zurück- zuführen ist. Am reichsten entfaltet ist auch hier der hinterste Milchzahn, der durch Beifügung eines vorder- sten Hügelpaares mit zwischenliegender Marke dreithei- lig und in so fern oberflächlich dem hintersten untern Molarzahn ähnlich wird ; obschon am Tage liegt, dass an M. 3 ein hinterstes mehr oder weniger vollständiges Dritt- theil zu dem normalen Molarinhalt hinzutritt, während an D. 3 die Zuthat aus dem vordersten Dritttheil besteht. In allgemein schematischer Form, die selbstverständ- lich kleinen Details nicht Rechnung tragen kann und nur den Inhalt der wesentlichen Zahntheile in Yergleichung bringt, lassen sich diese Yerhältnisse für Imparidigitata D zz P "ZI M durch die Formel j^ _ p _ ^ ausdrücken, welche be- sagt, dass hier auch die Wechselhälfte der Zahnreihe in beiden Kiefern trotz allerlei Modificationen doch dem vollen Molarinhalt gleichsteht. 86 — 402 — Bei Paridigitata ist an obern und untern Prsemolaren die hintere Molarliälfte reducirt und mehr oder weniger innig mit der seitlicli compressen Yorderhälfte verschmol- P <. M zen. ,. In viel geringerem Maasse ißt diese Réduc- tion an Milchzähnen durchgeführt; so sehr, dass am Un- kiefer der hinterste, am Oberkiefer sogar die zwei hin- tern Milchzähne den vollen Molarinhalt, D. 3 inf. sogar mehr als das besitzen. Mindestens für die vordem Zähne würde also hier die Formel -^ rT n^ p S^^^^^ können, wobei hinzukommt, dass bei Omnivoren, Anoplotherien und Tragulina diese fortschreitende Réduction von ]Milch- und Ersatzzähnen wesentlich von einer seitlichen Com- pression der betreffenden Zalmtheile begleitet ist, welche zu schneidenderen und meistens gestreckteren Zahnfor- men führt als bei ächten Wiederkäuern. In diesem Sinne dürfte man also wohl diese Thiere als amphivore oder heterodonte "Wiederkäuer bezeichnen. Gleichzeitig ergiebt sich aus der grossen Yerschie- denheit der Milchzähne unter sich, dass das Milchgebiss, obwohl es nur aus '3 oder 4 Zähnen besteht, mis doch jeweilen gewissermassen die Totalfunction des erwach- senen Gebisses in einer Art combinirten Budget's vor Augen führt, das dann von den Molaren und Prsemolaren zu specielleren und diverseren Organen umgestempelt wird. Es bildet so eine Art Généralisation des gesamm- ten definitiven Gebisses und wird uns also in der Regel namentlich bei synthetischer Yergleichung verschiedener Gebissformen allerlei ^Yegweisung bieten, während das definitive Gebiss uns die von der Natur zu Stande ge- brachte Analyse oder Differenzirung vor Augen stellt. Das erster e wird uns also wohl auch in der Regel mehr memorative Yerbindungslinien zwischen verschiedenen -- 403 — Thierformcn aufdecken, das zweite mehr prospective Spaltungen. In dem liier beabsichtigten Résumé einer Special-Ar- beit kann ich es unterlassen, die dort der Yollstcändigkeit halber beigefügte und in frühern Schriften bis auf die einzelnen Genera und Species durchgeführte Darstellung des Grebissplanes von Camelina und Cavicornia zu wie- derholen. Wohl aber muss in einer Schilderung fossiler Hirsche und hirschähnlicher Thiere das Gebiss der heu- tigen Tragulina und Hirsche einlässlich zur Sprache kommen. Tragulina. In seinem allgemeinen Gepräge schliesst sich das Gebiss der sogenannten Zwerg - Moschusthiere dem der Hirsche eng an, indem es namentlich deren geringe Zahn- höhe (im Yergleich zu Cavicornia) und Runzelung des Schmelzes theilt; dabei sind die Zähne eigenthümlich schief gestellt, so dass die Oberkieferzähne stark nach rückwärts, die Unterkieferzähne stark nach vorwärts ge- neigt sind. Ein Basal wulst ist an obern und untern Mo- laren mehr oder weniger ausgebildet, aber ohne dass es zur Säulchenbildung kömmt. Die Molaren folgen dem selenodonten Bau; die Aus- senwand von Oberkiefer zahnen ist in deren beiden Hälften in der Mitte zu rundlichen Cylindern verdickt, mit starken vordem Grenzfalten. Die Innenwand unterer Molaren ist comprimirt und trägt in Folge der schiefen Zahnstellung lange Zeit Usurflächen nur an den vordem Kanten, während die hintern tiefe Kerben tragen, wo- durch die Gipfel der Innenwand — namentlich der vor- dem — wie doppelfaltig erscheinen. — 404 — Ueberaus bemerkenswertli, und unter lebenden Wie- derkauern fast einzig dastehend, ist überhaupt die Yer- vielfältigung der Kauränder und Usurstreifen durch Ker- ben oder Duplicaturen der Kau-Kanten, wie dies sonst unter heutigen Hufthieren, aber viel roher durchgeführt, wesentlich bei Schweinen vorkömmt. An hintern Mola- ren des Unterkiefers steigt die eben erwähnte Kerbe tief an die Innenwand herab. Sie findet sich auch bei Moschus Sibiriens, nicht aber bei Hydropotes. Yiel eigenthümlicher und auf Tragulina beschränkt, aber hier allgemein, obwohl sie an grossen Species viel ausgesprochener ist als an kleinen, ist eine andere Kerbe, die das Hinterhorn des vordem Innenhalbmondes in zwei Aeste theilt, der Art, dass die Usurstreifen hier ein tiefes Zickzack bilden, wofür Analogien sich nur bei fossilen Yerwandten finden. An dem hintern Halbmond fehlt diese Gabelung des Hinterhorns , nicht aber gänz- lich an dem zweiten Halbmond von M. 3. Als Antagonist für diese merkwürdige Yermeh- rung der Kaulinien kann an Oberkieferzähnen nur eine schwache, in die Yordermarke hinabsteigende Kerbe mit davon abhängiger Schmelzduplicatur am Yorderrand des Yorderhügels der Aussenwand wirken. Die Prsemolaren werden nach vorn zu immer com- presser, gestreckter und schneidender. Am Oberkiefer ist nur P. 1 mit einer Marke versehen, während P. 2 und 3 dreikantige Schneiden bilden. Aehnlich am Un- terkiefer: P. 1 trägt noch eine sehr compresse Marke in der Hinterhälfte, während die Yorderhälfte eine lon- gitudinale Hauptzacke und eine dem Yorderhorn ange- hörige niedrige Yorderzacke bildet. Noch schneidender und dreizackig sind P. 2 und 3. Die obern Eckzähne sind besonders beim Männchen gross, säbelartig, compress, mit hinterer Schneide und — 405 — vorderer stumpfer First, und gegen die Spitze auswärts gebogen. Die Sclineidezälme sind hirschälinlicli. Die Mittelzähne sind breit, die übrigen sehr schmal, nur der äusserstc wieder etwas breiter und isolirt stehend. Weit mehr als das definitive Gebiss entfernt sich das Milchgebiss, namentlich im Oberkiefer, von dem sonstigen Wiederkäuer - Plan. Schon D. 1 sup. ist be- deutend gestreckter als M. 1, so dass im vordem Theil durch ergiebige Ycrbindung der vordersten Falte der Aussenwand mit dem vordem Innenhalbmond eine neue Usurfläche des Zahnes gewonnen wird. D. 2 ist wie schon bemerkt, dreieckig, nur in der hintern Hälfte mo- larähnlich, in der vordem in die Länge gestreckt und mehr oder weniger schneidend, mit einer Hauptzacke, die der Yorderhälfte der Aussenwand entspricht, und einer niedrigeren Yorderzacke, die der vordem Grenzfalte entspricht, so dass der vordere Innenhalbmond unter- drückt erscheint. Noch gestreckter und compresser ist D. 3, w^o auch der hintere Innenhalbmond mit der Aussenwand confluirt, so dass der Zahn eine Schneide bildet mit grosser Mit- telzacke, dicker und immer noch eine ansehnliche schiefe Usurfläche liefernder Hinterzacke und kleiner Yorder- zacke. î^ur in jungem Stadien trägt er noch einen un- verkennbaren Kest des hintern Innenhalbmondes, wie D. 2, während er bei stärkerer Abtragung, abgesehen von grösserer Länge, seinem Ersatzzahn ähnlich wird. Der hinterste Milchzahn des Unterkiefers ist drei- theilig, durch Beifügung eines gestreckten und in zwei Hügel aufgehobenen Yorderhorns zu dem Inhalt von M. 1. — "Wie besonders Hysemoschus aquaticus und Tragulus Kanchil, unter Cavicornia übrigens auch Cephalophus pygmseus deutlich erkennen lassen, wird der Bau von D. 1 am richtigsten bezeichnet, wenn man ihn, wie D. — 406 — 1 Slip., einen bis über das Maass eines Molarzalines ver- vollständigten Prsemolarzahn nennt. Wie schon in frü- heren Arbeiten geäussert wurde, vertritt eben das Milch- gebiss in drei Zähnen das vereinigte Budget von Mo- laren und Prsemolaren, oder erscheint das definitive Gre- biss als eine auf sechs Zähne vertheilte Differenzirung des Milchgebisses. D. 2 bildet eine langgestreckte drei- zackige Schneide, die nur an unverletzten Zähnen im hintersten Dritttheil noch eine schwache Marke trägt, während diese an D. 3 vollständig verschwunden ist. Im Gegensatz zu den übrigen Wiederkäuern, lässt sich also das in den hintern Zähnen noch wohl ausge- bildete Kauflächen — in den Yorderzähneu nur Schneiden tragende Gebiss der Tragulina mit allem Recht hetero- dont oder amphiodont nennen. Dennoch ist klar, dass dies nur einen Excess Dessen darstellt, was bei andern Wiederkäuern höchstens am vordersten llnterkieferzahn einigermassen ähnlich auftritt. Auch fehlt es nicht an Zwischenstufen, wofür ich namentlich auf Cephalophina (l)esonders Cephalophus pygmseus) aufmerksam mache, wo die zwei vordem, obern und untern Milchzähne zwar kürzer, aber sonst wesent- lich gleich gebaut sind wie bei Tragulina. Die Tragulina verwirklichen also nur den höchsten Grad von Amphiodontie unter heutigen Wiederkäuern, — bei der sonst so ausserordentlichen Gleichförmigkeit des Wiederkauergebisses für die Paläontologie ein um so wichtigerer Wegweiser, als dieselben Yerhältnisse nicht nur eine grosse Zahl fossiler Wiederkäuer, sondern auch die Paridigitata non ruminantia kennzeichnen. Gleich- zeitig erscheinen in diesem Sinne die Tragulina als Wiederkäuer älteren Stammes als die übrigen, wenn wir uns erinnern, dass nach dem Nachweis von Kowa- lewsky (Anthracotherium, p. 203 u. f.) bei den Impa- — 407 — ridigitata sicli eine ähnliche Modification des Gebisses von altern heterodonten zu den spätem homodonten nachweisen lässt. Wenn man die Parallelen in der Zusammensetzung der einzelnen Zähne des provisorischen und des defini- tiven Gebisses dieser heterodonten Wiederkäuer fest- stellen will, so könnte man also im Oberkiefer D. 3 mit P. 2 und 3 parallelisiren, D. 1 mit M. 1, w^ährend D. 2 lind P. 1 sehr ungleich durchgeführte Zwischenbildungen sind. Im Unterkiefer würde wieder D. 3 = P. 2 und 3, D. 1 = M. 1 zu setzen sein, und D. 2 erschiene als eine ganz zutreffende Parallele von P. 1. Oder in kür- zerer Form: Kauzähne, also im Allgemeinen von Mo- larform Tj—.', Schneidezähne, im Allgemeinen von Prse- D. 3. P. 3. 2 molarform ' ^' p\ % ; Mittelzähne oder Uebergangszähne D. 2 (P. 1) p-^-Tjfrjr; wobei nur im Oberkiefer in Folge complexeren Baues von Oberkieferzähnen D. 2 und P. 1 sehr ungleich gebildet sind, da D. 1 ungewöhnlich gestreckt, P. 1 un- gewöhnlich verkürzt ist, während im Unterkiefer D. 2 und P. 1 sich durch verschiedene Länge von einander unterscheiden. Bei normalen Wiederkäuern, wo höchstens der vor- derste Unterkieferzahn schneidend genannt werden kann, finden sich in Bezug auf Bau keine ächten Mittelzähne : Wir haben hier im Allgemeinen Kauzähne von vollem D. 1. 2 Molarinhalt Ty~r-, Kauzähne von anscheinend halbem -^r 1 Tl. D. 3. P. l. 2. 3 Molarmhalt D.I. 3. P. 1. 2. — 408 Cervina. Als allgemeiner Zug des Hirschgebisses kann die geringe vertikale Höhe und Stärke der Zahnkronen gel- ten, welche niemals so starke D entin cylinder liefern wie bei Cavicornia, daher auch die Marken weit offener bleiben und sich erst bei starker Abtragung zu schliessen beginnen. Es bleibt also das Hirschgebiss zeitlebens auf der Stufe von Keimzähnen der meisten Cavicornia ste- hen und trägt in sofern ein geologisch älteres Gepräge. Was von Yerstärkungen des Zahnes vorkommt, besteht in einer wulstartigen Yerdickung der Kronbasis, in star- ker Falten- und Rippenbildung an den Zahnwänden, und in dem Auftreten von oft reichlichen und nach hinten in der Zahnreihe zunehmenden Basalbildungen und von Spornen in den Marken von Oberkieferzähnen, sowie von Yerästelung der freien Jochenden, Alles wiederum Parallelen mit Keimzälmen von Cavicornia. Meist wird also diese geringere Stärke des Dentinköpers, sowie die lockere, man möchte fast sagen flatterhafte Art der Oberflächenvermehrung bei Unterscheidung von Hirsch- zähnen von solchen der Hornträger den Ausschlag geben können, wozu noch die bekannte, aber schon bei man- chen Antilopen und bei Tragulina auftretende Runzelung der Zahnoberfläche hinzukommt. 1. Cervus. Bei dem Edelhirsch, der als Typus der Gruppe gelten darf, zeichnet sich das Gebiss im Allge- meinen durch grosse Gleichmässigkeit und Kräftigkeit in allen seinen Theilen aus. Im Milchgebiss finden sich basale Mittelsäulchen und Sporne der hintern Zahn- marke an Oberkiefer zahnen. Inueufalten von D. 2. 3 — 409 — inf. sind stark ausgebildet, die Mittelfalte an D. 2 sehr ausgedehnt. Im definitiven Gebiss sind an obern Molaren Basalsäulchen und Sporne meist stark. Im Unterkiefer sind die Basalsäulchen der Molaren schwächer und feh- len häufig; an P. 1 ist die Mittelfalte zu einer deutlichen Innenwand für eine Yordermarke ausgebildet. Eckzähne finden sich im Milchgebiss und im defi- nitiven in der Regel bei beiden Geschlechtern. Die Schneidezähne sind im Milchgebiss ungleich, mittlere sehr breit, die übrigen schmal ; im defintiven Gebiss nur allmälig von den innern zu den äussern an Breite ab- nehmend. 2. Capreolus. In beiden Zahnperioden ist das Ge- biss zusammengedrängter, schärfer und zierlicher ge- schnitten, und in allen Theilen (Wandfalten und Marken- falten) gleichmässiger gebildet als bei dem Edelhirsch. Besonders deutlich ist die Gedrängtheit der Zahnreihe im definitiven Gebiss, wo auch die Oberkieferzähne schiefer verschoben sind, coulissenartig gestellt und in grösserer Ausdehnung unter sich in Berührung stehen als beim Edelhirsch. Die äussern Halbmonde von untern Molaren sind daher kantiger. Eckzähne fehlen in der Regel. Die Schneidezähne sind ähnlich wie beim Edelhirsch, unter sich gleicharti- ger im Milchgebiss als im Ersatzgebiss. 3. Dama. Milchbackenzähne so gestreckt und stark- faltig wie bei Cervus; definitive Backenzähne, nament- lich Prsemolaren, noch mehr zusammengeschoben als beim Reh, aber so transversal gestellt wie beim Edel- hirsch. Oberkieferzähne im Querschnitt gewissermassen keilförmig, länger aussen als innen. Zahnwandfalten und Basalwarzen sind schwach, Eckzähne fehlen in der Regel. 410 4. Rusa. In allen ihren zahlreichen Formen sind die Rnsa-Hirsche vor allem typisch durch auffallend mas- sive und kräftige Zahnformen; es sind die Säulenzähner in der Hirschfamilie, oft bis zu einem Grade wie bei Cavicornia. An Molaren und hintern Milchzähnen im Ober- und Unterkiefer finden sich meist Compressions- falten am Yorderrand, hier und da (Hyelaplms) sogar am Hinterrand der Zähne. Dazu fügen sich noch alle andern Ausdehnungen der Kaufläche , die man an AVie- derkäuern etwa antrifft, grosse Stärke der Falten und Rippen der Zahnwände und Yerdickung aller Dentin- säulen, namentlich auch der Basalwarzen oder Mittel- säulchen, welche in einem Grade sich verstärken und gabiig ausdehnen können, wie dies bei Rindern an Bi- bovina typisch ist — also in einer Wiederkäuergruppe, deren geographische Yerbreitung fast genau mit derjeni- gen der Rusa-Hirsche zusammenfällt. (Aehnliches findet sich freilich auch bei manchen afrikanischen Antilopen aus der Gruppe der Tragina und Gazellen.) Bei Axis finden sich gelegentlich Basalsäulchen sogar an der In- nenwand unterer - und an der Aussenwand oberer Mo- laren und molarähnlicher Milchzähne. Die Backzahn- reihen verlaufen meist sehr geradlinig. Eckzähne sind in der Rusa-Gruppe sehr verbreitet. Die Schneidezähne sind unter sich gleichförmiger und weniger geschweift als in den vorigen Gruppen. 5. Cariacus. Im grellen Gegensatz zu Rusa ist die Cariacus - Gruppe durch auffallend schwaches und ge- wissermassen auf jugendlicher Stufe bleibendes Gebiss charakterisirt. Sie ist die brachyodonteste unter allen Hirschen, und die Zahnkronen behalten lange Zeit wie Keim-Zähne anderer Hirsche die Neigung, sich nach den Krongipfeln zu verengern oder wie eine Blumen- — 411 — knospe zu schliessen, statt sich zu entfalten. Die Zahn- marken bleiben also sehr lange Zeit weit offen und der Dentinkörper des Zahns ist ungewöhnlich scliAvach. AYie als Ersatz dafür treten Innenfalten der Marken um so reichlicher auf, aber gewissermassen flatterhaft und oft verästelt; an Ober- und Unterkieferzähnen, an Milchzähnen; an obern Prsemolaren meist in mehrfacher Zahl. Auch Basalsaulchen sind reichlich, aber schwach, gelegentlich selbst an Prsemolaren. Eckzähne sind sel- ten, die Schneidezähne in beiden Zahnperioden wenig geschweift, Mittelzähne sehr vorwiegend. 6. Coassus. Im Gegensatz zu den ostasiatischen Muntjak's theilen die amerikanischen das unkräftige Gre- präge, lockere Gefüge, das Luxuriren von Innenfalten und die geringe Rolle der Basalsaulchen mit der vori- gen Abtheilung, also ihren amerikanischen Mitbürgern. Dazu gesellen sich aber allerlei nicht unerhebliche Verschiedenheiten. Die Zähne sind schiefer und daher étagirter gestellt, und um merkliches hypselodonter als bei Cariacus; bei der kleinsten Art, dem Pudu, im Yer- hältniss zur Schädelgrösse sogar mehr als bei Rusa. Zahnwandfalten und Innenfalten der Marken, sowie Ba- salsaulchen sind in der Regel schwächer und spärlicher als bei Cariacus, bis fehlend (Pudu). Obere und untere Prsemolaren sind kurz, aber von lockerem Bau. Eck- zähne finden sich nur im Milchgebiss. Die Schneidezähne sind wenig geschweift, Mittelzähne wenig vorwiegend. 7. Cervulus. Das ganze Gebiss ist trotz sehr gerin- ger vertikaler Höhe sehr kräftig gebaut und massiv, so dass die Marken enger sind und früher erlöschen als bei Coassus, und auch ausgezeichnet durch eigenthüm- liche Stärke und Politur der der Runzeln fast entbehren- den Emailschicht, was diesen Zähnen in Yerbindung mit — 412 — der auffälligen Wölbung und Abrundung aller Tlieile im Yergleich zu andern Hirsclizälmen ein fast porzellan- artiges Aeussere giebt. Die Eckzähne sind im Ersatzgebiss stark und vor- ragend, nach auswärts gekrümmt, mit hinterer Schneide. Die Schneidezähne sind unter sich ungleich, die Mittel- zähne sehr breit, aber im Milchgebiss weniger geschweift als im definitiven. Das Backzahngebiss ist im Uebrigen demjenigen von Coassus in vielen Dingen ähnlich, so in der knospen- förmigen Yerengerung der Zahnkrone, in der Yerkürzung der Prsemolaren, in der Art der Bildung von Aussen- und Innenfalten von Molaren. Die Milchzähne dagegen sind bei Cervulus oben und unten sehr gestreckt,- so dass D. 2 inf. fast D. 1 ähnlich wird. Auch die untern Ersatzzähne sind unter sich gleichförmiger als bei an- dern Hirschen; P. 1 sehr kurz, mit sehr schwacher und kurzer Mittelfalte, P. 2 und 3 vor der Abtragung fast dreizackig. 8. Moschus. Obere Eckzähne finden sich bei beiden Geschlechtern, bei dem männlichen aber von ungewöhn- licher Länge und vertikal gestellt, von lanzettförmi- gem Durchschnitt und scharfer hinterer Schneide. Die Schneidezähne sind bei Hi/dropotes noch ziemlich hirsch- ähnlich, mittlere dominirend, bei dem sibirischen Moschus aber unter sich wenig verschieden, fast löffeiförmig wie bei Ziegen. Die Backzähne sind hoch, coulissenartig gestellt; die obern Molaren leicht, schlank, mit sehr feinen Falten und Kippen der Aussenwand, fast ohne Innenfalten und Basalsäulchen ; die Prsemolaren leicht, nach vorn zu- sehends compresser. Auch die untern Backzähne sind hoch, leicht, compress, an Molaren mit deutlichen vordem — 413 — Compressionsfalten und schlanken Basalsäulchen versehen. Die Yordcrhälfte der Innenwand zeigt eine merkwürdige Duplicatur der MitteMppe, indem sich an der hintern Kante der Innenwand -Yorderhälfte eine tiefe Kerbe hin- abzieht, welche den Hirschen fehlt, aber den Tragulina zukömmt. Der hinterste Prsemolarzahn trägt sowohl im Ober- als Unterkiefer noch deutlich den vollen Inhalt eines Molarzahnes. An P. 2 und 3 inf. sind die normalen Innenfalten der Hirschzähne ungewöhnlich scharf aus- geprägt. Bei dem in jeder Beziehung kräftigern Hj/dropotes ist das Gebiss entsprechend massiver, aber niedriger, sonst ähnlich wie bei Moschus; doch ist P. 1 von P. 2 und 3 weniger verschieden als bei diesem. Das Milchgebiss ist in den Schneidezähnen wenig verschieden von dem definitiven, D. 2 sup. dagegen compress und in der Innenhälfte sehr reducirt, D. 3 sup. fast schneidend. Auch die untern Milchzähne sind compress und die zwei vordem ungewöhnlich kurz und von ihren Ersatzzähnen nicht verschieden. 9. Rangifer. Mit den nach geographischer Yerbrei- tung so peripherisch stehenden Hirschen stossen wir, wie im Schädelbau, so im Grebiss auf sehr eigenthümliche Formen. Am Renthier (mit Eckzähnen in beiden Ge- schlechtern und sehr schwachrunzeligen Zähnen) ist in der Backzahnreihe, die sehr geradlinig verläuft, die un- gewöhnliche Grösse der Prsemolaren im Yergleich zu den Molaren auffallend. M. 1 und P. 1 sind die grössten Zähne, von welchen aus die übrigen nach vorn und hin- ten an Grösse abnehmen. Im Yergleich zu der Schädel- grösse hat das Renthier unter Hirschen wohl die klein- sten Molaren, die grössten Prsemolaren. Chareikteristisch ist an dem Gebiss, trotz kräftigen — 414 — Baues, die Lockerung seiner Theile, indem an Ober- und Unterkieferzälmen vordere und hintere Zalinhälfte auffällig weit von einander abgelöst sind. So schon an Milchzähnen, wo lange Zeit auch die Marken auffallend weit offen stehen. An obern Molaren ist das Yorjoch so abgelöst, dass die vordere Marke sich lange Zeit nach innen öffnet, wie das Querthal von Imparidigitaten. Die obern Prœmolaren scheinen mehr als bei andern Hirschen nur Hälften von Molaren ähnlich. An untern Prsemola- ren ist das îs^achjoch eigenthümlich isolirt, und die Marke der Yorderhälfte öffnet sieh lange Zeit nach der Innen- wand hin, so dass die Abtragung hier Zeichnungen schafft, die vollständig diejenige abgetragener Imparidi- gitatenzähne , namentlich von Pferdezähnen, nachahmen. Noch mehr gilt dies für die Molaren des Unterkiefers, die den Prsemolaren ähnlicher sehen als bei andern Hir- schen, wo die Analogie mit Imparidigitatenzähnen nur selten in so auffälligem Maasse an den Tag tritt (in schwachem Maasse auch bei Coassina). Im Allgemeinen ist bei dem Renthier im Oberkiefer die Yerschiedenheit zwischen Molaren und Prsemolaren grösser, dagegen im Milchgebiss von Ober- und Unter- kiefer, sowie in den untern Ersatzzähnen die ganze Zahnreihe unter sich gleichmässiger als bei irgend einem andern Hirsch. 10. AIces. Auch bei dem Elenthier sind die Prsemo- laren im Yerhältniss zu den Molaren ungewöhnlich gross und die Zahnreihen sehr geradlinig gestreckt. Trotz- dem stehen die Zähne in der Alveolarfurche sehr schief und coulissenartig , und gleichzeitig sehr geneigt (nach vorn im Unterkiefer, nach hinten im Oberkiefer), wo- durch die Abtragung — statt Flächen — alternirende schiefgestellte Riffe und Kerben schafft. — 415 — Im Uebrigen ist der Bau nicht sehr verschieden von andern Ilirschzähnen, und die Runzelung der Email- oberflcäche stark. Die Aussenwand oberer Molaren be- steht aus tief ausgehöhlten Blättern mit stark vorste- henden Randfalten und starker Mittelrippe des Yorder- blattes; die Halbmonde sind regelmässig, mit je einer weit in die Marke vorspringenden Innenfalte 5 Basal- säulchen schwach, blattförmig. Obere Praemalaren entsprechen scheinbar nur Mo- larhälften und sind ebenfalls mit Innenfalten der Marken versehen ; nur der vorderste Zahn ist etwas mehr molar- ähnlich. Im Unterkiefer entsprechen die Molaren, innerhalb ihres Bauplanes, sehr den obern. Yon den Prsemolaren verhält sich der hinterste fast ähnlich wie die Prsemo- laren des Renthieres, während die zwei vordem dem üblichen Hirschplan folgen. Die Milchzähne sind so locker gebaut wie beim Renthier und fast ohne innere Markenfalten; im Unter- kiefer von 1 — 3 renthierähnlich durch Ablösung des Nachjoches. In beiden Zahnfolgen sind also Unterkiefer- zähne beim Elenthier dem Molarplan treuer als bei an- dern Hirschen. Eckzähne fehlen. Die Schneidezähne sind im Milchgebiss hirschähnlich, im Ersatzgebiss unter sich gleichförmiger und gerader gestreckt. 11. Camelopardalis. Das Gebiss ist im Yerhältniss zur Kopfgrösse weniger voluminös als beim Elenthier, in longitudinaler Richtung, namentlich im molaren Theil, mehr zusammengedrängt, aber im Uebrigen dem des Elenthiers überraschend ähnlich, so dass abgetragene Zähne beider Thiere schwer zu unterscheiden sind. Lediglich sind die Aussenwandblätter oberer Molaren weniger hohl, und Innenfalten der Marken sowie Ba- — 416 — salwarzen in der Regel fehlend. Die nntern Molaren sind massiver, mit convexen und massiv gerippten Innen- wandblättern und starkem vorderem Basalwulst. Die Verkürzung des Gebisses im Yergleich zum Elentliier ist besonders deutlich im Prœmolartheile, wo in beiden Kiefern die Zähne ungewöhnlich zusammen- gefaltet und zusammengeschoben erscheinen. Nichts- destoweniger entsprechen sie in ihrem Bauplan strenge denjenigen vom Elenthier. Die Usurflächen verhalten sich indes an P. 1 und P. 2 etwas gleichförmiger als beim Elenthier. Der Molarplan ist also bis auf P. 2 am treuesten festgehalten beim Renthier, etwas w^eniger bei der Giraffe, noch weniger beim Elenthier. Dieselbe Gleichförmigkeit zwischen Giraffe und Elen, abgesehen von der Verkürzung der Zähne bei ersterer, herrscht in den Milchzähnen. Nut D. 1 inf. ist sehr aus- gedehnt, an D. 3 inf. dagegen der hintere Halbmond nicht abgelöst. Eckzähne fehlen bei der Giraffe gänzlich. Die Schneidezähne sind im Milchgebiss unter sich sehr gleich- förmig, mit Ausnahme des äuss ersten, der ungewöhnlich gross und zweilappig ist; im Ersatzgebiss ähnlich wie beim Elenthier, nur gestreckter und schwächer und mit Spuren von Lappenbildung an den beiden äusseren Zahnpaaren. Im Allgemeinen beschränkt sich also die Yerschie- denheit der Giraffenzähne von denjenigen des Elenthiers auf Verkürzung , auf etwas grössere Vollständigkeit der hintern Innenwandhälfte von P. 1 und 2 inf., etwas redu- cirtere Gestalt von D 3. inf. und auf die eigenthümliche Lappenbildung an den seitlichen Schneidezähnen. Trotz verschiedener Physiognomie finden sich also in dem Bauplan des Gebisses von drei scheinbar so weit auseinander stehenden Hirschformen, wie Elenthier, — 417 ~ Giraffe und Renthier, doch mancherlei unerwartete ge- meinsame Züge. Im Unterkiefer ist der Molarplan in den Milchzähnen und Prsemolaren ausdauernder festge- halten als bei andern Hirschen. Ebenso im Milchgebiss des Oberkiefers, während deren Ersatzzähne die Zu- sammenschiebung aus Molaren kaum mehr verrathen. Am isolirtesten steht dabei das Renthier da, durch niedriges, falten- und warzenloses und porzellanartig glattes Gebiss von pferdeähnlichem Bau an allen Unter- kieferzähncn. Bei der Giraffe tritt die pferdeälmliche Innenwandbildung und Ablösung des Nachjochs an Un- terkieferzähnen nur an gewissen Milch- und Ersatzzäh- nen auf. Gar nicht bei dem im Zahnbau sonst mit der Giraffe so verwandten Elenthier, das in so fern dem normalen Hirschplan am nächsten bleibt. Bei allen drei Geschlechtern ist aber der Molarplan an den Yorder- zähnen des Unterkiefers und zumal an den Milchzähnen treuer festgehalten als bei andern Hirschen, wobei je- weilen gleichnamige Milch- und Ersatzzähne einander sehr änlich sind, mit Ausnahme des grossen Collectiv- zahnes D. 1, der durch einen viel einfachem Zahn er- setzt wird. Dies bestätigt also die obige Darstellung des Milchgebisses als einer Collectivform für spätere Molaren und Prsemolaren. Sucht man die Ergebnisse aus so mühsamer Yer- gleichung zusammen zu fassen, so muss man vorerst zugestehen, dass die Unterschiede im Zahnbau von Hirschen so leise ausfallen, dass es schwer ist, dieselben in Worte zu bringen, wenn sie auch vom Auge bei einiger Uebung noch ziemlich sicher erfasst werden 27 — 418 ~ können. Gemeinsam ist für Hirsche die eigentliümliclie Kunzelung der Schmelzrinde, obschon sie beim Renthier, und noch mehr bei Cervulus sehr reducirt ist. Wenig Anhaltspunkte bietet das Yolum der Zähne, sei es im Yerhältniss zur Schädelgrösse, sei es zwischen den ver- schiedenen Zahngruppen unter sich. Schon mehr deren Form, wo doch zwischen der hypselodonten Gestalt bei Rusina und Coassina und der brachyodonten von Cariacus, und wieder zwischen der langgestreckten von Rusa und der zusammengeschobenen von Reh, Dam- hirsch, Cervulus etc. schon merkliche Unterschiede be- stehen. Damit combinirt sich in der Regel besonderer Bau auch in transversalem Sinn und besondere Stellung im Kiefer. An hypselodonten Zähnen sind die Joche im Allgemeinen quer gerichtet und die Zähne steil gestellt, während an brachiodonten meist im Querschnitt und in vertikalem Sinn Alles schief verschoben ist. Am regelmässigsten gebaut sind immer die Mittelzähne M. 1 und P. 1 , denen sich von hinten und vorn her die üb- rigen Zähne wie Stützpunkten entgegen neigen. Sehr merklich und typisch ist der Unterschied in der Stärke des Dentinleibes der Zähne, der sehr massiv ausfallen kann und dann zur Yerengerung der Hohlräume oder Einstülpungen führt (Rusa), während in andern Fällen (Cariacus) in Folge schwacher Dentinmasse alle diese Trichter weit offen bleiben. Letzte und oft werthvolle Details liefern endlich die Verstärkungen des Zahnes durch Basalsäulchen und Faltenbildungen an Aussen- und Innenflächen des Zahnkörpers. Am ärmsten an solchen diagnostischen Anhalts- punkten erweisen sich bei Hirschen durchweg die oberen Milchzähne und Prœmolaren, wo sich fast nur verschie- dener Grad von seitlicher Compression und Umbildung von kauenden zu schneidenden Zähnen geltend macht. — 419 ■- Umgekehrt treten an älteren Milch- und deren Er- satzzähnen so viele Yariationen auf, dass dieser Gebiss- theil das greifbarste Merkmal liefert. Dahin gehört die Ablösung des Nachjochs an einzelnen oder selbst allen diesen Zähnen, wovon so eben die Rede war; der ver- schiedene Grad von Ausbildung einer Innenwand, wo- durch die vordere oder auch die hintere Hälfte solcher Zähne mit geschlossenen Marken, statt mit freien Fal- ten versehen werden. Abgesehen von durchweg grösse- rer Gestrecktheit von Milchzähnen im Yergleich zu Er- satzzähnen folgen dabei die zwei vordersten Unterkie- ferzähne im provisorischen und im Ersatzgebisse je- weilen demselben Bauplan. Aber auch P. 1 fällt ähnlich aus, sobald ihm die vordere Innenwand fehlt, wodurch diese Zähne schneidend und zackig werden. Immerhin muss zugestanden werden, dass der Zahn- bau bei Hirschen nicht so bestimmte diagnostische Anhaltspunkte liefert wie der Schädelbau. Dies sagt der Unterschied zwischen der kräftigen Bezahnung von Hydropotes im Yergleich mit der gracilen und in der Prsemolarreihe schneidend werdenden des ihm im Schädelbau so nahe stehenden sibirischen Moschus. Wiederum die Gemeinsamkeit der eigenthümlichen Ker- ben an der Innenwand von Unterkieferzähnen bei Mo- schus Sibiriens und den sonst davon sehr fernen Tra- gulina. Auch Cervulus und Coassus sind im Zahnbau nicht so gleichartig, wie es der Schädelbau erwarten Hesse; umgekehrt weist aber doch wieder der Zahnbau auf eine grosse Kluft zwischen den bisher einander so nahe verwandt gehaltenen Genera Coassus und Cariacus. Nicht unwichtig ist der Wink, dass geographische Yerbreitung, oder also vermuthlich Nahrungsverhältnisse in der Gestaltung des Gebisses von Hirschen eine nicht — 420 — unbedeutende Eolle zu spielen scheinen. Es ist minde- stens sehr auffällig, dass bei allen ausschliesslich ameri- kanischen Hirschen (Cariacus und Coassus) das Gebiss im Vergleich mit den namentlich dem Osten der alten Welt angehörigen (Rusa und Cervulus) so locker und wie unreif erscheint. Immerhin fallen doch die Gruppen, die sich nach der Art des Zahnbaues unterscheiden lassen, von den durch craniologische Vergleichuug gewonnenen nicht verschieden aus. Am peripherisch'sten stehen immer in beiden Richtungen, so gut wie in geographischer, vor allem Renthier, und in etwas geringerem Grade Elen- thier und Giraffe. In allen drei Formen ist nicht nur mi Milchgebiss von Ober- und Unterkiefer, sondern auch im Ersatzgebiss des Unterkiefers, das ja unter allen Umständen dem Molarplan etwas treuer zu bleiben pflegt als die oberen Prsemolaren, der Molarplan zäher festge- halten als bei andern Hirschen, was doch im Lichte von vergleichender Odontographie für Wiederkäuer am ehesten als ein Beharren an einem alten Gebissplan gelten muss. Eigenthümlich verhalten sich wiederum Cervulina und Moschina, wo nur bemerkenswerth ist, dass die Neigung zum Schneidendwerden der Prsemolaren doch eine gewisse, sei es vielleicht auch nur geographische oder nutritive Analogie mit den Tragulina verräth, da ja das übrige Gebiss, und namentlich die Milchbezahn- ung, die Tragulina von den Hirschen sonst ziemlich fern hält. In der übrigen Heerschaar stehen am typisch'sten da die Säulenzähner der Rusa -Familie, und anderseits die Keimzähner der neuen Welt, während offenbar auch in Rücksicht auf Zahnbau Elaphus, Capreolus, Dama — 421 — unter sich eine Gruppe von central zu nennenden For- men bilden. Am wenigsten ist sicheres und typisches Gepräge bei Coassus anzutreffen. Schliesslich ist es kaum vermeidlich, noch einige Fragen, deren Tragweite sich freilich weit über die Hirsche, und namentlich über heute lebende Thiere hinauserstreckt, bei diesem Anlass mindestens anzudeuten, obschon dermalen eine Beantwortung derselben noch unmöglich scheint. Immer neu muss sich Jedem, der sich irgendwie einlässlich mit Gebissvergleichung befasst hat, die son- derbare Thatsache aufdrängen, dass mindestens der hin- terste Milchzahn des Ober- und Unterkiefers bei paarig- fingrigen Hufthieren mit so grosser Zähigkeit schon den Plan der erst später nachfolgenden Molaren anmeldet, während schon der nächstfolgende Milchzahn D. 2 — zwar nicht so sehr im Oberkiefer, aber sehr stark im Unterkiefer — und dann in noch höherem Maasse alle Prsemolaren von diesem Plan abweichen. Wozu kömmt, dass wenigstens im Unterkiefer dieser Zahn D. 1 zu dem Molarinhalt nicht etwa ein hinteres, sondern ein vorderes Dritttheil fügt, ähnlich wie etwa der vordere Schlusszahn der gesammten Zahnreihe P. 1 (und auch D. 1) der in so hohem Maasse homaeodonten Pferde. Eine Erklärung dafür mag Ireilich darin gefunden werden, dass, wie mehrfach erörtert worden, das Milch- gebiss innerhalb einer geringen Zahnzahl doch in Bezug auf Kelief oder mechanische Wirkung das volle Gebiss des erwachsenen Thieres in generalisirter Form oder in vereinigtem Budget vertritt. Namentlich ist dies deut- — 422 — lieh bei Paridigitaten, wo schon das Milchgebiss — min- destens in D. 1 — einen ächten Kauzahn wie die künf- tigen Molaren, in den übrigen Milchbackenzähnen mehr schneidende Formen, wie von künftigen Prsemolaren, auf- weist. Dabei ist es nicht unbedeutsam, dass von den Kieferzähnen in erster Linie der hinterste, D. 1 im Unter- kiefer, und im Oberkiefer zwei Antagonisten, D. 1 und 2, welche freilich an gemeinsamer Ausdehnung D. 1 inf. nach vorn und hinten überragen, in Arbeit treten. Sie stehen auch nicht nur in der Mitte der Kieferlänge, son- dern gleichzeitig (mindestens bei Thieren mit gebogenem Alveolarrand) auf der Höhe der Convexität des Ober- kieferrandes und der Concavität des Unterkieferrandes; also da, wo der Muskeldruck wahrscheinlich in diesem Lebensalter am stärksten wirkt. Später stehen an dieser Stelle Molarzähne, welche, wie es bei dem Elephanten für die ganze Zahnreihe der Fall ist, allmählig in hori- zontalem Schuhe nachrücken, bis zu M. 3, welcher als Schlusszahn bei Paarhufern, aber in geringerem Grade auch bei Pferden, mindestens im Unterkiefer noch beson- ders reichlich ausfällt, wenn auch nicht so ungewöhnlich liberal, wie dies bei Phacochoerus oder beim Elephanten der Fall ist, wo für Ober- und Unterkiefer die Natur ihre Hand für dies letzte Geschenk noch besonders weit öffnet. An der dem stärksten Druck ausgesetzten Stelle stehen also immer Zähne von Molarform, Kauzähne, und erst weiter vorn beginnen in beiden Gebissperioden reducirte Zahnformen, gewissermassen nur Greifzähne, obwohl der hinterste Milchzahn bei Paarhufern durch reducirte Instrumente ersetzt wird. Eine Erklärung für den Umstand versuchen zu wollen, dass diese vordem Kieferzähne in zweimaliger Reihenfolge, und zwar durch vertikalen Ersatz, statt durch mehr horizontalen Nachschub, wie die Molaren — 423 — gebildet werden, wäre wohl sehr gewagt. Yielleicht, dass man in Betracht ziehen könnte, dass im vordem Theil des Gesichtsschädels andere Zwecke, wie die Aus- dehnung der Riechhöhle, in manchen Fällen der Bedarf für grosse Canin- Alveolen, die Nothwendigkeit einer schlankem Zungenlade und dergleichen, nicht Raum boten zur Bildung von so voluminösen Dauerzähnen, wie es die Molaren sind; und dass daher wiederholte Bildung kleinerer Zähne dafür eintrat. Namentlich könnte der Umstand, dass der vorderste Prsemolarzahn so häufig eines Wechsels entbehrt (Schwein, Hippopotamus, Hippa- rion, Anchitherium etc.), hier herbeigezogen werden. Erinnert man sich dabei, dass bei Implacentalia , doch wohl einer Prodromalstufe placentaler Säugethiere, ei- einziger Zahn, der hinterste der Prsemolarreihe, diphyon dont ist, also der einzige, welcher bei heterodonten Huf- thieren schon im Milchgebiss nach dem Molarplan ge- baut ist, so könnte die diphyodonte Partie des Gebisses möge sie nun den Molaren ähnliche, oder davon ver- schiedene Zähne liefern, wie eine geologisch nachträg- liche Bereicherung zu einer altern und ärmern mono- phyodonten Partie erscheinen, an welcher D. 1 inf. in seiner Dreitheiligkeit noch das stehengebliebene Wahr- zeichen eines einstigen vordem Schlusszahnes an sich tragen würde. In solchem Lichte würde dann freilich bei Pari- digitaten Homseodontie als eine ältere Gebissform er- scheinen als Heterodontie , und letztere also hauptsäch- lich durch Diphyodontie zu Stande gekommen sein, während Monophyodontie , sei es allgemeine oder theil- weise, doch in der Regel isodontere Gebisse zu schaffen pflegt. In anderem Lichte kann aber wiederum die di- phyodonte Zahnreihe, da sie im Embryo früher auftritt und Flüchtigeres liefert als die monophyodonte , auch — 424 - als Verarmung zu Gunsten höherer Organe, wie Sin- nesorgane, gelten, und dann der Nachschub an immer ausgiebigeren Molaren als ein späteres Entgeld für den Verlust im Vordergebiss erscheinen. Da viele palseon- tologische Thatsachen monophyodonte Vielzahnigkeit als eine altererbte Gebissform von Säugethieren vermuthen lassen, so dürfte auch Neuschub einfacherer Zähne im vordem Theil und Nachschub inhaltsreicherer Zähne im hintern Theil des Kiefers als gleichzeitiges Mittel zu Erreichung neuer mechanischer Requisite gedacht wer- den. Immer aber erscheinen also wohl die Mittelzähne als die traditionell constantesten. — 425 — Grebîss fossiler Selenodontîa. Wenn wir an der Hand des Leitfadens, welchen die im vorigen Abschnitt gewonnenen Categorien von Gebissformen bei heutigen Hirschen an die Hand geben, untersuchen, was dieselben an einem bisher als wahr- haft trostlos angesehenen Gebiete, an fossilen hirschähn- lichen Halbmondzähnern , für Aufschluss über etwaige Analogien oder Verwandtschaften geben könnten, so ist es überflüssig, zu erinnern, welche ausserordentliche Schwierigkeit die Unvollständigkeit des vorhandenen Materiales, die Seltenheit von einigermassen vollständi- gen Zahnreihen, der Untersuchung in den Weg legt. Noch grösser sind indess die Misslichkeiten, welche aus der Zerstreutheit des Materiales und aus verschiedener Benennung an verschiedenen Orten herrühren. Wenn der Yersuch dennoch gewagt wird , so geschieht es ein- mal nur in dem Vertrauen, durch Bereisung der verschie- denen Sammlungen, in stetem Begleit eines von Ort zu Ort vermehrten Yorrathes von selbst angelegten Zeich- nungen, mindestens einen dieser Uebelstände beseitigt zu haben, sowie in der Hoffnung, dass die bei andern Gruppen von Wiederkäuern nicht ohne Erfolg ange- wendete Methode sich doch an der hier in Rede stehen- den nicht ganz erfolglos erweisen könnte. — 426 — Heterodonte Formen, I. Obere Molaren nebst D. 1 sup. fünfgipflig. Hyopotamiden. ^) Trotz der von den heutigen lieterodonten Seleno- dontia, den ïragulina, so sehr verschiedenen Form des Grebisses ist der Modus der Réduction der Molarform in Prsemolaren und Milchzähnen demjenigen von Tragulina durchaus analog. Anoplotherien. ^) An D. 2 sup. und an obern Prsemolaren ist jede Spur eines vorderen Mittelgipfels verschwunden, so dass diese Zälme, so gut wie die untern Prsemolaren und Milchzähne denjenigen von Tragulina höchst ähnlich sind. Nichtsdestoweniger wird dadurch die Anoplothe- rium eigenthümliche Physiognomie des Gebisses nicht im Mindesten verwischt. Wie schon die völlige Lücken- losigkeit der Zahnreihe einen Unterschied schafft, so sind Prsemolaren und Milchzähne von Anoplotherien wenn auch gestreckter, so doch weniger schneidend als bei Tragulina, und bleiben Spuren von Marken in den Yor- derzähnen des Unterkiefers constant. Zwischen Anoplo- therien und Tragulinen und in noch höherem Maasse von Hirschen bleibt also immer noch eine weite Kluft. 1) Kowalewsky. Hyopotamus. Phil. Trans. 1873, und An- thracotheriiim, Palseontograpliica, N. F. II, 3, 1873. 2) Kowalewsky, a. a. 0. Rütimeyer, Odontographie der Hufthiere. 1863. — 427 — I>acrytheriuui. ^) Mit den Anoplotherien theilt dieses neue Genus die Fünfzahl der Gipfel oberer Molaren (3 Gipfel vorn, 2 hinten), ferner die Lückenlosigkeit der gesammten Zahn- reihe und den allmähligen Ueb ergang von der compres- sen Prsemolarform bis zur Canin- und Incisivform. In Bezug auf specielle Physiognomie schliesst sich der Zahntypus am nächsten demjenigen von Xiphodon an. Xiphodon. ^) Obere und untere Molaren von ähnlichem Plan wie bei Anoplotherium , aber strenger selenodont. Obere Milchzähne (die untern sind unbekannt) ebenfalls Ano- plotherium ähnlich. Yordere Prœmolaren im Ober- und Unterkiefer sehr lang und schneidend, aber trotzdem an P. 1 und 2 inf. die Hinterhälfte noch mit deutlicher Marke. Die Réduction der Yorderzähne folgt also streng dem Plan von Anoplotherium und ihre Compression erreicht nicht den Grad von Tragulina. Xiphodontherium. ^) Die so benannten kleinen Thierchen aus Mouillac und Escamps, von Cainotherium-Grösse, folgen in ihrem Gebissplan streng dem vorigen Genus. Nur sind P. 2 inf. und D. 3 inf. durch eine Lücke vorn und hinten 1) Filhol, Quercy, p. 437. Fig. 311— 13 u. 254—56. 2) ßlainville, Ostéographie. Ger vais, Pal. Fr., PL 15 u. 34. Kowalewsky, Antlir., Taf. YIII, Fig. 47, 48, Taf. XIII, Fig. 81. Filhol, Quercy, Fig. 251— 53. 3) Filhol, Quercy, p. 418, Fig. 311— 23. — 428 — von ihren Nachbarzälinen isolirt, wobei dann die vor- dersten Prsemolaren, sowie der vorderste Milchzalm ein- wurzlig werden und sammt dem kleinen Eckzahn sich der Incisivform annähern. I>ichobuneii, Caiuotherien. ^) Obschon diese Gruppe sich von den vorigen Genera dadurch unterscheidet, dass an obern Molaren das Yor- joch zweigipflig, das Nachjoch dreigipflig ist, so folgt doch die Art der Réduction an Milchzähnen und Prœ- molaren derjenigen von Anoplotherien und Xiphodon- therien. Bei Dichobune, dessen Zahnrelief eher buno- dont als selenodont zu nennen ist, fehlt an der molar- älinlichen Hinterhälfte von D. 2 sup. der Zwischengipfel, und ebenso an den obern Molaren des sonst sehr ähn- lichen Äcotheruhtm. Untere Milchzähne und Prœmolaren werden rasch schneidend und zackig. Weit näher steht dem Anoplotherium-Plan Cainothe- rium (MicrotJierium) mit seinen Nebenformen Flesiomeryx und ZooUgus (mit tieferer Einrollung der Aussenwand oberer Molaren und Yereinigung des untern Eckzahns mit den Incisiven). An untern Molaren erreicht das Nachjoch die Innenwand wie bei heutigen Tragulina. Milchzähne und Prsemolaren wie bei Anoplotherium und weniger compress als bei Tragulina. 1) Oainotherium. Blain ville, Ostéogr., Anopl. , PI. VIL Gervais, Pal. fr., p. 160, PI. 34. Pictet, Palseont. suisse V, 1869, PL XXVL Kowalewsky, Anthr., Taf. Vni, Fig. 55, 56. Filhol, Quercy, Fig. 269—70, 275—78 u. St. Gérand-le Puy, PL 28 — 30 u. sec. partie, PL I, 2. Plesiomergx , Quercy, Fig. 271—74. St. Gérand-le Puy, sec. partie, PL I. — 429 — Die Form des Schädels, der bei Cainotherium und Plesio- meryx so ungewöhnlich reich erhalten ist, führt zu folgenden Schlüssen. Obschon derselbe in seiner Gesammtheit unter heuti- gen Thieren den Tragulina am ähnlichsten erscheint, so sind doch die Verschiedenheiten im Aufbau zahlreich und tiefgreifend. Die Gehirncapsel ist in ihrer Gesammtheit um vieles gestreckter und enger als bei diesen, wobei die Parietalzone und die Sagittalcrista um vieles länger, die Frontalzone kürzer ausfällt. Die Nasenbeine sind bei Cainotherium schmal und werden nach vorn allmälig breiter, während das Umgekehrte der Fall ist bei Tragulina. Auch die SupraorbitalöfFnungen verhalten sich sehr verschieden. Die Oc- cipitalfläche entbehrt der starken Wölbung von Tragulina, und die Paroccipitalfortsätze sind breit und stossen dicht an die Bulla ossea, während sie bei Tragulina klein und isolirt sind. Die Joch- bogen reichen bei der fossilen Form flügelartig bis an die Occipi- talfläche, während sie sich bei Tragulina ganz allmälig in die seit- lichen Occipitalkanten verlieren. Der kurzen Frontalzone entspricht bei Cainotherien die im Yergleich zu Tragulina auffällige Kleinheit der Augenhöhlen und des Thränenbeins. Die Massetercrista verläuft ziemlich tief unter dem Orbitalrand. Die Intermaxillae sind nahezu so lang wie die Nasenbeine, während sie bei Tragulina sehr kurz sind. Das Fora- men supramaxillare liegt höher und weiter rückwärts als bei Tra- gulina. Gemeinsam ist dagegen beiden Gruppen eine freilich mit dem Alter sich bei beiden schliessende lange Spalte zwischen Ma- xillarrand und Stirnbein, die wohl der Ethmoidlücke von Hirschen entspricht. Das Choanenrohr ist bei Cainotherium auf viel grösserer Strecke aufgeschlitzt als bei Tragulina und schliesst hinten mit vertikal gestellten Processus pterygoidei interni ab. Der Unter- kiefer, in seinem horizontalen Ast erheblich höher als bei Tra- gulina, trägt hoch oben am aufsteigenden Ast einen vorspringenden Angulus und einen hohen , gerade gestreckten Processus coronoi- deus wie beim Kameel. Analogien für alle diese Verhältnisse sind unter heutigen Thieren viel eher als bei Tragulina oder gar bei Hirschen bei den Kameelen zu finden , auf welche schon die Form der Prœmolaren sowie von untern Caninen und Incisiven führen könnte. Nichts- destoweniger lässt dies sicherlich noch nicht auf Beziehungen schliessen, wie wir sie unter lebenden Thieren durch die systema- tische Terminologie auszudrücken pflegen ; um so weniger, als sich — 430 — die Cainotlierium-Merkmale bei Kameelen verschiedentlicli auf Ca- melus und Lama vertheilen. Einstweilen wird also nur der Titel von Ungulata paridigitata Kameele und Cainotherien gleichzeitig umfassen. Yiel eher ist zu erwarten, dass sich mit der Zeit unter den tertiären Paarhufern ganze Gruppen herausstellen werden, welche sich im Schädelbau als so natürlich begrenzt herausstellen dürften , wie die heutigen Kameele , ohne in die heutige Nomen- clatur zu passen. Immerhin scheinen die Cainotherien im Schädelbau mindestens den Anoplotherien ferner zu stehen als den Kameelen. IL Obere Molaren nebst D. 1 sup. viergipflig. Dichodou. ^) Obere und untere Molaren acht selenodont und von solchen heutiger Tragulina nur verschieden durch starke Concavität der Blätter der Zahnwand, wodurch, wie schon bei Hyopotamiden und Anoplotherien, die Aus- dehnung der Usurlinien vergrössert wird. Höchst eigen- thümlich sollen sich bekanntlich die Prsemolaren ver- halten, indem sie nach den Angaben von Owen und von Kowalewsky (der dies indes nur auf gewisse Species von Xiphodon einschränkt), den Milchzähnen fast gleich- gebildet sein sollten: der obere also dreieckig, mit mo- larähnlicher Hinterhälfte und mehr oder weniger schnei- dender Yorderhälfte, P. 1 inf. dreitheilig und von seinem Milchzahn höchstens durch weniger vollständige Ent- wicklung des vordersten Dritttheils verschieden. 1) Owen, Contrib. Brit. Foss. Mammals 1848, PI, IL Quart. Journ. Geol. Soc. 1847, PL IL 1856, PL IIL Kowalewsky, Anthracotherium, p. 230 u. f., Taf. VIIL Pictet, Paléont. Suisse Y, 1869, PL XXYIL — 431 — Die Milchzähne von Dichodon (unter dem Titel von Prsemolaren abgebildet bei Owen, Contrib., PL II, 2 — 5) unterscheiden sich von denjenigen von Ilysemo- schus lediglich durch schärfere Ausarbeitung des Keliefs. Bezüglich dieser so auffälligen Yerhältnisse kann ich aus eigener Anschauung an vortrefflich erhaltenen Fossilien aus Caylux, die ich Herrn Prof. E. Rosen- berg in Dorpat verdanke, folgendes mittheilen. In einer Oberkieferreihe, die vier Zähne enthält, wovon die drei hintern offenbar Molaren sind, steht vor diesen ein fernerer molarähnlicher Zahn, gleich ab- getragen wie M. 1, aber anders geneigt und weniger gleichmässig gebaut als die Molaren, insofern als der hin- tere Innenhalbmond im Yergleich zu dem vordem redu- cirt ist, während an Molaren die hintere Marke eher ausgedehnter ist als die vordere. Auch neigen sich an diesem Zahn die beiden Innenhalbmonde einander ent- gegen, wie allgemein am hintersten Milchzahn von Hir- schen. Da nun nicht zu denken ist, dass in diesem Kie- ferstück neben einem bereits in Usur begriffenen hin- tersten Backzahn ein kaum stärker abgetragener Milch- zahn coexistire, so muss der vorderste Zahn ein Prse- molarzahn sein. In diesem Fall ist er aber verschieden von dem Preemolarplan von Paridigitaten und entspricht demjenigen von Imparidigitaten (Propalaeotherium, Hyra- cotherium, Pachynolophus u. s. w.). Gleichlautend ist die Aussage eines Unterkiefer- stückes mit drei Zähnen, die nach allen möglichen An- haltspunkten als M. 2, M. 1, P. 1 zu deuten sind. Der vorderste, P. 1, ist im Ganzen compresser als die bei- den Molaren. Er besitzt vollen Molarinhalt und zwei deutliche Marken, und überdies eine vorderste Knospe, die sich einwärts gegen die Innenwand biegt und hier - 432 — eine vorderste Zacke bildet, so dass von der Innenseite der Zahn wie aus drei gleichwerthigen Zacken gebildet erscheint. Ein vorderstes Hügelpaar wie an D. 1 von Selenodonten ist also nicht da, sondern nur ein unge- wöhnlich entwickeltes Yorderhorn des vordem Halb- mondes. Typisch ist also an diesem Zahn vor allem die vollständige Ausbildung einer ächten Innenwand der Yordermarke , während gerade dieser Theil an Prsemo- laren von Selenodonten am ehesten reducirt wird. Er entspricht also in jeder Beziehung, so gut als der ent- sprechende Zahn im Oberkiefer, dem hintersten Prse- molarzahn nicht etwa von Paridigitaten, sondern dem- jenigen von Imparidigitaten. Hienach fragt sich also, ob Dichodon trotz seines an Molaren exquisit selenodonten Zahnbaues zu den Imparidigitaten gehöre, und ob also Selenodontie auch bei unpaarig fingrigen Plufthieren möglich sei, oder ob der bisherige Erfahrungssatz, dass bei Paridigitaten die Prsemolaren im Yergleich zu den Molaren reducirt seien, nicht durchgreifend sei; mit andern Worten, ob die Mo- dificationen des Fusses mit denjenigen des Gebisses bei fossilen Thieren nicht denselben Schritt halten wie bei lebenden Thieren. Ohne diese Frage, deren Beantwortung von der Auffindung des Fussbaues von Dichodon abhängt, lösen zu können, scheinen die einstweiligen Erfahrungen doch dafür zu sprechen, dass die Modificationen des Gebisses bestimmteren Gesetzen folgen, als diejenigen des Fuss- skeletes, und dass zwischen paarig- und unpaarfingrigen Hufthieren keineswegs eine so durchgreifende Schranke bestehe, wie sie namentlich von Kowalewsky ange- nommen worden ist. — 433 — liopbiomeryx. ^) Auch dieses eocäne Ilufthier stellt, so gut wie das vorige, die Cuvier'sclie Anschauung, dass das Gebiss an sich bestimmte Schlüsse auf mancherlei andere Organe, wie Verdauung und Locomotion gestatte, auf eine harte Probe. Nach den mir zugänglich gewordenen Materialien aus Mouillac und Escamps besteht die Unterkiefer- zahnreihe aus sieben Zähnen, wovon der vorderste ein- w^urzlig und durch Lücken sowohl von den übrigen Prse- molaren als von den Incisiven isolirt ist. Die Molaren verdienen den Namen selenodont nur mit grossem Yorbe- halt, da sie einer ächten Innenwand und somit geschlos- sener Marken entbehren. Trotz halbmondförmiger Bie- gung der Querjoche öffnen sich doch die Querthäler reichlich nach einwärts, und die Innenwand ist nur ver- treten durch die hohen und conisch verdickten Innen- pfeiler oder Hinterhörner des Querjochs. Die Zahn- form ist also so acht zygodont als bei Tapirus, Lophio- donten und vor allem bei Pachynolophus, wo die Quer- joche ebenfalls schon halbmondförmig gebogen sind, aber die Querthäler sich immer noch trichterförmig nach innen öffnen. Immerhin passt diese Aehnlichkeit nur auf das vordere Querjoch der Molaren. Das Nachjoch verläuft wie bei Selenodontia und ist in Jüngern Zahn- stadien vom Yorjoch abgelöst, wie etwa beim Renthier. Ueberdies erhält die hintere Zahnhälfte eine Innenwand durch eine Doppelschlinge des vordem Innenpfeilers wie bei Pachynolophus, Anchitherium , Pferden. Das Yorjoch folgt also dem Plan von Pferdezähnen, während das Nachjoch auf der Stufe von Wiederkauern zurück- 1) Pomel. Catalogue méthodique 1853, p. 97. Filliol, Quercy, p. 445, fig. 279, 280. 28 — 434 — bleibt. In prägnanter Weise wird also von Lopbiomeryx die von Ko\Yalewsky angefochtene Gleicliwertliigkeit der Elemente des Zahnreliefs von paarig- und unpaarfing- rigen Huftliieren an den Tag gelegt, so gut wie übrigens auch schon vom Eenthier, wo nur die Innenwand unterer Molaren noch selbständiger wird als bei Lophiomeryx, so dass sie beide Querthäler zu geschlossenen Marken aus- bildet, während bei letzteren die vordere Marke offen bleibt. M. 3 ist dreitheilig wie bei allen heutigen Selen- odontien. Die untern Prsemolaren sind von den Molaren ver- schieden und werden nach vorn hin immer compresser, schneidender und zackiger. Nur P. 1 hat noch einen der Yorderhälfte einer Innenwand entsprechenden Innen- gipfel und entspricht noch, obschon gestreckter und schneidender, dem gleichnamigen Zahn des Reuthiers. Koch compresser, bis zum Auslöschen eines besondern Innengipfels, sind P. 2 und 3. Der hinterste Milchzahn ist dreitheilig mit abgelöstem Nachjoch und entspricht, so wie auch D. 2 dem gleichnamigen Zahn von Hirschen. Yon Oberkiefer zahnen scheinen nach Frag- menten, die ich zu Lophiomeryx glaube zählen zu können, die Prsemolaren und Milchzähne wie bei Tragulina gebaut zu sein, P. 1 einer Molarhälfte gleich, P. 2 schneidend. D. 1 noch mit sehr seichten Marken, D. 2 dreieckig, in seiner vordem Hälfte compress. Hienach würde Lophiomeryx trotz sehr vieler Aehn- lichkeit mit der Tapirgruppe wohl als ein in hohem Maasse heterodonter Wiederkäuer zu bezeichnen sein. Immerhin sind an Unterkieferzähnen die Marken noch nicht vollständig geschlossen und verrathen noch ihren Ursprung aus offenen Querthälern wie bei regelmässigen Zygodontia. Auf den Bau des Fusses bei einem auf der — 435 — Brücke zwischen einfachen zygodonten und selenodon- ten stehenden Hufthiere darf man also mit Recht ge- spannt sein. Gelociis. ^) Mit grossem Nachdruck hat Kowalewsky (An- thracotherium, p. 179^185) dieses schon im Eocen auf- tauchende, aber bis zum Miocen ausdauernde Grenus als den ersten Träger von Merkmalen ächter Wiederkäuer im heutigen Sinn des Wortes bezeichnet. Yor allem soll hier das Fussskelet zum ersten Mal den physiolo- gisch möglichen Gipfelpunkt von Réduction erreicht haben, den Kowalewsky als adaptative Réduction bezeich- net, indem nicht nur die Metapodien hier zuerst — im Eocen zwar noch unvollständig, im Miocen dagegen erst mit dem erwachsenen Alter — imter gleichzeitiger Yerkümmerung der beiden Seitenfinger zu einem ächten Os du Canon verschmelzen, sondern diese Concentration des Skeletes sich auch auf die Fusswurzeln in ähnlichem Grad zurückerstreckt wie bei den typischen Ruminan- tien der Gegenwart (Anthracoth. Tat. YIII, Fig. 17, 18). Am Carpus ist das Trapezoideum mit dem Magnum verwachsen, um Metacarpus III zu tragen, ebenso am Tarsus Cuneiformia 2 und 3, während Metatars. lY die ganze distale Fläche von Cunéiforme und Cuboideum einnimmt und Naviculare mit Cuboideum verwächst. Die Réduction der Seitenfinger hat durch Schmelzen ihrer 1) Kowalewsky. Anthracoth., p. 179 — 185. Osteologie von zwei fossilen Hufthieren 1875. Taf. I. II. Gervais, Pal. franc., pl. XXXIV, fig. 10, 11 (unter dem Titel Amphitragulus communis). Filhol, Quercy, p. 456, fig. 257, 340, 348—363. Ael- tere Bezeichnungen : Amphitragulus zum Theil, Aymard. Tragulo- therium, Elaphotherium zum Theil, Croizef. — 436 — Diaphyse sogar das Maass der heutigen Tragulina über- schritten, während die Cuneiformia, statt wie bei diesen mit dem ]S"aviculare zu verwachsen, wie bei Hirschen davon getrennt bleiben. Wiederum sind aber die distalen Enden der Metapodien noch glatt und rollenlos wie bei Tragulma, und die Ulna in ähnlicher Weise reducirt. Obschon Zeitgenosse von Anoplotherium, Hyopotamus Anthracotherium , alles Thiere mit aufgelösten Metapo- dien, würde Gelocus also zuerst die Concertrirung der- selben ankündigen, die dann bei den Amphitragulinen, Dremotherien , Dorcatherien im Miocen, und von da an immer mehr die Oberhand gewinnt, um endlich nach Erreichung des Ultimum von Fussreduction dem Wie- derkäuergepräge noch den Luxus von Geweih- und Hornbildung beizufügen. Auch das Gebiss unterscheidet sich nach Kowa- lewsky von demjenigen der Tragulina nur dadurch, dass die untern Prsemolaren, mindestens P. 1 und 2, nicht so schneidend sind und sich mehr denjenigen von Hirschen annähern. Immer sind indes noch vier Prœmo- laren da, wovon aber der vorderste nur stiftförmig ist. Der untere Eckzahn ist gross und conisch; der Ober- kiefer hat seine Incisiven bereits verloren. In einigen Merkmalen, wie in der Réduction der Seitenfinger und in der Complication der untern Prœ- molaren würde also Gelocus die heutigen Tragulina be- reits in der Eichtung der spätem Hirsche überholt haben, obschon Kowalewsky beide von den eocaenen Hyopotamiden ableitet und in Dichodon ein Yerbin- dungsglied erblickt. Aus eigener Anschauung kann ich über das Gebiss von Gelocus folgendes mittheilen. An untern Molaren sind Innen- und Aussen- hügel, obschon diese Zähne den Namen selenodont ver- — 437 — dienen, auffallend massiv und kegelförmig, der Art, dass die Kauung zuerst blos an den Kegelspitzen rundliche Usurstellen schafft, von welchen sich Usurstreifen an der vorderen Kante dieser Gipfel herabziehen. Die zwei Yorderhügel sind durch eine quere Schmelzfirst, die sich um die Hinterseite des vordem Innenhügels her- umbiegt, zu einer Art von vorderem Querjoch verbun- den, wovon weder bei Tragulina noch bei Hirschen eine Spur da ist, während dies bei den kleinen eocsenen Hyopotamiden aus Egerkingen der Fall ist. (Hyopot. Gresslyi, Rütimeyer, Eocsene Säugethiere, Fig. 66, 67.) Die Aehnlichkeit mit Hyopotamiden wird um so grösser, als bei Gelocus die Marken nur wenig tiefer eingestülpt sind als bei diesen, so dass schliesslich der Unterschied nur in etwas stärkerer Abplattung der Innenhügel und stärkerer Halbmondkrümmung der Aussenhügel von Ge- locus besteht. Sogar bis auf die Prsemolaren erstreckt sich die Aehnlichkeit mit Hyopotamiden. Sie sind im Allgemei- nen und nach vorn hin immer mehr compress. Am hin- tersten lösen sich auch die drei Innenfalten ab, welche Wiederkäuer-Praemolaren so eigenthümlich sind. Aber diese Falten sind so niedrig und die vorderste einem Querjoch noch so ähnlich, dass dieser Zahn wiederum dem von Hyopotamus Gresslyi sehr nahe steht. Schon P. 2 und noch mehr P. 3 und 4 sind aber dann com- presser und schneidend wie bei Tragulina. Auch die untern Milchzähne sind denjenigen von Tragulina höchst ähnlich. Yiel bestimmter unterscheiden sich obere Mola- ren von solchen der Hyopotamiden, da sie acht sele- nodont sind, was sich ja von den fünfgipfligen Hyopo- tamus-Zähnen nicht sagen lässt. Immer aber sind die Marken auch hier noch sehr seicht und weniger tief als — 438 — bei Tragiilinen. Die Aussenwand ist nicht so concav wie bei Hyopotamus, sondern verbält sich ähnlich wie bei Hirschen; nur sind die vordem Eandfalten beider Blät- ter derselben, sowie die Querjoche oder Halbmonde massiver. Yen Molaren von Hyœmoschus aquaticus sind diese Zähne höchstens durch niedrigere und stumpfere Gestalt und weniger scharfe Kanten verschieden. Yon den obern Prse molaren besteht der hin- terste aus einem einzigen Halbmond wie bei Tragulina. Die vordem sind viel weniger compress als bei diesen, sondern immer noch etwas dreieckig, da im Hintertheile noch eine deutliche Marke ausgebildet ist, die nach vorn nur allmälig schmäler wird, ein Verhalten, das eher noch an Hyopotamiden erinnert als an Hirsche, wenn auch die Aussenwand platter und schneidender ist als bei jenen. Die obern Milchzähne sind wie bei Tragulina gebaut, mit dem einzigen Unterschied, dass der vorderste, obwohl langgestreckt und sehr compress, doch noch eine deutliche spaltförmige Marke trägt, die bei Tragulina ganz unterdrückt ist. Trotz acht selenodonten Baues und trotz Fehlen eines fünften Gipfels oberer Molaren scheint also in der That das Gebiss von Gelocus manche Beziehung zu Hyopotamiden zu verrathen und hat Gelocus den Grad von Heterodontie , wie ihn die heutigen Tragulina zei- gen, noch nicht erreicht. Ob daraus eine Ableitung von den Hyopotamiden zu schliessen sei, scheint indes in dem gewaltigen Unterschied der Keduction des Fusses keine grosse Stütze zu erhalten. Meinestheils möchte ich Gelocus in Bezug auf Zahnform eher als eine mehr omnivore Form in der Keihe von Prodremotherium und Dichodon betrachten. — 439 — III. Tragulina im heutigen Sinne des Wortes. Proclreuiothcriuui. ') Mit diesem namentlich im Eocsen von Caylux reich- lich vertretenen Genus treten wir in das Gebiet norma- ler Selenodontia ein , wie sie noch der gegenwärtigen Epoche eigenthümlich sind. Weder an obern noch an untern Molaren lässt sich ein Kennzeichen namhaft ma- chen, das sie von der noch vertretenen heterodonten Gruppe derselben mit Sicherheit unterscheiden liesse. Höchstens sind die Marken noch wenig tief eingestülpt und fehlen noch andere Oberflächenvermehrungen, wie Innenfalten in den Marken; auch Basalwarzen sind nur schwach ausgebildet, und die Schmelzrinde fast runzel- los. Nicht selten ist an Unterkieferzähnen, namentlich an M. 1 und D. 1 , der vordere Gipfel der Innenwand schwach zweispitzig wie bei Dichobunen; und regelmäs- sig, wie bei Tragulina, dringt das Nachjoch unterer Molaren bis an die Innenwand vor. Die obern Prsemolaren folgen, obschon sie weniger compress sind als bei Tragulina, doch durchaus dem- selben Plan wie bei diesen. Dasselbe gilt von den Milch- zähnen, an welchen Spuren von Marken an frischen Zähnen bis zu D. 3 angedeutet sind. Erst bei fortge- schrittener Usur sind die zwei vordem Milchzähne von ihren Ersatzzähnen nur noch durch gestrecktere Form verschieden. Auch die untern Prsemolaren und Milchzähne ver- halten sich wie bei Tragulina, obwohl sie ebenfalls 1) Filhol, Quercy, p. 448, fig. 258—268. — 440 — etwas weniger compress sind, was sich in stärkerer Ausbildung ihrer Innenfalten ausprägt. Sie entsprechen insofern am ehesten denjenigen der Cervulina, von wel- chen sie nur durch gestrecktere und niedrigere Form abweichen. So weit das Grebiss bekannt ist, bietet es also keinen Grund, Prodremotherium nicht zu den äch- ten Tragulina zu zählen. Doreatkerium. Hysemoschus. ^) Ohne auf den grossen Wirrwarr von Verwechse- lungen, der zwischen französischen und deutschen Auto- ren hinsichtlich dieses unter französischem und deutschem Titel angemeldeten Grenus herrscht, hier des Nähern einzugehen (siehe darüber das Nöthige bei Fraas a. a. 0.) begnüge ich mich als Ergebniss der Yergleichung der französischen, deutschen und englischen Sammlungen Folgendes mitzutheilen. Geologisch ist das Thier auf den Miocen beschränkt. Zuverlässige Fundorte sind in Deutschland: Eppelsheim bei Mainz, Turnau und Eibiswald in Steiermark, Stein- heim in "Wurtemberg, so wie die Umgebung von Ulm (Dinkelscherben, Heggbach, Biberach etc.), sehr wahr- scheinlich auch die Molasse der Schweiz. In Frankreich Sansan, Simorre im Département du Gers, Montabusard bei Orléans und die Umgebung von Toulouse. Ueber die erste Frage, die sich bezüglich dieser Thierart erhebt, ob sie Geweihe trug oder nicht — I) Kaup. Ossem. fossiles de Darmstadt 1832. p. 92. Taf. XXUI A.B. C. H. V. Meyer, Georgensgmund 1834, p. 98. Palœ- ontograplûca VI, p. 54. Taf. YIII, f. 4. Fraas, Stemheim 1870. p. 19. Taf. VIL CuYier, Ossem. fossiles IV. 1813, p. 103. PI. VIII, f. (5. Alph. Milne Edwards. Ann. Se. natur. 5e série, II 1864, p. 141. PI. XI, Xn. — 441 — eine Frage, die seit Cuvior unablässig zu Yerwechslungen und Missverständnissen geführt hat, lassen mindestens zwei gut erhaltene Schädel, ein erwachsener und allem Anscheine einem männlichen ïhiere angehöriger in London (das Original der Kaup'schen Abbildung) und ein jüngerer in Stuttgart, keinen Zweifel übrig. Das Thier war hornlos, wie die heutige Tragulina, und auch das Gebiss, von den Molaren bis zu den Incisiven voll- kommen traguloid, wenn es auch in allen Theilen mas- siver, stumpf kantiger und trotz auffälliger, fast porzel- lanartiger Politur der Emailschicht grobrunzliger ist als bei den jetzigen Tragulina. Am wenigsten charakteristisch ist das Oberkiefer- gebiss, das sich nur durch geringere Höhe und massivere Bildung von demjenigen des grössten der heutigen Tragu- lina, von Hysemoschus aquaticus, unterscheidet. Nament- lich sind die Molaren durch starken Basalwulst und stark vortretende Mittelfalte der Aussenwand und seichtere Marken bezeichnet. Die Prsemolaren stehen schief rück- wärts und sind, obwohl massiv, ebenfalls durchaus tra- guloid, P. 1 kurz und mit deutlicher Marke, P. 2 und 3 gestreckt und dreizackig, aber viel weniger schneidend als bei heutigen Tragulina, und namentlich die vorderste Zacke stumpf und von der Mittelzacke stärker abge- trennt als bei letztern. Dieselben Unterschiede machen sich im Milchgebiss bemerkbar. Die Eckzähne sind kurz, aber kräftig, scharf gebogen, mit hinterer Schneide. Ueberaus charakteristisch ist das Unterkieferge- biss, das bis in sehr kleine Details die Eigenthümlichkei- ten heutiger Tragulina an sich trägt. Die massive, stumpfe Form aller Hügel und der starke Basalwulst geben den Molaren eher das Gepräge von Omnivoren als von hirschähnlichen Zähnen. Die Innenwand entbehrt aller Rippen und Falten und ist nur an ihren Kaurändern im — 442 — unverletzten Zustand zierlicli gefältelt. Yon den Aussen- hügeln ist nur der hintere wirklich halbmondförmig, so dass er eine geschlossene Marke bildet, um so mehr als sich von der Spitze des vordem Aussenhügels noch eine First nach dem Yorderrand des hintern Innenhü- gels hinzieht, während die vordere Marke nach vorn so offen steht wie bei Omnivoren und sich sogar am Yor- derrand des Zahnes becherartig verstülpt. Immerhin erscheint der hintere Halbmond bei stark vorgeschrit- tener Abtragung isolirt, so dass Zeichnungen entstehen, wie an abgetragenen Renthierzähnen. Besonders bemer- kenswerth ist aber die Tendenz zu einer Yermehrung der Schmelzoberfläche durch allerlei Kerben, welche, den Kaukanten folgend, dieselben bei der Usur mit dop- pelten Usurstreifen versehen, wie dies in roher Weise bei Schweinen, in viel eleganterer bei Tragulina und namentlich bei den grossen Arten derselben durchge- führt ist. Nicht constant ist eine solche Kerbe mit Schmelzlippe, die sich wie bei Palseomeryx an der Aussenseite des vordem Aussenhügels der Molaren nach der Zahnmitte abwärts zieht. Yiel bezeichnender ist an unabgenutzten Zähnen die Form der nach der Mitte des Zahnes zu fallenden Kanten der vier Hügel, indem dieselben zwei dicke und gekräuselte Schmelzlippen mit zwischenliegender Kerbe bilden. An der Hinterkante des vordem Innen- gipfels steigt diese Kerbe bis tief an die Innenwand hinab, wodurch dieselbe hier wie gedoppelt erscheint, alles Umstände, die man bei genauem Zusehen bei allen, aber namentlich bei den grossen Arten heutiger Tragu- lina (letztere Kerbe auch bei Moschus moschiferus, nicht aber bei Hydropotes) sich wiederholen sieht. Noch typischer verhält sich eine ähnliche Kerbe am Hinterrand des vordem Aussenhügels. Sie ist so — 443 — tief, dass das Hinterliorn dieses Halbmondes wie gedop- pelt erscheint und sicli daher mit einem Usurstreifen von tiefer Zickzackform bekleidet. Am hintern Halb- mond von M. 1 und 2 fehlt diese Zickzackfigur, nicht aber, obwohl schwächer ausgebildet, am Hinterhalbmond von M. 3. Da auch dieses schon von Kaup und H. v. Meyer wohl beachtete Merkmal bei keinem einzigen heutigen Traguliden fehlt, und bei Hysemoschus aquaticus sogar zu so voller Ausbildung kommt wie bei der fossilen Form, so darf dies, neben allem Andern wohl berech- tigen, letztere geradezu mit dem noch in Afrika leben- den Grenus zu vereinigen. Mit diesen omnivor aussehenden Molaren sind Prse- molaren verbunden von genau demselben Bau wie bei Tragulina, nur massiver, aber ebenfalls dreizackig, mit sehr dominir ender Mittelzacke. Hirschähnliche Innen- falten sind nur an P. 1 noch da. Unwichtig scheint mir, dass über der Kinnsymphyse noch ein isolirter kleiner, vielleicht nur inconstanter vierter Prsemolarzahn steht. Auch die Schneidezähne sind denen von Hysemoschus gleich. Die untern Milchzähne sind so traguloid wie die Molaren, niedrig und lang gestreckt, D. 1 dreithei- lig, D. 2 dreizackig, im hintersten Dritttheil noch mit enger trichterförmiger Marke, D. 3 ganz compress, alle im unverletzten Zustand an den Gipfelkanten elegant gekräuselt. Yon einem vierten Milchzahn scheint nichts da zu sein. Da alle diese Merkmale, bis auf die kleinsten, an Fossilien aus den französischen Fundorten so gut wie aus den deutschen gleich vertreten sind, und unter den le- benden Tragulina bei der grössten Art, Hysemoschus aquaticus, am ähnlichsten ausfallen, so ergiebt sich daraus von selbst nicht nur die Yereinigung der Fossilien ver- _ 444 - schiedenen Fundortes, sondern woW aucli hinreichend die Berechtigung des von Pomel und L artet vorgeschla- genen Namens Hycemosclms crassiis, um so mehr als das Skelet nach den Ergebnissen der französischen und deutschen Autoren diese Zusammenstellung mit dem noch lebenden Genus so gut rechtfertigt als das Gebiss. Die Haupt-Metapodien verwachsen unter sich mehr oder weniger erst im spätem Alter. Für die kleinern Seiten- Metapodien bestehen besondere Gelenkflächen. Die Ge- lenkrollen sind auf der Vorderseite vollkommen flach und erhalten eine Mittelleiste erst auf der Hinterseito. Bezüglich von Species sehe ich nicht den mindesten Grund, zwischen den Yorkommnissen in Deutschland und Frankreich einen Unterschied zu machen, da sich an den Fossilien aus Montabusard, aus Sansan, Eppelsheim, Steinheim, die Dimensionen der Zahnreihe bis auf Milli- meter entsprechen. Dasselbe gilt für das von H. v. M e y e r später aufgestellte Dorcatlierium vindohonense aus Hegg- bach und andern Stellen der Umgebung von Ulm. Dor- catlierium guniiannm desselben Autors , aus Günzburg, beruht dagegen nach den mir an verschiedenen Orten zu Gesicht gekommenen Ueberresten, die von H. v. Meyer selbst bezeichnet waren, auf sehr schlecht erhal- tenen Zähnen, welchen die Hysemoschus-Merkmale fehlen. Mit Hycemosclms crassus Lartet würden also die Na- men Hysemoschus Larteti Pomel, Dicroceros crassus Lar- tet, Cerf de Montabusard Cuvier, Dorcatherium Naui Kaup, Dorcath. vindohonense H. v. Meyer, als synonym zusammen fallen. — 445 — Honiœodoiite ^elenodoutia. I. Cervulina. Palaeomeryx. Dreiuotheriuni. ^) Yon allen tertiaeren Selenodontia ist dieses auf den Miocen eingeschränkte Genus sowohl nach Reichthum an Arten (von der Grösse des Edelhirsches bis zu derjeni- gen des Zwergmoschus) und an Individuen, als nach geographischer Verbreitung weitaus das ausgedehnteste. Recht eigentlich darf es daher als ein Leitfossil für mio- cène Ablagerungen gelten, da es in einer grossen An- zahl von Arten und an vielen Orten in erstaunlicher Individuenzahl (St. Gérand-le Puy, Steinheim etc.) von Südfrankreich durch die Schweiz und über Deutschland bis Ungarn und an das caspische Meer hin, ja nach den neuesten Mittheilungen von Lydekker (Mem. Geol. Survey of India 1883. p. 32, 33) in überaus nah ver- wandten Formen bis nach Indien verbreitet ist. Schon in seiner ersten Arbeit über Palseomeryx (Georg ensgmünd , a. a. 0.) hat H. v. Meyer mit aller 1) Dicroceros z. Th. und Micromeryx Lartet. Py^ox Hensel. Tragulotherium, EJaphofherium Croizet z. Th. H. v. Meyer, Geor- gensgmünd 1834, p. 92, Taf. IX, X. Palœontographica II. 1852, p. 78, Taf. 13, Fig. 5. Hensel, Zeitschrift der deutschen Geol. Ges. XI. 2. 1859, p. 251, Taf. X, XI. Pomel, Catal. méthodique 1853, p. 98 und Bulletin Soc. geol. 2^ sér. IV. 1846. PL IV, fig. 8. Gervais, Pal. franc. 2^ éd. 1859, p. 151—53. Fil hol, St. Gérand-le Puy 1881, p. 40. PL 11—14, 17, 18, 20. - 446 — Schärfe und mit ausgezeichneten Abbildungen die Merk- male des definitiven Gebisses dieses Grenus geschildert und als wesentliches Erkennungszeichen die Palseomeryx- falte bezeichnet, welche an untern Molaren von dem Gipfel des vordem Aussenhalbmondes nach der Mitte der Zahnbasis hinunterläuft, wobei gleichzeitig gezeigt wurde, dass diese Falte nicht etwa Palseomeryx aus- schliesslich zukommt, sondern in anderer Weise auch bei andern fossilen Wiederkäuern, z. B. bei Dorcatherium auftritt. Im Gegensatz zu Dorcatherium mit 7 Unter- kieferzähnen werden Palœomeryx 6 Unterkieferzähne zugeschrieben. Sehr viele Miss Verständnisse hat hier, so gut wie bei Hysemoschus, die Discussion veranlasst, ob das Genus Palseomeryx geweihtragende Thiere enthielt oder nicht. Am gründlichsten ist dies, so wie die Frage nach der Beziehung des fossilen Genus zu den heutigen Wie- derkäuern von Fr aas erörtert worden, der bereits zum Schluss kommt, dem ich nichts wesentliches beizufügen habe, dass sämmtliche Palseomeryx- Arten, obwohl eine gute Zahl derselben geweihlos gewesen zu sein scheint, der heutigen Muntjakgruppe einzuverleiben seien, wäh- rend die Mehrzahl der übrigen Autoren Palseomeryx zu den eigentlichen — oder zu den sogenannten Zwerg- moschusthieren gestellt hatten. Wenn als Ausgangspunkt für die Darstellung des Gebisses von Palaeomeryx die in Steinheim so reichlich vertretene und mit einem muntjakartigen Geweih ver- sehene Art gewählt wird, so besteht bei derselben das Gebiss aus 6 obern, aus 6, gelegentlich aber auch 7 untern Kieferzähnen, alle niedriger als bei irgend einem heutigen Wiederkäuer, selbst die Tragulina nicht aus- geschlossen, und aus muntjakähnlichen Eck- und Schnei- dezähnen. - 447 — Am wenigsten charakteristisch sind obere Molaren, die acht selenodont, aber wie bei Cervulus und Coassus nach der Krone hin knospenartig verengert sind und wie bei heutigen Hirschen starke Falten und Rippen der Aussenwand, meist auch Innenfalten oder Sporne in den Marken zeigen. Yon den Aussenwandfalten tritt (wie bei den heutigen Coassus- Arten, namentlich C. ru- fus, rufinus, auritus) die mittlere, obwohl die niedrigste, am stärksten vor. Die Marken sind seicht, nur die hin- tere völlig geschlossen und meist, obwohl constant nur die vordere, mit einer Innenfalte oder Sporn versehen. Die Basalwarzen fallen sehr verschieden aus, bilden aber häufig ein einfaches oder doppeltes Mittelsäulchen an der Innenseite. Die Prsemolaren entsprechen Molarhälften, wie bei ächten Hirschen, nach vorn hin immer mehr compress und meist mit einer Innenfalte der Marke versehen. Auch sie finden eine sehr nahe Analogie bei Coassus rufus. Die Milchzähne sind vollkommen cervin und nicht etwa tragulin; D. 1 molarähnlich aber unregelmässig verschoben, D. 2 ebenfalls noch aus zwei vollständigen Hälften gebildet, aber in die Länge gestreckt, D. 3 prsemolarähnlich, aber gestreckter. Im Unterkiefer ist an Molaren und am Mittel- hügel von D. 1 die von H. v. Meyer hervorgehobene Falte, die von dem Gipfel des Vorderhalbmondes nach der Zahnmitte herabsteigt, besonders typisch, ein Merkmal, das sich sehr schwach auch bei heutigen Tragulina, aber auch bei Muntjaks, namentlich bei Coassus rufus wieder- findet. Immerhin ist sie schon bei den fossilen Formen bald stark, bald so schwach wie an Coassus ausgebil- det. Yon den Zahnwandfalten ist wieder die Mittel- falte der Innenwand die stärkste. Die im frischen Zu- stande häufig an ihrer Oeffnung ausgestülpten Marken — 448 — enthalten keine Sporne, so wenig als bei heutigen Munt- jaks. Eine basale Mittelwarze ist meist vorhanden. Die Prsemolaren, dem Plan nach unter sich ähnlich und mit einem hintern eine Marke tragenden, einem vordem gestreckten Theil, werden von P. 1 nach 3 immer reducirter und schneidender und entsprechen denjenigen der Muntjaks. P. 1 und 2 tragen die bei Hirschen allge- meinen fünf Innenfalten, P. 3 ist in seiner vordem Hälfte schneidend. Wie Prœmolaren, nur gestreckter und com- presser verhalten sich auch die zwei vordem Milchzähne. D. 2 ist durchaus ähnlich P. 1. Compresser ist D. 3. Der hinterste Milchzahn ist dreitheilig und trägt in der Regel an seinem mittlem Hügel die Palaeomeryxfalte. Die Aehnlichkeit mit Coassus ist also auch an Unter- kieferzähnen so gross, dass es schwer sein dürfte, ein- zelne Zähne der fossilen Form von denjenigen der le- benden zu unterscheiden. Da diese Merkmale des Gebisses für alle Arten von Palaeomeryx gelten, so beruht die Unterscheidung der Arten, abgesehen von der An- oder Abwesenheit von Geweih, lediglich auf verschiedenen Grössenmaassen. In Bezug auf Geweih ist nun leider Sicherstellung an den fossilen einstweilen so viel als unmöglich. Sichere Belege für Anwesenheit eines muntjakähnlichen Geweihes sind nur da für die in Steinheim und die in Sansan häufigste Art, wobei wohl angenommen werden darf, dass sich dies nur auf männliche Thiere bezieht. Merkwürdiger- weise ist gerade für die grössten miocenen Muntjaks Bewehrung durch Geweihe höchst unwahrscheinlich. Ohne dieser Unterscheidung nach Grössenmaassen viel Gewicht beizulegen, begnüge ich mich mit einigen Andeutungen Dessen, was mir nach Durchsicht einer grossen Zahl von Sammlungen als billiger Anschlag erschien. 449 — I Untere Molarreihe ca. „ Praeraolarr. „ M. 3 inf. Pal. Kaupi H. v. Meyer. Ob mit Recht von voriger unterschieden ? Georgensgmünd, Baltringen. Artenay, Neuville etc. bei Orléans 90 mm. 60 „ 40 . Grosse Arten, von der Grösse von Renthier bis Edelhirsch Yermuthlich alle geweihlos. Pal. eminens (=: P. Nicoleü) H. V.Meyer. Oeningen. Chaux- de-Fonds. Steinheim. Balt- ringen in Ob er- Schwab en. Pal. Bojani H. v. Meyer. Ge- orgensgmünd , Heggbach, Engelswies etc. in Wurtem- berg und Baiern, Eibis- wald in Steiermark. Obere Süsswasser - Molasse der 1 Untere Molarreihe ca Schweiz (Chaux-de-Fonds). ^M. 3 inf. Sansan {picroceros maynus Lartet). Yillefranche d'As- taroc, Dép. du Gers. La Grive-St. Alban, Isère. In- dien? 80 mm. 30 „ Untere Molarreihe ca. 60 mm. M. 3 inf. „ 24 „ Untere Zahnreihe „ 105 „ „ Molarreihe „ 65 „ „ Praemolarr. „ 45 „ M. 3 inf. , 27 „ Mittelgrosse Arten, etwa der Grösse des Rehes entsprechend, theilweise im männlichen Geschlecht Geweih tragend. Pal. (Prox) A^rm^t^sHensel, mit /^^^^^^^ahnreihe ca. muntjakähnlichem Geweih \ Molarreihe beim männlichen Thier. ) „ Prœmolarr. Eppelsheim , Steinheim, JM. 3 inf Dinkelscherben etc. Schle sien. Sansan. 'Obere Molarreihe Prœmolarr. 70 mm. 40 „ 30 „ 1^ « 33-35 „ 28 „ 29 — 450 — Pal. Scheuclizeri H. v. Meyer. Häufig in allen Stufen der Mo- \ ^^ -, , o 1- • i,- n • ' Untere Molarreihe ca. 40 mm. lasse der Schweiz bis Baiern -, und w urtemberg. vVeissenau / " " bei Mainz etc. Pal. (Dicroceros z. Th.) elegans .Untere Zahnr. ca. 80 (75-92) mm. Lartet. Sansan. Mas de Courron. ) „ Molarr. „ 43-53 „ Mas de Crepol etc., Dep. de la j „ Prœmolarr. 33 „ Drome etc. Orléans. (m. 3 inf. 17-23 „ Es wird wohl ausserordentlich schwer oder unmöglich sein , zwischen diesen drei angeblichen Arten , zu welchen sich überdies noch ein vierter, von H. v. Meyer (N. Jahrb. 1839 p. 4) für Palseomeryx von Käpfnach eingeführter !N^ame Orygo- therlum Escheri fügt, irgend eine Unterscheidung zu treffen, ob- schon ich zugebe, dass die Ueberreste aus den französischen Fundorten in der Regel in Kiefer und Geweih eleganter , gra- dier aussehen als in Deutschland , womit auch in Verbindung stehen mag, dass die Palseomeryxfalte hier oft so schwach und unmerklich ausfällt, wie bei heutigen Cervulina. An untern Molaren ist die Innenwand oft fast faltenlos, mit sehr eleganten Mittelrippen und überaus zierlicher fächerartiger Vertheilung der Emailrunzeln : auch Prœmolaren massiv , einfach und dick- faltig , und das ganze Grebiss merkwürdig glatt polirt , wie mit Firniss überzogen — alles Merkmale, welche dieses Gebiss dem- jenigen des weiter unten zu beschreibenden Genus Ampliitra- gulus ausserordentlich nahe bringen und sehr häufig zu Ver- wechselungen führten. Ein Versuch der Trennung wird aber immer hoffnungslos bleiben, bevor nicht das Geweih nach Stel- lung am Schädel und nach eigener Gestaltung in allen Alters- stadien bekannt sein wird, wovon wir noch weit entfernt sind. Erst dann wird auch die Frage zur Erörterung kommen können, die ich einstweilen als vollkommen offen halte, ohne etwas zu ihrer Lösung beitragen zu können, ob nicht diese oder jene hornlose Form das weibliche Geschlecht dieser oder jener be- hornten repräsentiren könnte. Eine scrupulose Durchsuchung des Inhaltes einzelner Fundorte kann dies einzig zur Lösung bringen. Einstweilen ist auffallend, obschon dies theilweise den Sammlern zur Last fallen kann , dass Geweihe viel ungleicher — 451 — vertheilt zu sein scheinen als Gebisse. Am reichlichsten kom- men sie vor in Steinheim und, wie es scheint, in Schlesien. Häufig auch, obschon vorwiegend nur in Jugendstadien, in der Molasse von Wurtemberg , Heggbach , Reisensburg etc. , ferner in Sansan, im Département de la Drome etc. und in den Fund- orten um Orléans. Dremoihermm Feignonxi Geoffr. j CiL nf 1 1 -n n^^ \ Untere Zahnreihe ca. 70mm. St. Gerand-le Puy. Cler- ) , -r . T\' A VK^ \ " Molarreihe „ 40 „ mont, Issoire, Dep. de 1 AI- ^ 3 -^^ ^^ 20 „ lier. ( Nach dem Gebiss würde ich es nicht wagen, diese Form von den vorigen getrennt aufzuführen , obschon — worauf ich zwar nur ein höchst geringes Gewicht zu legen geneigt bin — in St. Gérand - le Puy der Fall von vier (continuirlichen) Prœ- molaren häufiger aufzutreten scheint als anderswo. Aufi'allend ist aber das vollständige Fehlen von Geweihen in St. Gérand; die Sammlungen von Alph. Milne - Edwards in Paris und Prof. Julien in Clermont enthalten neben Hunderten von Kiefern kein einziges Geweih. Pal. mecUus ("-= pygmœus und ^ •minor) H. v. Meyer. Geor- gensgmünd. Heggbach, Has- lach, Eggingen, Baltringen 1^^*^^^^^^^^^^^^^ ^^- ^^^°^' • Q 1. 1 w • " Molarreihe „ 23-30 in bchwaben. Weissenau\ „ . or» \ „ Prsemolarr. „ 20 bei Mainz. Untere bis obere Jjj^ 3 inf. « 11-12 Süsswasser - Molasse der Schweiz. La Grive-St. Al- ban, Isère. \ Auch hier kommen Fälle von vier untern Molaren vor. Kleine Arten, von Tragulus - Grösse. Micromeryx Flourensianus Lar- « U^*^''^ Zahnreihe ca. 40 mm. ^ . , . -p.. „ Molarreihe „ 22 „ tet. Sansan. Stemheim. Dm- ^ . ,. ^.., . ,. ,q 1 Prœmolarr. (4 Zahne) lo-lö „ kelscherbeninWürtemberg. f^ 3 -^^^^ 8-9 — 452 - Schon L artet hat mit vollem Recht bemerkt, dass diese Art trotz ihrer Kleinheit am meisten säulenförmige Zähne trägt. Auch sonst unterscheidet sie sich von den andern Arten durch auffallend stumpfes Zahnrelief und namentlich auch dadurch dass hier, also schon im Miocen, an P. 1 inf. die Vorderhälfte eine so vollständige Innenwand besitzt wie heutzutage Coassus rufinus and humilis. Unter allen heutigen Cervulina steht also Pudu, der hypselodonteste aller Muntjak's, obwohl der kleinste, dem miocenen Micromeryx am nächsten und im Gebiss, abge- sehen von etwas geringerer Grösse des letztern, so viel als iden- tisch. Amphitragulus. ^) In den französischen Sammlungen findet sich fas aus allen Localitäten, welche Dremotherien (Palseomeryx) enthalten, doch nirgends so reichlich wie diese (vor allem aus dem Dép. de l'Allier und St. Grérand-le Puy, ferner aus Sauvetat, Puy de Dome, Artenay etc. bei Orléans) und ebenfalls in verschiedenen Grössen, obwohl nicht über die des Rehes hinausgehend, ein wohl ohne Zweifel völlig hornloser Wiederkäuer, der trotz grosser Aehnlichkeit seines Gebisses mit dem von Dremotherium sich doch nicht schwer davon unterscheiden lässt. Yiel seltener ist das Thier in deutschen Sammlungen anzu- treffen, obwohl es auch da nicht fehlt. (Umgebung von Mainz, Molasse der Schweiz, Welschenrohr.) Wie schon P o m e 1 , der das Thier zuerst von Dre- motherium unterschieden hat, angiebt, besitzt dasselbe 1) Trorjtdotlier'tum und Elapliotherlnm arvernense Croizet. Dremotherium Bravard z. Theil. Pomel, Bull. Soc. géol. 2« sér. III. 1846, p. 369 und Catal. méthod. 1853, p. 100. Gervais, Pal. franc. 2^ édit. 1859, p. 154. Abbildungen bei Pomel. Bull. Soc. géol. 2e sér. IV. p. 385. PI. IV, fig. 7. Filhol, St. Gérand- le Puy. PI. 13, 15—17, 19. — 453 — in der Regel 7 Unterkieferzähne , im Allgemeinen von massiverer Bildung als bei Dremotherium. Auch die untern Milchzähne sind in der Regel, aber nicht immer in der Zahl von vier da. Yon vorn herein unterscheidet sich das Grebiss von demjenigen von Dremotherium durch schwächere bis fast fehlende Runzelung der Oberfläche. Die Zähne sind merkwürdig glatt und polirt, porzellan- artig, alle Kanten und Rippen stumpfer, alle Wand- flächen auffallend gewölbt und rippen- und faltenlos, mindestens im erwachsenen Zustand. Die Palseomeryx- falte unterer Molaren fehlt meist gänzlich, ebenso basale Mittelwarzen. Die untern Praemolaren sind kürzer als bei Dremotherium, dreizackig, Hauptzacke sehr vor- wiegend , Innenfalten verwischt, nur die Hauptfalte von P. 3 nach P. 1 allmälig bis zur Bildung eines Innen- gipfels zunehmend. P. 4 stösst selten direct an P. 3, sondern ist meist mehr oder weniger von demselben isolirt, kann aber auch gänzlich fehlen. Yiel schwerer und nur durch stumpfere Bildung und Abrundung aller Theile sind Oberkieferzähne von solchen von Palseomeryx zu unterscheiden, um so mehr, da auch an diesen dieses Merkmal erst an altern Zähnen sich voll ausbildet. Kaum mehr lässt sich vom Milch- gebisse sagen, obwohl ich vortreffliche Stücke aus Lo- calitäten, wo Dremotherien fehlen, untersuchen konnte. Doch sind sie in beiden Kiefern auch merklich gestreck- ter und niedriger, und trotzdem bei ihrem compacten Bau kräftiger als bei gleich grossen Palseomeryx- Arten. Einen grössern Unterschied bietet der Schädel beider Thiere. Beiden ist zwar eine langgestreckte Form des postorbitalen Theils der Hirncapsel und eine langge- streckte Sagittalcrista eigen, wodurch diese Schädelform namentlich von derjenigen der Tragulina abweicht. Die Hirncapsel gewinnt dadurch eine Aehnlichkeit mit der- _ 454 - jenigen yon Moschus und Cervulus, obschon sie — und in besonders starkem Maass, das namentlicb im Umriss der Occipitalfläcbe an den Tag tritt, bei Dremotherien compresser ist als bei jenen. Für Amphitragulus ist überdies die knappe Form der Augenhöhlenränder be- zeichnend, während diese bei Dremotherium so weit vor- ragen wie bei Hirschen und Moschusthieren. Thränen- gruben und Ethmoidlücken scheinen mindestens bei Am- phitragulus zu fehlen. 80 gewagt auch an so unvoll- ständig erhaltenem Material eine Yergleichung mit be- kannten Schädelformen erscheinen mag, so scheint doch diejenige der beiden fossilen Wiederkäuer derjenigen weiblicher Cervulina und Coassina nahe zu stehen. Noch viel bedenklicher als bei Palseomeryx ist eine Unterscheidung der Arten, obwohl auch bei Amphitra- gulus so verschiedene Grössen vorkommen, dass Pomel und Filhol 6 — 7 Species aufzustellen wagten, die sich indes in ausserordentlich viel engern Grenzen bewegen als bei Palœomeryx. Die häufigste und grösste, Art Äm- phitragulus elegans oder communis kömmt an Dimensionen des Gebisses den mittelgrossen Arten von Palœomeryx gleich. 455 Anhang;. Nur nachträglich mögen noch die folgenden Bemerkungen Platz finden über einige mir nur aus Litteraturangaben bekannt gewordene Fossilien, die nach den betreffenden Autoren in die bis- her besprochene Gruppe gehören würden. 1. Dorcatherium moschinum, von Falconer, und Dorcath. majus und minus, von Lydekker^) aus den sivalischen Hügeln erwähnt, beruhen einstweilen auf blosen Namen ohne alle nähere Angaben. 2. Propalaeomeryx sivalensis Lydekker^). Der einzige Zahn, den Lydekker von diesem Thier abbildet, lässt höchstens schliessen, dass allerdings Thiere, die den grossen europäischen Palœomeryx- Arten ausserordentlich nahe zu stehen scheinen , bis nach Indien verbreitet waren. 3. Dremotherium Pentelici Gau dry 3). Ein hornloser Wie- derkauerschädel aus Pikermi , nebst Unterkiefern von zwei ver- schiedenen Grössen , welche von Gaudry nur provisorisch mit dem Genus Dremotherium vereinigt wurden. In neuester Zeit hat W. Dames*) die Yermuthung geäussert , dass diese IJeberreste von einem Hirsch herrühren möchten, dessen männlichem Geschlechte Geweihe aus Pikermi zugehören könnten, welche von Dames den Namen Cervus Pentelici erhalten haben und den von Gaudry schon früher unter dem Titel Cervus Matheronis vom Mont Leberon in Yaucluse aufgeführten ähnlich sind. 1) Falconer. Palœontol. Memoirs I. 1868, p. 23. Lydek- ker. Palseontologia indica. Ser. X, vol. II, 1883, p. 173. 2) Lydekker. Palœontol. indica, 1880, p. 181. ^) Gaudry. Animaux fossiles de l'Attique , 1862, p. 305. PI. LVI, fig. 5, 6. ^) Dames. Zeitschrift d. deutschen geologischen Gesellschaft, 1883, p. 92. Taf. Y. — 456 — Abgesehen davon, dass der Schädel von Pikermi auf ein merk- lich kleineres Thier schliessen lässt als die erwähnten Geweihe, 80 steht, wie mir scheint, der Yermuthung von Dames die That- sache entgegen, dass die Unterkiefer aus Pikermi, namentlich in den Praemolaren, durchaus nicht die Merkmale ächter Hirsche, sondern diejenigen von Cervulina tragen, und so viel sich aus den Abbildungen schliessen lässt, mit denjenigen von Dremotherium die nächste Uebereinstimmung zeigen. Ich halte also die Yermu- thung von Gaudry, dass in Pikermi Dremotherium vertreten sei, für gerechtfertigter als diejenige von Dames. 4. Leptomeryx Evansi Leidy^) aus dem Miocen von Oregon. Kach Leidy sollten an diesem kleinen hornlosen AYiederkauer Merk- male von Tragulina und Hirschen combinirt sein. Sowohl die Abbildung als die Beschreibung von Leidy scheinen mir das Thier in viel nähere Beziehung zu den in Nord-America so stark ver- tretenen Vorläufern der Camelina (Oreodon, Procamelus, Leptau- chenia etc.) zu bringen, als mit den genannten altweltlichen Formen. Dasselbe gilt in noch sichererem Maasse für 5. Hypertragulus calcaratus und tricostatus Cope^) aus dem Miocen von Colorado, um so mehr als Cope selbst, obgleich er sie als nahe Verwandte von Dremotherium und Leptomeryx bezeich- net, sie wohl mit allem Recht mit Hypisodus und Poëbrotherium in nahe Beziehung bringt. Cervina. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass ächte Hir- sche, wenn vielleicht auch zum Theil noch geweihlos, sich schon im Miocen mit den im Bisherigen aufgezähl- ten Tragulina und Cervulina zusammen finden. Darauf deuten mindestens, neben den oben erwähnten Greweihen 1) Leidy. Extinct Mammalian Fauna of Dakota and Nebraska, 1869, p. 165. PI. XIY, fig. 1— -8. 2) Cope. Bulletin United States geolog. and geograph. Sur- vey, I, 1874, p. 26. — 457 — aus Pikermi und Yaucluse, wozu vielleicht auch solche aus Eppelsheim zu zählen sind, Ueberreste von Gebissen, die in den Fundorten von Palœomeryx gelegentlich vor- kommen, aber die Merkmale ächter Hirsche an sich tragen. Immerhin sind diese, schon von früheren Auto- ren gelegentlich bemerkten Ueberreste viel zu selten und unvollständig, als dass es erlaubt schiene, dieselben mit Genus- oder Species-Namen zu bezeichnen. Ueberaus viel reichlicher und vollständiger werden solche Documente im Pliocen, wo gewisse Gegenden an solchen sehr reich sind, und bereits in älterer Zeit eine reiche Litteratur veranlasst haben, deren Angaben frei- lich bis auf den heutigen Tag nicht nach den heutigen Ansprüchen vervollständigt worden sind. So die Au- vergne, Toscana, in neuerer Zeit auch Süd-England und die sivalischen Fundorte Indiens, bis endlich in noch neuerem Terrain, in Knochenhöhlen und Breccien, in Flussalluvien und Torflagern, sich mindestens für Europa dieser reiche Rahmen allmählig wieder leert und einer geographischen Localisirung der Hirscharten Platz macht, die sich nach und nach den Verhältnissen der Gegen- wart anschliesst. So sehr es zu dem Plan meiner Arbeit gehören sollte, gerade auf solchem Gebiete mit Hülfe der aus der Untersuchung der gegenwärtigen Hirsch-Fauna ge- wonnenen Anhaltspunkte den allmähligen Anschluss an heutige Yerhältnisse zu suchen, so erschwert doch gerade dieser grosse Reichthum an Material im Pliocen die Fortführung der Arbeit im bisherigen Sinne, indem er die Yerpflichtung auferlegt, diese Fauna, die sich der gegenwärtigen ausserordentlich annähert, als mit dieser letzteren so viel als ebenbürtig zu behandeln. Ohne reichliche Yorarbeit an Ort und Stelle ist diese Aufgabe auf Reisen und ferne von grossen Skeletsammlungen — 458 — für den Einzelnen also nicht zu bewältigen, daher ich einstweilen mich begnügen muss, ebenso gut als Ab- schluss dieses Abschnittes wie als Einleitung zu einem fernem, nicht blos den Schädel oder das Gebiss berück- sichtigenden Abschnitt meiner Arbeit, das Wenige, was sich darüber sagen lässt, zusammenzustellen an der Hand bisheriger Vorarbeiten Anderer. Deutschland und anstossende Gebiete. Abgesehen von den schon erwähnten Muntjak's, deren Geweihbildung später zur Sprache kommen soll, und zu welchen wohl auch die von Kaup aus der Umgebung von Eppelsheim beschriebenen Formen C. anoceros, dicroceros , trigonoceros gehören werden, sind von demselben Autor aus diluvia- lem Terrain derselben Gegend Cervina engsten Sinnes unter den Namen C. curtoceros, BertJiokU etc., beschrieben worden. Einlässlichere Arbeiten bestehen für die Hirsche aus noch neueren Ablagerungen ^). 1) Kaup. Ossem. foss. de Darmstadt 1832. Taf. XXIII, XXIV. H.V.Meyer. Cervus Alces fossilis. Nova Acta XVI, 2, 1833, 463. Gold fus s. Riesenhii'sch , Elen, Edelhirsch. Ebendas. X, 1821, p. 455. Taf. 39—43. Nord mann. Palseontologie Süd-Russlands 1858, p. 217 u. f. Selbe Formen, nebst Renthier, Damhirsch, Reh. Hieher gehört auch der Hinweis auf eine Anzahl eigener Arbei- ten, welche sich gelegentlich mit der Erscheinung oder der Verbrei- tung heutiger Hirschformen in pleistocener bis prähistorischer Zeit befasst haben. L. Rütimeyer. Untersuchung der Thierreste aus den Pfahlbauten der Schweiz, 1860. Die Fauna der Pfahlbauten in der Schweiz, 1861. Ueber die Herkunft unserer Thierwelt, 1867. lieber die Renthier-Station von Veyrier am Salève. Archiv für Anthro- pologie, 1873. Ueber die Knochenhöhlen von Thayingen und Freu- denthal. Ebendas. 1874 u. 1875. Die Veränderungen der Thier- welt in der Schweiz seit Anwesenheit des Menschen, 1875. Spuren des Menschen aus interglacialen Ablagerungen in der Schweiz. Arch. für Anthrop. 1875. Ueber die Ausdehnung der pleistocenen oder — 459 — England. Ausser den schon aus älterer Zeit bekann- ten pleistocenen Formen hat namentlich das Forest-bed von Norfolk eine Anzahl pliocener Hirsche geliefert, über welche F a 1 c o n e r, und einlässlicher Boyd-Daw- kins Bericht erstattet haben. An präglacialen Formen werden von Letzterem die auch aus der Auvergne be- kannten C. ardeus und poUcpiacus , sowie C. carmttorum Laugel, C. verticornis, suttonensis , cylindroceros Dawk. ge- nannt 1). Frankreich. Cuvier in seinen Ossemens fossiles be- handelt an fossilen Hirschen bekanntlich nur diejenigen aus AUuvien (Riesenhirsch, Renthier, Damhirsch, Reh) und die unvollständigen Ueberreste aus Knochenbreccien, in welchen sein Scharfblick freilich bereits schon an einzelnen Zähnen das Merkmal heutiger Rusa-Hirsche erkannte. Den Anfang der Litteratur über die reiche Hirsch- fauna der Auvergne bildet daher die Arbeit von D e- vèze und B oui 11 et, welche etwa sieben Arten aus der Umgebung von Issoire aufzählt, unter welchen einige ebenfalls das Säulengebiss der heutigen Rusagruppe ver- rathen. Bessere Abbildungen, leider ohne Text, liefert quartœren Säugethierfauna. Verh. d. Schweiz, naturf. Gesellscli., 1875. Ueberreste von Büffel aus quaternseren Ablagerungen in Europa. Yerh. d. naturf. Gesellsch. in Basel, 1875. Thierüber- reste aus tschudischen Opferstätten am Ural. Archiv für Anthrop. 1875. Ueber Pliocen und Eiszeit a. beiden Seiten d. Alpen. Ein Beitrag z. Geschichte d. Thierwelt in Italien seit d. Tertiärzeit 1875. 1) Owen. Brit. foss. Mammals 1846. (Megaceros, Strongylo- ceros , Elaphus , Tarandus , Dama , Capreolus.) Falconer, Pal. Mem. 1869. C. Sedgwicki, polignacus, Rusa, clactonianus etc, Boyd Dawkins, Quart. Journ. Geol. Soc. 1869, p. 192. 1872. p. 405, 410. 1878, p. 402. — 460 — das Werk von Croizet und Job er t, das aus derselben Gegend etwa acht Arten aufstellt. Dem Inhalt der Kno- chenhöhlen von Lunel-Yiel hat Marcel de Serres eine sehr einlässliche Darstellung gewidmet, die an der Hand eines freilich sehr unzureichenden Yergleichungs- materials für lebende Formen vier Species unterscheidet, die sich Dank den gewissenhaften Abbildungen mit Sicherheit wohlbekannten Formen der Gegenwart zu- w^eisen lassen. (C. intermedius und antiquus zum Theil =^ C. strongyloceros oder Höhlenhirsch von Owen. C. co- ronatus, C. antiquus zum Theil und C. pseudovirginianus = Renthier.) lieber die an Hirschen aus der Auvergne so reiche Sammlung Bravard's bestehen nur manu- scripte Cataloge im Britischen Museum, und auch Po- mel begnügt sich für dieselbe Fauna mit einer blossen Aufzählung von Arten, die auf nicht weniger als zwanzig ansteigt. Hiemit scheint die Untersuchung dieser reichen Fauna in Frankreich zum Stillstand gekommen zu sein, da die neueste Zusammenstellung von Gervais nichts wesentlich Neues beifügt^). Italien. Trotz der glänzenden Yorräthe an fossilen Hirschen aus verschiedenen Terrains des Arno-Thales, welche die Museen von Florenz und Umgebung seit den Zeiten Targioni-Tozzetti's und IS'esti's enthal- ten, hat diese reiche Ernte in neuerer Zeit keinen ein- 1) Deveze et Bouille t. Essai géol. et minéral, sur les environs d'Issoire, 1827. Croizet et Job er t. Recherches sur les ossem. foss. du Dép. du Puy-de-Dôme, 1828. Marcel de Serres, Dubreuil et Jeanjean. Rech, sur les ossem. humatiles des cavernes de Lunel-Viel, 1832. De Christol, Ann. Sc. nat. IV, 1835, p. 201, 226 etc. Pomel, catal. méthod. 1853, p. 103. Ger- vais, Pal. franc. 1859, p. 142. — 461 — zigen einheimischen Bearbeiter gefunden. Zu den best- erhaltenen Formen, die schon Letzterer unterschieden hatte (C. dicranms und ctenoides) , hat lediglich Fors. Major einige fernere Namen (C. elsanus etc.) beigefügt. Weit einlcässlicher ist die diluviale Hirschfauna theils in Unter -Italien von Ponzi, theils in Ober -Italien von Gastaldi und vor allem von Cornalia untersucht worden, der aus der Lombardei Riesenhirsch, Elen, Damhirsch, Reh und einige freilich sehr anfechtbare Arten aus dem Lignit von Leffe beschreibt^). Kaum bessere Andeutungen bestehen endlich über die Hirsche der sivalischen Fundorte Indien's, aus welchen Falconer zwei Arten (C. namadicus und sivalensis) und Lydekker drei fernere aufführt (C. simxjUcidens, tripUdens und kitidens) , so wie über diejenigen von Nord- und Süd -Amerika, die sich freilich, abgesehen von den von Leidy aus dem Pliocen von Nebraska beschrie- benen C. Warreni auf moderne Terrains und grössten- theils noch lebende Formen zu beschränken scheinen^). Aus dieser ganzen Heerschaar fossiler Hirsche heu- tigen Gepräges mag einstweilen nur eine einzige und die bekannteste Form, über deren Beziehung zu noch 1) Fors. Major. Atti della Soc. Toscana di Sc. Nat. I, 1875, p. 40, wo auch die Nachweise über die Arbeiten Nesti's. Ponzi. Accad. dei Lincei 1878, p. 24. Cornalia. Mammif. foss. de Lom- bardie 1858—71, p. 45. PL XV— XXYI. Gastaldi. Atti dell' Accad. dei Lincei II, 1875. 2) Falconer. Pal. Mem. I, 1869, p. 23. Lydekker. Pa- lœontol. indica 1880. PI. VIII. Leidy, Fauna of Dakota and Nebraska 1869, p. 172. PI. XXVII. Lund. Brasilien's Dyreverden, 1841, p. 293. Burmeister. Ann. dei Museo publico de Buenos- Ayres, 1864, p. 235. — 462 — lebenden Arten immer noch unbestimmte Ansichten herrschen, in Rücksicht auf Schädelbau zur Sprache kommen. Cervus megaceros '), Von vorne herein unterscheiden sich männliche Schädel von weiblichen durch ähnliche Verhältnisse wie bei heutigen Hirschen. Sie tragen allein das bekannte riesenhafte Geweih, zu dessen Be- festigung die beiden E-osenstöcke durch einen starken im Verlauf der Coronalnath liegenden queren Knochenwulst auf der Schädelhöhe verbunden sind. Gleichzeitig ist der ganze Hirntheil des Schädels beim männlichen Thiere etwas kürzer und breiter, die Augenhöh- len vortretender als beim weiblichen, wo der Schädel in seiner Gesammtheit gestreckter, schlanker und flacher erscheint. "Wenn wir uns zur Vergleichung mit andern Hirschen an den weiblichen Schädel halten, so ist er namentlich durch folgende Merkmale bezeichnet. Durch grosse Länge des postorbitalen Schä- deltheils, die beim weiblichen Thiere so weit geht, dass die Au- genhöhlen fast in der Mitte der Schädellänge, über der Backzahn- reihe liegen. Gleichzeitig liegen sie so tief und ragen so wenig über den ' Schädelumriss vor, dass dadurch der Gesichtsschädel eine ungewöhnlich gleichförmige , platte und breite Oberfläche er- hält; um so mehr, als die Gruben und Oeffnungen, welche diesem Schädeltheil bei heutigen Hirschen eine so bewegte Erscheinung geben, bei dem Riesenhirsch wegfallen, da die Thränengrube nur seicht und die Ethmoidlücke bis auf eine enge Oeffnung geschlossen ist und auch sogar die meisten Knochennäthe fast spurlos ver- schwinden. Die Nasenbeine sind langgestreckt und in ihrem mitt- lem Verlauf eingeschnürt. Ihre breiteste Stelle liegt zwischen den 1) Goldfuss. Nova Acta X, 1821, Taf. 39—42. Pan der und d'Alton. Skelete der Wiederkäuer, 1823, PI. V. Cuvier. Ossem. foss. IV, 1832, p. 70, PI. VII— VIII. Hart. Descript. of the skeleton of the foss. Deer of Ireland, 1830. H. v. Meyer, Nova Acta XVI, 1832, p. 463. Owen, Brit. foss. Mamm. 1846, flg. 182— 88. Corna lia. Mammif. foss. de Lombardie 1858 — 71, p. 54, PL XVII— XXL Gastaldi. Atti Accad. dei Lincei II, 1875. Gaudry. Matériaux pour l'histoire des temps quaternaires 1880, PI. XIII. 463 Etlimoidlücken , von wo sie sich nach hinten bis in die Höhe des Vorderrandes oder der Mitte der Augenhöhle auskeilen. Schwächer ist die Breitenzunahme nach dem Vorderrand hin, der kaum über die Nasenöffnung vorragt und von zwei seichten Incisuren aus- gezackt ist. Die Nasenöffnung ist breit und niedrig, die Schnauze breit und kurz. Viel weniger gleichförmig erscheint die Oberfläche der hintern Schädelhälfte , die hinter den Augenhöhlen bei beiden Geschlech- tern zu einer hohen Kuppel aufgehoben ist, hinter welcher sich der Schädel in seinem parieto-occipitalen Theil wieder zu einem breiten Sattel zwischen den Schläfengruben abflacht. lieber diese Kuppel, die beim männlichen Thiere den erwähnten Querwulst zwischen den Geweihwurzeln trägt, verläuft median selbst beim weiblichen Thiere eine starke Fronto - Sagittalcrista und seitlich zwei noch stärkere Schläfenwülste , die vom hintern Augenbogen anhebend nach hinten allmählig in die Lineee asperee verlaufen, welche die Schläfengruben von der Parietalfläche abgrenzen. Die Hinterhauptfläche ist in allen Theilen auffallend breit und niedrig. Noch mehr tritt diese Abplattung und Breite des Schädels in dessen Basalansicht zu Tag, wo nicht nur die Schädelachse durch ungewöhnliche Breite und horizontalen Verlauf, sondern auch das Riechrohr und die Choanenöffnung durch geringe Höhe, und die ganze Gaumenfläche durch grosse Breite auffallen. Die Choanen- öffnung beginnt in der Querlinie der hintern Gaumengrenze, und ihre Ränder verlaufen fast in der Flucht der Gaumenfläche nach der Schädelachse. Auch der Jochbogen liegt auffallend horizontal und ist weit nach auswärts gebogen. Selbst der Unterkiefer nimmt durch die niedrige Gestalt seines horizontalen Astes und die breite Aus- dehnung seiner Gelenkflächen an diesen allgemeinen Merkmalen Theil. Wenn man diese Verhältnisse mit dem Schädelbau anderer Hirsche vergleicht, so könnte die grosse Länge der parietalen Schädelzone und die kuppeiförmige Wölbung der Hirnschale auf eine Analogie mit dem Elenthier hinzudeuten scheinen. Allein man wird bald gewahr werden, dass diese Aehnlichkeit lediglich eine oberflächliche ist, während in allem Uebrigen Abplattung und Breite, gerade Merkmale, die dem Elen-Schädel am wenigsten zukommen, — von dem so durchaus verschiedenen Bau des Gesichts- schädels nicht zu reden, — den Megaceros-Schädel auszeichnen. Mit Ausnahme der grossen Ausdehnung der Parietalzone und der tiefen — 464 — Lage und des geringen Umfangs der Augenhöhlen bildet dagegen Alles, was den Megaceros auszeichnet, nur einen Excess der typischen Merkmale des Damhirschschädels. Sogar die Hirncapsel, wenn auch beim Damhirsch oberflächlich um vieles kürzer und gleichförmiger gewölbt, ist in der Occipital- und Basalansicht derjenigen des Dam- hirsches bis in alle Details von Muskel- und Gelenkansätzen und von Gefäss- und Nervenöffnungen auffallend ähnlich, so dass die Ab- weichungen, welche vornehmlich in der Gestaltung der Geweihbasis und in der Ausdehnung der Schläfengruben bestehen, sich doch wesentlich als Modificationen zu Gunsten des viel stärkeren Gewei- hes herausstellen. Auch der Bau des Gesichtsschädels verhält sich trotz allerlei oberflächlicher Yerschiedenheiten, wie der etwas andern Gestaltung der Nasenbeine , der verschiedenen Ausdehnung der Ethmoidlücke, doch in seinen wesentlichen Theilen, wie in der Ge- staltung des Riechrohrs, der Schnauze, der Kautheile bei diesen beiden Hirschformen sehr ähnlich. Dasselbe gilt für das Gebiss, dessen Bau von demjenigen des Elenthiers sehr verschieden, mit demjenigen von Edelhirsch, Damhirsch, Reh übereinstimmt und sich überdies durch besondere Massivität und grosse Breitenaus- dehnung der Zähne auszeichnet, ein Merkmal, das auch dem Dam- hirsch zukömmt, wo nur die Zahnreihe, namentlich in ilirem mo- laren Theile, mehr zusammengedrängt ist als bei Megaceros. Eck- zähne fehlen so gut wie beim Damhirsch. Das Ergebniss der Vergleichung geht also dahin, dass Mega- ceros sich allerdings im Détail des Schädelbaues von allen heutigen Hirscharten unterscheidet, aber nichtsdestoweniger keiner andern Hirschgruppe einverleibt werden kann, als derjenigen, welche den Edelhirsch, das Reh und den Damhirsch umfasst, und dass er unter diesen dem letzten viel näher steht als beiden erstem. Ein Resul- tat, womit auch bekanntlich die Vergleichung der Geweihform über- einstimmt. Ob etwa die Lücke, welche immerhin noch in mancher Beziehung zwischen beiden Thieren besteht, durch neue Funde, sei es lebender oder fossiler Formen, ausgefüllt wird, muss dahinge- stellt bleiben. Was den seit kurzem bekannt gewordenen mesopo- tamischen Damhirsch betrifi't, so scheint er, obwohl er den euro- päischen an Grösse bedeutend übertrifft, in seinem Schädelbau eher eine "Weiterführung der Damhirsch-Merkmale, als eine Annäherung an den Riesenhirsch zu verwirklichen. Studien über Talpa europaea. Yon J. Kober. (Fortsetzung.) Zahn Wechsel. Die mi Frühjahr 1882 begonnenen, und im Sommer darauf publicirten Untersuchungen über den Maulwurf gedachte ich im Herbst fortsetzen, und hoffte namentlich den Abschnitt über das Gebiss abschliessen zu können, den ich aus Mangel an Material für die weitere Untersuchung des Zahnwechsels nicht zu Ende geführt hatte. (Yergl. Yerhdg. der naturf. Ges. Basel. YII. T. Heft). Allein es gelang mir erst im Frühjahr 1883 frisches Material zu bekommen, wie ich es für obigen Zweck sowie für das Studium der Sinnesorgane, Haare etc. nöthig hatte, und zur Untersuchung des Materials brachte ich es erst im Yerlauf des Sommers, wesshalb ich jetzt erst zur Publikation der Resultate komme. Mein verehrter Freund, Dr. Rielim in Halle, liess es sich nicht ver- driessen, auch diessmal mit gewohnter Meisterschaft mir durch Anfertigung trefflicher Schnittserien für das Mikros- cop dabei behülflich zu sein, wofür ich ihm zum grössten Dank verpflichtet bin. Was inzwischen an Litteratur Neues und Ein- schlägiges erschien, suchte ich mir zu Nutzen zu machen. Beim Studium der Zahnverhältnisse dienten 30 — 466 — mir ausser der früher angeführten Litteratur namentlich noch folgende Arbeiten aus älterer und neuerer Zeit: Waldeyer , Bau und Entwicklung der Zähne in Strikers Handbuch der Gewerbelehre. Huxley^ Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. 1873. Kollmann, über das Schmelzoberhäutchen und die membrana praeformativa. 1869. Byder, J. A., further notes on the Mechanical Genesis of Tooths-Forms. (Proceedings of the Akademy of nat sc. of Philadelphia 1879.) Pouchet et Chabry, note sur le développement de l'organe adamantin. (Gaz. niéd de Paris 1880). Löwe, L., Beiträge z. Kenntniss des Zahnes etc. (Archiv d. mikroscop. Anatomie. Bd. 19.) Baume, R., odontolog. Forschungen. (Leipzig 1882.) Schliesslich noch die Bemerkung, dass im Folgenden die am Schluss meiner letztjährigen Untersuchung aus- gesprochene den Zahnwechsel betreffenden Yermuthung, welche sich nur theilweise bestätigt hat, sich von selbst im Yerlauf der Abhandlung richtig stellen wird. Bezüg- lich der im Folgenden gebrauchten Altersbezeichnungen der Embryonen sowohl als der neugebornen Thiere, resp. der Berechtigung hiezu, verweise ich auf meine früher gegebene Begründung (s. pag. 74. ff. meiner Arbeit.) Gebissverhältnisse des Maulwurf. (Fortsetzung). Die fortgesetzten Studien an fortlaufenden mikrosco- pischen Schnittserien durch die Kiefer von Embryonen je- den Alters führten mir endlich die längst gesuchte Periode vor Augen, in welcher der Zahn Wechsel vor sich geht, resp. wo das Ersatzgebiss neben dem embryonalen auftaucht, und nach und nach auf Kosten des letzteren zur Herrschaft gelangt. — Das Studium dieser Periode der Zalmentwicklung war mir um so interessanter, als — 467 — sich hier nicht allein über die Zahl, Stellung und Grössen- verhältnisse der beiden Zahnserien, sondern auch über die höchst eigenthümlichen Formverhältnisse derselben vergleichend anatomische Beobachtungen machen Hes- sen , deren Ergebnisse ich im Folgenden mittheilen möchte. Die erste Spur von Ersatzzahnbildung findet sich, wie ich schon früher angedeutet, bereits beim 3- bis 4-wöchigen Embryo in der Weise, dass zuerst bei den Incisiven auf der Innenseite derselben Schmelz- keimgebilde auftreten, welche auf dem Querschnitt wie Auswüchse sich präsentiren, die in mehr oder weniger abgeplatteter Form aus den kreisförmig erscheinenden Milchzähnen hervorwuchern, mit denen sie durch einen schmalen Strang in Verbindung stehen, was keineswegs, Avie Baume meint, eine optische Täuschung ist, sondern sich durch Duzende von Schnitten in allen Richtungen bestätigt (Tgl. Tafel YII. fig. 1.). Im Oberkiefer ent- spricht jedem der 3 Incisiven ein solcher Schmelzkeim, ebenso auch im Unterkiefer, wo um diese Zeit vorerst auch nur 3 Incisiven sichtbar sind. Bald nach dem Erscheinen dieser Ersatzzahngebilde jedoch gewahren wir im Unterkiefer, wie ich schon früher bemerkt, (vgl. pag. 109 m. Arbeit, und Tafel YII, fig. 1. a. a. a. a.) plötzlich einen 4. Incisiven, der sich von Aussen her zwischen den 2. und 3. Schneidezahn einschiebt; und bald nachdem er in der Reihe seine richtige Stellung- eingenommen hat, nun auch in gleicher Weise, wie seine Nachbaren, seine Ersatzzahnanlage erhält. Es sei gestattet bei Gelegenheit dieser eigenthüm- lichen Ergänzung der Incisivenreihe darauf hinzuweisen, dass diese Zahl der Incisiven im Unterkiefer schon bei einer Anzahl fleischfressender Marsupialia sich findet, (Eupleres, Didelphis u. a.), während sie sonst nur selten — 468 - vorkommt, und namentlich den carnivoren Raubthieren gänzlich fremd ist. Später als bei den Incisiven finden wir bei den C an in en Ersatzzahngebilde auftreten, zuweilen kurz vor der Geburt, häufiger aber erst nach derselben, und fast dasselbe gilt für die Praemolaren, bei welchen ich vor der Geburt niemals eine Spur solcher Schmelzkeim- gebilde wahrnahm. Wo vor der Geburt noch für den Caninus ein entsprechender Ersatzzahnkeim auftritt, über- rascht er durch seine breite und mächtige Anlage, und seine etwas abgeplattete nach Innen zu gewölbte Gestalt. Auf dem Querschnitt erkennt man leicht, dass dieses neue Gebilde sich aus einer mit dem Milchzahn gemein- samen Pulpa herausentwickelt, indem von Unten her nach Innen zu breit angelegte Dentinlamellen sich er- heben, an ihren Rändern verschmelzen, und so eine Röhre bilden, welche naeh Oben als Krone conisch sich frühe abschliesst, Avährend sie nach Unten sich er- weitert und offen bleibt. Yon einer ganz neuen, mächtigen und allseitigen Energie ergriffen zeigt sich das Gebiss unmittelbar nach der Geburt des Thieres; wir finden hier das Wachsthum des Ersatzgebisses in solch bestimmtem und zugleich raschem Entwicklungsgang begriffen, dass es sich der Mühe lohnt, diese Lebensperiode noch genauer ins Auge zu fassen. Um die einzelnen Etapen der Metamorphose, welche die beiden Zahnserien hier in kurzer Erist durchlaufen , fixiren zu können, beschloss ich solche Junge in erster Linie genau zu unter- suchen, deren Alter ich mit ziemlicher Sicherheit an der Hand der schon früher genannten Kennzeichen (Längen- mass, Körpergewicht, Haarentwicklung etc.) bestimmen konnte, wobei ich fand, dass die ersten 3 bis 4 Wochen nach der Geburt ziemlich leicht sich in 3 verschiedene — 469 — Perioden trennen lassen, so dass man mit annähernder Sicherheit von 1, 2, 3 wöchigen Jungen reden und dabei 3 verschiedene Entwicklungsstadien unterscheiden konnte. Innerhalb dieser Zeit nämlich nimmt die Entwick- lung der bleibenden und die gleichzeitige Eeduction der embryonalen Zahnserie einen solch rapiden Yerlauf, als handle es sich darum, den embryonalen Zahn- Appa- rat, welcher intra uterum dominirte, (aber gewissermassen nur décorative Bedeutung hatte,) nun möglichst rasch abzustreifen, und dafür einen bleibenden, der total neuen Situation, welche durch den Eintritt des Thieres ins Leben im engeren Sinn geschaffen wurde, entsprechend und für die specificirten Leistungen bis ins Detail praede- stinirt, aufzubauen und auszubilden, ohne dabei die ge- ringste Entwicklungsphase zu überspringen. Dazu be- durfte es einer gewaltigen Wachsthums- und Bildungs- energie, deren Spuren wir im Folgenden nachgehen möchten. Eine spätere Untersuchung der Sinnesorgane wird uns auf die merkwürdige Thatsache führen, die wir hier nur andeuten wolleii, dass um dieselbe Zeit, wo dieses Schaffen im Gebiss vor sich geht, eine über- raschend tiefgreifende und plötzliche Réduction der wichtigsten Sinnesorgane, welche bis dahin ungemein hoch angelegt waren, sich verfolgen lässt, die dann allerdings in einer ganz ausserordentlich reichen Aus- rüstung des Rüssels, der für die Folge der Libegriff aller Sinnesorgane zu werden scheint, gewissermassen einen vollen Ersatz findet. Es war ein überaus günstiger Zufall, dass es mir gelang einen frischen Wurf von Jungen in die Hand zu bekommen, welche durch noch anhängende Reste der Nabelschnur und verschiedene andere charakteristische Merkmale unzweifelhaft gekennzeichnet waren als Neu- geborne im engsten Sinn, d. h. dem allerfrühesten Lebens- - 470 - Stadium angehörig. Es war mir dadurch für die nach- folgenden vergleichenden L^ntersuchungen eine er- wünschte Basis gegeben. Auf Grund makroscopischer Berechnungen (Längen- mass, Gewicht, Haarentwicklung etc.), sowie besonders mikroscopischer Yergleichungen, fand ich die Unter- scheidung der oben berührten 3 Kategorien (1, 2, 3 wöchige Thiere) berechtigt und für die specielle Verfolgung des Gebisswechsels geeignet, und werde mich im Folgenden derselben bedienen, ohne damit eine ab soluté Garantie für die Genauigkeit dieser Altersbestimmung (welche im besten Fall ja nur eine annähernd genaue und höchstwahrscheinliche sein kann) geben zu wollen. In der Entwicklung der Incisiven finden wir in der ersten AYoche nach der Geburt die Situation folgendermassen : 3Iilchgebiss und Ersatzgebiss unterscheiden sich jetzt sehr deutlich von einander, (vgl. Tafel YII, fig. 2. u. 3.) indem die Milchincisiven als einfach gebaute Dentin- röhren nach oben und aussen gedrängt durch die bleiben- den Incisiven in jeder Hinsicht ihre Inferiorität erkennen lassen gegenüber den letzteren, bei welchen besonders auf dem Querschnitt die Zahnbestandtheile als wohl differenzirte Schichten deutlich von einander sich ab- heben, indem die körnig ausgefüllte Pulpahöhle um- geben ist von der höchst compacten, porcellanartig er- scheinenden Zahnbeinschichte, auf welche nach Aussen ein breiter Strahlenkranz prismatischer Schmelzzellen folgt, welche noch von dem zarten Gebilde des äusseren Schmelzepithels als der ersten Anlage zur spätem Cae- mentschichte überlagert ist. Der Durchmesser beider Zahnarten ist gleichfalls wesentlich verschieden sowie auch die Form des Zahns. Auf dem Querschnitt schon zeigt der Milchzahn eine ovale bis rundliche Gestaltung, — 471 — während der rcsp. Ersatzzahn mehr kantig erscheint; weit überraschender aber zeigt sich die Differenz auf dem Längsschnitte, so dass man bei Vergleichung des Milchzahns mit dem entsprechendee Ersatzzahn versucht ist zu glauben, man habe hier die Zähne zweier total verschiedener ïhierklassen vor sich, was sich freilich in der folgenden Altorsperiode (2. Woche) noch schärfer aus- prägt (Ygl. Tafel YII, fig. 4). Bei den C aninen, welche etwas später ihre Er- satzzahnkoime erhalten als die Incisiven, ist gleichwohl vom Anfang an die Grössendifferenz unmittelbar nach der Geburt zwischen beiden Serien keine geringere als bei den Incisiven. Der bleibende Caninus übertrifft den embryonalen jetzt schon um das dreifache an Grösse, während die Form und der innere Bau noch keinen so wesentlichen Unterschied erkennen lassen, besonders da der Ersatzzahn in dieser Hinsicht noch ziemlich un- fertig erscheint, und namentlich von einer Spaltung in zwei Wurzeln noch Nichts sichtbar ist, obwohl die Basis desselben bedeutend breiter erscheint, als diess beim resp. Milchzahn der Fall ist, welcher übrigens wenig von den Incisiven der Form nach sich unterscheidet. Bei den Pracmolaren des neugebornen ïhieres sind die Ersatzzahngebilde noch weiter zurück in der Entwicklung, als bei den beiden genannten Zahnarten; man erkennt dieselben wohl leicht in ihren Umrissen, und gewinnt daraus den Eindruck, dass der morphologische Contrast zwischen den beiden Zalmserien hier am ge- waltigsten zu werden sich anschickt. Allein zu einer scharfen Yergleichung giebt uns erst das etwa 8 Tage ältere Entwicklungsstadium festere Anhaltspunkte. Ueber- haupt führt uns von jetzt an jeder noch so kleine Fort- schritt im Alter und Wachsthum des Schädels das Yer- hältniss der beiden Zahnserien in einem neuen, cliarak- — 472 — teristischen Bild vor, das uns zeigt, wie das Milchgebiss im gleichem Maass resorbirt wird, wie das Ersatzgebiss sich auf Kosten desselben ausbildet und allseitig differen- zirt, und dies Alles mit solcher Eile, dass beim 14- tägigen Thiere dieser Process gewissermassen schon seinen Höhenpunkt erreicht, um in der dritten Woche zum völligen Abschluss zu gelangen, indem die Ersatz- zähne zur Functionirung ausgereift, die Milchzähne als strukturlose, erodirte Dentinscherben auf ein Minimum eingeschrumpft sind, und spurlos verschwinden. Auf der zweiten Etape unserer Beobachtungslinie, d. h. in der zweiten Woche nach der Geburt, finden wir das Gebiss bereits in wesentlich veränderter Gestalt vor. Bei den Incisiven vor Allem dominirt das Ersatz- gebiss über das Milchgebiss jetzt besonders bezüglich der Grösse, Form und gegenseitigen Lage, während der innere Bau noch immer etwas unfertig erscheint, besonders in den der Wurzel am nächsten gelegenen Parthieen. Die Milchincisiven dagegen sind bereits bedeutend kleiner und dünner geworden, was sich auf Längs- und Quer- schnitt leicht wahrnehmen lässt als Schrumpfung der Pulpa und Abschmelzen der äusseren Dentinschichten. Bei den Canin a ist jetzt der Contrast zwischen Milch- und Ersatzgebiss bedeutend grösser geworden, nach Form und Grösse sowohl, als dem inneren Bau nach (Vgl. Tafel YII, fig. 4. u. 5.). Der bleibende Zahn, besonders im Oberkiefer, hat bereits eine ansehnliche Grösse erreicht und die typische Gestalt der Eckzähne carnivorer Kaubthiere gewonnen; im Innern lässt sich der netzartige Bau der ungemein mächtigen Elfenbein- schichte bereits sehr scharf abgränzen, einerseits von der bindegewebigen Auskleidung der Pulpahöhle, wie ander- seits von der wohl differenzirten, gegen die Spitze des - 473 — Zahns gleichfalls sehr mächtigen Schmelzschicht. Der entsprechende Milchzahn dagegen ist nun um ein Be- deutendes dünner und schmächtiger geworden, zusammen geschmolzen zu einem nahezu hohlen papierdünnen Dentin- cylinder, welcher von seinem definitiven Nachfolger, dessen keilförmiger Krone er unmittelbar anliegt, nach und nach resorbirt und durch das Zahnfleisch nach Aussen gedrängt wird. Die Prae molaren (vgl. Tafel VII, fig. 7.) bieten jetzt ein vollständig klares Bild des Zahnwechsels dar, und wir finden jetzt die beiden Zahnserien grund- verschieden nach äusserer Form und nach dem inneren Bau. Im Unterkiefer allerdings, wo wir es beiderseits nur mit 3 Praemolaren zu thun haben, schreitet die Ent- wicklung der Ersatzzähne offenbar etwas langsamer voran, als im Oberkiefer. Auf dem Querschnitt beschränkt sich hier der Unterschied zwischen den beiden Serien vorerst fast nur auf den Durchmesser, der bei den Milchzähnen bedeutend geringer ist als bei den Ersatzzähnen; und zwar ist diess bei dem 1. und 2. Praemolar fast identisch, Avährend beim 3. Praemolar, welcher in beiden Serien bedeutend grösser ist, der Ersatzzahn im Yerhältniss umfangreicher und auch in der Form verschieden sich zeigt, besonders nach der Basis zu, wo sich die Theilung der Wurzel in zwei kolbenförmige Parthien vorbereitet. Auf dem Längsschnitt (Tafel YII, fig. 7.) dagegen sehen wir auch im Unterkiefer, weit mehr aber im Oberkiefer, zwischen den beiden Serien der Praemolaren bereits wesentliche Formdifferenzen ausgeprägt. Während näm- lich die Milchpraemolaren alle mehr oder weniger die höchst einfache, indiff'erente Kegelform (den Marsupialen oder gar Edentaten ähnlich) beibehalten, also wenig von den Milchincisiven verschieden sind, bieten uns die ent- sprechenden Ersatzpraemolaren schon in diesem frühen - 474 - Stadium der EntAvicklung das charakteristische Bild von Praemolaren carnivorer Eaubthiere, und diess am praeg- nantesten im Oberkiefer, und hier ist es der 4. Praemolar, welcher dieses Ziel am frühesten erreicht und vor den an- dern zum Ausdruck bringt. Dieser vierte Praemolar, wel- cher sonderbarerweise als Milchzahn vor der Geburt im Oberkiefer eine ähnliche Rolle zu spielen scheint wie der dritte Schneidezahn im Unterkiefer, sofern er (Avie ich in mehrern Fällen beobachtet habe) zuweilen erst später als die übrigen Praemolaren von Aussen her sich zwischen den dritten Praemolar und den ersten Molar einschiebt, erinnert in seiner Entwicklung nach der Geburt (als definitiver Zahn) in mancher Hinsicht an den Fleisch- zahn beim Hund; er stellt hier jetzt schon das Maximum eines Praemolars dar, vielleicht auf dem Weg Molar zu werden, wie wir diess in der folgenden Entwicklungs- periode noch deutlicher beobachten können. Diese dritteEpochein der Geschichte des Zahn- wechsels, welche also wie oben angedeutet ungefähr in die dritte Woche nach der Geburt fällt, bringt bei sämmtlichen Zahnarten die Entwicklung der bleiben- den Zähne so ziemlich zum Abschluss. Während die Mil chinci si ven jetzt vollständig nach Aussen gedrängt, auf dem Flächenschnitt nur noch als dünne kleine Dentinringe erscheinen (vgl. Tafel YH. fig. 6. a. a. a.), welche eine stark geschrumpfte Zellen- masse umgeben, haben die Ersatzincisiven einen sehr bestimmten, höchst charakteristischen Ausbau er- langt. Es präsentiren sich jetzt Pulpa, Zahnbein und Schmelz klar und scharf gesondert in wohl charakteri- sirten Schichten, und erinnern einigermassen an den Quer- schnitt eines Dicotylenstammes, besonders in Folge der reichen Entwicklung der prismatischen Schmelzzellen (vgl. Tafel yn, fig. 6. b. b.), welche wie ein dichter — 475 — Kranz von MarkstraWen die compacter e Dentins chichte umgeben. Auf dem Längsschnitt dagegen tritt jetzt ganz besonders typisch die gewaltige Formdifferenz beider Zahnreihen in's Licht. Die Ersatzincisiven haben nun die definitive Grestalt erlangt ; nach unten cylindrisch, nach oben meisselförmig abgeplattet, und mit einer leichten Biegung versehen, geben sie den Insektivoren- charakter wieder, während die Milchincisiven daneben nur noch als fadendünne, cylindrische Dentinröhr chen vor den mehr und mehr nach oben sich ausbreitenden Ersatzzähnen hergeschoben und resorbirt werden, bis sie etwa am Ende der dritten Woche (nach der Geburt) ausgestossen werden und spurlos verschwinden. Ein ähnliches Geschick ereilt jetzt auch die Mil ch- caninen (vgl. Tafel YII. fig. 4.); diese sind nun auf der äussersten Grenze ihrer Existenz angelangt und bis auf ein Minimum aufgebraucht ; als papierdünne lanzett- förmige Dentinscherbchen liegen sie noch innerhalb des Zahnfleisches, bis die hinter ihnen herwachsende keil- förmige Spitze des definitiven Nachfolgers zum Durch- bruch gelangt, und jene „auf dem Schub" an die Luft setzt. Auf dem Querschnitt bietet jetzt der bleibende Caninus ein überaus schönes Bild dar, welches den Mikroscopiker die wohlentwickelten , concentrischen Schichten der Zahnbestandtheile leicht analysiren lässt. Der Zahn ist fertig. Die Praemolaren haben inzwischen gleichfalls bedeutende Metamorphosen erfahren (vgl. Tafel YII. fig. 7. 8.), indem die Ersatzzähne in gleichem Maas ihrer definitiven Entwicklung näher gerückt, als die Milch- zähne geschwunden sind. Der innere Bau der bleiben- den Praemolaren ist nahezu derselbe wie bei den Caninen, mit dem Unterschied, dass die Schmelzschichte hier — 476 — weniger stark entwickelt ist, besonders bei den vordem Praemolaren, während sie bei dem vierten Praemolar des Oberkiefers wieder bedeutend zunimmt. Die Kronen sind jetzt denen der Carnivoren voll- kommen gleich, und verändern ihre Gestalt unmittelbar vor ihrem Durchtritt durch das Zahnfleisch nur noch insofern, als die Höcker sich mehr und mehr nadeiförmig zuspitzen, und so durch den Carnivorencharakter hin- durch sich zum Insektivorentypus specialisiren. Die Wurzeln beginnen jetzt erst energisch zu wachsen auf Kosten der Pulpa, und kolbenförmige Gestalt zu ge- winnen, am mächtigsten wiederum beim vierten Praemolar des Oberkiefers, welcher drei Wurzeln hat, während die drei vordem zweiwurzlig sind. Die Milchpraemolaren sind am Ende der dritten Woche nach der Geburt nur noch als ässerst dünne, schiefrige Gebilde vorhanden und verschwinden plötzlich, sei es dass sie sich völlig in Dentinkerne auflösen oder beim Austritt des Ersatzzahns hinaus gestossen werden (Ygl. Tafel YII. flg. 8. den mittleren Praemolar, wo der entsprechende Milchzahn (a) bereits verschwunden ist). Wenn wir nun so bei den verschiedenen Zahnarten des Maulwurfs im Milchgebiss einen unzweideutigen Hinweis auf die niederste, indifferenteste Zahnform, wie sie beim Säugethier denkbar ist, erkennen, gewisser- massen das Säugethiergebiss auf elementarster Stufe, wie sich diess bei Edentaten und Marsupiali ern als veraltetes Gepräge normal conservirt hat, so weisst uns anderseits das entsprechende Ersatzgebiss hin auf die höchstentwickelten und specialisirten Formen im Kaubthiertypus. Wir sehen hier gleichsam auf einem Tableau die Anfangs- und Endglieder einer langen Entwicklungsreihe vereinigt, und die lange Kette von Zwischengliedern, welche (um mit Baume zu reden, — 477 - im Kampf ums Dasein) das Gebiss zu immer höherer Yollendung geführt haben, durch manche Metamor- phosen hin, scheint verschwunden, wenn wir nicht etwa ihre Spuren erkennen wollen in den Resten der untergegangenen Familien der Megatheriden, Mylodonten, Glyptodonten etc. Wir haben bis jetzt bei unserer Untersuchung die wichtige Zahnart der Molaren gar nicht berührt, um sie nun hier am Schluss noch in besonderer Weise ins Auge zu fassen. Es fragt sich zunächst, welche Be- rechtigung wir haben, gerade die drei hintersten Backen- zähne zum Unterschied von den übrigen Backenzähnen Molaren, und jene Praemolar en zu nennen? Wenn wir nach altem Brauch (vgl. Giebel, Odontographie) bei der Unterscheidung zwischen Molaren und Praemolaren in erster Linie auf die Formdifferenz Rücksicht nehmen, so wären wir ohne Zweifel berechtigt, den vierten Prae- molar des Oberkiefers zu den Molaren zu rechnen, mit denen er völlig gleichen Bau hat, während sein Bau von dem der übrigen Praemolaren wesentlich verschieden ist, wie wir oben sahen. Das gleiche Resultat erreichen wir, wenn wir die Zeit der Entwicklung als massgebend betrachten; denn wir finden hier sämmtliche Molaren (ausser dem letzten) eben so früh angelegt im embryo- nalen Schädel wie die übrigen (vordem embryonalen) Backenzähne. Uebrigens haben wir in der Entwicklungs- geschichte des Säugethiergebisses Beispiele genug, welche zeigen, dass weder das eine noch das andere von den ebengenannten Unterscheidungsmerkmalen immer stich- haltig ist (zur Definition von Molar opp. Praemolar). Am meisten scheint di e Definition für sich zu haben, welche den Unterschied in der Weise fixirt, dass (nach Owen) Molaren die hintern Backenzähne sind, welche nicht gewechselt werden, während man als — 478 ~ Praemolaren diejenigen Backenzähne bezeichnet, welche Y r g ä n g e r im M i 1 c h g e b i s s haben. Es scheint diess auch wirklich die einzig richtige Auffassung zu sein. Allein auch sie ist nicht absolut stichhaltig. In totalem Widerspruch damit Ireilich steht die Baume'sche Ansicht, Avonach im typischen Carnivorengebiss ein Praemolar stets ohne Yorgänger ist, sowie die Be- hauptung: „Der erste bleibende Molar aller Thiere sei der eigentliche ISrachfolger des letzten Milchbacken- zahns etc." Es ist bei Betrachtung des embryonalen Gebisses von Talpa europaea gewiss von Interesse, dass wir hier schon sehr frühe die sogenannten Molaren angelegt und in einer Reihe stehend finden mit den sämmtlichen so- genannten Milchzähnen, nur der letzte, hinterste Molar fehlt vor der Geburt, und tritt erst auf (als förmlicher „Weisheitszahn") nachdem die andern ihre formale Aus- bildung erlangt haben. Es hat demnach die Mehrzahl der Molaren eine viel längere Entwicklungszeit als alle übrigen Zähne, indem ihre Entwicklungsgeschichte schon beginnt in einer Zeit, wo alle andern Zahnarten erst durch ephemere Yorläufer, d. h. entsprechende Milch- zähne vertreten oder wenigstens angekündigt sind, so dass die Molaren gewissermassen hier die Lebensdauer beider Zahnserien in sich vereinigen. Wenn wir die Molaren beider Kiefer in ihrem frühe- sten Auftreten während des Fötallebens untersuchen, so finden wir zunächst allerdings einen ähnlichen Indiffe- rentismus in ihrem Bau, wie wir diess für die Milch- zähne überhaupt charakteristisch gefunden haben. ]S^ur die Grössenverhältnisse sind von vorneherein wesentlich verschieden, so dass man schon beim Embryo keinen Augenblick im Zweifel ist, dass man es in der Backen- zahnreihe mit zweierlei Zahnarten zu thun habe (Ygl. — 479 — Tafel YII. fig. 9.). Auf dem Querschnitt, der etwa durch die Mitte eines Molars gelegt wird, erscheint der Durch- messer desselben circa 2 — 4 mal grösser als der der Praemolaren. Ueberdiess ist die Form des Querschnitts vom Anfang an eher comprimirt als kreisförmig, wie bei den Milchzähnen. Dennoch trägt der ganze Habitus dieser jungen Molaren einen höchst elementaren Charak- ter, der sich auch längere Zeit erhält, bis gegen die zweite Hälfte des Fötallebens, wo dann allerdings im Innern dieser Zähnchen gewaltige Yeränderungen vor sich gehen, die nun den bisherigen einfachen Bau wesentlich modi- ficiren und compliciren, wie sich an consecutiven Flächen- schnitten genau verfolgen lässt (Ygl. Tafel YII. fig. 9. 10. 11. 12. ml). Die noch plastische Dentinschichte, welche wie bei den sämmtlichen Milchzähnen anfangs als ein schmaler Ring die weite , aus granulirter Substanz bestehende, gefässreiche Pulpa umschloss, beginnt sich zunächst an verschiedenen Seiten einzuschnüren (Tafel YII. fig. 10. 11.), Falten zu bilden, und mit einer dicken Schmelzschicht zu umgeben, so dass wir bald auf dem Querschnitt Schmelz- figuren erhalten (vgl. Tafel YII. fig. 11. 12.), wie diess bei Nagern und Wiederkäuern Sitte ist. Die Faltenbildung, welche vermuthlich durch Compression von allen Seiten her bedingt ist, (vorne durch das Wachsthum der Prae- molaren und hinten durch das Anrücken des vierten Molar, sowie rechts und links durch die nach Innen zunehmende Ossification der Kieferknochen,) schreitet nach Unten zunächst etwas rascher voran als nach Oben. Yor Allem verschmälert sie den Durchmesser des Zahns und bildet in ihrer Yerlängerung die Grundlage zu den drei Wurzeln, welche gegen das Ende des Fötal- lebens vollständig abgeschnürt sind, sich jedoch nach der Geburt erst noch bedeutend verlängern und zuletzt -^ 480 — abscMiessen. Aber auch nach Oben setzt sich die Fal- tung des Zahnes fort in Gestalt einer tiefen Einschnürung auf der Aussenseite (vgl. Tafel YII. fig. 11. 12.), während gleichzeitig von der Spitze des Zahns her Dentinsch erh- eb en auftreten, welche den seitlichen Dentinfalten ent- gegen wachsen, und so die Grundlage für die definitive Krone bilden, die kurz vor der Geburt sich vollendet, und mehr und mehr zuspitzt durch Auflagerung von Schmelzschichten. In der letzten Periode vor Durchbruch des Zahns durch das Zahnfleisch zeigen die Molaren auf dem Längs- schnitt vollständig die typische Form der Carnivoren mit ihren charakteristischen Höckern, und zwar der erste Molar am vollendetsten, wesshalb derselbe im Oberkiefer w^enigstens in diesem Zustand dem vor ihm stehenden bleibenden Praemolar, wenn dieser sich entwickelt hat, am ähnlichsten ist. Nach dem Durchbruch durch das Zahnfleisch, welcher erst nach der Geburt erfolgt, schärfen sich die Zahnhöcker der Molaren mehr und mehr zu, wodurch sie, wie schon bemerkt, diesem Theil des Gebisses das eigenthümliche Ge- präge scharfzackiger Prismen geben, welche die Insekti- voren charakterisiren. Die Molaren sind zu der Zeit, wo die Praemolar en ihre entsprechenden Milchvorgänger verlieren, vollständig entwickelt und functionsfähig, und kommen daher vor den bleibenden Praemolaren in Gebrauch. Der letzte Molar endlich kommt erst zum Durch- bruch, wenn sämmtliche Backenzähne vollendet und in Funktion getreten sind, und bildet den Abschluss der Dentition. Mit Rücksicht auf dieses eigenthümliche Verhalten der Molaren, welche sich schon in der frühesten embryo- nalen Lebensperiode entwickeln gleichzeitig mit den nur - 481 - für ein ephemeres Dasein bestimmten Milchzähnen der übrigen Zahnarten, und welche durch ein gewisses em- bryonales, wenn gleich rascher verlaufendes Entwicklungs- stadium hindurch erst gegen Ende des Fötallebens über- gehen in den Zustand, der sie als eine Gruppe (bleiben- der Zähne) für sich charakterisirt, könnte man geneigt sein zu fragen, ob demnach die Molaren nicht doch zum Milchgebiss zu rechnen seien, da sie ja anfangs fast gleichzeitig mit demselben erscheinen? Auch ver- harren sie ja wie diese zu Anfang eine Zeit lang auf einer primitiven Stufe, bis sie plötzlich auf dem Weg einer rascheren, tiefgreifenden Metamorphose die Jugend- form mit der definitiven Gestalt, freilich ohne Entwick- lung eines eigenen Ersatzgebisses, vertauschen, und früher als das ganze übrige Gebiss zu ihrer Vollendung kommen, nachdem sie auf verschiedenen ephemeren Entwicklungs- etapen eine Zusammengehörigkeit der Insektivoren mit den Nagern und mit den carnivoren Raubthieren an- gedeutet haben. Baume freilich in seiner oben citirten Arbeit be- hauptet einfach: „Sämmtliche Zahnanlagen sind wesentlich embryonal bis auf einzelne Molaren in dem hintern Ab- schnitt der Kiefer, welche sich erst später entwickeln", und deducirt daraus weiter, es gebe gar kein Milch- gebiss im eigentlichen Sinne, vielmehr seien die sogenannten Milchzähne eben früher angelegte kleine Zähne, die früher fertig werden, die andern kommen erst, wenn mehr Platz für sie frei geworden. Demnach wäre also die Annahme von zwei Dentitionen hinfällig, sämmtliche Zähne wären in eine Reihe zu stellen, und ihr früheres oder späteres Erscheinen und ihre morphologi- schen Differenzen von Zufälligkeit abhängig, und die ganze ziemlich regellose Zahnentwicklung folgte nur dem Plan, den Raum im Kiefer möglichst auszunützen im Interesse 31 - 482 — des Gebisses. Ohne auf eine Widerlegung dieser Be- hauptung hier eingehen zu wollen, bemerke ich nur, dass mir gerade das Studium des Talpagebisses im Einzelnen es aufs Neue ins Licht gestellt, welche überraschende Correspondenz einerseits besteht zwischen dem Milch- und Ersatzgebiss, und wie tief anderseits die morpho- logische Differenz ist zwischen beiden Serien, und war es namentlich der Zweck dieser Mittheilungen hier darauf hinzuweisen. Bei dem Gebiss des Maulwurfs, welches in mehr- facher Hinsicht eine ganz ideale Entwicklung uns vor Augen führt, ist es allerdings nicht leicht eine scharfe Gränze zu ziehen zwischen Praemolaren und Molaren, zumal da wir im vierten Praemolar des Oberkiefers ein Zwischenglied haben, das fast mit dem gleichen Recht zu den Molaren gerechnet werden könnte, wie zu den Praemolaren, wenn nicht die Entwicklung eines Yor- gängers im Milchgebiss ihn zu den Praemolaren zu rechnen nöthigte, wiewohl auch dieses charakterisirende Moment labil scheint, indem der entsprechende Milch- zahn zuweilen fehlt. Constant bleibt dann nur das Eine, dass die drei hintersten Backenzähne in beiden Kiefern niemals gesonderte Milchvorgänger haben, wenn sich auch eine Art Milchgebissstadium bei ihnen wie oben angedeutet nachweisen lässt. Immer aber ist es derselbe Zahn im Milchgebiss wie im definitiven Gebiss, nur im Milchgebiss noch plastisch und einer mehr oder weniger mächtigen Metamorphose fähig und bedürftig, um seinen specifischen Funktionen dereinst gerecht zu werden. Bei sämmtlichen übrigen Zahnarten finden wir Milchzahn und Ersatzzahn, wo dieselben zur vollen Entwicklung gelangen, als zwei getrennte Gebilde, zwar aus derselben Matrix, aber zu verschiedenen Zeiten und mit meist verschiedenem Bauplan hervorgewachsen, — 483 — so dass wir sie in einem gewissen Entwicklungsstadium, welches bei Talpa in der Nähe der Geburt liegt, als zwei getrennte Serien neben einander erkennen und ^ on einander wohl zu unterscheiden vermögen. Zwei Serien in diesem Sinne fehlen entschieden den drei hinteren Backenzähnen von Talpa, und es ist damit allein ihre Bestimmung als Molaren gerechtfertigt. Demnach sind wir berechtigt für das Gebiss von ïalpa folgende Zahnformel aufzustellen: 3. 1. 4 + 2 1) Milchgebiss: 2) Bleibendes Gebiss: 4. 1. 3 -|- 2 3. 1. 4 + 3 4. 1. 3 +^3 Erklärung der Abbildungen von Tafel VII. Sämmtliche 12 Figuren sind von microscop. Präparaten des Maul- wurf (Talpa europsea) direkt photographisch aufgenommen und 25- bis 40 mal vergrössert. a. a. a. bedeutet die Milchzähne (I. Dentition) , daneben h. b. b. die entsprechenden bleibenden Ersatzzähne (II. Dentition) ; pm. zz. Prœ- molar, m. ZZ Molar. Die Aufeinanderfolge der Zähne ist der Art, dass die vorderen nach unten, die hinteren nach oben liegen in den Abbildungen. Fig. 1. Flächenschnitt durch den linken Unterkiefer eines 3 — 4wöchigen Fötus, a. a. die Incisiven der Milchgebiss- serie, 6. 6. die Schmelzkeime der entsprechenden bleiben- den Incisiven. Bei dem sich jetzt erst in die Reihe ein- schiebenden dritten Schneidezahn fehlt noch der ent- sprechende Schmelzkeim seines definitiven Nachfolgers. Vergrösserung 40 fach. — 484 — Fig. 2. Flächenschnitt durch den rechten Oberkiefer eines neugeborenen Thieres, erste Woche nach der Geburt, die drei Incisiven beider Zahnserien darstellend. Vergrösse- rung 25 fach. Fig. 3. Senkrechter Längsschnitt durch den linken Oberkiefer eines neugeborenen Thieres', stellt den zweiten Incisiv I. und II. Dentition dar. Der bleibende Zahn h, erscheint etwas matt gegenüber dem ihn oben überdeckenden Milch- zahn a: morphologisch sind beide sehr charakteristisch. Vergrösserung 40 fach. Fig. 4. Flächenschnitt durch den linken Oberkiefer eines circa dreiwöchigen Jungen , Caninus I. und II. Dentition. Vergrösserung 40 fach. Fig. 5. Senkrechter Längsschnitt durch den linken Oberkiefer eines zweiwöchigen Jungen; stellt den Caninus I. und IL Dentition dar : letzterer noch unfertig , daher weniger scharf ausgeprägt. Vergrösserung 40 fach. Fig. 6. Flächenschnitt durch den linken Oberkiefer eines dreiwöchigen Jungen: stellt die drei Incisiven beider Dentitionen dar. Vergrösserung 25 fach. Fig. 7. Senkrechter Längsschnitt durch den rechten Oberkie- fer eines circa zweiwöchigen Jungen: es erscheinen die ersten zwei Praemolaren beider Zahnserien; der erste Milchprœmolar (a) ist nur schwach sichtbar, da er nicht in der gleichen Schnittlinie liegt wie die übrigen. Ver- grösserung 35 fach. Fig. 8. Flächenschnitt durch den rechten Oberkiefer eines circa dreiwöchigen Jungen ; stellt die drei Prœmolaren beider Zahnserien dar. Der zweite Milchprœmolar a fehlt, ist wohl bereits ausgestossen. Vergrösserung 25 fach. Fig. 9. Flächenschnitt durch den linken Unterkiefer eines 4 — öwöchigen Fötus : stellt den hintersten Prœmolar und die zwei ersten Molaren dar, sämmtliche in embryonalster Form. Vergrösserung 25 fach. Fig. 10. Flächenschnitt durch den rechten Oberkiefer eines Fötus kurz vor der Geburt : stellt den zweiten Molar dar, etwas oberhalb des Zahnhalses getroffen. Vergrösserung 30 fach. — 485 — Fig. 1 1 . Flächenschnitt durch den linken Unterkiefer eines etwa zweiwöchigen Jungen ; der zweite Molar ist hier un- gefähr in der Mitte des Zahns getroffen. Vergrösserung 25fach. Fig. 12. Flächenschnitt durch den linken Oberkiefer eines etwa dreiwöchigen Jungen ; der zweite Molar ist hier etwas unter der Mitte des Zahns getroffen. Vergrösserung 25fach. Eine Stelle in Lucretius, lib. VI, 177 ff. (Mitgetheilt von Prof. Fr. Burckhardt.) Herr Prof. Ed. Hagenbach hat uns vor einer Reihe von Jahren die Thatsache mitgetheilt und erklärt, dass Bleigeschosse bei plötzlichem Anprallen sich erhitzen und theilweise schmelzen. Das Erwärmen der Schleu- dergeschosse war den Alten schon bekannt, wenn sie auch nicht dieselbe Erklärung für die Erscheinung gaben. Am deutlichsten spricht sich das aus in einer Stelle bei Lucrez ut omnla motu percalefacta vides ardescere, plumbea vero glans etiam longo cursu volvenda liqiiescU. Lucrez nimmt also an, die rasche Bewegung selbst er- zeuge die Hitze. Einige neuere Erwerbungen für die mineralogischen und geologischen Sammlungen des Museums. Von Albr. Müller. Seitdem es uns gelang aus der reichhaltigen Samm- lung des verstorbenen Herrn Bergbauverwalters Beck h in Thun eine Anzahl werthvoUer Mineralien für unser Museum zu erwerben, seitdem hat unsere Sammlung jedes Jahr einen neuen Zuwachs, theils durch Geschenke, namentlich hiesiger Freunde, theils durch Ankäufe er- halten. Es sei mir gestattet, hier unter der ziemlichen Zahl neuer Erwerbungen wenigstens einige der Bemerkens- werthern in nachfolgendem Yerzeichniss hervorzuheben. A. Geschenke. 1. Von Herrn Albert Hoffmann-Burckhardt da- hier, zu wiederholten Malen, bis auf die jüngste Zeit, eine Anzahl stattlicher Gesteine aus unsern Central- alpen, meistens Gipfelgesteine, zum Theil von früher noch nicht erstiegenen Gipfeln. Ueberhaupt sind uns fast von sämmtlichen durch ihre Leistungen hervorragenden hiesigen Mitglie- dern des schweizerischen Alpenclubs (S. A. C), so schon früher von dem leider verstorbenen Herrn Rathsherrn L. Finninger und Andern, eine An- zahl Gipfelgesteine, meistens, wie diejenigen von — 487 — Herrn Alb er t Hoffmann, sehr stattlichen For- mates, zugekommen, die natürlich für die geologische und petrographische Kenntniss der sonst so schwer zugänglichen Scheitel unserer Hochalpen von ganz besonderem Werthe sind. 2. Yon Herrn Möller-Kiefer in Mexico: Zwei grosse Drusen Melanglanzkrystalle von Som- breta bei Zacatecas und eine Bromsilberdruse mit Silberglanz von ebendaher; ferner mehrere Stücke von Malachit und Kupferlasur. 3. Von Herrn Albert Müller, Entomolog : Ein Nephritbeil von Neuseeland und einige be- arbeitete prähistorische Feuersteinmesser von St. Acheuil. 4. Yon Herrn Merian-Köchlin (f ) : Eine hohle Chalzedonmandel , 5 Centimeter im Durchmesser, mit Flüssigkeit und beweglicher Luft- blase, angeblich von Brasilien, wahrscheinlich von Salto oriental in Uruguay, woher viele nach Europa gekommen sind. Ein kleineres, sonst ganz ähnliches Stück, mit leicht beweglicher Luftblase, von demselben Fund- orte, verdanken wir der Güte des Herrn Rathsherrn Dr. Friedr. Müller. 5. Yon Herrn Adolf Burckhardt-Bischoff: Zwei stattliche Feuersteinkerne der bekannten Seeigelart Ananchytes ovata aus der weissen Kreide der Insel Rügen. 6. Ein ähnliches trefflich in allen Details erhaltenes Stück von Micraster cor anguinum, als Feuerstein- kern, von dem Departement Yonne, habe ich durch Herrn Dr. Fèvre, Chemiker, erhalten. - 488 - 7. Yon Herrn Hans Sulger, Ingenieur: Eine Anzahl alpiner Mineralien, meistens schöne Krystalldrusen, worunter Bergkrystall, Adular, Cha- basit, Jdokras, Albit von Thusis, Periklin vom Saasthal etc. 8. Von demselben: Eine ansehnliche Suite, meist krystallinischer Gesteine aus den Centralalpen. 9. Yon Herrn Gerber-Bärwart: Wir verdanken diesem kühnen und unermüd- lichen Bergsteiger, der schon eine Reihe grossar- tiger Leistungen hinter sich hat, von wiederholten Schenkungen, eine Anzahl Gipfelgesteine, zum Theil von den höchsten und schwer zugänglichsten Gipfeln unserer Hochalpen, besonders auf der italienischen Seite, so unter Anderm, vom Grand Paradis, Mont Gelé, Grand Combin etc. Herr Gerber, auch als eifriger Entomolog bekannt, hat auch eine Anzahl noch wenig bekannter Gipfel der piemontesischen Alpen erstiegen. 10. Yon Herrn Lehrer Kehlstadt: Eine Anzahl der bekannten hübschen Bergkry- stalle von Marmaros in Ungarn. 11. Yon Herrn Hans Sulger: Yerschiedene alpine Mineralien, u. a. Bergkry- stalle, worunter ein sog. Scepterkrystall, ferner hüb- sche mit der Basis zusammengewachsene Bitterspath- zwillinge vom Binnenthal, Ct. Wallis. 12. Yon Herrn Möller-Kiefer in Mexico: Eine stattliche Suite von Erzen aus dem Staat Durango, darunter 3 Bromsilberdrusen, derbe Stücke von Fahlerz, Malachit, Kupferlasur, etc. — 489 — 13. Yon Herrn Hans Sulger: Eine stattliche grünliche Adulardruse mit einigen prachtvollen aufsitzenden Apatittafeln, aus dem Ober- wallis. 14. Yon Herrn Commerzienrath Carl Müller (f) in Görlitz : Einige Stücke rothen und grünen Porphyr aus den Umgebungen von Neapel. Ein Stück sublimirtes Realgar von der Solfatara bei Puzzuoli. 15. Yon Herrn Prof. L. Rütimeyer: Eisenspath, Roth- und Brauneisenstein aus den Umgebungen des Lago d'Iseo. 16. Yon Herrn Rathsherrn P. M er i an: Eine grosse Druse von würfelförmigen weissen riesigen Apophyllitkrystallen von 54 mm. Kanten- länge an der Basis und aufsitzenden blassrothen wohlgebildeten Desminkrystallen der gewöhnlichen Form, gleichfalls von einer Länge von 40—50 mm. Sämmtliches auf dichtem Basalt, von Poonah, Ost- indien, ein seltenes Prachtstück. 17. Yon Herrn Keller, Kaufmann in Mülhausen: Gangstufen (Bleiglanz und Zinkblende mit Baryt- spath) von einem neuen Anbruch in der Grauwacke bei Schönau. 18. Yonlöbl. Commission für populäreYorträge: Eine grosse im Bernoullianum vorgezeigte ge- schliffene und bunt angelaufene Platte von Meteor- eisen, schön die Widmannstätten'schen Figuren zei- gend, von Tolucca, Mexico. 19. Yon Herrn Hans Sulger: Eine Anzahl von Felsarten und Mineralien aus — 490 — den Umgebungen des St. Gotthardt und aus dem Ct. Wallis, worunter Heulandit, Periklin, Bergkry- stall, Flußspath und anderes. 20. Von Herrn Bergingenieur Iselin: Ein grosses Stück Chloanthit (Weissnickelkies) von einem jüngst angeschürften Gang bei Gruben im Turtmannthal. 21. Von Herrn Prof. F. Sandberg er in Würzburg: Diverse Felsarten, worunter Kintzigit, Kersantit, Dolerit und Olivinbomben von verschiedenen Fund- orten. 22. Von Herrn Dr. J. M. Ziegler von Winterthur: Eine ansehnliche Parthie meistens krystallinischer Felsarten aus dem Ober-Engadin. 23. Von Herrn Theaterintendant Stehle in München: Auf dem Gestein (Glimmerschiefer) aufsitzende Lazulithkrystalle von Werfen bei Salzburg. 24. Von Herrn Dr. Albert Riggenbach: Eine schöne Druse von Sylvinkrystallen, und eine Druse von Steinsalzwürfeln, beides von Stasfurt bei Magdeburg. 25. Von Herrn Emil Keller m ann-Preiswerk: Ein grosser Jaspisknollen, innen hohl mit Kalk- spathdruse, wahrscheinlich aus der Gegend von Kandern. 26. Von Herrn Hans Sulger: Ein grosser weisser Adulardrilling und einige Albitdrusen aus den Umgebungen des St. Gotthardt. 27. Von Herrn Apotheker Dr. Kober: Eine Gypsdruse und mehrere Kalkspathdrusen aus dem Muschelkalk von Nagold, Wurtemberg. — 491 — Ein grosses Stück Paragonitschiefer mit einge- wachsenen Staurolithkrystallen vom Südfuss des St. Gotthardt. 28. Von Herrn Prof. E. Renevier in Lausanne: Fünf Stücke Alpengranit von erratischen Blöcken bei Monthey, Ct. Wallis. -29. Yon Herrn Dr. J. J. Bernoulli-Werthemann: Circa 40 Stück vulkanische Felsarten von Guate- mala, von seinem auf der Rückreise nach Europa bei St. Francisco gestorbenen, als tüchtiger Forscher bekannten Sohn, Dr. Gustav Bernoulli. 30. Von Herrn DeBary-Schlumberger in Geb- weiler : Eine Anzahl Felsarten aus den Yogesen und ver- schiedene Mineralien, worunter ein schöner kleiner Bergkrystall in Marmor von Carara, ein Arragonit- drilling von Eauxbonnes (Pyrenäen) und anderes. 31. Von Frau Möller-Kiefer von Basel, nun in Du- rango, Mexico: Eine Anzahl (circa 40 Stück) Erze von Mexico und Unter - Californien , worunter Bleiglanz, Zink- blende, Fahlerz, Rotheisenstein in Pseudomorpho- sen nach Magneteisen, Kupferkies, Buntkupfererz, Malachit, Kupferlasur, erdiger Zinnober, Silberglanz und Chlorsilber. 32. Von Prof. Albr. Müller: Ein Bergkrystall (Rauchquarz), oben und unten ausgebildet mit zwei Trapezoedern, vom Galenstock, und ein rosarothes Oktaeder von Flußspath auf Rauchquarz, vom St. Gotthardt. 33. Von Herrn Emil Burckhardt, J. U. D.: Einige hübsche Epidotdrusen vom Walliser Lötschthal. — 492 — 34. Von Herrn Hans Sulger: Eine Gruppe schön krystallisirter , auch an den Enden gut ausgebildeter Antimonglanzkrystalle von Siebenbürgen. 35. Von Herrn Dr. J. M. Ziegler von Winterthur: Eine Parthie Felsarten aus dem Ober-Engadin. 36. Von Herrn Dr. Heinimann in San - Francisco, Californien, der vor etwa 30 Jahren hier studirte: Eine Anzahl Erze und Mineralien von Utah, Ne- vada und Californien, worunter Gediegen-Gold in Quarz, Kieselkupfer, grosse goldgelbe tafelförmige Wulfenitkrystalle (Gelbbleierz), Feuerdopal, Zinno- ber und anderes. 37. Von Herrn Bossard-Frank, Stadtgärtner in S an- Francisco : Eine kleine Parthie Mineralien aus Californien und Utah. 38. Von Herrn Weitnauer-Biehler, Schreinermei- ster, aus der Hinterlassenschaft seines bei Melbourne in Australien verstorbenen Sohnes: Eine kleine Parthie australischer Mineralien, wo- runter Malachit, Kupferlasur, gediegen Kupfer, Roth- kupfererz, Kupferkies, versteinertes Holz (Holzstein), Jaspis, Chalzedon, Bleiglanz, Zinkblende und einige Tertiärversteinerungen. 39. Von Herrn Rathsherrn P. Merian (ihm durch Prof. von Klipstein in Giessen zugekommen): Eine Parthie Mineralien und Felsarten aus Hes- sen, Nassau, Kärnten etc., worunter Melaphyr mit grossen Mandeln von Chalzedon, Quarz, Amethyst und aufsitzenden schönen Krystallen von Harmotom und Kalkspath (in grossen, bräunlichen, spitzen Rhomboedern — 2 R.); ferner Nephelinit, Staifelit — 493 — (traubige Ueberzüge von phosphorsaurem Kalk), Zinkspath, Chalzedon von Brasilien, grüner Quarz von Ceylon und anderes. 40. Yon Herrn Hans Sulger: Phlogopitkrystalle auf Dolomit von Campo longo, ein grosser Albitzwilling vom Yiescher Gletscher, ein Stück Asbest und anderes. 41. Von Herrn Prof. Fritz Burckhardt: Ein schöner Sechslingskrystall von Rutil mit Quarz, wahrscheinlich aus dem Binnenthal. 42. Yon Herrn Dr. Albert Riggenbach: Ein Stück dichter, schön blauer Lazulith, angeb- lich aus dem Ct. Wallis. Eine grosse Druse von Quarz mit Bitterspath, von Ems. 43. Yon Herrn Ingenieur Bringolf: Zwei Drusen Markasit, 7 Meter unter dem Null- punkt des Rheinpegels im Caisson des ersten Strom- pfeilers der im Bau begriffenen obern Rheinbrücke dahier. 44. Yon Herrn Cand. Ph. G. W. A. Kahl bäum aus Berlin: Einige Stücke Gadolinit und Krystalle von schwe- felsaurem Kadmium. 45. Yon demselben: Neun Oktaeder von Senarmontit (Antimonoxyd) aus der Provinz Constantine. 46. Yon Herrn Ernst Müller, Tuchfabr. in Görlitz: Eine hübsche Druse scharf ausgebildeter bräun- licher Orthoklaskry stalle (o P. Poo . ooP. ool* oo) aus dem Granit des Königshayner Gebirges bei Görlitz, Schlesien. — 494 — 47. Yon Herrn Weitnauer-Biehler, Schreinermei- ster, als Greschenk seines Schwiegersohnes in Bates- ford bei Melbourne in Australien: Eine Anzahl Erze aus Australien, worunter auch Zinnerz in Körnern (wohl von dem Mount Bishop in Tasmanien), ferner ein Stück Serpentin von Neu- seeland. 48. Yon Herrn Stähelin-Linder: Einige hübsche grosse Stücke von Hypersthen und Labradorfeldspath (Spaltungsstücke) von Labrador in Grönland. 49. Yon Herrn Alt-Rathsherrn G. Burckhardt-Alioth, welcher unserer Sammlung zu verschiedenen Malen Felsarten geschenkt hat: Ein Stück Quarzitgranit mit schönem Gletscher- schliff aus den Umgebungen des St. Gotthard-Ho- spitzes. 50. Yon Herrn Albert Hoffmann-Burckhardt: Ein grosses Handstück Habkeren - Granit vom Luegiboden, von dem riesigen Block, dessen wahre Herkunft immer noch nicht sicher festgestellt ist. Die Hypothese, wonach dieser Block ein krystalli- nisch umgewandelter Nummuliten-Sandstein wäre, scheint mir doch sehr gewagt. Yielleicht stammen diese sog. exotischen Blöcke, ähnlich den sog. Klip- penkalken in den Karpathen, doch aus der Tiefe, und wurden bei der Ablagerung der tertiären Schich- ten im festen Zustande eingehüllt. 51. Yon Herrn Stud. Rud. Burckhardt: Ein Stück fleischrother , feldspathreicher Granit mit schwarzem Turmalin, und ein Stück grober Quarzitsandstein mit eingesprengtem Malachit und Kupferlasur, von dem Rheinufer bei der obern — 495 — Rheinbrücke daliier. Erze, ausser etwa Pyrit und Brauneisenstein, finden sich bekanntlich nicht häufig in unsern Rheingeröllen. 52. Von Herrn Wilhelm Oberer: Yerschiedene Erze, worunter Pyrit, Bleiglanz, Kupferkies, Kupferglanz von Arizona und JMeu- Mexiko. Es sind diese Stücke von dem Greber selbst auf seinen kühnen Wanderungen gesammelt worden. 53. Von Herrn Felix Cornu, Chemiker : Ein grosses Spaltungsstück (45 Cm. im Durch- messer) und ein kleinerer aber ausgebildeter sechs- seitiger bräunlicher Krystall von Œimmer mit aus- gezeichnetem sechsstrahligem Asterismus, und di- verse grössere Bruchstücke riesiger grüner Apatit- krystalle, beides aus der Provinz Quebek in Canada. 54. Yon Herrn Cand. Phil. Alphons Merian: Drei stattliche Basaltsäulen aus der Nähe von Königswinter am Niederrhein. Ferner vulkanische Felsarten aus den Umgebungen von Rom, und Ge- steine, worunter schöner Gabbro und rother Por- phyr, aus der Nähe von Schönau. 55. Von der Société des carrières de marbres antiques zu Saillon, bei Saxon, Wallis: Sieben grosse Stücke (Blöcke) ihrer Marmor- arten, worunter auch die sog. aus dem Alterthum bekannten Cipolline. 56. Von Herrn Hans Sulger: Mehrere Stücke weissen strahligen Arragonites und Eisenblüthe von Eisenerz in Steiermark. B. Ankäufe. Ferner wurden in dieser jüngsten, ungefähr zehn- jährigen Periode, durch Ankauf noch eine stattliche An- - 496 — zahl von Mineralien für unsere Sammlung erworben, von denen ich nur einige der bemerkenswerthern hier hervorheben will, wobei mir noch Manches entgangen sein mag. 1. Anatas in schönen complicirten Combinationen, und der von Anatas oft schwer zu unterscheidende, viel seltenere Xenotim (Wiserin) auf schiefrigem Gneiss aus dem Binnenthal. Die schönen, obschon immer kleinen, zirkonähnlichen Xenotimkrystalle von der Fibbia beim Gotthardhospiz (der sog. Wiserin) wa- ren mir schon seit Anfang der Fünfziger Jahre in der prächtigen Sammlung meines verstorbenen Freundes D. F. Wiser in Zürich zu Gesicht ge- kommen. 2. Prachtvolle Blendekrystalle, durchsichtig, schön gold- gelb oder gelbbraun, vorherrschendes Tetraeder, mit Gegentetraeder und Abstumpfungen der Kanten /-f — \ durch das Hexaeder \-^^ ' —rr- ' oo ooL aus dem weissen, zuckerkörnigen, an seltenen und werth- vollen Mineralien reichen Dolomit im Binnenthal. 3. Ein wie gewohnt stark zerfressener, adularähnlicher P oUuxkry stall , ferner schöne weisse Orthoklaszwil- linge, mit den Klinopinakoidflächen zusammengewach- sen, in der Weise, dass die Basis des einen Kry- stalles mit dem Hemidoma P oo des andern gleich- zeitig einspiegelt, also beide Flächen gleich zum vertikalen Grundprisma geneigt sind. Sämmtliches von Elba. 4. Kalkspathkrystalle, und zwar das gewöhnliche Sca- lenoeder R 3 , eine stattliche Druse in einem run- den Hohlräume von Hauptrogenstein bildend, von Muttenz, — 497 — 5. Ein Stück Sonnenstein von Twedestrand mit praclit- voll funkelndem Farbenspiel. 6. Zinnstein, einfache Krystalle, mit sehr spitzer Pyra- mide, deren Scheitel durch die Flächen der Grund- pyramide etwas abgestumpft ist, von Cornwall. 7. Markasitdrillinge, schön ausgebildet, von Folkstone. ''. Die neuen, noch ziemlich seltenen Mineralien: Ko- selit, Pucherit, Uranotil, Walpurgin, Adamit Enar- git und andere. 9. Klare grosse Würfel von Sylvin (Chlorkalium) mit Octaederflächen, aus den berühmten Salzlagern von Stasfurt. 10. Ein schöner, wohlausgebildeter Brookitkrystall von Wales. 11. Ein gut ausgebildeter Diamantkrystall, Oktaeder mit achtfacher Abstumpfung der Ecken durch ein Hexatieoktaeder, von Brasilien. 12. Ein trefflich ausgebildeter Granatkrystall (Grossular), Ikositetraeder, mit kleinen Resten der Granatoeder- flächen, vom Wiluiflusse in Sibirien. 13. Eine schwarze Rutilnadel mit spitzer, ditetragonaler Pyramide, aus einem Bergkrystall herausragend, aus dem Binnenthal, Ct. Wallis. 14. Ein grosser Eisenglanzkrystall der gewöhnlichen Combination, besonders R . V^ R • V^ P 2, von Elba. 15. Axinitkrystalle, um und um ausgebildet, die gewöhn- liche Combination, von Chlorit ganz durchdrungen, vom Scopi, Lukmanier. 16. Drusen von würfelförmigen Apophyllitkrystallen, weiss und durch Chlorit grün, vom St. Gotthard- Tunnel. 17. Kalkspathkrystalle mit aufsitzenden Skolezitnadeln vom Fellithal. 32 — 498 — 18. Turneritkrystalle, schön gelbbraun, einzeln mit Berg- krystall aufsitzend auf scliiefrigem Gneiss, vom Ta- vetsch, Ct. Graubünden. 19. Pyrosmalith, Druse sehr regelmässig ausgebildeter sechsseitiger Prismen mit Basis (oo P. o. P.), von Philippstadt, Schweden. 20. Eine Druse von gelbbraunem Granat in sehr scharf und regelmässig ausgebildeten reinen Ikositetraedern, von Morawitza, Banat. 21. Grosser, durch Yorherrschen zweier Prismenflächen tafelförmiger, stark horizontal gestreifter Krystall von Rauchquarz (Bergkry stall) mit aufsitzendem hell- rosarothem Oktaeder von Flußspath, vom Haslithal. 22. Drei lebhaft rosarothe, etwas rauhe, Flußspath- oktaeder, vom St. Gotthardt. 23. Eine Anzahl grosser dendritischer Krystallgruppen von gediegen Kupfer, mit Kalkspathkrystallen, vom Südufer des Lake Superior, Michigan. Ferner von ebendaher mehrere schöne Kalkspathdrusen, worun- ter auch das seltene stumpfere Scalenoeder R 2 (Avährend sonst R 3 das gewöhnliche ist) und mit der Basis verwachsene grosse Zwillinge von — 7^ R. 7* I^ 3- ooR, ein besonders schönes stattliches Stück mit Kupfer. Ferner auch Melaphyr und eine Amethystdruse von Canada, 24. Ein schöner grosser wohlgebildeter Krystall von hellgrünem Orthoklas (eigentlich Mikroklin), ganz ähnlich dem russischen Amazonenstein, o P. Poo. — P. 00 P. 00 P 00 . 00 P 2, vom Pikes Peak, Colo- rado. 25. Ein hübscher kleiner Diamantkrystall, angeblich aus Brasilien, Oktaeder, ziemlich glänzend, mit einem Hexakisoktaeder. — 499 — 26. Eine Partliie Kobalt- und Nickelerze , besonders Speiskobalt und Weissnickelkies , mit Magnetkies, und schönem s ilb erweissen blattförmigen Wismuth, aus dem Turtmann- und Einfischthal, Wallis. 27. Ein grosser wohlgebildeter Ilmenitkrystall, von Nor- berg, Schweden: K. 7^ R 5. o R, mit deutlicher Spaltbarkeit nach R. 28. Zwei grosse w^eisse Adularzwillinge (Bavenogesetz) und 2 Stück eigenthümlich zerfressene Rauchquarz- krystalle (vielleicht ursprüngliche gestörte Bildun- gen). Umgebungen des St. Gotthardt. 29. Schöne grosse Epidotkrystalle in verschiedenen Com- binationen nebst farblosen Apatittafeln, von der be- rühmten Epidotfundstätte von Untersulzbach im Pinz- gau. 30. Eine Parthie grosser bräunlicher rauher Kalkspath- krystalle (etwa 10 Cm. lang), offenbar durch Erosion beschädigt, R 3 . — \/2 R in sehr grossen stenglich- ten Aggregaten, von Boltigen im Simmenthai. 31. Diverse stattliche Exemplare, meistens in sehr gu- ten Krystallen, von Orthoklus von Karlsbad und Elba, Cerussit als ausgezeichneter Drilling von Ems, Turmalin von Elba, gediegen Antimon von Oisans, Barytspathkrystalle von Pzibram, Shontianitkrystalle von Hamm in Westphalen, der berühmten neuen Lagerstätte dieses für die Industrie, namentlich für die Zuckerraffinerien, wichtig gewordenen Minérales, und anderes mehr. 32. Eine schöne Druse von Heulandit mit hellgrünen Flußspathoktaedern von Yiesch, schöne regelmäs- sige, scheinbar hexagonale, Prismen von Milarit aus dem Yal Giuf bei Sedrun, Glaukophan mit Granat und Talk von Zermatt, Bergkrystalle mit Einschlüs- sen von Eisenglanz, Epidotzwilling von Untersulzbach. — 500 — 33. Ein grosser weissliclier, durcli die Querfläche oo P oo tafelförmiger Spodumenkrystall von Norwich, Mas- sachusetts. 34. Schön geschliffener Krokydolith vom Cap und ein grosses Stück Gadolinit von Ytterby, Schweden. 35. Ein grosser Gypszwilling von Kandern, Gh. Baden. 36. Ein unten und oben wohlausgebildeter blassblauer durchscheinender Korundkrystall , spitze Doppelpy- ramide, 73 P 2, mit matter Oberfläche, 3 Cm., von Ceylon. 37. Ein Diamantkrystall, etwas verzerrt, aber mit glat- ten Flächen, in grünlichem Pseudophit ähnlichem Gestein, vom Capland. 38. Osmium-Iridium in flachen Körnern, vom Ural. 39. Gute isolirte Topaskrystalle vom Schneckenstein, in Sachsen. 40. Eine geschliffene Hypersthenplatte, prachtvoll schim- mernd. 41. Eine Anzahl meist gut krystallisirter Mineralien, worunter Arragonit von Bilin (schlank säulenförmige Zwillinge), Glanzkobalt, ein grosser Enstatitkrystall von Bamle in Norwegen, Columbitkrystalle von Grönland, Herrengrundit, Millerit. 42. Ein graulichgrünlicher dicksäulenförmiger an den Kanten abgerundeter Beryllkrystall, 45 mm., wahr- scheinlich 00 P. o P. P, vom Ural. 43. Zwei hübsche Stilbitdrusen von Yiesch, Ct. Wallis. 44. Aus einer grössern Sendung von Dr. Schuchhardt in Görlitz möchte ich nur folgende bemerkenswerthe, meistens gut krystallisirte Stücke hervorheben: Ba- rytspathkrystall von Pzibram, Hausmannitdruse von Ilmenau, grosse dunkelbraune Titanitkrystalle von Gratton, Canada; Cupritdruse von Liskard, Corn- wall, sehr schön, Würfel mit abgestumpften Ecken — ,501 — und Kanten; Diaphorit von Pzibram, Fahlerzkry- stalle von Horhausen, Bitterspath von Traversclla, Perowskitkrystalle von Arkansas, Grünbleierz von Ems und anderes. 45. Ein schöner blassblaugrüner, vollkommen durchsich- tiger Beryllkrystall, 36 mm., schlanksäulenförmig, gut an einem Ende ausgebildet, oo P. P. 2P2. o P, vom Altai, von demselben. 46. Eine Kupferglanzdruse, von Redruth, Cornwall, und eine Fassaitdruse vom Monzoni, von demselben. 47. Zwei grosse schöne dunkelbraunrothe sehr glänzende Rutilkrystalle , der eine 50 mm. lang (34 mm. dick), mit sehr glatten Flächen, dicksäulenförmig oo P. 00 P 00 . P. P 00 , von ehester County, Pennsylvanien, der andere ein merkwürdiger Zwilling, 35 mm. lang, 35 mm. dick, von Lincoln C, Georgia; beide von demselben. 48. Ein grosser, unten und oben ausgebildeter Skapo- lithkry stall, 9 cm. lang, säulenförmig, oo P. oo P oo . P, mit röthlichem Orthoklas, von Eenfrees, Canada; ferner eine Skapolithdruse kleinerer aber deutlicher Krystalle, derselben Combination, aber kurzsäulen- förmig, von Burgess, Ontario; beide von demselben. 49. Grosse dünn hexagonale tafelförmige Pseudomor- phosen von Pyrit, angeblich nach Polybasit, von Pzibram, Böhmen. 50. Mehrere Kalkspathscalenoeder , R 3. Y^ R 3. Zwil- linge mit der Basis zusammengewachsen, gross, von Derbyshire. 51. Drei grosse Zirkonkrystalle von Miask am Ural, gelblichbraun, P. 3 P. oo P oo . oo P. 52. Ein dunkelgrüner Alexandritkrystall, tafelförmiger Yierling (Chrysoberyll) vom Ural. - 502 - 53. Grosser schwarzer Turmalinkrystall , oo R, oo P 2 — ^j2 R . R, von Devonshire. 54. Grosser Pyritwürfel mit Streifung und Ansätzen von einem sehr stumpfen Ikositetraeder , ferner ein ein- zelner Krystall, der dieses Ikositetraeder, e e, rein zeigt, von Framont, Lothringen. 55. Grüne Idokrasdruse vom Theodulgletscher Zermatt. 56. Grosser blauer etwas matter Flußspathwürfel, mit zahlreichen oktaedrischen Blätterdurchgängen, vom Altmann. 57. Turneritkrystall, gelb, auf Gneiss, von Tavetsch. 58. Ein bräunlicher scharf ausgebildeter Achtling von Adular , nach o P (Basis) und 2 P oo verwachsen, vom Binnenthal, Ct. Wallis. Neulich konnte ich noch aus einer werthvollen, von H. Ho s eus angekauften Sammlung von Wien, einige hübsche Stücke etwerben, wovon ich nur folgende her- vorheben will. 1. Einige grosse Pyritkrystalle , mit vorherrschendem Oktaeder und, als Abstumpfung der Ecken, einem Dyakisdodekaeder, von Traversella. 2. Magneteisen, vollkommen regelmässiges, glattes, glän- zendes Oktaeder, oder eigentlich ein äusserst flaches Pyramidenoktaeder, noch an der entsprechenden Streifung erkennbar, mit Adular auf Gneiss, aus dem Binnenthal, Ct. Wallis. 3. Eine eigenthümliche , aus denselben glänzenden, schwarzen Magneteisenoktaedern drusig und körnig zusammengesetzte Pseudomorphose , wahi'scheinlich nach tafelförmigem Eisenglanz, vom Binnenthal. 4. Hübsche Druse von den bekannten, grün und violet fluorescirenden Flußspathwürfeln, mit doppelter Ab- stumpfung der Kanten durch das Tetrakishexaeder — 503 — 00 3, und einem kleinen zugehörigen Hexakis Ok- taeder von entsprechender Neigung, von Derbyshire. Die Würfelflächen bestehen eigentlich aus dem be- kannten äusserst stumpfen würfelähnlichen Tetra- kishexaeder. 5. Barytspath, äusserst zierliche Druse von glatten, durchsichtigen, innen mehrere parallele Lagen zei- gende Tafeln der Combmation o P. oo P. Poo . V^ P co? auf traubigem Auripigment, von Felsöbanya. — Ziemlich grosser, rektangulärer, tafelförmiger Baryt- spathkrystall o P. P oo . 7^ P oo . oo P. P, aus England. 6. Fahlerz, schöne scharfe Tetraeder, mit Spuren eines Pyramidentetraeders, auf einer Quarzdruse, von Kapnik. Bekanntes Yorkommen. 7. Apophyllit, in dicken quadratischen Säulen, deren Seitenkanten durch das ditetragonale Prisma ooP 2 doppelt abgestumpft sind, mit schwarzen Pünktchen übersät, von Bergenhill, New-Jersey. 8. Sylvin (Chlorkalium), grosser durchsichtiger, an den Ecken durch das Oktaeder abgestumpfter Würfel, von Stasfurt. 9. Wernerit, graue, wohl ausgebildete, säulenförmige Krystalle od P. oo P oo . P, wozu noch als hemiedrische Abstumpfung der vier Ecken, eine Tritopyramide, 3P3 wahrscheinlich ^ — ^ in grosskrystallinischem Kalk- spath, aus Nordamerika. 10. Prachivoll blauer Opal, in einem braunen, sedimen- tären, körnigen Gestein (wohl ein vulkanischer Tuff), angeblich aus Australien. 11. Druse von farblosem Hemimorphit (Kieselzink), reich, von New-Jersey. 12. Allanitkrystall, als rektanguläre Tafel mit abgestumpf- ten Randkanten, in Granit, von Edenville, New-York. — 504 — 13. Eisenblüthe, in zierlichen, wurmförmig gruppirten, schneeweissen Krystallaggregaten , von Steiermark. 14. Anglesit, wohl ausgebildete Krystalle, durch das vorherrschende Makrodoma 72 P 00 , und das klei- nere Brachydoma P 00 von rektangulärem Habitus: V2 Poo. Poo. 00 P. P. V2 P. P 2, in körnigem Blei- glanz, von der bekannten Lokalität Monte Poni in Sardinien, die so viele prachtvolle Krystalle dieses Minérales geliefert hat. Auch andere Formen. 15. Bornit (Kupferindig) , als dunkelblauer Ueberzug über Kupferkies, aus Japan. Vierter Bericht über die Dr. J. M. Ziegler'sche Kartensammlung. Im abgelaufenen Berichtsjahre ist die Katalogisirung — die in erspriesslicher Weise aus lokalen Gründen nur während der Sommermonte kann vorgenommen wer- den — so weit gediehen, dass bis jetzt etwas mehr als die Hälfte der ganzen Sammlung geordnet und verzeichnet ist. Was das bei der Ordnung und Unterbringung in den Schränken angewandte System anbetrifft, so hat, vornehmlich wegen der Beschränkung des Raumes, die Kommission darauf verzichten müssen, jedes einzelne Kartenwerk in besonderem Umschlage einzureihen. Doch ist sie immerhin darauf bedacht gewesen, jeweilen nur Gleichartiges zu vereinigen: die grossen Kartenwerke blieben natürlich jedes für sich; von den kleinern aber sind z. B. alle Karten des Kantons Neuenburg in einem Umschlage vereinigt worden. Durch diese Anordnung wurde die Ueb ersichtlichkeit der Eintheilung nicht ge- schädigt und ist wenigstens für einige Jahre noch Raum zur Yermehrung offen gelassen worden. - 506 - Folgende Geschenke flössen der Sammlung im Be- richtsjalire zu, von Herrn Dr. J. M. Ziegler: a) Favre: Carte géologique de la partie Sud- Ouest de la Crimée. 1 : 250,000. b) Rene vi er: Carte géologique de la partie Sud des Alpes Yaudoises. 1 : 50,000. c) Ab ich: Geologische Karte des östlichen Endes des thrialetischen Gebirgssystems. 1 : 42,000. d) Ab ich: Geologische Karte des russisch- armenischen Hochlandes. e) Steinhauser: 6 Blatt zur mathematischen Geographie. f) Bulletin de la Société de Géographie de Paris. 1878—80. g) Eine Anzahl kleinerer Karten. Herrn Th. Vischer-VonderMuMl: Japanesische Karte Japans. Herrn Ingenieur J. Christen: Christen: Karte der südöstlichen Umgebung Basels. 1 : 10,000. 2 Blatt. Herrn Arn. Müller- Kelterborn: Atlas Suisse par Weiss et Meyer. 1802. Herrn Dr. 6r. Bischoff: 2 grosse Bände, ältere Karten enthaltend, sowie eine Anzahl kleinerer oder älterer Karten von den Herren Dr. C. F. Zimmermann, L. Jenke, Benno Schwabe und Dr. L. Sieber. Für alle diese Schenkungen sprechen wir hiemit den verehrlichen Herren Gebern den verbindlichsten Dank aus. — 5Ü7 — Angeschafft wurden im verflossenen Jahre: 1. Mich. Chrysoclioos : Carte de l'Epire méridionale et de la Thessalie. 1881. 8 Blatt. 2. Neue topogr. Karte des Grossherzogthums Baden. 1 : 25,000. Lief. 11—13, je 6 Blatt. 3. Carte de France dressée d'après les travaux des officiers du corps d'Etat-Major. 262 Blatt. 1 : 80,000. 4. Registrande. Bd. 12. 5. Atlas des atlantischen Océans (von Herrn Dr. J. M. Ziegler bezahlt). Die Sammlung wurde von einigen Liebhabern der Kartographie recht fleissig benützt. In den Kahmen auf der Lesegesellschaft kamen von 20 verschiedenen Kar- tenwerken 50 Blätter zur Ausstellung, wodurch das In- teresse an der Kartographie sicherlich nur gefördert worden ist. Die Kommission hofft, im Laufe des kommenden Berichtsjahres den verehrlichen Subskribenten wie schon in früheren Jahren wieder einmal einen Theil der in der Sammlung vorhandenen Schätze, sei es in einer Aus- stellung, sei es bei anderer Gelegenheit vorführen zu kön- nen, um ihnen so einerseits einen kleinen Entgelt zu bieten für ihre Leistungen, andererseits aber ein geisti- ges Band zwischen den Subskribenten und der Samm- lung selbst herzustellen, das gewiss für beide Theile nur von Nutzen sein kann. — 508 — Ziegler'sclie Karteiisammlung. Rechnung vom 1. November 1881 bis zum 31. October 1882. Einnahmen: Saldo voriger Rechnung Fr. 933. 60 Jahresbeiträge (79) für 1881 „ 756. — Zins der Hypothekenbank per 1881 . . „ 43. 90 Von J. M. Z. für den Atlas des atlanti- schen Océans » 26. 70 Fr. 1760. 20 Ausgaben. I. Anschaffungen geographischer Werke: 1. Epirus (Beleg 1.) . Fr. 30. — 2. Grossh. Baden (B. 5. 9. 11.) „ 57. 16 3. Frankreich (B. 4.) . „ 268. 50 4. Registrande, Bd. 12 (B. 7.) ..... , 16. 16 5. Atlas des atlanti- schen Océans (B. 6.) „ 26. 70 Fr. 398. 52 II. Buchbinder und Diversa (B. 2. 3. 8. 10. 12.) ^ 41. 50 Fr. 440. 02 Saldo auf neue Rechnung ... „ 1320. 18 Fr. 1760. 20 Mit vollkommenster Hochachtung zeichnen Namens der Kommission zur J. M. Ziegler'schen Sammlung Der Vorsteher: Prof. Fr. Burckhardt. Der Schreiber: Dr. Riid. Kotz. Fünfter Bericht über die Dr. J. M. Ziegler'sche Kartensammlung. Der im Berichtsjahre erfolgte Tod des Gründers unserer Sammlung, des Herrn Dr. J. M. Ziegler, hat eine grosse Lücke gerissen in der Reihe der Mitglieder ; denn abgesehen davon, dass Herr Ziegler selber noch die Sammlung durch einen beträchtlichen Jahresbeitrag mehren half, hat er ihr, wie die früheren Berichte auf- weisen, jährlich eine grössere Anzahl neuerer Karten geschenkt und auf diese Weise die Sammlung, welche an neueren Kartenwerken nicht besonders reich ist, mög- lichst auf dem Laufenden gehalten. Ausserdem hat er noch den Ertrag seines letzten Werkes, „ein geogra- phischer Text zur geologischen Karte der Erde", welches in Deutschland günstige Aufnahme ge- funden, der Kartensammlung gewidmet. Endlich hat er auch letztwillig seine Büchersammlung grösstentheils der öffentlichen Bibliothek bestimmt und ist dieser demge- mäss das ansehnliche Geschenk von 454 Bänden, meist Werken geographischen Inhaltes, nebst 17 Karten zuge- -- 510 — fallen. Diese Werke sind nun in unmittelbarer Nähe der Kartensammlung aufgestellt und dürften den Grund- stock einer zukünftigen geographischen Abtheilung der Bibliothek bilden. Der Kartensammlung selbst fielen aus dem Ziegler'schen Nachlasse anheim 24 verschiedene Karten, hauptsächlich Herrn Zieglers eigene Publika- tionen, und 4 Querprofile der Engadiner Seen, welche aus Anlass der Bearbeitung seiner ausgezeichneten En- gadiner Karte aufgenommen worden sind. Aus diesen Yergabungen tritt deutlich zu Tage, wie sehr dem edlen Manne das Gedeihen der Samm- lung am Herzen lag. Um so empfindlicher wird für diese der durch seinen Tod entstandene Yerlust sein, und es ist daher dringend erwünscht und nothwendig, dass Jeder, der sich für Kartographie und Geographie überhaupt interessirt, den Verein auch fernerhin nach Kräften unterstütze. Anschaffungen wurden in diesem Jahre wenige ge- macht, weil sich einestheils nicht eine besondere Gele- genheit bot und weil anderntheils die Kommission glaubte, zunächst einen kleinen Fonds äuffnen zu sollen, um bei etwaiger Abnahme der Beiträge eine Reserve zu haben. Wir verweisen hierüber auf die nachfolgende Rechnung. Kartographische Werke gehören mit zum Theuersten, was Wissenschaftlich publizirt wird, und es ist daher für unsere Kasse sparsames Yorgehen dringend nothwendig. An Geschenken giengen ein: 1) Aus dem Nachlasse des Herrn Prof. P. Merian sei: Karte des südlichen Schwarzwaldes von Merian; Situationsplan der Gegend von Baden-Baden; 7 Blätter der topographischen Karte von Schwa- ben von Michaelis. — 511 — 2) Von Herrn Major Emil Bischoff: 62 ältere Karten der Schweiz. 3) Yon Herrn Prof. Hagenbach- Bischoff: Atlas novus terrarum orbis imperia demon- strans, opera Joannis Baptistse Homanni. 1735. Für diese Schenkungen sprechen wir hiemit den verehrlichen Herren Gebern den verbindlichsten Dank aus. Ziecrler'sche Kartensammlung. Bechmmg vom 1. November 1882 bis mm 37. October 1883. Einnahmen. Saldo voriger Rechnung Fr. 1320. 18 74 Jahresbeiträge für 1882 „ 721. — Zins der Hypothekenbank „ 52. — Fr. 2093. 18 Ausgaben. I. Anschaffungen geographischer Werke: 1) Grossherzogthum Ba- den. Lief. 14, 15, 16 . Fr. 52. 66 2) Registrande, Bd. 13 . „ 16. 12 3) Yerhandl. des Geogra- phentages, I. n. . . „ 9. 35 Fr. 78. 13 n. Druckkosten und Diversa „ 40. 50 Fr. 118. 63 Saldo auf neue Rechnung . . „ 1974. 55 Fr. 2093. 18 — 512 — Mit vollkommener Hochachtung zeichnen Namens der Kommission zur J. M. Ziegler'schen Sammlung Der Vorsteher : Prof. Fr. Burckhardt. Der Schreiber: Dr. Bnd. Hotz. Berichtignng : p. 265 im Kopf der vierten Colonne lies: Abweichung der mo- natlichen Regenmenge vom 18jährigen Mittel anstatt vom 17jährigen Mittel. Verhandlu-iigeii der Naturforscheiiden Gesellschaft BASEL. Siebenter Theil. Drittes (Schlus8-)Heft. Mit 6 Tafeln, Basel. H. G e o r g ' 8 Verlag. Intracellulare Verdauung in der Keimhaut von Wirbelthieren. Von J. Kollmann. Hiezu Tafel VIII. Der Nachweis der weitesten Yerbreitung intracellu- larer Yerdauung ist ein Erfolg, dessen sich die mikros- kopirende Biologie rühmen darf. Mit der fortschreiten- den Beobachtung der Protozoen und der niederen Meta- zoen, wie Spongien, Cœlenteraten und Turbellarien vertieft sich die Kenntniss des Vorganges. Mit der Er- fahrung, dass eine nahrhafte Substanz als sichtbare Masse in das Innere einer Zelle eindringe, und in ihr verdaut werde, war der Weg gebahnt, und noch mehr damit, dass es festgestellt Avurde, wie amœboide Bewegung es ist, welche den Prozess der Aufnahme vollführt. So unendlich wechselvoll derselbe aber auch im Reich der Wirbellosen und der Wirbelthiere sein mag, die weiteren Schicksale der aufgenommenen Nah- rung sind nicht von geringerer Bedeutung. Knüpfen sich hieran vorzugsweise physiologische Probleme, so sind es allgemein biologische, die sich unmittelbar an- schliessen. 33 — 514 — Bei einer Untersiiclmngsreihe über den Randwulst der Reptilien und Yögel drängte sich mir wiederholt die Beobachtung auf, dass alle Schichten der Keimhaut, mit Ausnahme des eigentlichen Mesoblast ^) , in den frühesten Entwicklungsstadien Dotter best a ndtheile incorporiren und verdauen. Die intracellulare Yerdauung spielt also selbst bei hochentwickelten Yer- tebraten schon bei dem ersten Aufbau des Organismus eine bedeutende Rolle, nicht blos bei dem reifen We- sen. Und zwar verdauen die Entoblastzellen, die Ektoblastz eilen und endlich jene, welche ich in den Keimhäuten der Wirbelthiere als P o r e u t e n -) be- zeichne. Am schärfsten ist die Erscheinung an den En- toblasten zu beobachten, und zwar um Yieles besser gerade an der Keimhaut, als an ihren Nachkommen, den entodermalen Zellen des erwachsenen Organismus. Dort nehmen sie nämlich Dotterkugeln auf, die an sich schon leicht zu erkennen sind, aber unter der Anw^endung der Reagentien sich sehr auffallend färben. Hat man also an diesen Entoblastzellen ein günstiges Objekt, das die Incorporirung schon sehr deutlich darlegt, so sind gerade sie noch besonders dadurch w^erthvoll, dass die allmählige Yerdauung Schritt für Schritt zu con- trolliren ist. Was ich hier über diese Yorgänge mitzu- theilen gedenke, sind übrigens nur die auffallendsten Erscheinungen, die mit einfachen Hilfsmitteln uns ent- gegen treten. Ich zweifle nicht, dass gerade den Ento- blasten noch mehr Geheimnisse zu entlocken sein wer- den mit Hilfe jener Methoden, welche jüngst z. B. Ogata (Nr. 17) mit so viel Erfolg angewendet hat. 1) Unter Mesoblast verstehe ich lediglich die axiale Anlage der Keimhaut. Das sog. Mesoderm ist kein einheitliches embryo- nales Organ. ^ Von noQSvojuai, ich gehe fort, reise. — 515 — Ich werde zunächst die Vorgänge schiklern bei den Sntoblaslzellen, der Eidechse, an der ich auf diese Erscheinung auf- merksam wurde. Es handelt sich hier um Keimhäute eines vorge- schrittenen Stadiums; der Embryo, die axiale Anlage, zeigt die Allantois und 4—6 Urwirbel, dagegen ist die Blutcirculation noch nicht im Gange. Auf der Keimhaut selbst unterscheide ich um diese Zeit folgende Bezirke: 1. Die axiale Anlage (Embryo). 2. Das helle Embryonalfeld. 3. Die Area vasculosa, in der eben die leicht gelb- lichen Blutzellenhaufen auftauchen. 4. Die Area vitellina alba. 5. Die Area vitellina flava. Die letzten vier Abtheilungen sind Ringe von ver- schiedenem Aussehen, welche wie bei dem Vogel con- centrisch die axiale Anlage umkreisen. Von diesen fünf Gebieten eignet sich nur dasjenige der Area vasculosa und der Area vitellina alba für die Betrachtung der intracellularen Verdauungsvorgänge. Denn in dem Bereich der axialen Anlage und des Em- bryonalfeldes sind die Entoblastzellen auffallend niedrig, in demjenigen der Area vitellina flava fehlen sie noch vollständig, der ganze Prozess ist dort wenigstens noch unklar. Alle Mittheilungen beziehen sich also nur auf verdauende Zellen aus dem eben erwähnten für die Betrachtung vorzugsweise günstigen Gebiet, und auf Keimhäute, welche der bekannten Erhärtung in Pikrin- Schwefelsäure unterworfen worden waren, der die all- — 516 — mählige Erhärtung in Alkohol folgte, die Einbettung in Celloid nach der Angabe Schief fer deckers (î^r. 24), die Herstellung der Schnitte mit dem Mikrotom und die Aufbewahrung in Glycerin. Die Zellen besitzen sehr verschiedene Grösse (Fig. 1 u. 2); es ist eine wechselvolle Reihe schon in dieser einen Hinsicht. Da ist eine Grruppe lang, cylin- drisch, andere sind mehr kuglich oder kurz oval, und noch andere sind nur an dem dotterwärts gerichteten Ende unversehrt, während das gegen die Keimhaut ge- richtete geöffnet ist. Man geht wohl kaum fehl, diese Schwankungen in der Grösse als abhängig von einem verschiedenen Grad der Füllung sich zu denken. Die einen haben viel autgenommen, sind sehr stark gefüllt, die anderen haben einen Theil der Inhaltsmasse bereits an die Lacunen zwischen den Keimblättern abgegeben. Mit unseren Yorstellungen über die Form der Epithelien wäre es wenigstens schwer vereinbar, eine solche Va- riation in der Form ohne irgend einen nachweisbaren Grund anzunehmen. Der Inhalt hat bei allen Zellen das Ansehen des Protoplasma, ist in einigen Fällen bei Fig. 2, Nr. 1, etwas dichter an dem unteren, dem Dotter ende, angehäuft. Ueberdiess durchziehen Stränge desselben den Zellkörper; auch sie sind unten zahl- reicher, namentlich gilt dies bei der Gruppe Fig. 2, Kr. 1, um sich weiter oben allmählig zu verlieren. In dem Protoplasma des Zellkörpers finden sich Kugeln mit fettähnlichem Glanz, welche incor- porirt sind (Fig. 1, Nr. 1 u. Fig. 2). Dieselben Elemente kommen auch in dem flüssigen Dotter in grosser Zahl vor. Sie sind von verschiedenem Umfang, doch über- schreiten sie im Ganzen den Diameter von Yno — V^^o mm. niemals in den mir zugänglichen Stadien; ob in späteren nicht auch Kugeln von V^o — V'^o mm. aufge- — 517 — nommen werden können, wie dies bei dem Hühnchen der Fall ist, müssen weitere Untersuchungen lehren. Der Kern der Entoblastzellen hat in der Regel ovale Form, ist hell und nimmt, wie dies immer der Fall, bei der Imbibition den Farbstoff kräftiger auf als das Zellprotoplasma. Sein Inhalt besitzt entweder ein scharf hervortretendes Kernkörperchen, oder eine grös- sere Menge concentrisch liegender Massen, wahrschein- lich Reste von Kernfäden; doch habe ich dem Yerhalten des Kerns nach dieser Richtung hin nur vorübergehende Aufmerksamkeit geschenkt. Wichtiger erscheint mir seine wechselnde Lage. Sie ist bald an dem obe- ren Zellenende, bei der Gruppe Fig. 2, Nr. 1, oder tief in dem unteren Ende, wie bei Fig. 2, Nr. 3. Höchst auffallend sind Zellen, welche nach oben ge- öffnet erscheinen (Fig. 2, Nr. 3). Ich habe sie anfangs für Kunstprodukte gehalten, allein ihr häufiges Vorkom- men und eine Schnittrichtung, welche den Gedanken an eine solche Messerwirkung ausschliesst, lassen mich ver- muthen, dass hier ein physiologischer Zustand der Zelle vorliege. Ist dies der Fall, dann bestände die Stoffabgabe der Entoblastzellen nicht in einer einfachen Diffusion, sondern in einer direkten Wanderung der Mass-e. Wie die Aufnahme nicht ausschliesslich auf dem physikali- schen Yorgang der Osmose beruhte, so wäre das auch mit der Stoffabgabe der Fall. Werden von den Ento- blastzellen Dotterkugeln vollkommen mechanisch auf- genommen, so ist es wohl denkbar, dass die Entleerung der verdauten Substanz ähnlich stattfinde. Es hat durch- aus nichts überraschendes, dass uns Zellen wie durch eine Membran abgeschlossen erscheinen, es vielleicht auch in der Wirklichkeit sind, aber während bestimmter physiologischer Zustände sich in dieser Hinsicht geradezu - 518 — entgegengesetzt verhalten. Man muss überdies wohl be- achten, dass jede dieser Entoblastzellen in dreifacher Weise thätig ist: 1. sie nimmt auf und verdaut; 2. sie gibt die verdauten Stoffe in veränderter Form ab ; 3. sie vermehrt sich. Hier interessiren uns nur die beiden ersten Funk- tionen, welche in eine und dieselbe Zellenindividualität verlegt sind. Während der Mikro- Organismus die ver- dauende Rolle spielt, erscheint er uns, namentlich unter der Anwendung der Reagentien, allseitig geschlossen. Allein während der zweiten Funktion fehlt an demjeni- gen Ende, durch das der Zellenleib die Stoffe entlässt, die Begrenzvmg, weil eben dort die Masse in der Wan- derung begriffen. Ich hätte jeder Deutung dieser Art entsagt, hätte ich nicht auch dotterwärts ähnlich geöff- nete Zellen gefunden. So drängte sich aber der Yer- gleich der Entoblastzellen mit einer einzelligen Drüse auf. Er liegt um so näher, als auch hier nicht nur wir- bellose Thiere und zwar reife Organismen mit heran- gezogen werden können, sondern selbst entodermale Zellen und sogar solche von Säugethieren, ja selbst von dem Menschen. Ich denke hier einmal an die Epi- thelzellen des Darmrohres überhaupt, dann aber an die secernirenden Zellen der Fundus- mid Pylorusdrüsen des Magens. Mein Hinweis soll sich hier lediglich auf eine der neuesten Arbeiten über diesen Gegenstand, auf die Mit- theilungen von Ph. St Öhr (Nr. 27 u. 28) beschränken, in welcher die betreffenden Arbeiten über Darmepithe- lien von Arnstein, Eimer, Edinger, Heidenhain (Ni\ 2), Nus s bäum, Koller u. A. vollständig aufge- führt sind. Wenn die Belegzellen des Menschen, des — 519 — Hundes, der Katze und des Kaninchens an der Begren- zung des Drüsenlumens in der von Stöhr beschriebenen Form theilnehmen, wie ich dies auch selbst an Präpa- raten dieser Art feststellen konnte, so heisst das nichts anderes, als dass die Zelle ihren Inhalt in das D r ü s e n 1 u m e n direkt entleert. Das Verhalten der von mir dargestellten Entoblastzelle aus der Keimhaut des Reptils und dasjenige der entodermalen Zelle aus dem Magen des Säugers wären sich, während der Dauer der nämlichen Funktion, was die Massenwan- derung durch das offene Zellenende betrifft, vollkom- men gleich. Diese zweite Funktion der Entoblastzelle schien mir auch in dieser etwas fremdartigen Form, wie sie an der Keimhaut des Reptils entgegentritt, wichtig genug, um ihr noch eine besondere Abbildung zu widmen; denn ich bemerkte wiederholt nicht nur geöffnete Zellen, welche eine unverkennbare Beziehung zu den Poreuten Fig. 1 — 5 m hatten, sondern ich konnte sogar Zellen auf- finden, aus denen der Inhalt gerade herauszuquellen im Begriffe war. Ich habe eine solche in Fig. 5 abgebildet und zwar sehr vergrössert, damit die Yerhältnisse um so leichter erkennbar sein sollten. Die ausgeflossene Protoplasmamasse theilte sich in zwei Ströme, von denen jeder mit dem Ausläufer eines Poreuten in Verbindung stand (Fig. 5, m). Die Austrittsstelle erscheint wie durch eine Explosion zerrissen. Wie weit dies richtig, entzieht sich einer genaueren Beurtheilung. Mir machten die dunkeln Schatten diesen Eindruck bei der Oelimmersion und der seitlichen Beleuchtung mit künstlichem Licht. Ob das sich genau so verhält ist im Ganzen gleichgiltig. Der Schwerpunkt der Erscheinung liegt in der Massenwanderung des Zelleninhaltes, in dessen Tiefe sich ein grosser Kern befand. — 520 — Die Vorgänge der intracellularen Yerdauimg an den Entoblastzellen der Keimhaut des Hühn- chens scheinen manigfaltiger , was die Incorpori- rung der Dotterkugeln betrifft. Es liegt dies vielleicht jedoch nur daran, dass mir ein grösserer Reichthum verschiedener Entwicklungsstufen zur Yerfügung stand, und dass verschiedene Methoden der Erhärtung ^) und der Färbung -) in Anwendung gekommen waren. Alle Präparate sind dem Bereich der Area vascu- losa entnommen und zwar Keimhäuten mit 7 — 20 ür- wirbeln, also kurze Zeit vor und nach dem Schluss des Herzens. Die Figuren sind weit über jene Grösse ge- zeichnet, welche Tauchlinsen entwerfen; die Gebilde sind ja bekannt genug, es handelt sich hier also haupt- sächlich um die deutliche Darstellung und die Inter- pretation namentlich der Einzelnheiten. So schien es mir gestattet, gerade die Details mit jener Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen, welche durch die Complica- tion des Zellinhaltes geboten ist. Zunächst seien zwei wesentliche Unterschiede der Bilder erwähnt, welche wohl von der verschiedenen Be- handlung abhängig zu machen sind, nämlich die Ento- blastzellen in Fig. 1 , im Yergleich mit denen in den Fig. 3 und 4. Die ersteren sind reicher an Protoplasma, der Zell- inhalt ist characteristischer in Fäden und Streifen oder Haufen angeordnet, während in den zuletzt erwähnten Figuren die Zelle mit Ausnahme dunklerer Massen wie leer erscheint. Der Gegensatz ist so bedeutend, dass in dem einen Fall die ganze Zelle mit geringen Ausnah- men den Eindruck eines zwar durchsichtigen aber doch 1) Salpetersäure von 5 : 100 und Pikrin-Schwefelsäure. 2) Boraxkarniin und Hämatoxylin. — 521 — soliden Körpers macht, während die andern theihveise wie glashelle Ballons aussehen, in welchen Inhaltsmassen schweben. Das hängt offenbar dort mit der Salpeter- säure und hier mit der Pikrinschwefelsäure zusammen, von denen die eine ungemein rasch und energisch wirkt und das Eiweiss coagulirt, während dies bei der anderen nicht in gleichem Grade der Fall ist. Das Mehr oder Weniger der im Weingeist und Wasser unlöslichen Nie- derschläge entscheidet hier das Aussehen der Zellen, und nur aus der Combination der mittels der beiden Behandlungsmethoden gewonnenen Kesultate wird sich das physiologische Yerhalten annähernd bestimmen lassen. Im Allgemeinen sei bemerkt, dass bei dem Hühn- chen die Individualität der einzelnen verdauenden Ento- blasten viel wechselvoller in die Erscheinung tritt (Fig. 3 und 4), als bei der Eidechse (Fig. 1). Da sind Zellen ausgedehnt ad maximum, und gefüllt nicht allein mit Dotter-Elementen und Protoplasma und protoplasmati- schem Netz, sondern auch leere Räume, Yacuolen, zei- gen an, dass dort vorher offenbar in Alcohol oder in den Säuren lösliche Substanzen sich befanden. In einem schneidenden Gegensatz hierzu sind Ento- blasten, welche klein, wie zusammengepresst zwischen den ausgedehnten sitzen, und weder Dotterkugeln ent- halten, noch sonst irgend etwas bemerkenswerthes, wenn man nicht den Kern als etwas solches hervorheben sollte. Allein selbst diese Zellen sind nicht einmal alle in einem gleichen physiologischen Zustand. In Fig. 1, Nr. 4, liegen zwei neben einander, von denen die eine mit vielkörnigem Protoplasma versehen, unter dem Ein- fiuss des Karmins sich intensiv roth färbte, während die andere kaum Spuren körnigen Zellinhaltes aufwies und desshalb nahezu blass geblieben war. Wie in der Grösse, so herrscht auch in der Form — 522 — beträchtlicher Wechsel. Ein einheitliches Prinzip ist kaum erkennbar, sondern je nach Raum und augen- blicklicher physiologischer EoUe sind sie lang oder kurz, cylindrisch oder spindelförmig, dünn oder dick. Auf den ersten Blick und bei schwacher (--^) Yergrösserung glaubt freilich das Auge überall Regelmässigkeit zu finden, allein genauere Prüfung ergiebt, dass das gerade Gegentheil herrscht : nämlich ein bedeutender Grad von Unregelmässigkeit. Ich finde hierfür eine Erklärung nur in der complicirten Funktion jeder dieser Zellen, die ich schon weiter oben bezeichnet habe als: Yerdau- ung. Sécrétion und Yermehrung. Bei dem Hühn- chen habe ich, soweit meine Umschau reicht, freilich nur die Yorgänge der Incorporirung von Elementen be- obachtet, und auch hier selbstverständlich nur die ab- geschlossenen Prozesse an der todten Zelle. Auf welche Weise Sécrétion und Yermehrung stattfinden, kann ich nicht angeben, obwohl die letztere zweifellos sehr ener- gisch vor sich geht. Mit der Ausdehnung der Area vas- culosa breitet sich ja bei dem Hühnchen der verdauende Entoblast allmählig über die ganze Dotterkugel aus. Die Oberfläche vermehrt sich also unablässig, besonders noch dadurch, dass die Gefässe dotterwärts halbkuglig über die Ebene der Area vasculosa vorspringen. Den- noch habe ich in dem von mir untersuchten Bereich keine Zellenvermehrung gesehen, und konnte mich auch nicht überzeugen, dass um diese Zeit zwischen den Gefässen die Schichte des Entoblast sich verdoppelt habe, wie angegeben worden ist. Dies mag vielleicht später eintreten ; bisweilen konnte ich wohl bei schwa- chen Yergrösserungen Stellen finden, welche den An- schein einer zweifachen Schichte von verdauenden Zel- len hatten. Allein die Entscheidung ist sehr schwer, und es wollte mir immer scheinen, als handle es sich — 523 — hier um die obere Hälfte einer langgestreckten Zelle, deren Protoplasma in irgend einem Ende aufgehäuft, den Eindruck von zweien hervorrufen kann (Fig. 3, be- sonders die beiden vorletzten Zellen). Doch will ich kein entscheidendes Urtheil über diesen Gegenstand ab- geben, bevor mir nicht eine breitere Erfahrung zu Ge- bote steht, sondern nur den obigen Bedenken Ausdruck geben mit dem Himveis, dass das verdauende Entoderm, soweit im Augenblick meine Erinnerung reicht, in dem Darm der erwachsenen Thiere auch nur in einfacher Schichte vorkommt. Ist der Wechsel der Grösse und der Form schon sehr bedeutend, so ist dies nicht in geringerem Grade mit den Bestandtheilen des Inhaltes der Fall. Das Protoplasma z. B., um mit der vornehmsten Substanz zu beginnen, ist entweder in dem Grund der Zelle angehäuft (Fig. 3), oder an dem oberen Ende, oder es umgiebt den Kern und strahlt von ihm in verschie- den gerichteten Zügon aus, Yacuolen begrenzend, wie in Fig. 1, Nr. 2 und 5 ; Fig. 3, Nr. 1. Man wird wohl kaum irre gehen mit der Annahme, dass hier durch das Keagens die sich bewegende und verdauende Proto- plasmamasse erstarrt vor uns liegt. So deute ich denn die in einem Korbgerüst von Protoplasma liegende Dot- terkugel in Fig. 1, Nr. 7 ; Fig. 2, Nr. 3 oder Fig. 3, Nr. 1 in ähnlichem Sinne. Sie liegt eingeschlossen in dem verdauenden Zellenkörper, der helle Raum in ihrer nächsten Umgebung ist wahrscheinlich ein Kunstpro- dukt, durch Wasserentziehung hervorgerufen, und der in gleicher Entfernung retrahirte Zellinhalt lag wohl während des Lebens der Zelle dicht um die Dotter- kugel. Der Kern befindet sich bei den Entoblastzellen des Reptils an verschiedenen Stellen der Zelle und da- — 524 — bei bald umgeben von Protoplasma, bald ohne ein sol- ches. In Fig. 1, Nr. 1 sitzt er oben rechts in der Ecke, ebenso Is'r. 7 links oben, in Fig. 4, Nr. 2 an der ge- bauchten Wand links, in derselben Figur bei Nr. 4 war gar keiner zu finden, und in der Fig. 3 bin ich bei den meisten Zellen über die Anwesenheit des Kerns in Zweifel geblieben. Es bleibt völlig unaufgeklärt, ob darin ein physiologisches Yerhalten vorliegt, oder nur ein Fehler in der Wirkung des Reagens. Was nun die incorporirten Dotter kugeln betriift, welche den Farbstoff sehr reichlich aufnehmen, so müsste, streng genommen, zunächst der Beweis ge- führt werden, dass dies keine Kerne seien, sondern in der That die von den Entoblasten gefressenen Dotter- elemente. Allein nach den in der Literatur bereits vor- liegenden Zeugnissen, auf die ich später zurückkommen werde, herrscht darüber nirgends ein Zweifel. Die ausserordentliche Imprägnirbarkeit der Dotter- kugeln darf ich als bekannt voraussetzen, und will nur bemerken, dass mit saurem Eosin sich die Grundmasse intensiv roth färbt, die fettähnlich glänzenden Kugeln mit darauffolgender Hamätoxylinfärbung dagegen blau werden. Die beträchtliche Yerschiedenheit der Form und Grösse ist gleichfalls bekannt, und wurde überdies in der Fig. 4 zum Ausdruck gebracht, bei der ich einen Haufen solcher Dotterkugeln unterhalb der Entoblast- zellen anbrachte. Wichtiger ist es wohl einen Blick auf die allmäh- lige Aufsaugung, d. h. die Yerdauung zu werfen. Es zeigt sich, dass dieselbe bei dem Hühnchen in einer Yerflüssigung von dem Rande her zu bestehen scheint. Die Dotterkugeln zerfallen nicht, sie lösen sich nicht in Fragmente auf, sondern sie werden zusehends kleiner, bis sie endlich nur mehr als kleine Körner sichtbar sind: — 525 — Fig. 2, Nr. 2 und wie in Fig. 4, Nr. 4, die ebenfalls schwinden. Die Aufnahmsfälligkeit der Zellen ist hin- sichtlich der verschluckten Masse eine erstaunlich grosse. In Fig. 4 ist bei Nr. 2 eine Zelle abgebildet, welche (wohl gleichzeitig) die beiden grossen Dotterelemente aufgenommen hatte. Contractionen des Protoplasma drückten dann die beiden Dottergebilde wahrscheinlich so aneinander, dass das eine in eine schalenförmige Yer- tiefung des anderen hineingepresst wurde. Die durch die Reagentien hervorgerufene Schrumpfung lässt die halbkuglige Schale deutlich zum Yorschein kommen. Erklärt man die in den Entoblastzellen sichtbaren Dotterkugeln durch Incorporirung eingeführt, so erwächst daraus die Verpflichtung, den Yorgang des Incorporirens nachzuweisen. Es gehört dazu der Nachweis der Bewe- gung des Zellprotoplasma in seinen einzelnen Phasen, wodurch die Dotterkugel umschlossen wird. Dieser di- rekte Nachweis ist zur Zeit unmöglich. Es lassen sich nur so viele Zeichen an der Zelle selbst und dann andere verwandte Yorgänge an anderen Zellen dafür anführen, dass dadurch die Yermuthung auf das geringste Maass zurückgeführt wird. Die Zeichen an den Entoblastzellen selbst, welche dafür sprechen, dass das Protoplasma die Dotterelemente umgreife und in das Innere hineinziehe, bestehen in Anhangsgebilden, welche das untere Zellenende bei scharfem Zusehen erkennen lässt. Wie bei der Eidechse, so erschienen mir auch bei dem Hühnchen die Zellen anfangs nach unten abgerundet, und durch eine Mem- bran begrenzt. Allein dies ist nicht immer der Fall. Man findet sehr oft bei starken Yergrösserungen die Contour unterbrochen, oder eigenartige Fortsetz- ungen des Inhaltes, welche die früher scheinbar be- — 526 — stimmte Grenze übersclireiten und gegen den Dotter gerichtet sind. In Fig. 4, îs^r. 1, 3 und 4 sind solche Formen abgebildet. Die letztere ist sogar unten offen, und ich habe später, nachdem die Zeichnungen bereits an das lithographische Institut abgesendet waren, noch schlagendere Beispiele von Offenstehen wahrgenommen. Ich deute diese Anhänge der Zellen als Protoplasma- massen, die sich ausstrecken und verkürzen können und sich ungefähr ebenso verhalten, wie der Leib einer Amœbe, die eine Navicelle incorporirt, um sie zu ver- dauen. Entoblasten der Reptilien haben ähnliche An- hänge, doch sind sie, wenigstens an den mir vorliegen- den Präparaten, nur bei künstlicher Beleuchtung wahr- nehmbar. iS"amentlich ist schiefe Beleuchtung zu em- pfehlen. Dann kommen Zellenränder zum Yorschein, wie sie bei Fig. 5, Nr. 4 abgebildet sind. Die begren- zende Schichte stellt nämlich ein Yliess von feinen Fä- den dar, das sehr mannigfache Gestalt annehmen kann. So deuten alle Erscheinungen auf ein lebendiges und bewegungsfähiges Zellprotoplasma hin. Höchst interes- sant war mir das Aussehen der Zelle Nr. 3 in Fig. 1. Sie ist sanduhrförmig, blass, und an ihrem unteren Ende haftet eine helle Dotterkugel, wahrscheinlich festgehal- ten durch das Protoplasma, das um die Kugel herum- zugreifen im Begriffe steht. So würde nach meiner Yor- stellung der Akt des Incorporirens zu beginnen haben. Die Berechtigung zu solcher Deutung gewähren nur die vorhandenen Beobachtungen an den wirbellosen Thieren. Ich werde mir deshalb erlauben, einige Phä- nomene dieser Art hier anzuführen. In dem Entoderm von Hydra wurden Zellen von amoeboidem Charakter gefunden, mit festen Nahrungs- partikeln in ihrem Innern (Lieberkühn, Nr. 13 und J. Parker, Nr. 18). An einer neu entdeckten Süss- — 527 — Wassermeduse bemerkte Ray-Lank ester (Nr. 22) die Verdauung der Zellen : pseudopodienartige Fortsätze umschlossen die Nahrungspartikelclien , welche iu ver- schiedenem Grade des Zerfalls beobachtet werden konn- ten. DuPlessis ist (Nr. 19, S. 121) der Entdecker der amœboiden Bewegungen der Darmzellen bei einer Turbellarie (Plagiostoma Lemanni). Sie senden Fortsätze aus und kriechen losgelöst wie ein Proteus über den Objektträger hin. Alle diese Bewegungen zie- len, wie V. Graff richtig vermuthete, auf die direkte Incorporirung von Nahrungsobjekten ab. Metschnikoff (Nr. 14) theilte übereinstimmende Beobachtungen mit. Jüngst ist nun v. Graff (Nr. 46), und später in dem Turbellarienwerk (Nr. 6, S. 95) ein- gehend auf diese Thatsache zurückgekommen. Wenn man ein Mesostomum etwa eine Stunde nach dem Ver- schlucken seiner Beute (Nais proboscidea) unter- sucht, so findet sich in dem nunmehr sehr verengten Darmlumen nur noch die Outicula, während die sämmt- lichen Weichtheile im Innern der Darmzellen liegen. Wie Rhizopoden mittels ihrer Pseudopodien die zu ihrer Ernährung dienenden Gegenstände umschliessen und aussaugen, so werden auch diese Magenzellen mittels ihrer Pseudopodien alle in den Magen gelangenden Ge- genstände umfliessen, verdauen und die gewonnenen Nährstoffe assimiliren. Selbst mit Flimmerhaaren besetzte Darmzellen von Stenostom a leucops besitzen die Fähigkeit der Nahrungsaufnahme in derselben eben be- schriebenen Weise (Grab er, Nr. 3, S. 278). Für unsere Zwecke ist dabei noch werthvöll, dass nicht alle Darmzellen zugleich thätig sind, sondern neben verdauenden auch kleinere nicht verdauende getroffen werden. Denn dasselbe ist gerade auch bei den Ento- blastzellen der Reptilien und Vögel der Fall. Da sind — 528 — einige Zellen sehr gross, und sie können unstreitig zu der Ansicht verleiten, es seien die Dotterballen in die- selben eingewandert (Fig. 3, Nr. 1; Fig. 4, Nr. 1 — 3). Allein die ungezwungene Erklärung liegt doch in der activen Thätigkeit der Zellen, in der durch Plasmabewegung bedingten Aufnahme von Dotterkugeln, die verdaut werden. Die kleineren Zellen befinden sich dagegen in dem Ruhezustande (Fig. 1, bei Nr. 4). Die Entoblastzellen des Embryo verhalten sich also wie die Darmepithelien der Turbellarien, der Polycladen und wie die der gesammten Zoophyten (Spongien) und äch- ten Ccelenteraten. Es ist ferner zu erwägen, dass Se- crète von irgend welchen Drüsen wieder dort, noch bei den Keimhäuten irgend welche Rolle spielen. So liegt die begründete Yermuthung nahe, dass während der ersten Perioden der Entwicklung sofort die ursprüng- liche Fähigkeit dieser Zellen in Kraft tritt, die schon bei den wirbellosen Urahnen die Incorporirung und die darauffolgende Verdauung der Nahrung leitete. Man braucht übrigens gar nicht so weit zurückzu- greifen. Bei Wirbelthieren ist dasselbe ja längst beob- achtet, und Wiedersheim (Nr. 31) kommt in der Fest- schrift für die Naturforscherversammlung in Freiburg ausführlich, und namentlich auch für die Wirbelthiere, auf diese Erscheinung zurück. Der Darmtractus der phyletisch ältesten Wirbelthiere, also derjenige des Am- phioxus, der Cyclostomen und wahrscheinlich auch der- jenige der Dipnoer entbehrt der Pepsindrüsen im Sinne der anmieten Wirbelthiere vollkommen. Es werden also die Zellen direkt selbst sich an der Verdauung bethei- ligen. Thannhofer (Nr. 29) und Wiedersheim beobachteten beide amoeboide Bewegungen der Darm- epithelien, und zwar dieser bei dem Höhlenmolch, jener — 529 — am Frosch^). Das Protoplasma war am freien Rand ein- zelner Zellen in activer amœboider Bewegung begriffen. So zeigen also auch die bewirbelten ïhiere noch das- selbe Phänomen, das die wirbellosen Urahnen auszeich- net. Die entoblastische Zelle incorporirt aller- wärts, und es ist nur eine selbstverständliche Consequenz, dass sie sofort nach ihrer Entstehung damit beginne. Der Versuch, die Entoblastzellen als Yerdauungs- organe, und die in ihnen gefundenen Dotterkugeln als die Objekte der Yerdauung anzusehen, ist nicht neu. Hans Yirchow (Nr. 30) nennt das Dottefsackepithel (i. e. den Entoblast) das Yerdauungs- oder besser Re- sorptionsorgan des Embryo, und vielleicht entsprechen, wie er sich ausdrückt, die verschiedenen Inhaltsmassen in den Zellen verschiedenen Bestandtheilen des Dotters. Kölliker (Ni\ 12) sind diese auffallenden Eigen- schaften der Zellen am zweiten Bebrütungstage eben- falls entgegengetreten. „Im Bereich des Randwulstes entwickeln dieselben rasch mit dem Yorschreiten der Bebrütung dunkle runde Körper in sich, die bald die Zellen ganz erfüllen in der Art, dass jede Zelle einen grossen dunkeln Inhaltskörper und neben demselben noch eine gewisse Zahl kleinerer enthält. Am zweiten und dritten Tag werden diese Inhaltskörper gelblich und sieht der Entoblast dann wie anhängender gelber Dotter aus!" (Nr. 12, S. 176). Die weiteren Erwägungen welche der verdienstvolle Forscher an diesen Befund anknüpft, sind ausserordentlich wichtig. Er ventilirt nämlich die Herkunft dieses seltsamen Inhaltes. „Er könnte aus Elementen des weissen Dotters bestehen, die eingewandert sind. His (Nr. 9 und 10) und Oel- 1) Bezüglich weiterer literarischer Angaben verweise ich auf die citirte Abhandlung von Wiedersheim. 34 — 530 — lâcher haben an dieselbe Möglichkeit gedacht. Dafür spricht die Aehnlichkeit der genannten Inhaltskörper mit den dunkehi Kugeln des weissen Dotters und zwar um so mehr, da sie auch in Osmium sich dunkel färben." Die Yorstellung einer direkten Aufnahme weist K Ol- li k er zwar zurück, aber er kann sich dennoch nicht ganz von der Ansicht losreissen, dass dieselben als Produkte des Stoffwechsels der Entoblastzellen anzuse- hen seien, denen es natürlich in erster Linie zukommt, den in Folge der Bebrütung verflüssigten Nahrungsdot- ter aufzunehmen. Seine Bedenken gegen eine direkte Aufnahme dieser Dottermassen in das Innere der Zellen lassen sich nicht allzu schwer zerstreuen. Wo das ganze Aussehen und die Wirkung der Osmiumsäure so klar sprechen, fällt die Wirkung des Acidum aceticum wenig in's Gewicht. Es ist ganz naturgemäss, dass die in die Zellen incorporirten und bereits umgewandelten und in der Auflösung begriffenen Ballen des Dotters der Essigsäure weniger wiederstehen, als die ausserhalb liegenden dun- keln Kugeln. Janosik hat zwar nicht die Entoblastzellen des hier beschriebenen Stadiums studirt, sondern die frühe- ren Entwicklungsstufen, in welchen an Stelle der Area vasculosa nur die Area opaca vorkommt, die ich als Kandwulst bezeichne. Die unterste Zellenschicht dersel- ben besteht aus Entoblasten. Dieser Randwulst ist für Janosik im Wesentlichen ein Organ, das die Zufuhr von Nahrung für die Keimhaut vermittelt. Den Vor- gang stellt er sich dabei so vor, dass durch Randwulst- zellen die Dotterkugeln aufgenommen, dann in ihnen zersetzt werden, und dass dann die Produkte wenigstens theilweise durch active Bewegung das Protoplasma in das Blastoderma transportirt würden. Er erinnert daran, — 531 — dass Bal four (Nv. 1, S. 483) nach Reiclienbach Entoblastzellen abbildet, welche durch pseudopodienar- tige Ausläufer Dotterkugeln aufnehmen. Die Darstellung des Verhaltens ist bei Reichenbach durch ihre Ein- fachheit überzeugend, weil sie ohne die Absicht gegeben ist, das Prinzip der intracellularen Yerdauung darzulegen. Die Bilder sind überdies so schlagend, dass sie von selbst den Gedanken dem Beobachter aufdrängen, und gleichzeitig übereinstimmend mit demjenigen, was an dem Entoblast der "Wirbelthiere zu sehen ist! Reichen- bach (Nr. 23, S. 153) ist vollkommen klar über die Art, wie die Dotterballen bei dem Flusskrebs in das Innere der Entoblastzellen gelangen. Yon dem dotter- wärts gerichteten Theil der Zellen sieht er mehr oder minder feine Protoplasmafäden ausgehen, die ganz das Aussehen von Pseudopodien haben. Sie dringen zwischen die Dotterballen ein und scheinen dieselben allmählig zu umfliessen. Da sind Dotterkugeln schon ringsum mit einer feinen Protoplasmaschicht umgeben, während an- dere noch nicht vollständig umflossen sind, also noch nicht ganz im Inneren der Zelle liegen, ungefähr ähn- lich, wie die in meiner Fig. 1, Nr. 3 abgebildeten Zelle. Dasselbe gilt also sicher auch für die Yögel und Reptilien. Aus der Literatur Hessen sich viele Angaben beibringen, welche zeigen würden, dass die Yorstellung der Incorporirung, wenn auch nicht mit demselben Wort, doch mit ähnlichen Bezeichnungen (z. B. bei Raub er, Nr. 21, u. A.) zu finden ist. Meine Untersuchungen der Area vasculosa und dann der zurückliegenden Phasen ihrer Entstehung bis zu dem ersten Auftreten des Randwulstes haben mich über- zeugt, dass die entoblastischen Zellen : 1. In ihm zuerst morphologisch und physiologisch vollendet sind, denn dort befindet sich die Umschlag- — 532 — stelle des Ekto- in den Entoblast, der Gastrulaur- mund. 2. Sofort nach ihrer Yoilendung aus den Furchungs- kugeln treten die Entoblastzellen in ihre volle physiolo- gische Funktion. Was dem Entoblast sich nähert, geräth in das Bereich verdauender Zellen. 3. Die mechanische Art der Nahrungsaufnahme be- steht in einer amœboiden Bewegung des Zellenproto- plasmas. Diese Voraussetzung verliert etwas von ihrer Fremdartigkeit, wenn man die Protoplasmafortsätze der Entoblastzellen (Fig. 4 und 5) berücksichtigt, ferner die vielen schon bekannten Thatsachen über Bewegun- gen des Protoplasma an den Entodermzellen wirbelloser und bewirbelter Thiere ^). 1) Die Feststellung dieser Thatsache ist nach mehreren Sei- ten hin Avichtig. Ist meine Auffassung und Deutung zutreffend, funktioniren die Entoblastzellen sofort nach ihrer Entstehung re- sorbirend und gleichzeitig proliferirend , dann ist eine der Haupt- ßchwierigkeiten beseitigt, welche der Deutung der embryonalen Vorgänge innerhalb des Randwulstes (Area opaca) im Wege steht. Mit der Beobachtung von der Incorporirung der Dotterelemente tritt eine neue Thatsache für die Beurtheilung in den Vordergrund. Denn es folgt daraus, dass der für die Furchuug nicht verwendete weisse Dotter , ebenso wie der gelbe verdaut werden, dass also die in ihm vorkommenden Elemente 1) nicht den "Werth von Zel- len haben, und nicht von lebendigem Protoplasma, sondern einfach von Nährmaterial : 2) dass , was immer zur Verdauung bestimmt sei, eine niedrige physiologische Dignität in dem Ei besitzt. Der weisse Dotter, die Keimfortsätze und andere Gebilde sind also an denjenigen Punkten, wo sie entoblastischen Zellen gegen- über liegen, zu einer gänzlich untergeordneten Rolle herabgedrückt. Sie sind iS^ährmaterial , oder wenn ich es etwas stark ausdrücken soll, Futter für die verdauenden Zellen. Sie sind den stärker iudi- vidualisirten Elementen der Keimhaut unterthänig. Man kann für eine weitere Verschärfung des Gegensatzes zwischen dem activen belebenden Keim und dem passiven î^ahrmaterial, welches in dem 533 — £ktoblastzellen. Auch die Zellen des Ektoblast nehmen bei Wirbel- thieren während der ersten Stadien der Entwicklung körperliche Stoffe auf, sie incorporiren Dottermasse. An einem regen Stoffwechsel dieser Zellen zweifelt ja Nie- mand; es wäre jedoch ein Gewinn für unsere physiolo- gischen Yorstellungen , wenn sich der Vorgang an dem Körper der Zelle mit unsern liülfsmitteln nachweisen liesse. Ich glaube nun bezügliche Wahrnehmungen gemacht zu haben, dass Ektoblastzellen sichtbar Dotterelemente aufnehmen, und zwar ebenfalls mit Hülfe amœboider Be- wegung. An denselben Keimhäuten, welche das oben beschriebene Verdauungsphänomen des Entoblast in dem Bereich der Area vasculosa bei Lacerta agilis zeig- ten, finde ich auf den Zellen des Ektoblast: 1. Hervorragungen, welche den Charakter von Pro- taplasma besitzen und nach der Dotterhaut gerichtet sind. 2. Kleine Dotterkörner im Innern der Zellen, und andere, welche dicht an der freien Zellenoberfläche festliegen, so als ob die Zelle im Begriffe wäre, diesel- ben eben zu incorporiren. Im Hinblick auf die Vorgänge an den Entoblast- zellen wird man kaum geneigt sein, solche Zeichen schlechthin in die Reihe der Kunstprodukte zu verwei- sen, und sie unbeachtet bei Seite zu schieben. Denn ein gewisser Grad intracellularer Verdauung, insofern meroblastischen Ei eingeschlossen ist, hier mit gutem Grund Vor- stellungen heranziehen, welche Darwin in die Biologie herein- gebracht und die Roux direkt auf die Zellen übertragen hat in seinem Buche „Der Kampf der Theile im Organismus'^ (ßr. 16). — 534 — ja Stoff\Yeclisel in den Ektoblastzellen stattfinden muss, ist ja nicht direkt von der Hand zu weisen, und überdies liefern wirbellose Tliiere auch hier bedeutungsvolle Be- lege. Bei einigen ächten Cœlenterataten oder Cnidarien ist dieser Vorgang von Metschnikoff beobachtet. Ein anderes Beispiel liefern Tentakelenden der Actinia mesembryanthemum. Sie nehmen gewöhnlich sehr viel Karminkörperchen auf. Die Larven der essbaren Actinie von Pantano enthcält fast beständis^ in ihrem Ektoblast eine Anzahl fremder Stoffe. Je jünger die Larve, desto grösser ist der Einschluss von solchen Stoffen. Diese letztere Angabe Metschnikoff s trifft auch für die Reptilienkeimhaut zu. Bei Embryonen des Flusskrebses nehmen die Zellen des Ektoblast Dotterelemente auf (Reichenbach, Nr. 23). Fressende Eier solcher Thiere, bei denen sich die weiblichen Genitalprodukte notorisch aus dem Ekto- blast bilden, gehören zwar streng genommen nicht mehr dem äusseren Keimblatte an, wenn sie einmal diese auffal- lende Sitte angenommen haben; immerhin ruft es Nach- denken hervor, dass junge amoeboide Eier der Hydro- polypen die ihnen benachbarten Genitalzellen auffressen (bei M e t s c h n i k f f Nr. 16 angeführt nach K o r o t n e f f). Die Beobachtungen an den wirbellosen Thieren sind aber noch in einem anderen Punkte Avichtig, darin näm- lich, dass die embryonalen Zellen des Ektoblast ihre Eigenschaften auch auf alle ihre Abkömmlinge übertra- gen. Auch das Ektoderm des erwachsenen Thieres ver- daut wie bei den Actinien. Sollte etwas ähnliches nicht auch noch in höheren Thierreihen vorkommen ? Ich erinnere mich nicht, dass Thatsachen über Incorporirung bekannt wären, und es ist heute noch nicht zu sagen, wie lange wohl Ektoblastzellen während der Entwick- — 535 — lung des Organismus im Stande sind, diese Grundeigen- schaft des Protoplasma zum Ausdruck zu bringen. Un- terdessen wollte ich mir wenigstens erlauben, auf eine physiologische Funktion der embryonalen Ektoblasten hier hinzuweisen, und damit auch die genealogische Rolle an- zudeuten, weil sie die physiologische zu stützen vermag. Die intracellalare Verdauung der Akroblasten ^) und ihrer Abkömmlinge, der Poreuteu. Unter dem Ausdruck Akroblast^) verstehe ich jenes Zellenlager des Randwulstes, das sich zwi- schen Ekto- und Entoblast befindet. Es ist ein mehr- schichtiger Zellenhaufen, der einen deutlichen Ring an der Keimhautgrenze darstellt. Er ist der Grund der Yer- dickung der Keimhautgrenze, er ist ein Organ für sich, das für sich wächst, sich unabhängig von dem Mesoblast vermehrt und eine Zellenbrut liefert, welche durch die Fähigkeit der Bewegung in hohem Grade ausgezeichnet ist. Dieser Akroblast ist gänzlich unabhängig von dem Mesoblast, wie ich dies an einem anderen Orte zeigen werde; er ist offenbar in der Keimhaut der Wirb elthiere das Homologen desjenigen Gebildes, das 0. und R. Hertwig „Mesenchymkeim" bei den Wirbellosen ge- nannt haben. Die Zellen, aus welchen dieser Keim be- steht, sind die sogenannten Mesenchymzellen, die Keime der Stützsubstanz bei den wirbellosen Thieren. Die Art ihrer Entwicklung, ihrer allmähligen Umwandlung, die Eigenthümlichkeit, dass sie amœboide Bewegung besitzen, und schon früh wandern, ist von diesen Forschern (Nr. 8) beschrieben worden. Die Literatur der Wirbelthierentwicklung enthält ') axQoç^ was zu äusserst ist, am Rande. — 536 — zahlreiche und unumstössliche Belege, dass auch bei den Yerteb raten ein bestimmter Keim für die Stütz- substanz besteht, den His, auf Grund eingehender Un- tersuchungen, in den Eandwulst, also in ein peripheres Gebiet der Keimhaut verlegt. In einer Arbeit, welche sich unter der Presse befindet, habe ich ausgeführt und zwar von der Area vasculosa des Yogel- und Reptilien- eies ausgehend, dass der Embryo (die axiale Anlage His) ohne Blut entsteht, und das Blut ohne Embryo. In den Randwulst eingeschlossen, im Innern der Area opaca, an deren Stelle später die Area vasculosa tritt, befinden sich die Blutkeime, die ich bei den Yertebraten als Akr ob lasten zu bezeichnen vorschlage. Sie haben eine grosse Zahl von Eigenschaften mit den Mesen- chymkeimen der Wirbellosen gemein. Auch ihre Nach- kommen , die ich Poreuten nenne, wandern, wie dies schon längst von His hervorgehoben wurde, auch sie besitzen amoeboide Bewegung, auch aus ihnen gehen verschiedene Zellen hervor, deren wichtigste Aufgabe in der Herstellung der Stützsubstanz besteht. Die Aki'o- blasten, die niemals epitheliale Anordnung während der ersten Perioden der embryonalen Entwicklung verrathen, stehen den Mesoblastzellen gegenüber, welche die axialen Theile des Mittelblattes in dem Embryo aufbauen. Ich trenne also den alten Begriff Mesoderm in zwei, in jenen des Akroblast ^) und in jenen des Mesoblast. Beide sind 1) Es wäre verfrüht, den Mesenchymbegriff , wie ich ihn für die Wirbellosen für vollkommen zutreffend und seine Aufstellung für einen Avichtigen Fortsehritt halte , sofort in die Embryologie der Wirbelthiere überzutragen. Das kann später ohne Schwierig- keit geschehen. Vorerst mag es für beide Wissensgebiete wün- schenswerth sein, dächte ich, getrennte Namen zu gebrauchen, um so mehr, als man im Reich der Wirbelthiere doch wohl auf manche Abänderungen gefasst sein darf. — 537 — in ihrer ganzen Anlage, nach Ort und Zeit verschieden. Der Akroblastkeiin entsteht von beiden zuerst, und zwar in dem Eandwulst bei Vögehi, Reptilien und Selachiern, an der Umschlagstelle der beiden Grenz- blättcr; der Mesoblast dagegen später im Centrum des Embryonalfeldes. Der Primitivstreifen ist das erste Doku- ment seiner Existenz , sei es , dass er aus dem Ekto- oder aus dem Entoblast, oder aus beiden gleichzeitig hervorgehe. Während der Ausdruck Akroblast lediglich topographisch, die Lage eines besonderen Keimhautor- ganes andeutet, und keinerlei biologische oder histolo- gische Yorstellung präjudicirt, sondern nur den Inhalt des Kandwulstes aus besonderen Zellen treffen soll, will ich mit dem Wort „Poreuten" Zellen andeuten, welche als Nachkommen der Akroblasten wandern. Die Be- zeichnung ist also von einer hervorragenden Eigenschaft dieser Gebilde hergenommen. Ein neuer Ausdruck schien mir besser, als einfach das Wort Wanderzellen zu ge- brauchen, das in der Physiologie und der Pathologie eine so grosse Rolle spielt. Obwohl ich der Ansicht bin, dass beide Gebilde zusammengehören, und die des reifen Organismus aus denjenigen der Keimhaut hervor- gehen, wäre es dennoch verfrüht, sofort die Identität zu proklamiren, die erst durch strenge Untersuchung festgestellt sein muss, ehe sie in gesicherten Besitz der Literatur übergehen kann und wird. Die Akroblasten und ihre Abkömmlinge, die ersten Sprösslinge der Akroblasten sollen Poreuten heissen, weil sie sich sofort nach ihrer Geburt auf die Wanderschaft begeben und zwar aus der Tiefe des Randwulstes an die Ober- fläche steigen, sich unter dem Ektoblast ansammeln, und dort eine kurze Zeit hindurch oft in breiter Schichte angetroffen werden, die längst bekannt, schon oft als Gefässplatte oder als Gefässblatt bezeichnet worden ist. — 538 - Aus diesen Poreuten gehen hervor : 1. Das Blut und zwar a) rothe Blutkörperchen, und h) weisse Blutkörperchen. 2. Die Zellen zu dem Aufbau der Kapillaren und daran anschliessend jedenfalls die zellenhaltige Innen- wand der Gefässe. 3. Die grosse Schaar der Wanderzellen, die Poreu- ten während ihres ganzen Lebens bleiben. 4. Die verschiedenen Zellen der Bindesubstanzen, welche sich zeitweise fest niederlassen, um aber entwe- der selbst, oder in ihren Nachkommen dem alten Wan- derleben unterworfen zu sein. In dem Gebiet der Area vasculosa befinden sich an der Keimhaut der Eidechsen wie der Selachier ebenfalls drei Schichten, gerade wie bei dem Hühnchen bestehend aus : a) Ektoblast; h) Entoblast, und dazwischen c) die in der Yermehrung begriffenen Zellen des Akroblast. Kehren wir nunmehr Avieder zu den Zellen des Randwulstes zurück. Die Poreuten bestehen aus einem grossen Kern, mit Kernkörperchen. Körniges Protoplasma macht den Körper der Zelle aus, Fig. 2 m, das sich in Fortsätze auszieht, Avelche von den verschiedensten Punkten aus- gehen können; die einen lang, hängen mit denjenigen anderer zusammen, die anderen unbedeutend, endigen nach kurzem Verlauf. Es sind dies dieselben embryona- len Zellen, welche in dem reifen Organismus als weisse Blutkörperchen, als Wanderzellen, als Bindegewebs-Kör- perchen überall zu finden sind. Ich habe an ihnen nur Eigenschaften gefunden, welche man an den obenge- — 539 — nannten Gebilden aus dem reifen Organismus schon lange kennt, und darf demnach auf weitere Beschreibung verzichten. Während die Poreuten in der Keimhaut der Eidechse verhältnissmässig leicht zu finden sind, hat es mir bei derjenigen des Hühnchens ziemlich viel Mühe gemacht, woran, wie ich glaube, nur die Methode der Färbung die Schuld trägt. Um sie deutlich zu tingiren, muss man mit Boraxkarmin, Hämatoxylin, streng genommen über- färben. Solche Präparate sind für andere embryologische Studien unbrauchbar. Der Meso- und der Entoblast sind zu unklar, dafür aber die Poreuten mit ihren Ausläu- fern um so deutlicher, während sonst nur Kerne von ihnen zu bemerken sind, und kurze spindelförmige Aus- läufer, wie in Fig. 1 m. Auf denjenigen Präparaten von dem Hühnchen, welchen die Abbildungen Fig. 3 und 4 entnommen sind, waren neben den schon merklich gut geformten rothen Blutkörperchen Fig. 3 und 4 6, einige Poreuten m nachzuweisen, die Individualisirung der wan- dernden Zellen, der rothen und der weissen, war also schon im Gange. Bei der Eidechse habe ich nun die Zeichen direk- ter Masse n-Wanderung aus den Entoblasten nach den Poreuten hin gesehen. Auf den einen Fall habe ich schon vorübergehend aufmerksam gemacht, er ist in Fig. 2 bei Nr. 3 abgebildet. Einer der Poreuten sendet Fortsätze gegen eine Entoblastzelle hin. Die feinen Ausläufer hängen, soviel ich beobachten konnte, mit einander zusammen. Die Entscheidung ist selbstverständ- lich in solchen Fällen nicht leicht, wo es sich um einen Yerbindungsstrang von c. Yiooo mm. handelt, der über- dies aus lose aneinander gereihten Körnchen besteht. Ich habe mehrere solcher Fälle gesehen und glaube mich über den wirklichen Zusammenhang nicht zu tau- — 540 — sehen, der mit guten Oelimersionen, mit Condensor und künstliclier Beleuchtung geprüft wurde. Unzweifelhaft existirte ein Zusammenhang dieser Art in dem in Fig. 5 , aus der Keimhaut der L a c e r t a a g. abgebildeten Fall. Die Poreuten nahmen direkt die von der Entoblastzelle gelieferte Masse in sich auf. Daher leitet sich zunächst die Berechtigung ab, von einer Incorporirung und dem damit zusammenhängenden Prozess der Yerdauung bei den Poreuten zu sprechen. Die genealogische Seite dieser Funktion hat jüngst Metschnikoff in vortrefflicher Weise ausgeführt. In der oben citirten Abhandlung (Nr. 16) enthält der Ab- schnitt II eine Üebersicht über intracelluläre Aufnahme und Yerdauung durch „wandernde Mesodermelemente," wie er sie nennt, im Reich der Wirbellosen und der Wirbelthiere. Es wird jetzt in übereinstimmender Weise angenommen, dass diese Wanderzellen bei sämmtlichen Spongien eine bedeutende Rolle bei der Ernährung spielen, es sind fressende amœboide Gebilde (F. E. Schulze, Nr. 26). H ä ekel (Nv. 7) war der Erste, der die Aufnahme von Indigokörnchen in's Innere von Blutkörperchen bei einer Tethys beobachtete. Die lange Reihe von Unter- suchungen, welche „das Fressen" der weissen Blutkör- perchen feststellte, brauche ich nur anzudeuten, um die grosse Summe physiologischer und pathologischer Ent- deckungen mit diesem einen Sehlagwort in's Gedächt- niss zu rufen. Ich will nur noch ein Paar der auffal- lendsten Handlungen (sit venia verbo) der Poreuten anführen. Schneider hat im Jahre 1880 (Ni\ 25) die Beobachtung gemacht, dass bei Hirudineen die Resorp- tion von Geschlechtsprodukten durch amœboide AVan- derzellen vermittelt wird, und Metschnikoff erzählte jüngst von mesodermalen Phagoeyten einiger Wirbel- — 541 — tliiere wirklich überraschende Leistungen (Nr. 15). Bei der Rückbildung des Batrachierschwanzes verschlingen die amœboiden Zellen ganze Stücke von Nervenfasern und Muskelprimitivbündeln! Und was dabei besonders beachtenswerth, und neben der verdauenden Eigenschaft dieser Wanderzellen in's Gewicht fällt, ist das Resultat, dass eine scharfe Grenze zwischen sogenannten fixen oder sternförmigen und wandernden Bindegewebszellen durchaus nicht existirt. Ich erlaube mir die Leser auf die beiden letzten Arbeiten Metschnikoffs hinzuweisen; denn die dort angeführten Erscheinungen sind, wie kaum andere, be- stimmend für die Annahme, dass die weissen Blutkör- perchen sich bei der Auswanderung activ betheiligen. Das aber ist ihre Natur und ihre Grundeigenschaft von Anfang an, ob sie als Poreuten zum ersten Mal auf die Wanderschaft gehen, und aus der Area vasculosa in den Embryo einwandern; ob sie Blutgefässe im nor- malen oder im pathologischen Zustand bilden, oder ob ihre Abkömmlinge die Rolle weisser Blutkörperchen übernehmen, die sie für längere oder kürzere Zeit mit derjenigen fixer Bindegewebszellen vertauschen. Und neben dieser Eigenschaft der Bewegung besitzen sie die Fähigkeit der Aufnahme körperlicher Stoffe und diejenige der Verdauung in nicht geringerem Grade. Diese letzteren Eigenschaften zeichnen aber schon die elementaren Zellen des Randwulstes aus, deren Abkömm- linge sie sind. Ln Hinblick auf diesen doppelten genealogischen Zusammenhang von Stoffaufnahme der Poreuten bei den Wirbelthieren und der Mesenchymzellen bei den Wir- bellosen war es wohl gestattet, meine fragmentarischen Mittheilungen über die Yerdauung und über die direkte — 542 — Massenwanderung von Zelle zu Zelle hier zusammenzu- stellen. Man wird nach all' dem eben Mitgeth eilten wohl begreifen, wenn ich mich sehr sympathisch von der An- sicht Metschnikoffs (Ni\ 16, S. 21) berührt fühle, dass die im ganzen Thierreiche wandernden „Mesoderm- gebilde", die ich als Abkömmlinge des Mesenchymkei- mes und des Akroblasts betrachte , ihre nahrungsauf- nehmende und verdauende Thätigkeit selbst dann dem Organismus angedeihen lassen, wenn es sich um Schutz gegen Bactérien handelt. Nach seinen Beobachtungen wandern nicht die Bactérien in die Mesodermzellen ein, sondern sowohl bewegliche als unbewegliche Bactérien werden von ihnen aufgefressen. Basel, Ende Januar 1884. Literatur. 1) Balfour. Handbuch der vergleichenden Embryologie. Ueber- setzt von B.Vetter. Jena 1880, S. 483. 2) Heidenhain, K. Absonderungsvorgänge , Handbuch der Phy- siologie von L. Hermann, Bd. V, 1. Thl. Leipzig 1883. 3) Graher, V. lieber Amœboidepithelien. Zool. Anzeiger 1879, S. 277. 4) Graff, L. v. Note sur la position systématique du Vortex Lemanni du Plessis. Bull. Soc. vaud., Bd. XIV, S. 243. 5) — Ueber die systematische Stellung des Vortex Lemanni du Plessis. Zeitschr. f. w. Zool., Bd. XXV, Supplement. 6) — - Monographie der Turbellarien. I. Mit einem Atlas. Leip- zig 1882. S. 95 u. ff. 7) Häckeh E. Die Radiolarien. Berlin 1862, pag. 104. 8) 0, u. R. Hertwig. Die Cœlomtheorie. Mit 3 Tafeln. Jena 1881. — 543 — 9) His, W. Der Keimwall des Hühnereies und die Entstehung der parablastischen Zellen. Zeitschr. f. Anat. u. Entwick- lungsgeschichte, Bd. I, 1876, S. 274. 10) — Neue Untersuchungen über die Bildung des Hülinerembryo. Arch. f. Anat. u. Phys. Anat. Abth. 1877, S. 112 und schon in dem Werke „Untersuchungen über die erste Anlage des Wirbelthierleibes". Leipzig 1868. 11) Janôsik, J. Beitrag zur Kenntniss des Keimwulstes bei Vö- geln. Sitzungsb. der Wiener Akad. 1881, Bd. 84, Abth. 3, S. 511. 12) Kölliker, A. Entwicklungsgeschichte des Menschen. 2. Aufl. Leipzig 1879. 13) Lieberkuehn, N. Beiträge zur Anatomie der Spongien. Mül- lers Archiv, 1857. 14) Metschnikoff, El. Ueber die Verdauungsorgane der Süsswasser- turbellarien. Zool. Anzeiger 1878, pag. 387. 14*) — • Ueber die intracellulare Verdauung bei Cœlenteraten. Zool. Anzeiger 1880, S. 262. 15) — Untersuchungen über die mesodermalen Phagocyten einiger Wirbelthiere. Biolog. Centralblatt , III. Bd. 1883, Nr. 18, S. 560. 16) — Untersuchungen über intracellulare Verdauung bei wirbel- losen Thieren. Arbeiten a. d. zool. Inst. d. Univ. Wien, Bd. V, Heft 2. 17) Ogata^ M. Die Veränderungen der Pankreaszellen bei der Sécrétion. Aus dem phys. Institut der Univ. Leipzig. Arch. f. Anat. u. Phys. 1883, Phys. Abth., S. 405. 18) Parker, Jeffery. On the Histology of the Hydra fusca. Pro- ceed. of the royal Soc. 1880, Vol. XXX, S. 4. 19) du Plessis, G. Turbellaires limicoles in Forel, F. A. et Gr. du Plessis, Matériaux pour servir à l'étude de la faune profonde du Lac Léman. 2™^ gérie, Lausanne 1874. Bull. Soc. vaud. se. nat.. Tome XIII. 20) — Seconde note sur le Vortex Lemanni. Bull. Soc. vaud., Tome XIV. 21) Rauber. Stellung des Hühnchens im Entwicklungsplan. Leip- zig 1876. ^ 544 — 22) Bay-Lanhester. On tlie intracellular digestion and Entoderm of Limnocodium. Quart. Journ. of niicr. etc. 1881. 23) Reichenhach^ H. Die Embryonalanlage und erste Entwicklung des Flusskrebses. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XXIX, 1877. 24) ScJiiefferdecker, P. Ueber die Verwendung des Celloidins in der anat. Technik. Sep. Abdr. a. d. Arch. f. Anat. u. Phys. Anatomische Abtheilung, 1882, S. 199. 25) Schneider. Ueber die Auflösung der Eier und Spermatozoen in den Geschlechtsorganen. Zool. Anz. 1880, p. 19. 26) Schulze, F. E. Ueber den Bau und die Entwicklung von Sycandra raphanus. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXY. Suppl. p. 258. 27) Stöhr, Ph. Ueber das Epithel des menschlichen Magens. Aus den Verh. d. phys. med. Ges. zu "VVürzburg, N. F., XY. Bd., 1880. 28) — Zur Kenntniss des feineren Baues der menschlichen Ma- genschleimhaut. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XX, 1882. 29) Thannhofev, L. r. Beiträge zur Fettresorption u. histologische Struktur der Dündarmzotten. Pflügers Arch. f. d. ges. Phys., Bd. Yll. 30) Virchoio, H. Ueber das Epithel des Dottersackes. Diss. Ber- lin 1875. 31) Wieder sheim, K. Ueber die mechanische Aufnahme der Nah- rungsmittel in der Darmschleimhaut. Festschrift der 56. Yers. deutscher Naturforscher und Aerzte. Freiburg i/Br. 1883. 80. S. 49. Erklärung der Tafel VIII. Fig. 1. Intracellulare Yerdauung in der Keimhaut des Hühnchens (6. Stadium von His: Yollendung des Kreislaufes). Salpetersäure von 5 : 100 , dann allmählige Härtung in Alkohol, Alaunkarmin, Celloid, Nelkenöl, Balsam. UkL Ektoblastlage. Eni. Entoblastzelleu in verschiedenen Phasen vor und wäh- rend der Incorporirung der Dotterelemente. — 545 - 1. Grosse Zelle mit mehreren Vacuolen (?) und oben einer grossen Dotterkugel, welche in hellem Protoplasma sitzt. Der Zellkern und das starkkörnige Protoplasma befinden sich rechts in der oberen Zellenecke. 2. Eine Zelle mit länglichen Vacuolen. Von dem Kern geht ein Gerüste von Protoplasmafäden aus. Darüber eine zweite Zelle, deren Deutung zweifelhaft. 3. Entoblast mit daran hängender Dotterkugel. 4. Entoblastzellen ruhend. 5. Vacuolen und Kern mit umgebendem Protoplasmagerüst. 6. Sehr seltsame Zellenform. 7. Entoblastzelle mit Kern und Kernfäden. In einem grossen hellen Raum liegt eine Dotterkugel. h. Blutkörperchen. m. Poreuten. Fig. S. Intracellulare Verdauung an der Keimhaut von Lacer ta a g. Embryo noch ohne Blutkreislauf im Gebiet der Area vasculosa. Pikrinschwefelsäure, Alkohol, Karmin, Celloid, Glycerin, Hartnack, Oelimmersion, Ocul. 3 ausgez. Tubus. Ekt. Ektoblast. Ent. Entoblast. 1. Entoblastzelle mit dunklem Dotterende, hellen, das Licht stark brechenden Dotterelementen. Dazwischen hindurch ziehen sich Protoplasmafäden. 2. Desgleichen, das Protoplasmanetz ist weniger stark ent- wickelt als bei 1 und der neben 1 liegenden Zelle. 3. Entoblastzelle , welche nach oben geöffnet und mit den Poreuten durch feine Protoplasmafäden in Verbindung zu stehen scheint. Ihr Kern liegt in dem Grund der Zelle, Protoplasmafäden begrenzen drei Vacuolen. 4. Entoblastzelle mit zahlreichen Dotterelementen, aber wenig körnigem Protoplasma. 5. Seltsamer Zustand einer Entoblastzelle , nach der Abgabe der verdauten Substanz. (?) m. Akroblasten auf der Stufe der Wanderzellen (Poreuten). Fig. 3. Intracellulare Verdauung, Keim haut des Hühnchens, 6 Stad. v. H i s. Schluss des Herzens. Pikrin-Schwe- felsäure, Alcohol, Hämatoxylin, Canada. Hartnack Nr. 8, Ocul. 3 ausgez. Tubus. 35 — 546 - Entoblastzellen aus dem Bereich der Area vasculosa dicht an dem Embryo. Ekt. Ektoblast. ge. Gefässeudothelien. h. Blutzellen. m. Poreuten, Nachkommen der Akroblasten. 1 — 9. Entoblastzellen auf verschiedenen Stufen ihres physio- logischen Lebens : 1. Mit grosser Dotterkernmasse, welche eine helle und dunkle Portion zeigte, der untere Theil der Zelle zeigte ein Protoplasma- netz ; sonst ein heller Raum zwischen der Dottermasse und der Zellengrenze. Kern nicht sichtbar. 2. Andere Vertheilung des Zellinhaltes. Heller Raum mit Dotterkugel , unten in der Zelle eine Lunula dunkler Substanz, oben helle. Kern nicht sichtbar. 3. Lange schmale Zelle, mit einem Dotterkern in der Mitte. Durch die ganze Zelle ein protoplasmatisches Flechtwerk. 4. Kleine Zelle. 5. Gepresster Zellkörper mit zwei kleinen Dotterkugeln von hellem Hof umgeben. 6. Gänzlich fremdartig. 7. unbestimmt ob zwei Entoblastzellen oder eine. Kern gleichfalls unbestimmbar. 8. Die Dotterkugel am oberen (!) Zellende. 9. Die Entoblastzelle hell, nur Spuren von Protoplasmafäden, unten eine Lunula. Die zwei Dotterkugeln in verschiedenen Höhen des Zellenraumes. Fig. 4. Entoblastzellen, Keimhaut des Hühn- chens. Vor Schluss des Herzens. Hartnack, Obj. Nr. VHI, Ocul. 3 ausgez. Tubus. Pikrinschwefelsäure, Hämatoxylin, Canada. Dazu Dotterkugeln bei derselben Vergrösserung gezeichnet , jedoch von einem anderen Ei. h. Blutzellen. d. Dotterkugeln verschiedener Grösse. (Salpetersäure 5 : 100, Alcohol, Karmin und Hämatoxylin. — Doppelfärbung, Canada.) ge. Gefässeudothelien. m. Poreuten auf der Wanderung. 1 — 4. Entoblastzellen. \. 3 und 4. Entoblastzellen mit Protoplasma- Anhang. - 547 — 1. 2. 3. Ueberall der Kern nachweisbar, aber an verschie- denen Stellen mit und ohne Protoplasmamantel. 2. Zelle mit zwei Dotterkugeln, eine davon eine Kugel, die andere schalenförmig vertieft. 3. Maulbeerform der Dotterkugel. 4. Zelle unten offen. Fig. 5. Eine Entoblastzelle von der Keim haut der Eidechse mit Anzeichen einer direkten Massenwanderung. m. Poreuten. 1. 2. 3. 4. Verschiedene Abschnitte eines und desselben Zel- lenkörpers. 1. Die Massenwanderung des Zellinhaltes. 2. Rissstelle? 3. Den Kern umgebende dichtere Protoplasmamasse. 4. Der früher, bei schwacher Vergrösserung scheinbar glatte Rand, unter der Tauchlinse gesehen. » < ^ * Notiz über die Spektrallinien des Wasserstoffs. Von Dr. J. J. Balmer. Am 12. Februar 1880 legte Herr Helmholtz in der Sitzung der k. Akademie der Wissenschaften zu Berlin eine Mittheilung des Herrn Dr. H. W. Yogel vor, betreffend einige neue, im violetten und ultra- violetten Theil des Spektrums von ihm beobachtete Wasserstofflinien, welche nach Huggins' photographi- schen Spektral-Aufnahmen auch im Spektrum weisser Sterne vorkommen. Folgendes sind im Wesentlichen die Thatsachen der betreffenden Mittheilung des Herrn Dr. Yogel: Nach bisher geltender Anschauimg zeigte das Spek- trum des Wasserstoffs vier Hauptlinien, deren Wellen- länge von An g ström in seinem Werk über das Son- nenspektrum mit grosser Sorgfalt bestimmt worden ist. Diese Wellenlängen betragen, in Zehnmilliontel mm. ausgedrückt, für die Frauenhofer'sche C-Linie im Roth 6562,1, für die F-Linie im Blaugrün 4860,74, für die blaue Linie vor G 4340,i und für die violette h-Linie 4101,2. Bei den im Februar 1879 von Herrn Dr. Yogel publicirten photographischen Aufnahmen wasserstoff- haltiger Geisslerröhren erhielt derselbe jedoch neben diesen bekannten Linien mehrere neue im Yiolett und — 549 — Ultraviolett, die den HaiiptwasserstofFlinien an Intensität und Schärfe nahe kamen, und deren Charakter und Wellenlänge er in den „Monatsberichten" vom 3. Februar und 10. Juli 1879 beschrieb. Dass diese neuen Linien der grossen Mehrzahl nach wirklich Wasserstofflinien seien, schien sich später durch die sorgfältigsten Yer- suche an Geisslerröhren zu bestätigen, welche mit che- misch reinem Wasserstoff gefüllt worden waren. Unter diesen neuen Linien fiel durch ihre ausserordentliche Intensität eine auf, welche mit der Frauenhofer'schen Hl -Linie fast genau zusammenfiel, und deren Wellen- länge früher zu 3968, später genauer und sicherer zu 3969 — — bestimmt wurde. Auch Huggins hatte im Spektrum der weissen Sterne Yega und Sirius das starke Hervortreten der ersten H-Linie Frauenhofers auffallend gefunden, wäh- rend die sie sonst stets begleitende zweite H-Linie ent- weder gänzlich fehlt oder kaum bemerkbar ist. Diese beiden Hi- und Hii-Linien gehören sonst dem Spektrum des Calciums an, und Lockyer glaubte aus der zuletzt erwähnten Thatsache des Yerschwindens der zweiten H-Linie den Schluss ziehen zu müssen, dass sich das Calcium in der hohen Temperatur der weissen Sterne in zwei verschiedene Körper trenne, von denen der eine die erste, der andere die zweite H-Linie erzeuge. Herr Dr. Yogel dagegen deutet die Thatsache so, dass die im Spektrum der weissen Sterne auftretende Linie bei Hi nicht die eigentliche Calciumlinie sei, son- dern eine mit ihr fast genau zusammenfallende fünfte Hauptlinie des Wasserstoffs. Er glaubt zu dieser Ansicht um so mehr berechtigt zu sein, als die Wasserstofflinien in den Spektren gedachter Sterne vorzüglich entwickelt sind und breiter und intensiver erscheinen, als die Was- — 550 — serstofFlinien im Sonnenspektrum. Namentlicli aber ge- winnt seine Ansicht eine noch grössere Stütze durch die Anfangs 1880 erschienene Yeröffentlichung Hu g g ins' über seine Photographieen der Spektren weisser Sterne. In derselben gibt Hu g g in s die Lage und Wellen- länge der von ihm im Yiolett und Ultraviolett erhaltenen Linien an. Zwei derselben, eine blaue und eine violette, entsprechen den bekannten Wasserstoff linien H y vor G und H(^ in h; die vier folgenden aber stimmen so auf- fällig mit den von Herrn Dr. Yogel gefundenen und veröffentlichten Wasserstoff linien üb er ein, dass sie zwei- fellos dem Wasserstoff zugerechnet werden müssen. Die Wellenlängen der vier neuen Wasserstofflinien Dr. Yo- gel's und der entsprechenden Sternlinien Huggins' sind in Zehnmilliontel mm. nach Dr. H. AV. Vogel nach Huggins Hf (bei Hl) 3969 3968 HC 3887 3887,5 Hry 3834 3834 H ^ 3795 3796. Ausser diesen neuen Linien hat Huggins, dessen Quarzprismen ein noch weiter ins Ultraviolett hinein- reichendes Spektrum ermöglichten, als die Glasprismen des Herrn Dr. Yogel, noch sechs weitere Sternlinien angegeben, von denen er die Yermuthung hegt, dass sie alle zusammengehören und wahrscheinlich ein- und demselben Stoffe ihren Ursprung verdanken. Auch Huggins anerkennt in einem Schreiben an Herrn Dr. Yogel des Letztern Schlussfolgerungen und meint, es sei kaum zu zweifeln, dass alle starken Linien im Spek- trum der Yoga dem Wasserstoff angehören. Ausser den Hauptlinien, auf welche sich die vor- stehenden Xachrichten vorzugsweise beziehen, zeigen — 551 — sich im Spektrum des Wasserstoffs der Geisslerröhren noch eine Anzahl feiner und schwacher, auch zuweilen verwaschener, unscharfer Linien, die Herr Dr. Yogel glaubt dem Wasserstoff zuschreiben zu sollen; doch tre- ten dieselben neben jenen Hauptlinien sehr zurück. So weit das Thatsächliche, an das ich gerne einige Bemerkungen knüpfen möchte. Der Wasserstoff, dessen Atomgewicht unter den Atomgewichten aller bis jetzt bekannten Stoffe das weit- aus kleinste ist und denselben als das einfachste che- mische Element charakterisirt, jener Stoff, dessen durch die Brechung zerlegtes Licht im Sonnenspektrum uns sichtbar Kunde giebt von den gewaltigen Bewegungen und Kräften, welche die Oberfläche unseres Central- körpers aufregen, scheint mehr als irgend ein anderer Körper dazu berufen, der Forschung über das Wesen der Materie und über ihre Eigenschaften neue Bahnen zu eröffnen. Und da sind es besonders die numerischen Yerhältnisse der Wellenlängen der vier ersten Wasser- stofflinien, welche die Aufmerksamkeit reizen und fes- seln. Die Yerhältnisse dieser Wellenlängen lassen sich nämlich überraschend genau durch kleine Zahlen aus- drücken. So verhält sich die Wellenlänge der rothen zu derjenigen der violetten Wasserstofflinie wie 8 zu 5; die der rothen zu jener der blaugrünen wie 27 zu 20 und die der blaugrünen zu derjenigen der violetten wie 32 zu 27. Dieser Umstand musste nothwendig an ana- loge Yerhältnisse in der Akustik erinnern, und man glaubte die Schwingungen der einzelnen Spektrallinien eines Stoffes gleichsam als Obertöne eines demselben eigenthümlichen Grundtones auffassen zu dürfen. Doch alle Yersuche, einen solchen Grundton z. B. für den Wasserstoff aufzufinden, haben sich nicht als befriedi- — 552 — gend erwiesen. Man käme mit einer solchen Berechnung auf so grosse Zahlen, dass damit für eine klarere Ein- sicht nichts gewonnen wäre. Beispielsweise erhielte man für die 1'^^, 2'^ und 4^^ Wasserstofflinie schon einen Grund- ton, welcher die 27 fache Länge der 2'^" Linie darstellt. Mit jeder neu hinzuzunehmenden Linie würde sich der gesuchte Grundton mit ganz bedeutend vergrösserter Wellenlänge darstellen. Dennoch lag der Gedanke nahe, es müsste eine einfache Formel geben, mit Hülfe deren die Wellenlängen der vier ausgezeichneten Wasserstoff- linien sich darstellen Hessen. In den Versuchen, welche ich vor einiger Zeit in dieser Richtung machte, als mir von Dr. Y o g e l's und H u g g i n s' neu entdeckten Was- serstofflinien noch nichts bekannt war, wurde ich durch die Aufmunterung des Herrn Prof. E. Hagenbach er- muthigt. Die sehr genauen Messungen Angst röm's der vier Wasserstofflinien ermöglichten es, für deren Wellenlängen einen gemeinschaftlichen Faktor aufzu- suchen, der zu den Wellenlängen in möglichst einfachen Zahlenverhältnissen stund. So gelangte ich denn allmälig zu einer Formel, welche wenigstens für diese vier Li- nien als Ausdruck eines Gesetzes gelten kann, durch welches deren Wellenlängen mit einer überraschenden Genauigkeit dargestellt Averden. Der gemeinschaftliche Faktor für diese Formel ist, Avie er sich aus den Ang- ström 'sehen Bestimmungen ableitet: (mm. \ h = 3645,e— ) Man könnte diese Zahl die Grundzahl des Was- serstoffs nennen; und Avenn es gelingen sollte, auch für andere Elemente die entsprechenden Grundzahlen ihrer Spektrallinien zu finden, so Aväre die Yermuthung ge- stattet, dass zAvischen diesen Grundzahlen und den ent- — 553 — sprechendeu Atomgewichten bestimmte, wieder durch irgend eine Funktion ausdrückbare Beziehungen statt- finden. Die Wellenlängen der vier ersten Wasserstofflinien ergeben sich nun dadurch, dass die Grundzahl h = 3645,6 9 4 25 9 der Reihe nach mit den Coefficienten —; — -; -— und — - multiplicirt wird. Scheinbar bilden diese vier Coeffi- cienten keine gesetzmässige Reihe; sobald man aber den zweiten und den vierten durch 4 erweitert, stellt sich die Gesetzmässigkeit her, und die Coefficienten er- halten zum Zähler die Quadrate der Zahlen 3, 4, 5, 6, und zum Nenner eine je um 4 kleinere Zahl. Es ist mir aus verschiedenen Gründen wahrschein- lich, dass die vier eben genannten Coefficienten zwei Reihen angehören, so dass die zweite Reihe die Glieder der ersten Reihe noch einmal aufnimmt; und so komme ich dazu, die Formel für die Coefficienten allgemeiner so darzustellen: | — ^ -| wobei m und n stets ganze V m- — n^ / Zahlen sind. 4 9 16 25 Für n = 1 erhält man die Reihe —, — -, —, — etc., 3 8 15 24 ^ -,. ^ ., 9 16 25 36 49 64 81 100 tur n = 2 die Reihe — : ^; — : — : — ; — ; — ; etc. 5 ' 12 ' 2r 32 ' 45 ' 60 ' 77 ' 96 In dieser zweiten Reihe ist je das zweite Glied schon in der ersten Reihe, aber hier in gekürzter Form vor- handen. Führt man mit diesen Coefficienten und der Grund- zahl 3645,6 die Berechnung der Wellenlängen aus, so erhält man folgende Zahlen in — — ' für dieselben. — 554 — Es wird nach der Formel An g ström hat Differenz 9 H a (C-Linie) = -—-h = 6562,os 6562,io + 0,02 o 4 H ß (F -Linie) =: -— h = 4860,8 4860,74 — o,o6 o 25 H/(vorG) =r--h = 4340 4340,i +0,1 ZI H(^(li-Linie) = — h = 4101,3 4101,2 —0,1 8 Die Abweichung der Formel von der Angström'sclien Beobachtung beträgt also im ungünstigsten Falle noch nicht 7^0000 der Wellenlänge , eine Abweichung , welche ganz wohl noch innerhalb der Grenzen der möglichen Beobachtungsfehler liegen dürfte und eher ein glänzen- des Zeugniss für die grosse Gewissenhaftigkeit und Sorg- falt ist, mit welcher A ng ström bei seinen Operationen zu Werke gegangen sein muss. Nach der Formel erhielte man für eine fünfte Was- 49 mm serstofflinie -— - • 3645,g = 3969,65 -—-- Yon einer sol- 4o 10^ chen fünften Linie, die noch innerhalb des sichtbaren Theils des Spektrums, ganz nahe vor Hi (welches nach Ang ström die Wellenlänge 3968,i hat) liegen müsste, war mir nichts bekannt; und ich musste entweder an- nehmen, dass die Temperaturverhältnisse zur Entwick- lung dieser Linie nicht günstig genug seien, oder dass dennoch die Formel keine allgemeine Geltung besitze. Auf meine Erkundigung theilte mir Herr Prof. H a- genbach mit, es existirten noch eine grössere Anzahl, namentlich von den Herren Dr. Yogel und Huggins gemessener Wasserstofflinien im violetten und ultravio- letten Theile des Wasserstoffspektrums und des Spek- trums weisser Sterne; er war so freundlich, selbst eine — 555 — Vergleichung der betreffenden Wellenlängebestimmungen mit meiner Formel durchzuführen und mir das Ergeb- niss mitzutheilen. Trotzdem die Formel im Allgemeinen etwas grössere Zahlen ergiebt, als die Yeröffentlichungen Dr. Yogel's und Hu g g ins' sie enthalten, so ist der Unterschied zwischen den berechneten und den beobachteten Wellen- längen so klein, dass die Uebereinstimmung im höchsten Grade überraschen muss. Vergleichungen der Wellen- längebestimmungen verschiedener Forscher zeigen im Allgemeinen keine vollkommen genaue Uebereinstim- mung; doch lassen sich die Beobachtungen des einen auf die des andern durch eine kleine Reduktion in ganz befriedigender Weise zurückführen. Auf nebenstehender Tabelle sind diese Messungen zusammengestellt und die Ergebnisse der Wellenlängen nach der Formel damit verglichen worden. Die Anga- ben von Dr. Yogel und Huggins fallen dabei immer noch etwas kleiner aus, als wenn man die Grundzahl für Wasserstoff auf 3645 — r^ reducirt. 556 Tabelle der Wellenlänge für Frauenhofers Bezeich- nung : H«=-:-h 5 H^=i-h vor G Hdtz^h Beobachter : Van d. Willigen*) . Angström .... Mendenhall Mascart Ditscheiner .... Huggins Vogel 6565,g 6562,10 6561,62 6560,- 6559,5 4863„j4 4860,-^ 4860 4859, 4859, ne 4342, 4340, 4338, 4103, 4101, 4100,0 für die ultravioletten Hlinien weisser Formel : H zi h h = 3645,6 h = 3645 m = 3 6562,08 6561 m ZI 4 4860,8 4860 1283 m rr 6 4101, '3 4100 '625 m — 4340 4339 '•) Wenn man diesen, durchschnittlich um -^ höher stehenden Werthen nur -j- so viel Gewicht beilegt, wie den übrigen Beob- achtungen, so erhält man als genauen Mittelwerth für h: 3645. Aus diesen Vergleichungen ergiebt sich zunächst, dass die Formel auch für die fünfte, nahe vor der ersten Frauenhof er 'sehen H-Linie (welche dem Calcium zu- gehört) liegende Wasserstofflinie zutrifft. Ferner zeigt sich, dass die Yo gel 'sehen "Wasserstoff linien und die ihnen entsprechenden Hu g g ins 'sehen Linien weisser — 557 — die Wasserstofflinîen in 10^ 45 HC=^,. H,=^h H-1" TT —121 1 Mittelwerthe nahe vor H j u 1 t r a V i o 1 e t t Grundzahl h. (H ,=3971,3) h=3647,g2i (H,=z3968,i) h=3645,5„9 h— 3645,232 (H ,=3967,2) h=3644,8,2 (H ,=3966,8) h=3644,46Q Sterne : 3887,5 3834 3796 3767,5 h=3644,528 3969 3887 3834 3795 3769 h=3644,373 m = 7 m = 8 m = 9 m = 10 m = 11 3969,65 3888,6, 3834,98 3797,5 3770,2 3969 3888 3834,33 3796,875 3769,615 Sterne durch die Formel sehr befriedigend dargestellt werden. Man dürfte fast als sicher voraussetzen, dass auch die nachfolgenden Linien weisser Sterne, welche Huggins noch weiter im ultravioletten Theile des Spektrums gefunden hat, mit durch die Formel ausge- drückt werden. Eine Kenntniss der betreffenden Wellen- — 558 — längebestimmungen fehlt mir. Nach der Formel ergeben sich mittelst der Grundzahl 3645,6 folgende Bestimmun- gen für die 9'^ und die folgenden bis zur 15'^" Wasser- stofflinie : 121 TrT _36_ "35~ 169 165" ^9^ ^8" 225 22r 64 ^63~ 289 = 3770,24 = 3749,76 == 3733,98 = 3721,55 == 3711,58 h = 3703,46 h = 3696,76 285 Ob die Wasserstoff Knien der weissen Sterne auch noch so weit der Formel Kecht geben, oder ob all- mälig andere Zahlenverhältnisse an ihre Stelle treten, kann nur durch die Thatsachen selbst entschieden werden. Ich knüpfe an das Gesagte noch einige Fragen und Folgerungen. Sollte die obige Formel blos für das einzige che- mische Element des Wasserstoffs Geltung haben und sich nicht auch in den Spektrallinien anderer einfacher StofPe mit einer diesen Stofien eigenthümlichen Grund- zahl wieder finden? Wenn nicht, so dürfte man viel- leicht annehmen, dass die dem Wasserstoff zukommende Formel ein besonderer Fall einer allgemeinern Formel sei, welche für gewisse Bedingungen eben in die Formel für die Wasserstoff linien übergehe. — 559 — Yon Wasserstofflinien, welche der Formel für n = 3, 4 etc. entsprächen, und welche man als Linien 3% 4*^'" Ordnung u. s. w. bezeichnen könnte, finden sich in den bis jetzt bekannt gewordenen Spektren keine vor; sie müssten sich etwa unter ganz neuen Temperatur- und Druckverhältnissen entwickeln, um wahrnehmbar zu werden. Ist die Formel für n = 2 für sämmtliche Haupt- linien des Wasserstoffspektrums richtig, so ginge aus derselben hervor, dass diese Spektrallinien sich nach der ultravioletten Seite hin der Wellenlänge 3645,6 im- mer mehr und in immer dichterer Folge nähern, aber diese Grenze nicht überschreiten können, während die C- Linie auch zugleich die äusserste mögliche Linie nach der rothen Seite hin darstellt. Nur wenn noch Linien höherer Ordnungen vorkämen, würden sich auch noch weitere Linien nach der infrarothen Seite hin ergeben. Mit dem aus sehr zahlreichen Linien bestehenden „Zweiten Wasserstoffspektrum", welches Herr Dr. Has- selberg in den „Mémoires de l'Académie des sciences de St-Pétersbourg", Jahrgang 1882, veröffentlichte, steht die Formel in keinem irgendwie nachweisbaren Zusam- menhang. Es möchte also der Wasserstoff unter ge- wissen Yerhältnissen des Drucks und der Temperatur sich so verändern, dass das Gesetz der Bildung der Spektrallinien ein vollständig anderes würde. Das Auffinden einer Grundzahl für andere che- mische Elemente, Sauerstoff oder Kohlenstoff etc., ver- mittelst welcher sich aus der Formel deren Hauptspek- trallinien ergäben, ist mit grossen Schwierigkeiten ver- bunden. Nur die allerg enauesten und zuverlässigsten Wellenlängebestimmungen der hervorragendsten Linien eines Stoffes könnten zur Feststellung eines gemein- — 560 — schaftliclien grössten Maasses dieser "Wellenlängen füh- ren und ohne ein solches Maass scheint alle Mühe des Probirens und Suchens umsonst. Yielleicht findet sich in einer andern graphischen Construction der Spektral- tableaus das Mittel, auf dem Wege solcher Untersuchun- gen weiter zu kommen. WitteruiigsUbersîcht des Jahres 1883. Yon Albert Riggenbach. Die nachfolgenden Tabellen sind bis auf eine wie die entsprechenden des Jahres 1882 berechnet ^). Bei den Abweichungen der Monatsmittel und der Jahreszeiten- mittel wurden dagegen zum Theil andere Normalwerthe zu Grunde gelegt. Es wurden nämlich die bisher be- nützten 17jährigen Mittel der Regenmenge und der mittleren Bewölkung durch die 20jährigen Mittel 1864 — 1883 ersetzt und ebenso die 37jährigen Mittel der Zahl der Regentage überhaupt durch die, wenn gleich bloss 20jährige, doch präzisere mittlere Zahl der Tage mit mindestens 0,5 mm. Niederschlag. Diese Normal- werthe sind : 20 jährige Mittel 1864—1883. Niedersclilag-. mm. Bewülkinig. (0 bis 10) Zahl der Tage mit mindestens 0,5 mm. Niederschlag. Januar 37,6 7,0 9 Februar 41,7 7,1 9 März 55,9 6,7 11 April 71,2 6,2 10 Mai 89,3 5,9 11 Juni 109,7 5,8 12 Juli 82,9 5,2 12 August 82,9 5,4 11 September 74,0 5,3 10 October 74,4 6,9 10 November 67,8 7,6 11 December 50,2 7,4 10 Jahr 837,6 6,4 126 i) Vergl. diese Verhandl. Th. YII, p. 257. 36 562 Ö o 1 Juli August . . . September . October . . . November . . ci M. 1^ er 00 00 •-s -s • CO <ï —t CO CD ~:{ o 00 ^ a -a CO rf^ CD 00 (XJ I-' CD >(i- CD f <ï <^ >f^ CD 00 o >^. 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CT o et 1d on o täglicher Nie- derschlag. 1 ^ CO |_a JVO ^D ?o 1—1 ÎO ?o ÎO H * so •^ Oi ^ ;-i CO to ^ p o a -CJ a^ — 565 a C8 H u rm S •uoqeqpja 1 1 1 1 -^ 1 1 1 1 1 1 1 -^ ^ 1 1 1 1 1 1 I 1 1 1 i •- •i^ipiip-io^ 1 1 I 1 1 1 1 M 1 I 1 1 uySoqueSe'a; 1 1 rH 1 -^ 1 05 I rH 1 CO 1 rH •SuT.ipuojf ^^ll^^l^l^l, CO •Suiiueuuog '^ rH Oî CO Oî •^ CO CO r-{ CO lO CO M811U0Q 1 1 1 CO XO iO r-i î> Ci 1 1 ^ 1 1 1 r-i Ttl s> œ Ci 1 1 1 C2 1 1 1 -" 1 1 1 y—i r-i 1 1 CO •J9:^:jma-r) 1 1 1 « - œ î> -* y—t 1 1 C4 -STJl[0TpU9S9)J "^ "^ *^ y-t tO \0 lO 2>^ "cö^ lo" •05[03p80mpg '-' 1 ^ 1 1 1 1 1 1 ! 1 o 1—t § •JÎ9)I Cl 1— 1 I— 1 CO Oî 1 1 1 1 r-i ,—1 T^^ Ttl 00 GO •^SOJ^ î> ce ^ 1 1 1 1 1 1 rH 1-^ CO •StöW^IO - 1 1 1 1 1 M 1 1 1 1 r-i •leqo^ ï> o 03 f-H rH 1 1 ce rH 00 •Ol CO CO •pSt^H 1 1 1 1 - CO - 1 1 1 1 i lO •teseï^ 1 1 1-1 Oî 1 Oî 1 r-^ 1 1—i i Oî Ol ■99uqog ptm ii9S9'}j c« 1 CO 1 rH 1 1 1 1 1 CO CO r-i •e8uqog '^ 1—* CO 1 ^ 1 1 1 1 1 CO o rH Ci OO •ueSö'a; 1— ( 1—i Ol lO î> rH rH CO rH i—t r-i Ci rH 00 rH 3 a^-ÏS9pUIUl o o rH Ol î> CO rH oo I— ( o 00 Ol CO Ol O ?-H .2 'S idn'öq 1— ( 1— < O lO ?> I-H I— ( I— 1 CO I— 1 rH ■<* rH 03 CO r-i O Oî cr> 00 00 Ö es t-5 März .... 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Das Jahr 1883 zeichnete sich in erster Linie durch seine grosse Trockenheit aus. Die Regenmenge betrug bloss 594,5 mm. oder 7io c^^s 20- jährigen Mittels ; sie sinkt somit beträchtlich unter das bisherige tiefste Minimum von 625,2 im Jahre 1875. Die niedrige Jahressumme resultirt hauptsächlich aus der Trockenheit des Frühlings und Sommers ; die Winter- monate waren zwar relativ noch trockener, da aber um diese Jahreszeit die absoluten Mengen stets gering sind, so bleibt eine Unregelmässigkeit in jener Zeit ohne grossen Einfluss auf die Jahressumme. Die Abweich- ungen der einzelnen Monate zeigen einen ziemlich regel- mässigen Verlauf. Nach einem normalen December im Vorjahre sank die Regenmenge in den beiden ersten Monaten des Jahres 1883 auf die Hälfte des normalen Werthes, erreichte im März das Minimum von 7^ àov normalen Menge und stieg dann wieder allmälig an, bis sie im Juli das Normalmittel um 7^ übertraf. Doch gleich im folgenden Monat trat wieder grosse Trocken- heit ein, und auch in den drei letzten Monaten des Jahres blieben die Niederschläge wenig ergiebig. Obschon das Jahr als ganzes bezüglich seiner Trockenheit in der Reihe der letzten 20 Jahre einzig dasteht, so weist es doch nirgends eine Periode von ungewöhnlich intensiver oder lange andauernder Dürre auf. In keinem Monat ist die Regenmenge auf das bis- herige absolute Minimum herabgesunken; der Regen- mangel erstreckte sich vielmehr fast gleichmässig über das ganze Jahr. Die Zahl der Regentage steht selbst in den trockensten Monaten nie um mehr als 3 hin- ter der normalen Zahl zurück, im Juni überstieg sie — 570 — sogar trotz der sehr geringen Regenmenge die Normal- zahl um etwas. Derselbe Thatbestand findet sich auch in den Regendichtigkeiten ausgeprägt ; die Zahlen der einzelnen Monate sind wenig von einander verschieden und bleiben im Sommer beträchtlich hinter den grossen Werthen der frühern Jahre zurück. Reichliche Nieder- schläge traten im ganzen Jahre nur 2 ein : am 1. Mai 26,1 mm., am 27. September 22,5 mm.; in andern Jahren zälilte man 6 bis 8 Tage mit Niederschlägen von 20 bis 50 mm. und mehr. 2. Temperatur. Bezüglich der Temperatur war das Jahr als ganzes normal, aber wie im vorigen Jahre lediglich in Folge einer Compensation ziemlich starker Abweichungen in den einzelnen Jahreszeiten. Zwei milde Winter umrahmen einen kalten Frühling und einen sehr kalten Sommer ; der Herbst war normal. Die Milde des Winters 1882/83 zeigte sich zum Theil in Tagen mit extremer Wärme, mehr aber noch im Fehlen beträchtlicher Kälte. Die Tagesmittel am 1. und 2. Januar (12^,6 und 10^,7) waren höher als in allen frühern Beobachtungsjahren; hätte man diese Tage bei der Berechnung des Januarmittels unberücksichtigt gelassen, so wäre die Abweichung von der Normal- temperatur auf 0^,75, also auf die Hälfte herabgegangen. Mit der Wärme des W^inters steht auch in Zusammen- hang die geringe Zahl und Ausgiebigkeit der Schnee- fälle. Im März erfolgte dann ein empfindlicher Rückschlag der Kälte : 12 Tage dauerte der Frost an, und eine 9 Tage liegen bleibende Schneedecke gab der Landschaft jetzt ein völlig winterliches Aussehen. Durch den Schneefall fanden an manchen Orten in der Nachbar- schaft Störungen im Eisenbahnverkehr statt, so blieb am 12. bei Ölten und am 15. bei Triberg im Schwarz- — 571 — wald ein Bahnziig im Schnee stecken. Diese Kälte des März zusammen mit der geringen Wärme des April und dem kaum warmen Mai ergaben für den Frühling eine mittlere Temperatur, so niedrig, wie sie nur in wenig frühern Jahren angetroffen wird. Kälter war das Frühjahr blos in den Jahren: 1839 (7^,9), 1845 (7^,2), 1850 (80,0), 1851 (80,4), 1852 (8^,2), 1853 (6o,9), 1855 (80,4), 1877 (80,1), 1879 (7o,6). Abnormer noch als der Frühling war der Sommer, wenn auch nicht so überaus kalt wie der des Jahres 1882. Die im Jahre 1827 beginnende Beobachtungs- reihe weist nur 3 noch kühlere Sommer auf, nämlich : 1829 (170,0), 1841 (170,0), 1882 (16o,7), und 4 dem letzt- jährigen gleichkommende, nämlich die Sommer von 1843, 1860, 1864 und 1869 mit Temperaturmitteln von 170,2 — 170,4. Bemerkenswerth ist, dass im Frühjahr wie im Sommer extreme Abweichungen in mehrern benachbarten Jahren sich wiederholen. Die letzten Sommermonate brachten eine Anzahl von Tagen, deren Temperaturmittel niedriger waren, als je in frühern Jahren. Diese sind: Tag. Tagesmittel. 22. April 30,7 10. Mai 40,6 22. Juni 120,3 16. Juli 110,8 19. „ 130,6 25. „ 130,1 16. August 130,1 5. September 110,0 Im Gegensatz hiezu weist ausser den schon er- wähnten zwei ersten Januartagen L blos noch der 17. Oktober mit 170,0 ein höheres Tagesniittel als je früher auf. — 572 — 3. Bewölkung. Ebenfalls extremer als in. jedem der letzten 20 Jalire gestalteten sieh die Bewölkungsver- hältnisse des Jahres 1883. Mit Ausnahme des Februar, des sehr hellen August und des normalen April weisen alle Monate eine zu grosse Bewölkung auf. Die Be- wölkung des normaler "Weise hellsten Juli kam im ver- flossenen Jahre der normalen Decemb erbe wölkung gleich. Hiemit im Einklang steht der grosse Wärmeausfall des Juli (fast 2^), ebenso zeigen die stark bewölkten Monate Juni und September ein merklich zu niedriges Tempe- raturmittel. 4. Luftdruck. Die Abweichungen des Luftdrucks sind im ganzen wenig beträchtlich und schliessen sich eng an die Temperaturabweichungen an, so, dass in den zu warmen Wintermonaten entsprechend dem Vorherr- schen der Anticyclonen der Luftdruck zu hoch, in den kühlen Sommermonaten, dem Vorherrschen der Cyclo- nen entsprechend, zu niedrig ausfiel. Excessive Baro- meterstände kamen keine vor. Das Jahresminimum liegt noch über 720 mm. 5. Von sporadischen Erscheinungen traten besonders Hagel, Kiesel und Gewitter häufig auf. Mehr als 22 Gewittertage wie im Jahre 1883 wurden früher blos in den Jahren 1828 (24), 1831 (27), 1834 (22), 1841 (24), 1880 (24) und 1881 (23) gezählt. Nimmt man die Tage mit Wetterleuchten und Donner hinzu, so ergibt sich, dass das verflossene Jahr von allen seit 1827 die meisten electrischen Entladungen brachte ; es fand freilich auch im Juni und Juli fast jeden andern Tag ein Gewitter statt. Die Zahl der Hagelfälle (5) kommt der grössten früher (1830) notirten gleich ; Tage mit Kiesel wurden nur im Jahre 1881 noch mehr gezählt (12) gegenüber 9 im Jahre 1883. 573 Nach dem vorigen lässt sich der Charakter der Witterung im Jahre 1883 wie folgt kurz bezeichnen : mild im Winter, kalt vom März bis October, ausser- ordentlich geringe aber gleichmässig vertheilte Nieder- schläge, ungewöhnlich grosse Bewölkung, sehr häufige Gewitter, Ilagel- und Rieselfälle. Yon besondern Erscheinungen verdienen einige her- vorgehoben zu werden. 1. Nebel. Am 4. Januar Abends erfüllte ein so dichter Nebel die Stadt, dass bis zur Höhe der Treppe am Kohliberg von der 250 m. entfernten Gaslaterne vor der Kunst- halle keine Spur von Licht zu dringen vermochte ; die Flammen der nähern Laternen waren dagegen in deut- lich abgestufter Helligkeit gut zu erkennen. — Die Hel- ligkeit einer Laterne beträgt 13 Normalkerzen. 2. Glatteis. Durch einen leichten Regen in der Nacht vom 9./ 10. Januar wurde der gefrorene Boden mit einer mindestens 3 mm. dicken Eisschicht überzogen. Dieselbe Erscheinung wurde von den Beobachtern an den basel- landschaftlichen Regenstationen Binningen, Bockten, Buus, Eptingen und Kilchberg zum ïheil schon am Abend des 9., hauptsächlich aber am 10. früh consta- tirt. An den höher gelegenen Orten Bennwil und Lan- genbruck fiel Schnee. 3. Erdbeben. Am 24. Januar nach 5 Uhr Morgens wurde an meh- reren Orten in hiesiger Stadt und der Umgegend ein Erdbeben verspürt. Ueber dasselbe sind uns folgende Mittheilungen gütigst zugesandt worden : Von Herrn Director Salis: Li der Strafanstalt beim St. Johannthor vernahm man Morgens nach 5 Uhr — 574 — Fensterklirren und ein Getöse, ,wie wenn ein schweres Fass gerollt wird. Yon Herrn Prof. Dr. Gnehm, Chemiker: In der St. Johannvorstadt, Rheinschanze 12, wurde um 3 Uhr 30 Min. Ym. ein schwaches Getöse vernommen, das Haus erzitterte, Flaschen klirrten; der Stoss schien in der Richtung von Nord nach Süd erfolgt zu sein. Um 5 Uhr 20 Min. stärkerer Stoss ; Getöse wie fernes Don- nerrollen. Das Haus erzitterte stark. Richtung des Stosses ebenfalls von Nord nach Süd. Von Herrn Dr. G. Bischoff: Im Hause Clara- graben Nr. 50 wurde um 5 Uhr Wj-i Min. ein aus Nord kommender Stoss beobachtet. Nach Mittheilungen von Herrn Rektor Dr. Bref in wurde in Schopf heim von mehreren Personen zwischen 574 und 572 Uhr ein anscheinend aus Süden kommender Erdstoss verspürt. Das Erdbeben wurde auch in Wies im Klein- Wie- senthal, in Maulburg, Lörrach und in Rixheim im Elsass wahrgenommen. ^) 4. Das Hagelwetter vom 8. Mai 1883. Am 8. Mai, bald nach 1 Uhr Mittags, zog ein schweres Hagelwetter über die benachbarten Dörfer des Elsasses und Badens. Yon den Höhen bei Fol- gensburg zog es über Häsingen und Burgfelden in ge- rader Linie nach St. Ludwig hinab, kam hier einen Moment zum Stehen und verfolgte dann in nord - öst- licher Richtung seinen Weg über Neudorf, Haltingen bis Oetlingen. Auf dieser ganzen Strecke wurde ein ca. 800 m. breiter Streifen besonders stark mit Hagel 1) Vgl. A. Förster. Die schweizerischen Erdbeben im Jahr 1883, p. 2. — Bern 1884. — 575 — überschüttet. Bei Burgfelden war dieser Streifen süd- lich durch die Strasse von Folgensburg nach St. Ludwig- scharf begrenzt, seine Mitte lag etwa bei dem Signal, das hinter St. Ludwig am Rande der Terrasse steht, auf welcher das Dorf Burgfelden liegt. Herwärts von die- sem Streifen bis in die westlichen Stadtviertel zeigten sich überall noch starke Hagelwirkungen, die Grenze des Hagelfalls gieng ungefähr durch den Centralbahnhof. Die östlichen Stadttheile vor dem Aeschen- und St. Albanthor blieben vom Hagel unberührt. Am ärgsten hauste das Ungewitter beim Dorfe St. Ludwig. Viele Fensterscheiben wurden zertrümmert, die Strassen waren mit abgeschlagenen Zweigen (deren Durchmesser bis 6 mm. betrug) dicht bestreut, Platanen und Pappeln wurden auf ihrer Südwestseite vollständig kahl geschlagen, während auf der Nordostseite das Laub- werk erhalten blieb. Die benachbarten Kleeäcker und Wiesen sahen wie abgemäht aus. Im Dorfe soll der Hagelfall etwa 8 — 10 Minuten angedauert haben; auf dem oben erwähnten Streifen lag noch um 372 Uhr der Hagel 3 — 4 cm. hoch und bestand meist aus Körnern von reichlich 2 cm. Durchmesser, die 8 — 10 abwech- selnd helle und milchweisse Schichten erkennen Hessen. Abends 7 Uhr sah man den weiss glänzenden Streifen von der Stadt aus noch deutlich; die Temperatur betrug Mittags 1 Uhr 19^,3, Abends 9 Uhr 12^,3. Während des heftigsten Hagels, um 1 Uhr 29 Min., stand gerade der von Mülhausen kommende Bahnzug auf der Station in St. Ludwig. Er büsste in der auf der Gewitterseite offenen Halle die Mehrzahl der Fensterscheiben ein, nach seiner Ankunft in Basel fand man um 2 Uhr 40 Min. auf den Trittbrettern noch eine mehrere Zoll hohe Hagelschicht, darunter Körner von 3 cm. Durchmesser mit Resten aufsitzender Eiskry stalle. — 576 — Die ganze Erscheinung dauerte kaum 7^ Stunden. jN'achdem schon Yormittags II72 Uhr Donner aus Westen gehört worden, überzog sich gegen 1 Uhr der Himmel mit schweren dunkeln Wolken, die festonartig tief her- unter hingen. Der Horizont blieb anfangs bis zu 6^ Höhe noch licht und liess eine höhere hellgraue Cirrus- schicht erkennen. Am Osthimmel erschienen Pallio- cirrus, Cirrostratus und aus Süden ziehende niedrige Windwolken. In der Nähe des Centralbahnhofes, also am Südrande des Hagelgebietes, wurden folgende Auf- zeichnungen gemacht : lli 3 Erster Donner. Schwacher Wind aus NE. Ih 13 Stürmischer W S W. — Cumuli aus SSW durcheinander wirbelnd, rasch aufsteigend. — Gewitterwolken im Zenith. Ih 16 Erste Tropfen, heftiger NW, Cumuli aus SE. 1^ 17 Regen. 1^ 19 Einzelne Hagelkörner von kegelförmiger Gestalt, Spitze milcliAveiss, übriges Eis klar. Ih 21 Mehrmals Donner aus NW. Ih 23 — 25 Ziemlich viel ganz milchweisser Hagel. Körner bis 8 mm. im Durchmesser. 1^^ 25—29 Viel Donner aus NW, Wind SE bis N. l^ 45 — 47 Platzregen, dazwischen wenig Hagel. Ih 50—55 Donner. 2^^ Aufliören des Regens. Im Bernoullianum waren während dieser Zeit 8,1 mm. Regen gefallen. Um 1 Uhr wurde hier sehr star- ker Ost, also gegen das Centrum des Hagelfalles aspi- rirter Wind notirt. 5. Das Hagelwetter vom 21. Juni 1883 gab Anlass zu einer merkwürdigen Beobachtung. Schon von 9 Uhr Yormittags an stiegen am Westhorizonte einzelne Cumuli auf, verfinsterten zuweilen die Sonne und stellten ein Gewitter in Aussicht. Als um IIV2 Uhr wiederum eine solche Wolke — ein Fractocumulus nacli — 577 — Poëy — vor dem auf die Sonne gerichteten 7zölligen Réfracter vorüberzog, sah man deutlich, dass dieselbe aus lauter dunkeln Körnchen bestehe, die mit grosser Geschwindigkeit aus SW bis SSW vor der Sonnen- scheibe vorüberflogen. Mehrere zum Zwecke von Son- nenflecken-Beobachtungen gerade anwesende Personen hielten sofort des Gesehene für in der AVolke schwe- bende Plagelkörner. Der Anblick der Wolke im Fern- rohr lässt sich am besten vergleichen mit dem Eindruck, den man erhält, wenn man von der Treppe eines rasch fahrenden Eisenbahnwagens auf den mit kleinen Stein- chen bedeckten Unterbau hinabsieht ; er war gtänzlich verschieden von den Erscheinungen, die gewöhnliche Cumuli hervorbringen, wenn sie vor der Sonne oder dem Monde vorüberziehen. Um I272 Uhr hatte sich der Himmel ganz überzogen und kurz vor 1 Uhr fielen mehrere heftige Blitze und ausgiebiger mit Riesel ver- mischter Eegen. Das Gewitter dauerte hier kaum eine halbe Stunde, sein Centrum zog im W^esten der Stadt vorüber. 6. Das Gewitter vom 4. August 188 3. Am 4. August bald nach Mittag zog vom Schwarz- wald her ein sehr tief liegendes Gewitter von seltener Heftigkeit über unsere Stadt und richtete, trotzdem es bloss eine Viertelstunde dauerte, beträchtlichen Schaden an. Die Wolken sollen so tief heruntergehangen haben, dass sie die Spitzen der (66 m. hohen) Münsterthürme erreichten. Sie entsandten etwa 10 Blitze, die sämmt- lich mehr oder minder bedeutende Zerstörungen hervor- riefen. Der Donner hatte nichts von seinem gewöhn- lichen majestätischen Rollen, vielmehr war bei jedem Blitzschlag bloss ein kurzer gellender Knall hörbar. Von Blitzwirkungen sind folgende bekannt geworden: 37 — 578 — 1. 12 ^/é ITlir ca. schlug der Blitz in einen Kastanien- baum beim Neubäuserweg in Klein -Basel und tödtete ein unter dem Baume Schutz suchendes Mädchen. Der Körper der Getroffenen zeigte die bekannten verästelten Blitzfiguren. Zwei in unmittelbarer A'ähe des Baumes auf einer hohen Bank sitzende Knaben ^Yurden herunter geworfen und kamen mit dem Schrecken davon. 2. An der Elsässerstrasse, ca. 50 m. vom St. Johann- thor traf der Blitz eine Telephonstange. 3. Ein anderer Strahl schlug in den Polizeiposten beim St. Johannthor, schmolz einige Stücke eines 1 mm. dicken Kupferdrahtes der Telephonleitung, beschädigte die Blitzplatte und hinterliess an der Wand grosse Brandflecken. (?) Während des Vorfalls befand sich Niemand im Zimmer. 4. Am Bahntelegraphen der elsässischen Eisenbahn richtete ein Blitz auf einer Strecke von etwa 900 m. zwischen dem Uebergang der Burgfelderstrasse und dem Kannenfeldgottesacker arge Zerstörungen an. 8 Tele- graphenstangen wurden gänzlich zersplittert, die Isola- toren heruntergeworfeu und zertrümmert, die Drähte hiengen ungeschmolzen herab. An den Blitzplatten der Siemens'schen Läuteglocken wurden die Spitzen abge- schmolzen. 5. Am Müllerweg wurde eine Telephonstange zer- splittert. 6. Etwa um 12*^ lO'" traf der Blitz einen Strauch hinter dem Musikpavillon im Schützenhausgarten, ver- ursachte jedoch keinen Schaden. 7. In dem Bohny'schen Hause an der mittlem Strasse gegenüber dem Bernoullianum fuhr der Blitz in die eiserne AVindfahne auf der Spitze des westlichen Giebels folgte dem kupferneu Blitzableiterdraht aut der — 579 — Aiissenseite der freien Giebelmauer nacîi dem Erdboden himinter. Etwa 3 m. über dem Boden verliess der Blitz den Draht, ihn leicht anschmelzend, und schlug durch die Mauer in's Innere des Hauses auf eine Was- serleitung, den Kalkbewurf der Mauer an mehreren Orten absprengend. Ein zweiter Strahl traf einen ca. 6 m. von der Windfaline entfernten Schornstein dessel- ben Hauses, drang dem Kamin folgend in ein Zimmer des obersten Stockwerks, in welchem sich gerade einige Personen beim Mittagessen befanden, und warf ein me- tallenes Schüsselchen und eine Spirituslampe zu Boden. Ein dritter Strahl folgte dem Rohr der Dachtraufe eines benachbarten Hauses in den Boden. 8. Um 12'^ 25'" traf der Blitz die östliche Slatuen- gruppe auf dem Mittelbau des Centralbahnhofes und sprengte der Hauptfigur den rechten Arm ab. 9. Die Telephonleitung des Hauses Nr. 8 an der St. Jakobsstrasse wurde vom Blitz getroffen und etwa 20 m. vor dem Hause durchgeschmolzen. Weiterer Schaden entstand nicht. 10. Im Centralbureau des Telephons im Postge- bäude fielen in Folge von Gewitterströmen sämmtliche Klappen wiederholt herunter. Mehrere bei den Schlägen Nr. 3. 4. und 9. beschä- digte Gegenstände wurden von Herrn Telephondirector Er ni der Sammlung von Blitzwirkungen dem Bernoul- lianum gütigst überlassen. 7. Weitere Gewitter und Blitzwirkungen. 1. Am 3. Juni Nachmittags richtete in der Umge- gend von Dornach ein Hagelwetter grossen Schaden an Feldfrüchten an und zerstörte etwa 100 Jucharten Beben. Um dieselbe Zeit zog ein schweres Hagelwetter vom badischen Blauen her über Müllheim. Im Bubendörfer — 580 — Bad (Basel-Land) zündete der Blitz eine Scheune an. Bei Brittnau, Yordemwald und Kölliken im Aargau fan- den ebenfalls starke Hagelschläge statt, desgleichen in der innern Schweiz, z. B. bei Chaam im Canton Zug. In Basel schlug der Blitz in einen Baum an der Birsig- strasse und brach denselben 3 m. über dem Boden ent- zwei. 2. Am 8. Juni lO'^ 41'" Yormittags schlug der Blitz in eine Akazie und in eine Kiefer im Garten des Würt- temberger Hofes in Basel. Beide Bäume standen in- mitten einer grossen und dichten Gruppe hoher Roth- tannen. Aus derselben ragte die vom Blitz getroffene Akazie (Robinia Pseud-Acacia) als höchster Baum (22 m. hoch) hervor; die Kiefer dagegen ist bedeutend niedri- ger, als ihre Xachbarn. Dass gerade sie getroffen wurde, erkltärt sich daraus, dass ihr Stamm etwa 6 m. über dem Boden von einem eisernen Band umfasst wird, von wel- chem ein starker Eisendraht zu einer ca. 20 m. hohen schlanken Rothtanne führt. Oberhalb des Eisenbandes war an der Kiefer keinerlei Blitzspur zu bemerken, da- gegen zeigte sich unmittelbar unterhalb des Bandes ein ca. 2 cm. breiter, zum Boden herablaufender, bis auf den Bast entblösster Streifen. Obwohl an der Rothtanne keine Blitzspur sichtbar war, ist es doch wahrscheinlich, dass diese den Blitz aufgefangen und durch den Eisen- draht der Kiefer zugeleitet habe. An der Akazie waren bis über 6 m. vom Boden hinauf tiefe Furchen zu sehen, einzelne Rindenstücke wurden über 10 m. weit wegge- schleudert. Am nämlichen Morgen, 4 Minuten vor dem eben erwähnten Schlag, fuhr ein Blitzstrahl schadlos in den Rhein. Ein anderer Strahl fuhr ungefähr um dieselbe Zeit auf einen Blitzableiter des untern Güterschuppens im badischen Bahnhofe. Im Ganzen wurden zwischen — 581 — lO'^ SS'" und 10"^ 45"^ sechs heftige von kräftigem Donner begleitete Blitze wahrgenommen, welche wohl alle ir- gendwo in die Erde gefahren sind. 3. Am 6. Juli zersplitterte der Blitz eine Telegra- phenstange beim Burgfolder Uebergang der Elsässer- bahn. 4. Am 10. Juli schlug der Blitz in einen Baum im Hofe des Weissen Hauses am Rheinsprung. 8. Höhenrauch. Am 17. Mai 1883 wurde die hier nicht häufige Erscheinung des Moorrauchs wahrgenommen. Etwa um lO"" Yormittags gewahrte man in NNW eine gelbgraue Trübung des Himmels, die rasch Rhein aufwärts ziehend die Stadt mit trocknem Nebel und brenzlichem Geruch erfüllte. Gegen Mittag war die Trübung der Luft so stark, dass man vom Bernoullianum aus das ca. 280 m. entfernte Spalenthor nur wie durch einen Schleier sah. Die in gleicher Richtung 1,9 Km. entfernten Hügel von St. Margarethen und die 6 Km. entfernten Höhen Tül- lingens im NE waren durch den Nebel gänzlich unsicht- bar geworden. Nachmittags 2^ schien das Licht in den Strassen gelblich fahl. Yon 3^^ an nahm der brenzliche Geruch merklich ab und verschwand gegen Abend ganz. Der Nebel zog sich aus der Stadt zurück und lagerte als trübe Schicht am Horizont, den Himmel bis zu etwa 6^ Höhe bedeckend. Als die Sonne kurz vor ihrem Untergang diese Schicht passirte, schien sie blutroth, dann verschwand sie, noch 2^ über dem Horizonte ste- hend, mit scharfen Umrissen hinter einer vom Nebel jedoch nicht zu unterscheidenden Wolkenbank. Vormittags schien der Himmel mit einer feinen, etwas gelblichen Cirrusdecke überzogen, als wollte es Regen geben, Nachmittags waren einzelne Palliocirri — 582 — und Cumiili im NE sichtbar. Den Tag über wehten leichte ^Yinde, Yormittags vielfach zwischen N, E und S wechselnd, Nachmittags Yorwiegend aus W. Einige Personen wollen schon am Abend vorher um 8 Uhr einen leicht brenzlichen Geruch verspürt haben. Auch an mehreren Orten der Umgegend wurde der Moorrauch bemerkt und sofort als solcher gedeutet. In Therwil wurde schon um 8 Uhr Yormittags rauchartiger Nebel bemerkt, in Waidenburg um 10 Uhr. In Buus und andern Orten Basellands scheint er durch ein (über Bennwil, Bockten und Eptingen um 3 7* I-hr Nachmit- tags gleichzeitig ausgebrochenes) schwaches Gewitter verdeckt worden zu sein. In Schopf heim im Wiesen- thal trat der Höhenrauch als dicker grauer, das ganze Thal erfüllender Nebel um 2 Uhr auf und war, nach Mittheilung von Herrn Dr. Brefin, noch um 5 Uhr eine auffallende Erscheinung. 9. D ä m m e r u n g s e r s c h e i n u n g e n. Aussergewöhnlich starkes Morgen- oder Abendroth wurde an folgenden Tagen Avahrgenommen : Morgenroth: 1883, Nov. 30., Dec. 1. 1884, Jan. 1., 18., 19., 20., 21. Abendroth: 1883, Nov. 27., 29., 30., Dec. 1., 24., 25. 1884, Jan. 1., 7., 9., 10., 11., 12., 20., 22., 24. Einer gütigen Mittheilung des Herrn Architect R. Fechter entnehmen wir die folgende Beschreibung der Abendröthen in den letzten Novembertagen. 27. November. 472 bis 5 7^ I>hr Abends starke Rö- thung des Himmels. Unmittelbar über dem westlichen Horizont war ein ziemlich langer Streifen von circa 10^ Höhe reiner Himmel, darüber Wolkenschichten, nach unten scharf abgeschnitten, nach oben lockerer. Nach — 583 — Sonnenuntergang ging in jenem Streifen das Blau lang- sam über in Blaugrün, Meergrün, Grüngelb, Gelbroth. ISTur das Gelbrotli und Roth theilten sich im Yerlauf den Wolken mit. An dieser in scliwächern Farben oft gesehenen Abendbeleuchtung war das intensive Meer- grün auffallend. Es ist diese meergrüne Färbung nicht gar selten, nur in weit geringerer Stärke am südöst- lichen Himmel zu sehen, wenn in grosser Höhe der Südwind (Föhn) über die Alpen nach Norden steigt. 30. November. Starkes Abendroth von 4^ 40"^ bis 5^ 50"^. Die rothe und rothgelbe Färbung des Himmels war am stärksten um den Punkt des Horizontes herum, wo die Sonne untergegangen war. Die Färbung er- streckte sich am Horizont bis über NW, erreichte aber kaum S. Sie stieg bis über das Zenith des Beobachters. E und NE waren nicht beleuchtet. Um 672 Uhr war der Himmel noch bis zu 35 ^^ hinauf geröthet. Der Him- mel war wolkenlos. 1. December. Der Himmel war um 5^ stark mit Wolken bedeckt, ausgenommen gegen S, SE bis E. Die Röthe Avar in den zahlreichen grossen und kleinen Lücken zwischen den Wolken deutlich sichtbar und er- streckte sich diesmal über den ganzen sichtbaren Him- mel. Rechts vom badischen Blauen bis über Lörrach und Stetten (also von N bis NE) war zwischen den Schwarzwaldbergen und einer höher liegenden Wolken- bank eine blutrothe Schicht. Zu beiden Seiten des Isteinerklotzes (in N bis NW), besonders westlich von demselben, waren eine Anzahl grosser Wolkenlücken intensiv leuchtend, wechselnd von dunkel kirschroth bis hellroth. Am stärksten war die Röthe von E bis SE. Gegen 5^4 Uhr wurden die Wolken so dicht, dass die Erscheinung nur noch durch ganz wenige Lücken ge- sehen werden konnte. — 584 — lieber den Yerlauf der Erscheinung Ende December und Anfangs Januar wurde vom Yerfasser folgendes beobachtet: 24. December. Glleich nach Sonnenuntergang färbten sich die Girren am Westhimmel orangeroth. 4 ^ 27 "' Avar der Himmel wieder fahl. 4*^ SS'" begann ziemlich plötz- lich das erste Purpurlicht sich zu zeigen und nahm dann an Helligkeit rasch zu. Die hellste Stelle lag etwa in 13° Höhe. Xach und nach ging die Purpurfarbe in Orange über und sank, sich gleichzeitig längs des Ho- rizontes ausbreitend, unter den Gesichtskreis. Um 5*^0"^ Avar das erste Purpurlicht fast völlig verschwunden, der Himmel hatte ein graues Aussehen. Um dieselbe Zeit bildete sich etwa 20° über dem Horizont das zweite Purpurlicht aus, wuchs laugsam an Intensität, Avar um 5^ 15 "^ sehr hell und reichte noch um 5^ 30"^ bis über 50° Höhe hinauf. Yor dem Erscheinen des zweiten Purpurlichtes war am W- Himmel ein helles Segment sichtbar. 25. December. 4*^ 23"» färben sich die Girren im W orangeroth. Das erste Purpurlicht beginnt um 4'» 30"», das Gentrum der Helle liegt in 13° Höhe, die obere Grenze der purpurnen Färbung in etAva 26 ° Höhe ; diese Schätzung ist jedoch ziemlich unsicher, da eine dunkle Girrusdecke jene Gegend des Himmels zum Theil ver- hüllte. Der rosa gefärbte Theil des Himmels mass in horizontaler Richtung etAva 70°. Unter dem Purpur- lichte sah man ein orangefarbiges Segment, die grösste Helligkeit erreichte dasselbe um 4^ 40 "», seine Höhe betrug um diese Zeit circa 8°. Herabhängende Girrus- streifen erschienen deutlich olivengrün. 4^ 45 "" ist der Himmel im Süd und Nord hellblau. Die Girrusdecke wird immer dichter und schliesst sich bis auf Avenige wolkenfrei bleibende Grade über dem Horizont im W — 585 — fast völlig. Um 4*^ 49"^ ist der Horizont orange bis braunrotli umsäumt, das Purpurlicbt ist gänzlich erlo- schen; 4:^ 52 "\ das westliche Segment glüht orangeroth. Wolkenzug E, unterer Wind W. 4^57'" Wolkenlücken blau. Um 5^ 2"" war es schon zu finster zum Lesen, das Schreiben war kaum mehr möglich ; die herunter- hängenden Cirrusmassen färbten sich bis zu 40^ hinauf blutroth, die AVolken im Zenith sind grau, das westliche Segment ist zu einem Streifen ausgedehnt, seine rothe Farbe erlischt. Um 5^6"^ wird das zweite Purpurlicht durch dünne Stellen der Wolken hindurch bis zu 30*^ hinauf schwach sichtbar; um b^/2 ist der Himmel ganz dunkel, hellt sich aber nachher wieder auf, so dass um 9 ^ die Sterne gesehen werden , um 9 7^ ist er wieder völlig überzogen. 9. Januar 1884. Um 4^ 43"^ Himmel im W meer- grün, höchste Cirri bis zu 20^ Höhe purpurroth, untere grauroth. 4^ 44"^ hochschwebende Cirri blass, tiefer liegende glühend roth. Himmel blau, am W- Horizont schmutzig roth, Mond von kleiner Krone umgeben. 4h 45 m obere Wolken grau. Hie meergrüne Stelle ist jetzt wieder weiss geworden. Am Horizont zieht sich die Kötlie von SE über S und W bis nach N , wo sie sich hinter den Rauchwolken der Schornsteine verliert. 4^ 51'", Cirri heben sich dunkel auf dem hellen Seg- ment im W ab. 4^ 53'", Cirri wieder stärker purpur- roth. 4^ 58'", Purpurlicht westlich vom Untergangs- punkte der Sonne bis zu 20^ Höhe deutlich sichtbar. Sehr hohe Cirren schimmern durcli dunkle tieferliegende mit violettem Lichte durch. 10. Januar. Ueber dem Untergangspunkte der Sonne zeifft sich um 4^ 29'" ein heller weiss leuchtender Kreis von 6*^ Durchmesser. (Ein solcher wurde auch mehr- mals um Mittag beobachtet, dabei lag sein unteres Ende — 586 — etwa 2^ über der Sonne.) Die Osiliälfte des Horizon- tes ist dunkelroth umsäumt. Feine weisse Cirri im Wes- ten. Um 4^ 33"^ färbt sich der helle Kreis meerpjrün, dann um 4*^ 36"^ blaugrün, sein Centrum liegt in 4^ Höhe, die Umgebung des Flecks erscheint grau, der Horizont ist ringsherum roth. 4*^ 40"^ zeigt sich unmittel- bar über dem hellen Fleck (Segment) die erste Spur des ersten Purpurlichtes ; dasselbe ist sehr matt und in horizontaler Richtung ca. 90^ breit. Um 4*^ 41"^ ist die Breite des Segmentes am Horizont auf 10^ angewachsen, seine Helligkeit hat merklich zugenommen, Farbe bläu- lich-grün. Der Horizont ist ringsum braunroth, im W. orange bis zu P Höhe. Das Centrum des hellen Seg- ments ist mittlerweile etwa 2^ weiter nach Westen ge- rückt. Bis 4'' 46"" ist das Purpurlicht kaum heller geworden, das Segment an Grösse und Helle ziemlich gleich geblieben, im N. bis NE. zeigt sich eine pur- purne Röthe am Horizont. Um 4'' öO'" kann das Purpur- licht bis zu 50^ Höhe verf(^lgt werden. Der Nordhim- mel ist wieder farblos. 4'' 52"» hat das helle Segment sich zu einem horizontalen Bande ausgebreitet, das Pur- purlicht ist nun heller, um 4^ 54"^ noch bedeutend stär- ker und um 4*^ 56"^ auf dem Maximum seiner Intensität ; schon 4'' 57"^ merklich schwächer geworden, sinkt es, sich rasch zusammenziehend, an den Horizont. Es reicht um 5h Qm 150^ i^im 5'' 3"^ noch 10^ hinauf, um 5^ ö'" hat es sich zu einem bis zum Südpunkt sich erstreckenden Streifen am Horizonte ausgebreitet, der erst um 5^ 27"^ yöllig erlischt. Um 5^ G'" tauchen die ersten Spuren des zwei- ten Purpurlichtes auf, die Stelle grösster Helle scheint um b^ 22"^ in ca 10*^ Höhe zu liegen ; um 5^ 27"™ erreicht es das Intensitätsmaximum in einer Höhe yon ca. 20^, und sinkt nun, sich in horizontaler- Richtung ausdehnend und dabei abblassend, langsam gegen den Horizont. Die — 587 — letzten Spuren desselben werden um 5^ 57"^ von einein rascli aus E. anrückenden Nebel vollständig ausgelöscht. 11. Januar. 5'^ 2"^. Maximum des ersten Purpurlicli- tes. Um ^^ 20"" ist dieses erloschen, nur der Horizont zeigt noch eine zinnoberrothe Färbung. Das zweite Purpurlicht beginnt bald darauf merklich zu werden, erreicht um 5'' 30"^ das Maximum der Helligkeit und erlöscht um b^ 55'" hinter dunkeln Girren. Während das erste Purpurlicht mehr brennendroth, ziegel- bis carminroth aussah, spielte das zweite durch- weg mehr ins Yiolette. Inmitten des ersten Purpur- lichtes erschien der Planet Yenus grün, im zweiten gelbroth, diese Farbenempfindung wurde um so intensi- ver, je länger man vorher das Auge auf dem Purpur- licht hatte ruhen lassen. Es zeigte sich ferner deutlich, dass die feine Cirrusschicht, welche das zweite Purpur- licht zurück wirft, viel höher liegt, als die Girren, die in fedriger Gestalt erscheinen. Bei allen glänzenden Abendrotherscheinungen des vergangenen Winters war es die ungewöhnliche Hellig- keit und Ausdehnung des zweiten Purpurlichtes, welche die Erscheinung auffällig machte, während das erste nicht viel stärker als in frühern Jahren entwickelt er- schien. -^►— •' Beiträge zu der Rassen - Anatomie der Indianer, Samojeden und Australier. Yon J. Kollmann. Der leichte Yerkehr zwischen den verschiedenen Welttheilen wird in der jüngsten Zeit auch fruchtbar für die Anatomie der Menschenrassen. Tief hinein in das Herz Europas kommen Yertreter von Naturvölkern, und stellen sich dem unbefangenen Beobachter wie dem ]^atur- forscher zur Schau. So konnte man in Basel im Jahre 1882 eine Gruppe von Indianern sehen, und das Jahr vorher eine IS'ubierkarawane. Während also Amerika und Afrika lebende Yertreter der Eingebornen hier aus- gestellt hatten, kamen später auch Samojeden zu uns, und mit ihnen einer ihrer Antipoden, ein Australier. Ich habe die Gelegenheit benützt, über die Indianer, die Samojeden und den Australneger einige Aufzeich- nungen zu machen. Wie in jedem Zweig der Natur- wissenschaften, so setzen sich auch die Ergebnisse der Eassenanatomie aus Einzelbeobachtungen zusammen, die sich mit anderen ergänzen. Yon diesem Gesichtspunkte aus bitte ich die folgenden fragmentarischen Mitthei- lungen zu betrachten. — 589 — I>ie Indianer. Die sechs Männer, welche durch Herrn Hugo Schott nach Europa gebracht wurden i) gehören nach ihrer und des Führers Angabe zu dem Stamme der Chippewas oder Ojibbewàs, aus der Region der grossen Seen und machen den unverkennbaren Eindruck der Rothhäute, wie wir sie aus zahlreichen Abbildungen und Beschreibungen kennen. Ihre Körperhöhe ist beträcht- lich, die Entwicklung der Brust und der Glieder kräftig, die Haltung gerade, der Blick schweift mit einem ge- wissen Stolz über die Beschauer gleichgültig hinweg und sie scheinen vollkommen kalt gegen stummes Anstarren, wie gegen laute Bewunderung. Sie sitzen an der Erde, rauchen oder schnitzen Pfeile, sprechen wohl auch miteinander und beachten kaum, was um sie herum vorgeht. Sie führen dann einen kriegeri- schen Tanz auf, dessen ganzer Yerlauf mit der Darstel- lung des Skalpirens abschliesst. Allein auch dabei schei- nen sie ausschliesslich mit sich selbst und mit dem Tanz beschäftigt, der sie, so oft er auch schon mit denselben Einzelnheiten aufgeführt wurde, doch immer wieder erregt. Da werden die sonst phlegmatischen Naturen lebhaft, die Gesichtszüge bewegt, die Augen glänzend. Mein Bericht wird sich hauptsächlich mit der Be- schreibung der Formen des Schädels und des Gesichtes be- fassen. Für weitere Besonderheiten verweise ich auf die Beobachtungen von R. Yirchow, der ebenfalls einen Bericht über diese Indianergruppe, nebst einer Zahlen- tabelle in den Yerhandlungen der Berliner anthropolo- gischen Gesellschaft, Sitzung vom 16. Dez., Zeitschrift für Ethnologie 1882 (S. 571), veröffentlicht hat. ^) Es waren dieselben, welche bei dem Untergange der Cini- bria in so trauriger Weise den Tod gefunden haben. — 590 — Ueber die Farbe der Augen, der Haare und der Haut habe ich dem schon Bekannten nichts beizufügen. Die Augen sind tiefbraun, die Haare schwarz, dick, strajff, wie in der Mhne des Pferdes. Die Haare des Häuptlings (X*^ 1 der Tabelle) machen jedoch hieven eine Ausnahme. Sie sind weich wie die eines Europäers. Die Haut hat die Farbe des gelben Lehms, aus dem wir unsere Ziegelsteine brennen: ein schmutziges Gelb, das weit entfernt ist von jener rothen „Kupferfarbe", Avelche in den Abbildungen der Indianer als die herr- schende angenommen ist. Es kommen bekanntlich sehr verschiedene Hautfärbungen bei den Indianern vor, ich konstatire also hier ausdrücklich die hellere Beschaffenheit. Die Fremdartigkeit in dem Gesichtsschnitt dieser fünf Männer hat mich zu dem Yersuche veranlasst, den Unterschied zwischen den europäischen Gesichtsformen und den amerikanischen in's Auge zu fassen, und ihn theilweise durch Zahlen zum Ausdruck zu bringen. Der Umstand, dass ich nur sechs Individuen aus einem eng- umgrenzten Gebiet vor mir hatte, legt freilich die aller- äusserste Yorsicht nahe. Ich beschränke mich also von dem Standpunkt der Kassenanatomie aus auf die Beur- theilung der hervorragendsten Merkmale, um darzulegen, worin der körperliche, uralte Unterschied beruhe, der, wie man wohl annehmen darf, seit einer geologischen Epoche besteht. In der letzten Zeit sind nämlich menschliche Reste sogenannte menschliche Fossilien in dem Diluvium Süd- und Xordamerika's gefunden worden. Alle Kenner sprechen sich übereinstimmend dahin aus, dass diese ältesten Einwohner Amerika's schon die osteologi sehen Merkmale des indianischen Gesichtes von heute an sich tragen (N^ 1), Diese Merkmale sind also geologisch alt, und sind sich seit dem D iluvium (iS"^6) gleich geblieben. — 591 — Dasselbe gilt freilich aucli von den Einwolmern Europa's. Wo wir fossile Europäerschädel finden, immer sind sie schon mit europäischen Gesichtszügen vorsehen. Auch auf dem kleinsten aller Kontinente ist schon lange, lange die spezifische Form der Rassen vollkommen entwickelt, und alle in Europa gefunde- nen Schädel sehen schon aus wie die der Europäer von heute. So sind also die Eassen der beiden weit- entlegenen Kontinente schon lange verschieden geformt und ebenso lange sind auch die Rassen getrennt (N^ 2). Dennoch, trotz dieser tiefgreifenden uralten Trennung, ist es unendlich schwer, mit Zahlenbelegen und mit Worten die Charakteristik dieser Rassen von dem ana- tomischen Standpunkte aus sicher anzugeben. Die zähe Ausdauer der osteologischen Merkmale legt freilich die Yoraussetzung nahe, dass auch die Merkmale der Weich- theile sich unverändert erhalten haben, und dass die In- dianer von heute jenen der ältesten Zeit vollkommen gleichen. Ist diese Yoraussetzung richtig, dann dürfen wir in den Indianern die treuen Ebenbilder der vor Jahrtausenden in Amerika eingewanderten Menschen- rassen ansehen. Damit steigert sich aber die Möglich- keit scharfer Unterscheidung; denn die Merkmale der alten Schädel lassen sich durch die Yergleichung mit den Köpfen der lebenden Indianer vervollständigen Doch ich kehre zu der Betrachtung der Indianer zurück. Diese Zwischenbemerkung sollte nur die Thesis recht- fertigen, dass der körperliche Unterschied der Europäer und der Indianer uralt sei und bis in das Diluvium hinauf reiche. An dem Gesicht von fünf Indianern fällt ganz be- sonders die Breite im Bereich der Wangen- beine und der Jochbogen auf. Der ganze Kau- apparat erscheint dadurch mächtig entwickelt, viel um- — 592 - fangreicher als dies in der Regel bei Europäern der Fall ist. Diese eigenartige Breitenentwicklung verleiht dem Gresicht das Fremdartige. Es kommt ferner dazu, dass die Stirn dadurch verhältnissmässig yerschmälert erscheint, obwohl sie an sich breit genannt werden muss. Bei Europäern mit breitem Gesicht ist dieses Yer- halten nicht so auffallend, während hier unter sechs Indianern fünf diese Eigenthümlichkeit in ausgespro- chenem Grade erkennen lassen. Ich stelle hier die Stirnbreite und die Jochbogen- distanz nebeneinander. Indianer 1. 2. 3. 4. 5. 6. Stirnbreite 104 109 119 120 111 107 Jochbogendistanz 140 139 158 157 153 146 Die Unterschiede betragen zwischen 3 und 4 Centi- meter. Was das Auge also beobachtet, entspricht einer wohl messbaren Grösse. Dazu kommt, dass die hohe Nase der hier be- sprochenen Indianer nicht im Stande ist, das Gesicht in die Reihe der leptoprosopen Kategorie hinaufzuheben. Gesichtshöhe X 100 Die Gesichtsindices ■= — = — — r— J ochbogendistanz bleiben sämmtlich unter 90, und die reduzirten Ober- Obergesichtshöhe X 100 gesichtsindices, berechnet aus = — r-, ^rr^, Jochbogendistanz bleiben mit Ausnahme eines einzigen alle unter 50. Aber auch Little Cheyenne kommt der Chamaeprosopie in diesem Maasse so nahe, dass diese eine Zahl wenig in's Gewicht fällt. Der reducirte Oberkieferindex beträgt im Mittel 46.1. Indianer 1. 2. 3. 4. 5. 6. Gesichtsindex 82.8 89.1 76.5 78.3 79.0 85.6 Reducirter Ober- 46.4 43.1 44.2 47.1 50,9 45.2 kieferindex. — 593 — Zum Vergleich seien die entsprechenden Indices von 3 langköpfigen leptoprosopen Schädeln Europas hierher- gesetzt. Zürich. Yivis. Este. Gesichtsindex 100.8 96 93.7 oberkieferindex 58.6 58.4 55.1 Die Unterschiede sind, wie sich deutlich zeigt, hin- reichend prägnant, um sowohl den Zahlen als der Me- thode ihr Recht angedeihen zu lassen. Die N a s e n f r m der vorgeführten Indianer ent- spricht jener Yorstellung, die durch unzählige Abbil- dungen uns aufgedrängt wurde. Die Nase ist bei kei- nem platt und kurz zu nennen, wie sie bei anderen ame- rikanischen Rassen zu finden ist, sondern hoch, ja bei ein Paar sogar kühn gebogen (Adlernase). Diese hohe und schmal geformte Nase sieht in dem breiten Gesicht sehr eigenartig aus. 8ie steht im Gegensatz zu den- jenigen Regeln der Gesichtsbildung, welche wir bei den Europäern finden. Bei grosser Jochbreite ist ihre Nase kurz, und der Rücken eingebogen (N^ 3). Bei diesen 5 Individuen der Chippewàs ist das Gegentheil der Fall. Solche Nasenformen sind aber bei uns mit schmalem Gesicht, d. li. mit anliegenden Jochbogen und Wangenbeinen verbunden. Die Gesichter der Chippe- wàs tragen also Merkmale zur Schau, welche theilweise mit denen europäischer Rassen übereinstimmen (Form der Nase), in anderen Merkmalen dagegen (Breite des Gesichtes) in auffallendem Grade abweichen. Um die Unterschiede der Chippewàs festzustellen, ziehe ich die sog. schmalgesichtigen Rassen ^) der Europäer zum Yer- Ï) Die cliamaeprosopen Rassen Europas sind nur mit den chamaeprosopen Rassen Amerika's verg-leiclibar. Nachdem unter 38 — 594 — gleich herbei. Da treten, wie mit freiem Auge so auch in den Zahlen die Gegensätze deutlich hervor, da sind Gesichtsindices vorhanden, welche bisweilen um 20 Ein- heiten differiren. (Yergl. die entsprechenden Indices der Indianer und der Europäer weiter oben.) Ton dem H i r n s c h ä d e 1 sei zunächst die S t i r n besprochen, und zwar in Bezug auf ihre Eichtung zu der Horizontalebene des Schädels. Bei allen Chippewàs steigt die Stirn gerade in die Höhe, bei keinem war eine sog. fliehende Stirn bemerk- bar. Dieses Verhalten verdient besondere Betonung, weil die Stirn der Indianer so oft als zurücklaufend be- zeichnet wird, so als sei sie stärker von den obern Augen- höhlenrändern an nach rückwärts geneigt als bei Euro- päern. Ich vermochte keinen I^nterschied hierin zu con- statiren. Die verbreitete Annahme einer fliehenden Stirn bei den Indianern, die auch W a i t z (N^' 4) aufführt, ist durch verschiedene Umstände veranlasst worden. Erstlich durch die Mode der künstlichen Schädelverbildung. Dabei kommt besonders jenes Yerfahren in Betracht, das die Stirn des Neugeborenen durch gewaltsamen Druck nach rückAvärts treibt und platt drückt, bis sie bleibend in dieser Richtung verharrt. In allen Schädelsammlungen finden sich solche Spezimina, und Darstellungen dersel- ben sind zahlreich verbreitet. Dieses Erinnerungsbild wird noch weiter unterstützt durch Abbildungen, welche die Sitte mancher Stämme vergegenwärtigen: das Haar auf dem Hinterkopf zu einem Büschel zusammenzubin- den. Durch diesen Haarschopf wird der Hinterkopf, den Chippewàs kein Vertreter einer solchen Rasse wie z. B. unter den Ayniaras zu finden war, kann ich liier auf die Durchführung- einer Yergleichung verzichten. — 595 — der sog. Wirbel, zu dem auffallendsten Theil des Schei- tels gestempelt. Wir werden dadurch in der Beurtheilung der wah- ren Form der Stirn nur zu leicht getäuscht. In diesen Irrthum sind, soweit ich sehe, die meisten Darsteller ver- fallen, sowohl Künstler der weissen Männer als solche der Eothhäute. So erscheinen z. B. auf der berühmten Tafel von Palenque, über welche erst jüngst Charles Rau (N" 5) eine vortretiiiche Arbeit veröffentlicht hat, die zurückweichenden Stirnen der Männer ausserordentlich prägnant. Nicht nur in den Hauptfiguren tritt diese nach der Auffassung der Indianer klassische Form auf das deutlichste hervor, auch in den kleineren, den Hierogly- phen, sind die Köpfe in derselben Weise modellirt. Den- noch, trotz vieler Darstellungen aus neuer und aus prse- kolumbischer Zeit darf man erklären, dass die zurück- laufende Stirn kein Rassenmerkmal der Indianer ist. Das Stirnbein steigt auch bei ihnen, wie bei den Yöl- kern der anderen AYelttheile, erst gerade in die Höhe, um dann sich im Bogen an die Scheitelfläche anzu- schliessen. Es kommen unter allen Breiten Individuen vor, deren Stirn „fliehend'' ist, allein es ist bis jetzt nicht zu sagen, ob unter dieser Form eine alte Rasse ihr Merkmal ver- erbt, oder ob dies eine zufällige Yerschiebung ist, welche in das Bereich der individuellen Yariabilität gehört. Die Schädellängen der sechs Männer stimmen in einem hohen Grade überein, und ich finde sie Avie Yir- chow mesocephal, namentlich bei dem sog. reducirten Schädelindex. Die Réduction des Längenbreitenindex scheint mir aber gerade in diesem Fall trotz der jüngst erhobenen Einsprache (Topinard) richtig. Denn die Kopfhaut und die Haare und der Schläfenmuskel der — 596 — jungen indianisclien ^Männer sind keinesfalls ohne Einfluss geblieben auf das Messinstrument. ^) 1) In der unten folgenden Tabelle habe ich auch den Ober- kieferindex reducirt, um ihn den am knöchernen Schädel abgenom- menen Maassen vergleichbar zu machen. Wir pflegen an den Crâ- nien unserer Sammlungen die Obergesiclitslänge von der Stirnnasen- naht bis zur Mitte des Oberkiefers zu messen, mit Ausschluss der Zähne. Am Lebenden niuss dieselbe Länge aus technischen Grün- den mit Einschluss der Zähne genommen werden. Der in der Tabelle vorkommende reduzirte Oberkieferindex wurde dadurch ge- wonnen, dass 10 Einheiten von der Obergesichtshöhe, als Maass für die aus der Alveole frei herausragenden Theile des Zahnes (Zahnkrone und Zahnhals) abgezogen wurden. Durch diese Réduc- tion wird erst die Yergleichbarkeit des Gesichtsindex und des Obergesichtsindex eines und desselben Kopfes und ferner der ent- sprechenden Indices der Schädel erreicht. Bezüglich anderer Maasse mögen noch folgende Bemerkungen hier Platz finden. Von Schädellängen wurde nur die „gerade" ge- messen. Für die Höhe der Stirne (Tabelle N« 4) war der Aus- gangspunkt des Maassstabes die haarfreie Stelle zwischen den Augenbrauen und die Grenze an den Ilaaren in der Mittellinie. Als „Stirnhölie'' (Tabelle X" 5) wurde von demselben Punkte bis zur Krümmungsstelle des Stirnbeins in den Scheitel gemessen. Es ist dies bei dem starken Haarwuchs der Indianer ein unsicheres Maass, allein es hilft wenigstens dazu, das richtige L'rtheil über hohe oder niedrige, steile oder rücklaufende Stirn zu erringen. Der eine Indianer mit dem Personennamen Chippewà machte mir den Eindruck eines Mischlings. Obwohl Haar, Auge, Haut- farbe, auch viele Maasse vollkommen mit den Merkmalen der übri- gen übereinstimmten, so schienen mir doch andere Zeichen dafür zu sprechen, dass er nicht mehr vollkommen reines Blut besitze. Namentlich war die Form der Käse und des Mundes durchaus ver- schieden, ohne dass ihre Beschaffenheit doch deutlich auf eine an- dere Indianerrasse hingewiesen hätte. Wenn , ich oben nur von fünf Männern die charakteristischen Eigenschaften des Gesichtes hervorhob, so geschah es im Hinblick auf das eben erwähnte Aussehen Chippewàs. In der Zahlentabelle 597 — 1 3 3 4 •5 6 Cliippewàs-liiclianer. ^.-: N -^ S ^ >,6 '^^• r ^i 5 -3 551 «« 1. Alter 23 25 28 26 25 24 2. Schädellänge 188 101 193 185 190 191 3. Schädelbreite 150 146 153 147 151 148 4. Von d. Glabella bis z. Haar 65 69 65 49 40 59 5. Stirnhöhe bis zum Scheitel . 55 48 83 57 S 70 78 (3. Stirnbreite 104 109 119 120 111 107 7. Gesichtshöhe 116 123 121 123 121 125 8. Oberkieforhöhe 75 76 80 84 87 76 1). Jochbreite 140 139 158 157 153 146 10. î^asenlange bis zu dem An- satz d. Septum 49 55 56 58 54 51 11. Nasenbreite 35 38 39 38 36 39 12. Distanz d. innern Augenwinkel 30 34 .35 31 29 35 13. Lidbreite 32 30 — — — 34 14. Höhe des Unterkiefers . . 45 52 47 40 50 55 15. Distanz der Unterkieferwinkel 110 100 130 122 118 114 Indices. Längenbreitenindex 79,8 76,4 79,3 79,5 79,5 77,5 Reducirter Längenbreitenindex 77„ 74,4 77,3 77,5 77,5 75,5 Gesichtsindex 82„ 89,1 76,5 78,3 79,0 85,ß Oberkieferindex 53,4 54,n 50,6 53,5 56,s 52,7 Reducirter Oberkieferindex . . 46,4 43„ 44,2 47,'i 1 50„ 45„ Nasenindex 71u 69,0 67,s 65,5 1 66,6 76,4 Mittel des Oberkieferindex . . 53 — — — i — — Mittel d. reducirten Oberkieferindex 46 — — 1 1 — sind die von ihm genommenen Maasse zu finden. Auch die Be- schaffenheit seines Kopfliaares ist anders , wie dies schon kurz er- wähnt wurde. Er besass weiches, leicht gewelltes Haar, das mehr Aehnlichkeit mit dem dunkeln Haar unserer Breiten hatte, als mit dem straffen mähnenartigen Haar seiner Stammesgenossen. — 598 — Ich resumire die au den lebenden Indianern gemach- ten und an entsprechenden Kasseuschädeln controllirten Erfahrungen zu folgenden Sätzen : 1) Eine charakteristische Eigenschaft des Gesichtes bestimmter Indianerrassen, z. B. von Leuten un- ter den Chippewàs , ist die grosse Jochbogen- distanz und die dadurch bedingte Breite und Grösse des Kiefergerüstes. 2) Die eigenartig geformte, gebogene Xase wird in Yerbindung mit dieser bedeutenden Gesichts- breite ein unterscheidendes Merkmal zwischen iluien und den Europäern. Zum Yergleich kön- nen aber lediglich die schmalgesichtigen Kassen Europa's herbeigezogen werden (die Gründe hie- für siehe in î^*^ 3 des Literaturverzeichnisses). 3) Fliehende Stirne kann vorkommen, ist aber als kein Merkmal amerikanischer Menschenrassen zu betrachten. Anmerkungen . 1. Ich erinnere hier an den Calaveras-Schädel : AV h i tn ey, J. D., The auriferous gravels of the Sierra Nevada of California. Memoirs of the Museum of comparativ Zoölogy at Harvard Colleg. Yol. YI, Part I, 1879: Part II, 1880. - Ferner an das mit Glyptodon Resten gefundene menschliche Skelett aus der Pampa de la Plata. Vogt, C, Bullet, de la Soc. d'Autropologie de Paris. Séance du 20 Oct. 1881. Yirchow, R. Yerhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. 1882. Sitzung vom 16. Dezember. — Dann an den fossilen Men- schen von Lagoa-SaTita, von D^" Lund aus Kopenhagen entdeckt. Siehe Quatrefages de, compt. rend. Ac. Sc. Paris, Tom. 93, î^o 22, p. 882 — 8ö4 und Nachrichten der kais. russ. Gesellschaft der Freunde der Ä^aturkunde zu Moskau. Tom. XXX Y. Theil 1, — 599 — Heft 3 und 4, S. 321 — 338. - Lacerda u. Peixoto. Archivos do Musen Nacional: Rio Janeiro 1876. C. Lütken: Des crânes et des autres ossements humains de Minas Geraés dans le Brésil central. Compt. rend, du Congrès international des Américanistes à Copenhague 1883. Copenhague 1884. S. 40. 2. Für eine weitere Begründung dieses Satzes verweise ich auf meine Mittheilungen : Ueber die Antochthonen Amerikas. Zeitschrift für Ethnologie 1883. — Ueber Menschenrassen: Bericht über den Anthropologen-Congress zu Frankfurt a. M. Correspondenzblatt der deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie u. Urgeschichte. 1882. S. 203. 3. Beiträge zu einer Kraniologie der europäischen Völker. Archiv für Anthropologie Bd. XIII und XIV : ferner: Die Wirkung der Corrélation auf den Gesichtsschädel des Menschen, Corresp.- Blatt der deutschen anthropologischen Gesollschaft 1883, N^» 11 (Bericht über die Versammlung in Trier). 4. Waitz, Th. Die Indianer Nordamerika's. Eine Studie. Leipzig 1863. Nach dessen Tod herausgegeben von Dr. Ploss. 5. Hau, Ch. The Palenque Tablet in the United states national Museum. Washington DC. Smithsonian Contribution to Knowlege 1879. 4«. 6. Ich fasse unter diesem Ausdruck der Kürze halber die Driftablagerungen und die Pampasformation zusammen. Die Samojedeu. Im Sommer 1883 trafen 6 Samojeden mit ihren Renthieren in Basel ein. Bei der Truppe befand sicli eine Frau Nieja von ca. -45 Jahren und deren Sohn Ortje, 7 Jahre alt, ein Knabe Otzke, 9 Jahre, ein Mädchen Piriptja, ca. 16 Jahre, eine Frau Chada, 30 Jahre und ein Mann Iderach, ebenfalls 30 Jahre — 600 — alt. Die Leute sollen von der kleinen Insel Warandai östlich Yon der Petscliora-Mündung herkommen, gegen- über Xowaja-Semlja, also aus einem Gebiete, das noch zu dem europäischen Russland gehört. jN^ach ihrem Sprachdialekt gehören sie zu den Jurak-Samojedeu, nach ihrer körperlichen Erscheinung zu den Rassen mit Plattnase, niedrigem breitem Gesicht und schiefen Augen. Die Xase ist bei mehreren bis zu dem äussersten Grade eingedrückt, Avie bei den beiden Knaben und dem Mädchen Piriptja, und bei allen ist das Gesicht sehr breit. Gleichwohl existiren manche Unterschiede, welche den Gedanken an eine Yermischung mit anderen Rassen nahelegen, ^yas Xordenskiöld über die Tschuk- tschen mittheilt, wird wohl bis zu einem gewissen Grade auch für die Samojeden gelten. Er läugnet nämlich die Einheit der Rasse. In jedem Dorfe könne man deutlich zwei absolut différente Typen unterscheiden : Die einen athletisch gebaut, mit schwarzen glatten Haaren, wie das Haar der Pferdemähne, mit dunkler Haut und hoher ge- krümmter Nase. Sie erinnern in Allem an den Typus der Indianer Nordamerika's. Im Gegensatz hierzu sind die Anderen breite und plumpe Erscheinungen mit Plattnase und vorspringenden Backenknochen, schiefen Augen und ebenfalls schwarzen Haaren. Endlich finde man nicht selten Individuen mit weisser Haut und mit Zügen, welche auf eine Mischung mit Slaven hinweisen. Unter der kleinen Samojedenschaar findet sich keiner, der an den oben geschilderten Typus der Indianer erinnerte, dagegen schien es mir, als ob neben der Rasse mit Plattnase und den schiefen Augen auch noch ein anderer Menschen- schlag bemerkbar wäre und zwar vermuthe ich dieses wegen der hellen Haare, der hellen Augen und der weis- sen Haut, welche wiederholt zu finden waren. So hatte Iderach, der Mann, blaue Augen, das Haar war dun- — 601 — kelbraim, gelockt, der Bart hellbraun. Die Gresichts- farbe ist zwar dunkel, allein offenbar nur von Luft und Sonne gebräunt, denn die Körperliaut war hell, wie bei irgend einem blonden Mann. Das Haar von Piriptja war schwarz, aber an einzelnen Stellen, z. B. an den Schläfen und an den Haarenden von brauner Farbe, so- gar braunröthlich. Das Haar war überdies fein und bieg- sam. Dieselbe Feinheit der Haare ist auch noch bei Chada bemerkbar. Das klassische Mähnenhaar, stark, gerade, schwarz, hatte eigentlich nur der 8jährige Otske, dessen Haut an Gesicht und Körper auch einen deut- lich gelblichen Grundton besitzt und dessen Augen tief braun sind. So herrscht also bezüglich wichtiger ana- tomischer Merkmale der Augen, der Haare und der Haut keineswegs vollkommene Uebereinstimmung unter den hier ausgestellten Samojeden. Grösser ist dieselbe bezüglich der Hauptformen des Gesichtes. Alle hatten breites Gesicht, und dadurch ist der Gegensatz mit der schmalgesichtigen Easse der Europäer unverkennbar. Um vieles geringer ist schon der Gegensatz, sobald man die breiten Gesichtsformen der Europäer zum Yergleiche heranzieht, die ja bei uns in grosser Zahl vorkommen. Es ist wohl allgemein be- kannt, dass in Europa zwei ganz verschiedene Gesichts- forpien innerhalb derselben ethnischen Gruppen zu fin- den sind. Ueberall kann man Menschen begegnen mit langem schmalem Gesicht, langer gebogener Nase, und anderen mit kurzem und breitem Gesicht, eingedrückter Nase. Diese beiden auffallend verschiedenen Gesichts- formen gehören ganz verschiedenen europäischen Men- schenrassen an, die ich nach eben dieser Gesichtsform als leptoprosope und als chamaeprosope bezeichnet habe. Beide kommen in blonder und brünetter Complexion vor. Mit den chamaeprosopen Rassen Europa's — 602 — haben nun die 8amojeden viele Merkmale in der Gesichts- bildung, in Augen-, in Haar- und Hautfarbe gemein. Immerhin bleiben aber noch bemerkenswerthe Unter- schiede, welche die Menschen der arktischen Zone kenn- zeichnen. Es ist dies zunächst die ausserordentliche Breite des Gesichtes und die Réduction des Nasenrückens. Dazu kommen aber noch bestimmte Merkmale der Weich- theile, welche für die Stellung in dem System verwend- bar sind. Das Gesicht der beiden Knaben Ortje und Otzke und des Mädchens Piriptja hat eine für uns Europäer ganz auffallende Breite. Sie befindet sich im Bereich der AYangenbeine und Jochbogen, das Kinn schliesst mehr zugespitzt das Gesicht ab. Das Gesicht ist so breit, dass der darüber befindliche Hirnschädel im Vergleich auffallend schmal erscheint. Dieser Gegensatz lässt sich in Zahlen ausdrücken. Ortje Otzke Breite der Stirne 97 mm. 104 mm. Jochbreite 114 „ 127 „ Differenz 17 „ 23 „ Der Unterschied zwischen Stirn- und Jochbreite beträgt also 17 und 23 mm. oder im Mittel 2 cm., bei I de räch, dem Mann, beträgt dieser Unterschied 3 cm., bei Piriptja 2,5 cm. Die eben angeführten Maasse beziehen sich bekannt- lich auf Knochenpunkte. Jedoch sie sind es offenbar nicht allein, welche den Eindruck der Breite hervorbringen. Es kommt noch ein Merkmal dazu, das in der Haut der AYang e liegt. Es besteht in einem rundlichen Fettpolster, das oben auf dem AYangenbein sitzt, und zwar so, dass sich seine Hauptmasse gegen das untere Augenlid fortsetzt und in dasselbe eindringt; ich be- 60-5 zeichne es als Panniculiis suprani a laris. Da- durch werden die Lider wie leicht geschwollen und die unteren Lidränder verschwinden fast vollkommen. Bei Gesichtern unserer Länder kommt bekanntlich ja auch ein durch Fettpolster verbreitertes Antlitz vor, aber das Fett sitzt tiefer in der Umgebung des Kau- und des Trompetermuskels. Bei sämmtlichen in Basel anwesen- den Samojeden sitzt es dagegen höher, und zwar auf der oberen Ecke des Wagenbeines und steigert dadurch nicht allein die Breite des Gesichtes, sondern macht es gleichzeitig flach. Ein anderes Merkmal, das bei beiden Knaben und bei dem Mädchen sehr vollkommen entwickelt besteht, ist in einer besonderen Beschaffenheit der Lider. Diese sind durch eine Hautfalte ausgezeichnet, welche entweder ganz oder theilweise die Thränenkarunkel ver- deckt. Das, was wir an unsern Augen als innere Augen- winkel bezeichnen, ist bei den erwähnten Mitgliedern der Samojedengruppe hinter einem vorspringenden Haut- — 604 — ranci verborgen. Er zieht von dem obern xlugenlid im Bogen nach der J^ase hin nnd springt klappenartig mit einem concaven Rande gegen die Gesichtsfläche hervor. Die Angenspalte erscheint dadnrch schmaler, denn es wird der ganze innere Augenwinkel, der den Thränensee beherbergt, durch